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Und singt ihr liebes Lied, da stete Dämmerung

Mit Nebel sich vermengt, doch stille Luft genung:

Komm, komm, Melpomene, mit deiner schwarzen Schaube,
Begränzet ihm das Haupt mit frischem Myrthenlaube,
Bring' Harf und Saiten mit und sehe dich zu mir

An den Cypressenstock, der für uns stehet hier u. s. w.

Dieses Klaggedicht soll offenbar ein Gegenstück zu Opik Lobgesang von der Geburt des Heilandes seyn, so wie diesen wieder des holländischen Dichter Heinsius Lobgesang Jesu Christi anregte, von dem er sagte, daß es seine höchste Poesie geweseu sey, daran er die Zeit seines Lebens sein äußerstes Genügen gehabt habe. Allein so geschmacklos wie Flemming ist Opis in seinem Lobgesang nicht, und schwerlich würde er den Silvanus und Melpomene und alles andere Zubehör an dieser Stelle ge= billigt haben *). Allein diesen Geschmack hatte die damalige lateinische Poesie gepflanzet, die ohne die Mythologie nichts vermochte. Wenn viele Geistliche der damaligen Zeit und Dichter der ältern Art diese neue christliche Manier durchaus verwarfen und als unschicklich erklärten, so hatten sie gewiß völlig recht; indem man aber die neue pomphafte Art zu reden mit der neuen Metrik verwechselte, verdammten viele auch diese als etwas Unerhörtes, nicht in das Christenthum Gehöriges.

Offenbar war Flemming auf einem falschen Wege, wenn er lateinische Liebeslieder und deutsche Prunkgesänge und Bußpsalmen dichtete. J. J. 1633 verließ er Sachsen und Deutsch

*) Allerdings mischt auch Heinsius in seinen Lobgefang, den Opiß überfeßte, Bilder aus der alten Mythologie; z. B.

Im Fall er jeßt schon liegt arm, elend, kalt und bleich,
Ohn' Herrlichkeit und Macht, ist er an Macht doch reich,
Die Sonn' ist unter ihm; der Monde mit dem Wagen
Kehrt' ein in seinem Hof; den Nächten und den Tagen
Vergönnet er sein Haus; das Gold, so für und für
In Pleias Sternen scheint, hat er zu seiner Zier.
Orion geht durch ihn in diesen schönen Wegen,

Geschickt auf seinen Dienst, steht mit dem bloßen Degen;
Der Wagen hält auf ihn, wann daß er ihm nur winkt,
Der aus der kalten Flut der Thetis nimmer trinkt u. f. w.

land und schloß sich der Gesandtschaft an, welche Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp nach Rußland und Persien sandte. Sie kehrte erst im Aug. 1639 zurück, so daß Flemming fast sechs Jahr fern von seinem Vaterlande blieb. Zu seiner großen Reise, auf der er und seine Gefährten auch wirklich die größten Gefahren und unsägliches Elend auszustehen hatten, bereitete er sich vor durch das schöne Lied: In allen meinen Thaten;" und vergleicht man den einfachen Gang desselben mit seinen Poesien in Alexandrinern, so wird man zugeben müssen, daß eben dieser heillose Vers zu Pomp und falschem Prunk verführt. Flemming fand den Ruhm der neuen deutschen Poesie schon in Polen und Esthland (er mußte ein Jahr in Reval bleiben), verbreitet und trug ihn selbst weiter. Wie sehr er sich Opih unterordnete, geht aus mehreren Gedichten, die in Rußland entstanden, deutlich hervor. In einer poetischen Zuschrift an Heinrich Nienborg, deutschen Dolmetscher in Groß-Nowgorod, heißt es:

