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großes Gefallen daran finden und tadelte Uebertragung und Verss maß (keineswegs die Reimlosigkeit). Dies machte den Ueberseher höchst verdrießlich, und als die Zwistigkeiten Gottscheds mit den Zürichern ausbrachen, schlugen er und Lange sich ohne Säumen auf Bodmers Seite, eben so ihr Freund, der Professor Meier in Halle, der Hauptschildhalter der schweizerischen Parthei in Sachsen.

Als Pyra gestorben war (als Conrector in Berlin), gab Bodmer die Erstlingspoesteen beider Freunde heraus unter dem Titel: Thirsts und Damons freundschaftliche Lieder (Zürich 1745); denn in seinen Augen war es schon ein großes Verdienst, reimlose Lieder gemacht zu haben. Diese Gedichte sind aber die abgeschmackteste, unsinnigste Poesie, die es geben kann, eigentlich ohne Inhalt und Form*), dafür aber voller Bombast, Mytho= logie, Aus- und Anrufungen, alles zum Erfah für die verjagten Reime. Diese Leute erblickten das Wesentliche der horazischen Ode, die sie erstrebten, darin, daß alles in römische und grie chische Nahmen eingekleidet werde, und von nun aus hausen bei einem großen Theile unserer Dichter Apoll und Phöbus, Amor und Hymen, Bachus und Neptun, Lesbos und Athen, Sparta und Theben, Rom und Capua, Pindar und Sappho, August

Die Waffen und den Mann besiegen, der von Jlions Strand

zuerst

Nach Welschland an's latein'sche Ufer burch das Geschicke flüchtig

fam.

* Als Probe der Anfang des zweiten Liedes:

Entferne dich, verhaßter Reimer Schwarm,
Verftöre nicht die heil'ge Stille,

Die ehrfurchtswürdig fich um das bepalmte Haupt

Des fernennahen Pindus ziehet.

Flieh, Battus Brut, von dem geweihten Fuß

Und scheue des Apollo Rache.

Mein Atolzes Ohr, zu hoch für dein Gebeul,

Sucht auf den sonnenbellen Höhen

Die ew'ge Harmonie des göttlichen Gesangs,
Wodurch der weise Nebenbuhler

Des unermeßlichen thebanischen Pindars

Das herrschend kluge Rom entzückt.

und Pericles, Fabius und Cincinnatus, Phocion und Solon, Lalage, Galathee, Chloris, Alceste, Damon, Leander, Coridon und hundert andere Albernheiten. Hier haben wir den vollkom= mensten Gegensatz zu den Leipzigern, die sich der Fassungskraft der mittleren Stände näherten; hier haben wir das alte Nürnberger Unwesen, nur in veränderter Gestalt, wieder, und kann man es einem Gottsched verübeln, wenn er gegen den Einbruch einer solchen Barbarei heftig zu Felde zog? Und kann man Bodmern den Wiederhersteller des guten Geschmacks nennen, wenn er solche Sachen nicht nur schäßte, sondern bis in den Himmel erhob?

Diese neue Art von Poesie, worin an die Stelle der Reime die alte Mythologie gesezt wurde, scheint in Halle fortgeerbt zu haben. Im Jahre 1739 trafen sich daselbst drei Jünglinge: Johann Wilhelm Ludwig Gleim aus dem Halberstädtischen (1719-1803), Joh. Nicolaus Göz von Worms (1721 — 1781) und Johann Veter Uz von Anspach (1720-1796), und diese, ebenfalls Berehrer des Horaz und Anacreon, schlugen den Langeschen Ton wieder an, aber mit mehr Geschick. Den Haß gegen die Reime gaben sie bald auf, aber nicht die Unfitte hohler Ausrufungen, leerer Tändeleien und des Hereinziehens vom Griechenland und Rom. Aus Horaz und Anacreon zogen diese Dichter eine Art System practischer Lebensweisheit, die von der spöttischen oder trübseligen Stimmung des Leipziger Kreises sich durchaus unterschied. Frühling und Wein, Liebe und Freundschaft, Genuß des Landlebens und Zufrieden= heit mit Wenigem das sind die Hauptgegenstände des Dichtens; Lebensgenuß gepaart mit Sittlichkeit, Anmuth verbündet mit Weisheit das ist das Ideal dieser Poeten. Das nann= ten sie: den Musen und Grazien opfern, ein Ausdruck, der von nun oft vorkommt; und da sie sich vorstellten, ihre Philosophie sey das Wesentliche von der des Sokrates, so wurde nun die Bezeichnung so kratisch viel gebraucht, der Sache nach gleichbedeutend mit horazisch. Da ihnen das Leben eigentlich gar nicht so viel Gelegenheit zu Genuß bot, sondern im Gegentheil oft hart auf sie drückte, so war ihre Philosophie, die vor allem Genügsamkeit predigte, gar nicht übel; als Poesie war aber

