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daß für Grafen kein Strafgeseß und für Bauern keine Gerechtigkeit bestehe u. s. f., fanden stets ein tausendstimmiges Echo.

Ich zählte die Augenblicke bis zum Anlangen der Fahrzeuge mit zunehmender Bangigkeit. Endlich waren sie da. Endlich waren sie da. Allein noch hatten wir uns kaum zum Einsteigen gewendet, als plötzlich Einer aus der Masse schrie: Lassen wir sie nicht hinüber, man will sie unserer gerechten Rache entziehen!" und im Nu starrte ein dichter Wald von Waffen aller Art über den Häuptern der vordersten Unbewehrten drohend nach uns hinüber, die Leztern aber stürzten sich auf das nahe Sensenlager, um sich gleichfalls zu bewaffnen. Der Wachtposten wich erschrocken zurück. Die Escortemannschaft begann gleichfalls zu wanken.

Nun galt es das Aeußerste. Ich rief meinen Leuten zu, sich zu ermannen, und befahl, den Ersten, der noch einen Schritt wage, ohne Bedenken niederzuschießen.

Das Fertignehmen der Gewehre imponirte zum Glück den vordersten der anstürmenden Bauern; sie stuzten, und ehe sie noch von den übrigen zu einem neuen Angriffe ermuthigt werden konnten, war ich mit der Escorte und den Gefangenen bereits in den Fahrzeugen und sogar einige Ruderschläge vom Ufer entfernt.

Auf der Insel angelangt, ließ ich ohne Aufschub das Standgericht zusammentreten, welches die Grafen vernehmen und aburtheilen sollte. Vor der Wuth eines aufgereizten Pöbels vermochte ich sie zu retten, nicht so vor dem strengen Walten der Kriegsgeseße, ohne gegen meine Ueberzeugung zu handeln.

Das Verhör und Standrecht wurde nach den Vorschriften des Dienstreglements der k. k. österreich. Armee abgehalten, welches sammt den Kriegsartikeln, welche diesem zu Grunde liegen, auch bei den neu errichteten ungarischen Truppen eingeführt war. Das Amt des Präses mußte ich selbst versehen. Ich hatte nur die bereits erwähnten Stabsoffiziere von der Hunyady-Schar zu meiner Disposition, und dieser Beiden Einem die Entscheidung über Leben und Tod derselben Personen zu übertragen, deren Verderben sie im vorhinein beschlossen hatten, wäre gewissenlos gewesen.

Als Grundlage der Verhandlung diente die über die erfolgte Arretirung der beiden Grafen von dem Vorpostencommandanten erstat tete schriftliche Anzeige, mit den bei Durchsuchung der Kleidungsstücke und des Wagens des Grafen Eugen Zichy vorgefundenen Papieren.

Unter den leztern befanden sich zahlreiche, noch druckfeuchte Eremplare zweier Proclamationen; die eine derselben lautete an die ungarische Nation, die andere an die in Ungarn stehenden Truppen. Unter beide hatte man den Namen Sr. Majestät des Königs Ferdinand V. von Ungarn sammt dem Datum: Schönbrunn, am 22. September 1848, gedruckt. Die gesetzliche Gegenzeichnung eines verantwortlichen ungarischen Ministers fehlte beiden. Der Inhalt beider war darauf berechnet, die gegen die geseßliche Executivgewalt in Pest empörten südslavischen Provinzen Ungarns in ihrem auf den Umsturz der geseßlich bestehenden Ordnung abzielenden Unternehmen zu bestärken, ja sogar die in Ungarn stehenden, auf die Verfassung des Landes beeideten Truppen zur Theilnahme an dieser Empörung zu verleiten.

Außer diesen Proclamationen befand sich unter den erwähnten Papieren ein offenes Schreiben folgenden Inhalts :

An den f. f. Generalen - Brigadier von Roth. Herr General! Auf Ansuchen des Herrn Grafen Eugen Zichy finde ich zu bestimmen, daß dem Hern Grafen eine Sauvegarde gegeben, und überhaupt jeder Schuß gewährt werde. Stuhlweißenburg, am 27. September 1848. Jellachich m. p. F.-M.-L."