Die Ströme sollten frischer,

Die Bäche fünfter gehn, indem ich stimmet an
Ein Lied, das jeder ehrt und kaum der dritte kann,
Das mich mein Opiß lehrt, der Preis der ersten Sänger,
Die redlich deutsch verstehn. Die Oder flosse strenger,
Der wilde Main schoß hin. Was war er als nicht zahm,
Der ungelehrte Rhein? Als nur mein Opih kam
Und ließ den schönen Ton erst um den Bober schallen,
So sagt man, hab' es ihm so überwohl gefallen,
Daß er sein schilficht Haupt hat dreimal hoch empört
Und dreimal laut gejauchzt. Die nahe Neiße hört'
Und schrie es weiter aus. Der alte Neckar lachte,
Die niederdeutsche Maas entsahte sich und dachte :
Was ist das für ein Lied,
Als meine Künstler thun?
Als keiner noch vor ihm.
Die Seine lobet ihn, die Themse wird ihn kennen,
So seh' ich selbsten jezt, daß eurer Wolga auch

das höher wird geführt,
Drum ist er auch geziert,
Der Tajo kann ihn nennen

Er nicht ist unbekannt. Das ist der Tugend Brauch,
Sie dringt durch alle Welt. Nun glaub' ich, daß dem Tiger
Er unbewußt nicht sey, ingleichen auch dem Niger,

Und wo Maragnon braust. Der edle Ferdinand,
Der Preis von Oesterreich, hat ihm mit eigner Hand
In das gelehrte Haar die Blätter eingewunden,

Die immer Jungfern sind und nie welk werden funden 22.

Auf der Rückreise von Ispahan, in Astrachan, erfuhr er Opizens Tod und betrauerte den Verlust in mehreren Son. netten. Wie sehr er alle Hoffnung einer neuen deutschen Poesie auf Opih sezte, und wie sich der Deutsche schon damals bei dem Verlust deutscher politischer Größe wenigstens mit Träumen literarischer Würde zu beruhigen wünschte, zeigt das erste derselben;

So zeuch auch du den hin in dein Elyserfeld,
Du Pindar, du Homer, du Maro unsrer Zeiten,
Und untermenge dich mit diesen großen Leuten,
Die ganz in deinen Geist sich hatten hier. verstellt.

Zeuch jenen Helden zu, du jenen gleicher Held,
Der ist nichts gleiches hat. Du Herzog deutscher Saiten!
Erbe durch dich selbst der steten Ewigkeiten;
O ewiglicher Schah und auch Verlust der Welt!

Germania ist todt! die Herrliche, die Freie!
Cin Grab verdecket sie und ihre ganze Treue!
Die Mutter, die ist hin!
Ihr Rächer und sein Arm.

Hier liegt nun auch der Sohn!
Laßt, laßt nur alles bleiben

Ihr die ihr übrig bleibt, und macht euch nur davon!
Die Welt hat wahrlich mehr nichts würdigs zu beschreiben!

Flemming überlebte die Rückkehr ins Vaterland nicht lange; er starb 1640 zu Hamburg, im einunddreißigsten Jahre seines Lebens. Die besten seiner Lieder entstanden fern von Deutschland, in Polen, Rußland, am schwarzen Meere, in Persien. Erinnern wir uns, daß Martin Opih in Siebenbürgen deutsch dichtete, Wecherlin in London, so haben wir hier eine eigenthümliche Dreizahl der Dichter dieser Periode.

Flemming war ein geborner Dichter; er hatte nicht erst wie Opiz den „rechten Griff" yon den Alten erlernt, sondern