ihre Lobpreisung des Weines, der Liebe mit allen ihren taus sendfachen Verschlingungen rein aus der Luft gegriffen, daher aber auch von Herzlichkeit und Innigkeit keine Spur bei ihnen ist, vielmehr ihr ewiges Jagen nach Witz und Laune etwas ermüdet, zumal der Wih dieser Poeten nicht besonders tief geht.

Uz hatte übrigens vernünftigere Ansichten vom Versbau als Pyra und Lange; er verlangte entweder den Reim oder den reinen Versbau der Alten, und um zu zeigen, wie das anzufangen, dichtete er 1741 seine Ode, der Frühling *), worin die Hexameter alle eine Vorschlagfilbe haben, eine Form, die später Kleist, Cronegt und andere Dichter nachahmten. Uz selbst hat später stets den Reim beibehalten, versuchte aber in seine Oden mehr Abwechslung zu bringen als bis daher Sitte gewesen war, und spielt hier in der strophischen Dichtung dieselbe Rolle, wie Gellert in der erzählenden. Als er 1748 nach Anspach verseht wurde, blieb zwar die Verbindung mit Gleim ungestört, allein die Gegenstände der Dichtung waren würdigere, wobei jedoch Lebensphilosophie allen Inhalt seiner Oden bildete.

Gleim fuhr mit seinen Anacreontischen Scherzen weit länger fort, und gründete in Deutschland die Bagatellen-Poesie. Da er, wie dieses ganze junge Geschlecht, von Feuereifer beseelt war, die Poefte zu heben, so warb er überall, sobald er Talent und Lust witterte, neue Jünger der Musen, und so hat er denn zuerst seine Freunde Christian Ewald v. Kleist (1715-1759) und Carl Wilhelm Ramler (1725 1798), beide aus Pommern, vermocht, öffentlich als Dichter aufzutreten, und wie er mit Göh anacreontisch getändelt hatte: so wetteiferte er mit Kleist und Ramler in patriotischen Liedern zu Ehren ihres großen Königs, den er abgöttisch verehrte, so wie er alle Pfaffen und Funker von Herzen haßte. In Halberstadt, wohin er 1747 gekommen war und bis an seinen Tod lebte, gründete er einen ganz besonderen poetischen Kreis um sich, und in diesem finden wir ihn später wieder.

*) Ich will, vom Weine berauscht, die Luft der Erde befingen,

Den Frühling Muse, begeistre du mich!

Der Frühling, welcher anißt, durch Florens Hände bekränzet,
Siegprangend unsre Gefilde beherrscht.

§. 75.

Klopstock.