Die eigenen Aussagen des Grafen Eugen Zichy bestanden wesentlich in Folgendem:

Als der Erzherzog Stefan, Palatin von Ungarn, vor kurzem nach Stuhlweißenburg kam, um in der Nähe des ungarischen Lagers zu verweilen, habe er (Graf Eugen Zichy) seinen gewöhnlichen Wohnort Kálozd zum lezten Male verlassen, und sich nach der genannten Stadt begeben. In Stuhlweißenburg blieb er, selbst nach der Abreise des Erzherzog-Palatin und dem Rückzuge des ungarischen Heeres. Bald darauf habe das kroatische Heer des Ban Jellachich, unter des Leztern persönlichem Commando, die Stadt erreicht und beseßt. Alle Beamten des Stuhlweißenburger Comitats, deren die Kroaten habhaft

werden konnten, wurden im Comitatshause gefangen gehalten. Dies veranlaßte die Einwohner der Stadt, sich an ihn (Graf Eugen Zichy), der von den Kroaten unangefochten geblieben war, mit der Bitte zu wenden, er möge den Ban Jellachich bewegen, den Kroaten das Rauben zu verbieten. Diese Bitte habe er erfüllt, und zwar mit günstigem Erfolge.

Nachdem er (Graf Eugen Zichy) später vernommen hatte, der f. f. General Roth nähere sich dem Orte Kálozd mit einem kroatischen Corps von 10000 Mann, erbat er sich vom Ban Jellachich eine Sauvegarde, um die armen Bewohner des Orts vor den Räubereien der Kroaten zu bewahren; worauf ihm Ban Jellachich das obgenannte Schreiben an Roth übergeben habe.

Mit diesem Schreiben ausgerüstet verließ er, nach dem Abmarsche des kroatischen Hauptheeres gegen Velencze in Begleitung seines Vetters, des Mitgefangenen die Stadt Stuhlweißenburg, um sich nach Kálozd zu begeben, daselbst die Ankunft des Generals Roth abzuwarten, und von diesem den nöthigen Schuß gegen die Räubereien seiner Leute, für die armen Bewohner des Orts zu erwirken, dann aber sogleich von dort nach Stuhlweißenburg zurück und weiter nach Preßburg zu reisen. Der Aufenthalt in Kálozd sollte nur einige Stunden währen.

Die in seinem Wagen vorgefundenen Proclamationen habe er nicht verbreitet, auch nicht verbreiten wollen. Die Originalien derselben seien durch einen Courier Sr. Majestät, Grafen Mensdorf, von Wien mitgebracht, und auf Befehl des Ban Jellachich zu Stuhlweißenburg in Druck gelegt worden. Die vorliegenden Eremplare hätten zwei in seinem Hause zu Stuhlweißenburg einquartiert gewesene Offiziere des kroatischen Heeres dort zurückgelassen, und sein Kammerdiener habe sie aus Versehen mit eingepackt.

Um den Verdacht zu entkräften, als hätte er die Absicht gehabt, diese Proclamationen in das Lager des Generals Roth zu befördern, fam Graf Eugen Zichy immer wieder auf die Betheuerungen seiner patriotischen Gesinnung zurück, und veranlaßte dadurch meine Frage: wie es denn komme, daß ihm bei seiner ofterwähnten patriotischen Ge

sinnung gar nicht eingefallen fei, die Nachricht von der drohenden Nähe des kroatischen Hilfscorps, welche ihm nach dem Datum des vorliegenden feindlichen Schußbriefes schon zwei Tage vor seiner Arretirung bekannt gewesen, auf irgend eine Weise in das ungarische Lager gelangen zu lassen?

an

Die Rechtfertigung des Grafen Eugen Zichy lautete: er habe vor dem 29. Stuhlweißenburg nicht verlassen können, weil der Ban Jellachich mit seinem Heere erst an diesem Tage die Stadt räumte. Bis zu diesem Tage war die ganze Stadt von den Kroaten umstellt. Diese würden ihn (den Grafen Eugen Zichy) — hätte er es vor dem Abmarsche des Feindes versucht, Stuhlweißenburg zu verlassen gehalten und ausgeraubt haben, da sein Schußbrief blos für das Lager des Roth galt. Nachdem er endlich am 29. Stuhlweißenburg verlassen hatte, hielt er es für überflüssig, die Nachricht von dem Anrücken des kroatischen Hilfscorps in das ungarische Lager zu befördern, weil er vorausseßte, es sei diese ohnehin bereits allgemein verbreitet. Uebrigens habe er ja in der Station, (wo seine Arretirung stattfand) sogleich bekannt gegeben, daß Roth mit seinem Corps anrücke.