fang aus voller Seele. Wo er in die majestätische Art Opißens fällt, ist er widerlich; wo er hingegen in Sonetten und Liedern Leben, Liebe, Freundschaft, Heimath besingt, ist er vortrefflich. Schon dadurch, daß er das Leben nicht erst in Büchern studierte, sondern es wirklich kennen gelernt hatte, weicht er von seinen dichtenden Zeitgenossen ab; dann stüßte er sich auch nicht, wie alle andern, auf Gönner und nahmentlich nicht auf den Palmenorden, deren Mitglieder er jedoch hoch verehrte. Seine Zeit schähte ihn nicht besonders, und man darf ihr daraus keinen Vorwurf machen; das, was sie besonders von dem Poeten for. derte: Gelehrsamkeit, hohe Gedanken, majestätischen Ernst das fand sie entweder bei ihm gar nicht, oder fand es mit Recht misrathen, wo es bei Flemming vorkommt, da er wirklich platt wird, wenn er in die Zierlichkeit und Spißfindigkeit der neuen Schule eingeht. Uns ist der liebenswürdige, heitere, besonnene Mensch in Flemming besonders werth, den Menschen aber suchte die damalige Zeit gerade nicht in der Poesie. Flem ming machte auch bei seinem Thun (wie er selbst sein Dichten nennt) nicht die Bildung der deutschen Sprache zu seinem Hauptaugenmerk, wie alle andern Poeten, und verlehte sie aufs gröblichste. Flemmings dichterischer Ausdruck ist allerdings höchst lebendig, reich und wahrhaft pvetisch; aber die äußere grammatische Form ist ganz unbeholfen und incorrekt und zeigt von völliger Unkenntnis des Deutschen. Wie hätte sich Flemming auch diese Kenntnis erwerben können? Er war ganz lateinisch erzogen, schrieb am liebsten lateinisch und soll ein ganzes lateinisches Heldengedicht (Margenis) hinterlassen haben. Die frühere deutsche Poesie kannte er, wie es scheint, gar nicht; in den Jahren seiner wichtigsten Dichterperiode lebte er fern von Deutschland mit Leuten, die aus allen Gegenden stammten, meist Niedersachsen, die zum Theil wohl nicht einmal hochdeutsch sprachen. Barnhagen sagt in seinem Leben Flemmings: „Was darin (in „den Gedichten) veraltet und durch veränderten Gebrauch jezt „anstößig ist, darf ihm nicht zum Vorwurf gerechnet werden; „wir müssen uns um zweihundert Jahr zurückversehen, um ihu »zu würdigen, und dann werden wir finden, daß er noch weit »genug über seine Gegenwart hinaus in die unserige herüberragt."

Dies ist durchaus unrichtig; durch seine Dichtweise ragt Flemming in unsere Gegenwart herüber; durch seine Sprache mußte er seinen Zeitgenossen eben so anstößig seyn als uns; denn er hat Wortformen, Biegungen und Fügüngen, die ganz undeutsch sind, eine Sache, in der es Opiß und seine Anhänger sehr streng nahmen, wofür wir ihnen großen Dank schuldig sind. Es ist hier nicht der Ort, an einzelnen Gedichten Flemmings Unkenntnis der deutschen Sprache zu erweisen; wer die Entwicklung derselben kennt, findet sie von selbst; wer sie nicht kennt und überhaupt geneigt ist, bei ältern Dichtern alles mit der Zeit zu entschuldigen, dem wäre umsonst gepredigt. So viel wird aber jeder fühlen, daß man auch vor zweihundert Jahren nicht verlärt statt verloren, gesagt hat, oder: Ich habe keine Lust, zu eingehn solche Sachen.

Uns freilich können dergleichen Sachen, die bei Flemming sehr oft erscheinen, gleichgültiger seyn, da wir bei dem Lesen älterer Dichter manches vergessen müssen; allein seinen Zeitgenossen war dies nicht gleichgültig, und am wenigsten den gelehrten Freun= den der deutschen Sprache, die doch damals das Hauptpublicum der Poeten ausmachten. Wäre Flemming nicht schnell gestorben, hätte er selbst seine Gedichte herausgeben können, so würden wir jedenfalls eine ganz andere Sammlung besißen, und ohne Zweifel wäre dann sein Ruhm sehr hoch gestiegen *).

§. 52.

Die Schlesische Schule.

Unter den engern Landsleuten Opizens möchte Andreas Tscherning von Bunzlau (1611-1659) kaum Erwähnung verdienen, wenn er nicht dadurch Bedeutung gewänne, daß ́er Apostel der neuen Lehre in Meklenburg wurde, wo er seit

* Eine Lebensbeschreibung Flemmings hat Varnhagen v. Ense gegeben im vierten Bande seiner biographischen Denkmale. Berlin 1826. Auswahlen aus Flemmings Gedichten haben geliefert: Guftav Schwab (Stuttg. 1820); Wilh. Müller (Bibl. D. D. Bd. III.); Gebauer (Dichterfaal Bd. II.).

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