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Ihr that alles mischen
Mit faulen Fischen

Und macht ein Mischgemäsch,

Ein wüste Wäsch

In eurem Vaterland

Pfui dich der Schand!"

Die fruchtbringende Gesellschaft erhielt aber dadurch eine große Wichtigkeit, daß mit ihr ein Mittelpunkt entstand für alle poetische Talente und deutschredende Schriftsteller, und wenn wir bedenken, daß bis dahin jeder Dichter ganz einsam dagestanden und die Literatur gar keinen Zusammenhang gehabt hatte, so mußte nun der Schuß einer Verbindung, in der eine Menge Fürsten und Große sich befanden *), von bedeutender Wirkung seyn; denn diese Verbindung trat nun an die Stelle einer Haupt stadt, von der aus die Literatur ihre Antriebe empfangen hätte. Die Gesellschaft machte es ihren Mitgliedern zu Pflicht, deutsch zu schreiben, munterte selbst Gelehrte auf, sich der deutschen Sprache zu bedienen **), ließ vieles übersehen, und brachte die Hervorbringungen der Dichter in Umlauf und Ansehen. Sie bildete eine Verbrüderung zu Schuß und Truh, und jeder aufs tretende Schriftsteller hatte nun in voraus Freunde, Gönner und Leser. Damit ist nicht gesagt, daß der Orden immer wohlthätig gewirkt habe, sondern nur bewiesen, daß er bedeutend in den Gang der Literatur eingriff. Das plöhliche Emporschießen einer Menge Dichter und Schriftsteller ließe sich gar nicht erklås ren ohne den mächtigen Schuh so vieler vornehmer Herren; manche Krittler, Mäkler und Tadler, nahmentlich unter der Geistlichkeit, mußten schweigen, oder wenigstens behutsam sich benehmen, um nicht Grafen und Fürsten vor den Kopf zu stoßen. Die große Zahl allzuvornehmer Mitglieder, wodurch der Orden solches Ansehen hatte, lähmte ihn und schadete ihm natürlich auch, und i. J. 1680 ging er ein, nachdem er mehrere

*) Im Jahr 1668 fand sich in der Gesellschaft ein König, 3 Kurfürften, 53 Herzoge, 4 Margrafen, 10 Landgrafen, 8 Pfalzgrafen, 19 Fürs ften, 62 Grafen, 600 adeliche und gelehrte Mitglieder.

**) So schrieb Ad. Olearius seine persianische Reisebeschreibung aus Auftrag des Palmenordens in deutscher Sprache.

andere Gesellschaften veranlaßt hatte, von denen bald die Rede feyn wird.

§. 48.

Das neue Dichtergeschlecht.

Mitten unter den Drangsalen und Stürmen des dreißig= jährigen Krieges bildete sich eine ganz neue Poesie, und wie die Dichtung oft das Widerspiel der Wirklichkeit ist, so auch hier. Während der heftigen Kämpfe der Reformationszeit, wo die Theologen alles Denken und Glauben in Regeln und Systeme brachten, lebte eine Literatur, die jeder Regel und jedes Systems ermangelte; während des schrecklichsten, aller Menschlichkeit hohnsprechenden Kampfes im siebzehnten Jahrhunderte entwickelte sich eine Poesie, deren Charakter in streng Regelmäßigem und Formellen bestand. Wurde der Krieg, wenigstens anfangs, über protestantische und katholische Ansprüche und Meinungen geführt, so verließ dagegen die Literatur diesen Kampfplah der Kirche, auf welchem sie fast während des ganzen sechszehnten Jahrhunderts gefußt hatte; selbst die Satyriker scheuen es, auf diesen Punkt einzugehen, und alles strebt dahin, einen allgemein deutschen Standpunkt festzuhalten.

Eine Sammlung von Proben und Auszügen aus den nahmhaften Dichtern dieser Zeit ist erschienen unter dem Titel: Bibliothek deutscher Dichter des siebzehnten Jahr. hunderts. 14 Bdc. 1822-38. Herausgeber war W. Müller; vom eilsten Bande an K. Forster *). Diese Sammlung ist den Freunden unserer frühern Poesie allerdings zu empfehlen ;

*) Die vierzehn Bände enthalten folgende Dichter: 1. M. Opiß. II. A. Gryphius. III. P. Flemming. IV. R. Weckherlin. V. S. Dach, R. Roberthin, H. Albert. VI. Logau, Abschaß. VII. Zindgref, A. Tscherning, Homburg, P. Gerhard. VIII. 3. Rist, Morhof. IX. Harsdörffer, J. Klaj, Sigm. von Birken, A. Scultetus, J. G. Schottel, A. Olearius, J. Scheffler. X. Günther. XI. J. Schwie ger, G. Neumark, J. Neander. XII. F. v. Sper. XIII. Zach. Lund, D. Schirmer, Ph. Zefen. XIV. Hoffmannswaldau, Lohenftein, Wernike, Canit, Weise, Beffer, Mühlpforth, Neukirch, Moscherofch, Peucker.