Die Anklage gegen den Grafen Eugen Zichy stand: 1) Auf Einverständniß mit den Feinden des Vaterlandes. 2) Auf thätliche Theilnahme an der gegen die geseßlich bestehende Ordnung in Ungarn ausgebrochenen füdslavischen Empörung, durch Verbreitung im Sinne derselben abgefaßter Procla

mationen.

Als nächste Inzicht des erstern Verbrechens lag der erwähnte Schußbrief, als Inzicht des zweiten lagen die angeführten Proclamationen vor.

Graf Eugen Zichy war in seiner Aussage bemüht gewesen, beide Inzichten zu entkräften.

Den Schußbrief nannte er ein gewöhnliches Sauvegardeschreiben, wie es sehr häufig im Kriege von Feldherren, selbst an die Bewohner eines feindlichen Landes, aus harmlosen humanen Rücksichten ertheilt wird. Die Proclamationen aber, versicherte er, waren durch ein Versehen seines Kammerdieners zugleich mit den Reiseeffecten mitgenommen worden.

Um den Verdacht der beiden Verbrechen, auf welche die Anklagen lauteten, noch bestimmter von sich zu weisen, bemühte er sich, die Betheuerungen seiner patriotischen Gefühle in seine Aussagen wiederholt einfließen zu lassen; und darüber, daß er versäumt hatte, die Nachricht von dem Anrücken des feindlichen Hilfscorps in das ungarische Lager zu befördern, entschuldigte er sich durch die gehegte Vorausseßung, dies Anrücken sei bereits allgemein bekannt. Ueberdies führte er als Bethätigung dieser patriotischen Gefühle den Umstand an, daß er in Soponya, als er daselbst, in scheinbarem Widerspruche mit jener Vorausseßung, ungarische Vorposten ausgestellt fand, denselben die Kunde von dem Anrücken des feindlichen Hilfscorps sogleich mitgetheilt habe.

Die Normen des militärischen Standrechts gestatten kein Plaidoyer. Das bei den ordentlichen Kriegsrechten übliche,,Votum informativum" des Auditoren oder Anwaltes des Gesezes darf beim Standrechte nicht abgegeben werden.

Der Auditor oder in dessen Ermangelung der ihn vertretende Offizier hat nach geschlossenem Verhöre seine Meinung über das nach dem Geseze zu fällende Urtheil blos dem Präses des Standrechtes, und zwar insgeheim, mitzutheilen; worauf dieser, die Meinung des Auditors mit erwägend, einen Beschluß für sich allein faßt, diesen Beschluß auf geheimem Wege zur Kenntniß der Mitrichter gelangen läßt, und die Leztern sodann auffordert, durch Entblößung des Seitengewehres ihre Zustimmung, oder durch das Unterlassen dieser Handlung ihre Nichtzustimmung bekannt zu geben, und zwar votirt das gesammte Standrechtspersonal zu gleicher Zeit.

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Nach diesen Normen steht das Recht, im Standgerichte ein positives Urtheil zu formuliren, nur dem Präses allein zu alle übrigen Beisitzer selbst den Auditor nicht ausgenommen sind einzig und allein auf die beschränkte Befugniß angewiesen, ohne vorhergegangene Verabredung, ja selbst ohne auch nur die nöthige Zeit zur gründlichen Erwägung gehabt zu haben, das vorgeschlagene Urtheil, raschen Entschlusses, zu verwerfen oder zu bestätigen. Das Gesez vindicirt somit die Entscheidung über Leben und Tod eines vor das Standgericht Gestellten zumeist dem Präses; und seine Pflicht ist es eben deshalb, das

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