Unter die Mitglieder des Leipziger Bundes, der sich nach und nach überall hin zerstreute, gehörte auch Friedr. Gott= lieb Klopstock, geb. 1724 zu Quedlinburg. Sein Vater war ein origineller Mensch, derb und trohig, und dem Knaben wurde im elterlichen Hause körperliche und geistige Entwickelung mit großer Freiheit gestattet; er zeigte sich auch sehr früh als einen trohigen Hasser alles Zwanges, als den er sich sein ganzes Leben lang und in seinem ganzen Dichten gezeigt hat. Seine erste gelehrte Bildung erhielt er auf der berühmten Schulpforta, und schon hier faßte er den Entschluß zu einem großen epischen Gedichte. Nur schwankte er in der Wahl zwischen Heinrich dem Vogler und dem Messias, also zwischen dem Befreier des Baterlandes und dem Erlöser der Menschheit. Zwischen vaterländischem und christlichem Stoffe schwankte überhaupt damals alle Poeste, die über die kleinen Formen hinausstrebte; das einzige damals bekannte Epos war Postels Wittekind, und es ist nicht zu be zweifeln, daß Klopstock diesen kannte; Brockes, den der Knabe und Jüngling ebenfalls kennen mußte, hat gewiß Einfluß auf seine Ansichten von christlicher Poesie gehabt. Daß er auf Heinrich den Vogler fiel, war in Halberstadt ganz natürlich, da hier Heinrich viel gelebt hat, hier seinen Finkenfang der Sage nach hatte und hier begraben liegt. Klopstock entschied sich endlich für den Messias, und es ist merkwürdig, daß der Kampf zwischen vaterländischer und christlicher Dichtung ihm ewig zu schaffen machte und er sein ganzes Leben lang zwischen beiden schwankte *). Die Bekanntschaft mit Bodmers Uebersehung des

*) Früh' hab' ich dir mich geweiht! Schon da mein Herz
Den ersten Schlag der Ehrbegierde schlug,

Erkohr ich, unter den Lanzen und Harnischen
Heinrich, deinen Befreier, zu fingen.

Allein ich sah die höhere Bahn

Und entflammt von mehr denn nur Ehrbegier,
30g ich weit fie vor. Sie führet hinauf
3u dem Vaterlande des Menschengeschlechts.

Milton könnte zu seinem Entschlusse beigetragen haben; allein Gedichte zum Preise des Erlösers waren an der Tagesordnung. Heinrich Cuno, ein Kaufmann zu Amsterdam (1708-1783), ein Nachahmer von Brockes, gab 1741 eine Messiade heraus; der Leipziger Joh. Adolf Scheibe (1708–1776), später Kapellmeister in Kopenhagen, beschäftigte sich mit geistlichen Oratorien und Cantaten; eben so entstand damals Händels Messias und ähnliche Tonstücke; lauter Anregungen, die auf Klopstock weit mehr wirken mußten, als Miltons Paradies, zu welchem überhaupt der Messias nur wenig Verhältnis hat.

Für deutsche erzählende Gedichte galt damals der Alexandriner. Gottsched hatte den achtfüßigen Trochäus empfohlen, weil er majestätischer sey, als der Alexandriner. Beide Versarten misfielen den musikalisch gebildeten Ohren des Jünglings, dessen gedanken- und empfindungsvolle Poefte in die Schranken und den gleichmäßigen Tritt solcher Verse sich nicht fügen konnte. Es galt nähmlich damals das Geseß, daß jeder Alexandriner auch mit dem Sahe schließe, wie es denn bei dieser Versart nicht gut anders möglich ist; den Begriff des poetisch-musikalischen Perioden, der die Verszeilen durchbricht, so daß der Schluß des Gedankens nichts mit dem Versschlusse zu thun hat

diesen hatte man ganz verloren, und so wie der Silbengang immer gleich blieb: so waren auch die einzelnen Perioden alle gleichförmig und ziemlich gleich lang. Klopstock faßte gegen diese mehr handwerksmäßige als kunstreiche Behandlung der rhythmischen Sprache einen eigentlichen Haß; er schrieb aber, wie eine Menge seiner Zeitgenossen und Mitkämpfer, das Uebel nicht der falschen Theorie, sondern dem Reime zu. So viel ist richtig, daß der Reim leicht dazu verführt, den Vers immer mit dem Sahende zu schließen, und nach Gottscheds Vorschrift, der keinen Uebertritt gestattet, mußte dies so seyn. Genug, es

Noch geh' ich fie, und wenn ich auf ihr

Des Sterblichen Bürden erliege:

So wend' ich mich seitwärts und nehme des Barden Telyn,
Und sing', o Baterland, dich dir!

Aus der Ode: Mein Vaterland.

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