Графични страници
PDF файл
ePub

ten Vorrücken bis Stir- Neusiedel habe ich mit eigenen Augen die Spuren der Verwüstung gesehen, welche unsere Truppen in jener Gegend als Andenken zurückließen; und noch war kein Mangel an Lebensmit teln eingetreten, welcher bei den mangelhaften Vorbereitungen zu unserer Verpflegung um so gewisser zu erwarten steht, je weiter wir vordringen. Ich habe zwar hin und wieder Klagen über die Diebereien der Kroaten vernommen, fand aber dennoch z. B. die kostspieligen Pfähle des Weinbauers unangetastet in allen Weingärten vorhanden; nach unserm Abzuge waren diese, troß der Beschwerden ihrer Eigenthümer und troß des strengen Verbotes, verbrannt und die angebauten Felder muthwilligerweise zertreten. Der ungarische Landstürmler macht selten einen Unterschied zwischen dem Deutschen, der gegen uns kämpft, und dem, der uns den Sieg wünscht oder sich wenigstens neutral verhält. «Hiszen csak a németé» (Es gehört ja nur dem Deutschen!) so lautet der allgemeine Spruch, nach welchem er sich auf fremdem Gebiete zu jeder Verwüstung berechtigt fühlt. Solchem Unfuge kann nur die strengste Disciplin steuern; aber ich muß es noch einmal wiederholen, eben daran gebricht es uns.

,, Uebrigens könnte man mir Uebertreibung vorwerfen, und so will ich es denn auf eine gefahrlose Probe ankommen lassen, deren Resultat uns belehren soll, ob wir die beantragte Offensive wagen dürfen oder nicht?

„Erlassen wir den Befehl, daß z. B. übermorgen um 5 Uhr Nachmittags das gesammte Lager zum Abmarsche gestellt sei, und überzeu= gen wir uns von der Ausführung dieses Befehles. Finden wir nicht eben genau um die festgesezte Stunde, sagen wir zwei Stunden später das gesammte Lager in der anbefohlenen Verfassung, so will ich unbedingt für die Offensive stimmen."

Kossuth schien durch meine Erklärung sichtlich verstimmt und stellte mir die Frage:,,Wie hoch ich die Begeisterung anschlage, welche seine Anrede bei den Truppen hervorzurufen vermag?"

,,Im Lager und unmittelbar nach der Anrede sehr hoch, nach erlittenen Strapazen und angesichts des Feindes jedoch sehr geringe", war meine Antwort.

,,Also glauben Sie", frug er gereizt entgegen,,,daß wir von unserer Armee keinen Mann mehr zurückbringen werden?"

,,Für die Rettung der Nationalgarden und Freiwilligen", erwi derte ich,,,bürgt mir deren Leichtfüßigkeit; aber die wenigen guten Truppen, über welche wir disponiren, könnten dabei zu Grunde gehen, und mit ihnen das Material, dessen wir zur Heranbildung einer brauchbaren Armee so dringend bedürfen" ...

Kossuth hob die Berathung auf, ohne daß ein Beschluß gefaßt worden wäre, stellte jedoch die Wiederaufnahme derselben für Parendorf in Aussicht. Ich empfahl mich hierauf und kehrte sogleich wieder nach Bruck zurück.

Den folgenden Tag kam Kossuth in Parendorf an. Sein erster öffentlicher Act im Lager war, daß er die Offiziere der regulären Truppen vor seine Wohnung bestellte und ihnen ein an den Fürsten Windisch-Gräß gerichtetes Schreiben vorlas, worin er — soviel ich mich) entsinne das Recht der Ungarn gegenüber dem Ban Jellachich und seiner Partei nachwies und, hierauf gestüßt, von dem Fürsten verlangte, der Ban und sein Corps folle entwaffnet und dadurch an den Tag gelegt werden, daß man die vom Könige jüngst sanctionirte Verfassung Ungarns heilig achten wolle. Ebenso verlangte er glaube ich

[ocr errors]
[ocr errors]

die Aufhebung der Blockade Wiens, vor allem aber binnen einer festgesezten kurzen Frist eine befriedigende Antwort auf dies Schreiben, durch deren Ausbleiben Ungarn genöthigt wäre, seinen Feind und dessen Verbündete selbst auf neutralem Boden anzugreifen und zu vernichten.

Zwei Parlamentäre gingen mit diesem Ultimatum, gleich nachdem es den Offizieren mitgetheilt worden war, an den Fürsten Windisch-Grät ab.

Soviel ich bemerken konnte, fand der Inhalt dieses Schreibens, dessen ich hier nur sehr oberflächlich erwähnte, bei den Anwesenden ziemlich viel Anklang, und es war vorauszusehen, daß die Agitation für die Offensive zu Gunsten Wiens, auf diesem Wege fortgeseßt, nicht ohne Erfolg bleiben dürfte. Kossuth mochte hierauf gerechnet und sich deshalb entschlossen haben, die im Kriegsrathe zu Nikelsdorf erlittene

Schlappe auf solche Weise in ihren Folgen zu paralysiren. Einige der als ungarische Feldjäger im Lager erschienenen Mitglieder des Reichstags thaten gleichfalls das Ihrige, um die Armee partienweise für die Offensive zu gewinnen, während Kossuth die Agitationen mehr im großartigen Maßstabe betrieb, von einer Truppenabtheilung des Lagers zu der andern zog und sie durch das Feuer seiner Rede zum Kampfe gegen den Feind jenseits der Lajtha zu begeistern suchte.

Ein förmlicher Kriegsrath, wie der in Nikelsdorf, wurde - meines Wissens nicht mehr abgehalten. Die ganze Berathung zog sich unter gelegentlich wiederkehrenden Discussionen in die Länge und wurde von Tag zu Tag allgemeiner, sodaß bald das gesammte Lager daran Theil nahm. Die Sympathien für die Offensive nahmen augenscheinlich zu.

Anfangs hatten zwar mehrere Regimenter erklärt, daß sie gegen den Fürsten Windisch-Gräß die Lajtha in keinem Falle überschreiten würden, weil dies ein Act offener Empörung wäre. Als man aber die kühnsten Vertreter dieser Ansicht nach der Reihe ganz einfach zu entlassen und so bereits hochgestellte Offiziere plötzlich einem ungewissen Schicksale preiszugeben drohte, da wurden der Warner immer weniger und bald verstummte der lezte.

[ocr errors]

Mittlerweile wartete man gespannt auf die Antwort des Fürsten Windisch-Gräh. Allein von beiden Parlamentären einem HonvédObersten und einem Nationalgarde - Hauptmann

fehrte nur der leg

tere wieder, denn der erstere ward im Lager des Ban Jellachich gefangen genommen und nicht wieder freigelassen.

Diese Verlegung des Völkerrechts brach vollends jede Opposition, welche sich im Lager bei Parendorf gegen den Antrag des Präsidenten, den bedrängten Wienern zu Hilfe zu eilen, noch etwa geltend zu machen strebte. Kossuth schien daher blos noch nähere Nachrichten von Wien abwarten zu wollen; als aber statt deren immer nur der Donner des groben Geschüßes von der Hauptstadt bis zu uns herüber drang, da hieß es endlich, es sei keine Zeit mehr zu verlieren, und die Vorrückung begann am 28. October.

Achtes Capitel.

--

Dritte und lehte Ueberschreitung der Grenze. Das Treffen bei Schwechat.

darüber.

[ocr errors][merged small]

Mit dem rechten Flügel fortwährend an die Donau gelehnt, am linken durch die Hauptmasse der Cavalerie möglichst geschüßt, rückte das Gros der Armee in drei Colonnen bis an die Fischa.

Meine Brigade machte während des Marsches die Avantgarde; in der Schlachtordnung jedoch hatte sie den linken Flügel des Centrums zu bilden.

Das Hauptquartier blieb in der Nacht vom 28. auf den 29. October mit der Reserve östlich von Enzersdorf an der Fischa an dem Saume eines kleinen Gehölzes. Der rechte Flügel stand bei Fischamend, der linke bei Margarethen am Moos. Die Ortschaften: Schwaadorf, Klein-Neusiedel und Fischamend waren von unsern Vorposten beseßt.

Meine Brigade lagerte zunächst Karlsdorf. Auf dem höchsten Punkte der nächsten Umgebung ließ ich auf Befehl die ganze Nacht hindurch ein großes Feuer unterhalten, welches den Wienern unsere Vorrückung ankündigen sollte.

Am 29. überschritten wir die Fischa, ohne jedoch an diesem Tage mehr als eine Meile in der Direction gegen Schwechat zurückzulegen.

In der folgenden Nacht bivouakirten wir in einer etwas concentrirtern Stellung auf den Anhöhen zwischen der Fischa und der Schwechat.

"

Kaum war die Dunkelheit vollends hereingebrochen, als der Generalstäbler unsers linken Flügels, Nemegyei, Visionen bekam und diese, zu unserer nicht geringen Dual, mit einer seltenen Gewissenhaftigkeit in Form von Meldungen an das Armeecommando, daß wir bereits umgangen seien“, zu Papier brachte. Zur Sicherung des linken Flügels wurden sogleich von der Reserve die Raaber Sensenmänner mehrere Tausende dahin abgeschickt. Ohne Unfall erreichten diese das Lager meiner Brigade. Von hier aus hatten sie noch etwa eine halbe Stunde Weges bis zu dem ideal bedrohten Punkte: allein der Ordonnanzoffizier des linken Flügels, welcher beauftragt war, sie dahin zu geleiten, verlor die Richtung, und führte die Sensenmänner mehrere Stunden lang im Kreise herum, bis sie endlich vor Erschöpfung liegen blieben, und Nemegyei den ungleichen Kampf mit der gespenstischen feindlichen Umgehungscolonne allein bestehen ließen.

So geringfügig dieser Vorfall scheint, so bedeutenden Einfluß nahm er in der That auf den schmählichen Ausgang der bevorstehenden Schlacht. Die Truppen fast des gesammten Centrums, insbesondere aber dessen linken Flügels (meiner Brigade) waren schon am frühen Morgen des 30. physisch erschöpft, moralisch erschüttert; denn sie hatten die ganze Nacht hindurch keine Ruhe und konnten sich der fatalen Nachwirkung der nächtlichen Schreckensgerüchte nicht erwehren. Ich sah jene Begeisterung, welche durch die schönen Reden des Präsidenten im Parendorfer Lager in der That sehr lebhaft war angefacht worden wie ich es vorausgesagt hatte bereits im Erlöschen. Wir hatten die Schlacht schon verloren, bevor sie noch begonnen.

Meine Brigade war am frühen Morgen des 30. October schon geraume Zeit im Vorrücken begriffen, als ich den Befehl erhielt, augenblicklich zu halten und mich von der gesammten Linie aufnehmen zu lassen, da die Aufgabe meiner Brigade die Avantgarde der Armee zu bilden wegen der augenscheinlichen Feindesnähe gegenüber allen Punkten unserer ausgedehnten Linie keine lösbare mehr sei. Ich ge= horchte.

Bald darauf entspann sich am äußersten rechten Flügel ein lebhaftes Artilleriegefecht und verrieth uns, daß dieser bereits unverhältniß

« ПредишнаНапред »