nur wird sie schwerlich ein treues Bild der Dichtung jenes Jahrhunderts hergeben. Daran hindert schon der Mangel an chronologischer Anordnung; dann die an sich natürliche Absicht, mehr eine Blumenlese zu geben, nicht sowohl von den am meisten charakteristischen Gedichten, sondern von solchen, die in unserer Zeit noch gefallen und ansprechen; weshalb auch manches verändert ünd abgekürzt ist. Zu tadeln ist, daß bedeutende Nahmen ganz fehlen (z. B. Rachel), während doch ganz unbedeutende aufgenommen sind, wie Scultetus und Peucker; eben so, daß die jedesmalige Zahl der ausgewählten Gedichte in gar keinem Verhältnisse zum Werthe des einzelnen Dichters steht; endlich aber, daß bei manchen Dichtern (z. B. bei Harsdörffer) gerade ihr Bestes und Schönstes fehlt, ein Umstand, der allerdings zu entschuldigen ist, da die Ausgaben und Quellen zu einer solchen Sammlung oft sehr schwer erhältlich sind. Ich werde im Ver lauf meiner Darstellug öfters auf diese Sammlung verweisen; wo sie und Wackernagels Lesebuch mir nichts bieten, bin ich genöthigt, sebst Proben zu geben.

§. 49. Martin Opih.

Als Vater und Schöpfer der neuen Poesie ist stets Martin Opiz genannt worden. Er war zu Bunzlau am Bober 1597 geboren, daher er oft von seinen Zeitgenossen der Boberschwan genannt wird, auch später, als ihn der Kaiser adelte, den Beis namen von Boberfeld erhielt. Von früh auf beschäftigte er sich mit Dichtkunst und gab 1618 beim Abgange vom Breslauer Gymnasium eine Sammlung lateinischer Gedichte >>Strenae" heraus. Von Breslau gieng er 1616 nach Beuthen an der Oder auf das Gymnasium, und hier schrieb er 1618 eine Abhandlung: "Aristarchus seu de contemptu linguae teutonicae," faßte also schon als zwanzigjähriger Jüngling den Entschluß, der Begründer eines neuen Zeitalters der deutschen Dichtung zu werden, deren frühere Blüte unter den Hohenstaufen er kannte und hervorzog. Als lateinischer Dichter gewohnt, das Formelle und Rhetorische in Vers und Gedicht hoch zu schäßen, sah er die schlechte deutsche Dichtung seiner Zeit gar nicht als vollbürtig

an, sondern war fest überzeugt, daß man den Deutschen erst wieder eine Poesie schaffen müsse. Im Jahr 1618 bezog er die Universität Frankfurt an der Oder, besuchte darauf noch Heidels berg, Straßburg, Tübingen, und ließ durch seine Gedichte überall cinen großen Dichterruhm zurück, so daß man in ihm einen zweiten Virgil prophezeite. Im Jahr 1620 begleitete er einen jungen Dänen nach Holland, und hier lernte er die niederländische Poesie kennen, die sich nach dem Muster der französischen gebildet hatte, und da diese Art des Dichtens, die eigentlich nichts als Beredsamkeit in Vers und Reim ist, seinem gelehrten Sinne zusagte, so ging sein ganzes Streben dahin, ein würdiger Schüler dieser breiten und spißfindigen, allerdings aber saubern und schön aufgepußten Poesie zu werden. Nach manchen Veränderungen des Ortes gieng er als Professor an das Gymnasium zu Weißenburg in Siebenbürgen, wohin ihn der berühmte Fürst Bethlen Gabor berufen hatte; ein Beweis, wie weit schon Opizens Dichterruhm erschollen war. Da ihm weder Luft noch Lebensart zusagten, kehrte er in's Vaterland zurück und lebte am Hofe des Herzogs von Liegnit. 1621 erschien eine Ausgabe seiner Gedichte zu Straßburg, von seinem Freunde Zinckgref*) besorgt. Er selbst gab in diesem Jahre seine Abhandlung von der deutschen Poeterey heraus, reiste dann nach Sachsen, wo er sich eine Zeitlang in Wittenberg bei A. Buchner aufhielt, und wurde dann zu Köthen feierlich in den Palmorden aufgenommen unter dem Nahmen des Gekrönten *). Im

*) Julius Wilhelm Zinckgref, geb. 1591 zu Heidelberg, geft. 1635 an der Peft, ist besonders bekannt durch seine Sammlung: Teutsche Apophthegmata oder der Teutschen Scharfsinnige kluge Sprüche. Seine wenigen Gedichte find in einem Anhange zu jener ersten Ausgabe von Opiz abgedruckt. Bibl. D. D. Bd. VII.

**) Dietrich von dem Werder, einer der Stifter des Palmenordens, machte folgendes Sonnett auf Opigens Tod, woraus man fieht, wie sehr man in der fruchtbringenden Gesellschaft von vorn herein Spies lereien mit Worten liebte:

Dich hat mit einer Kron, Gekrönter, wohl bekrönet
Der Fürften werther Kron; dich hat der kühnste Thron
Durch das Gerücht gekrönt mit einer Ehrenkron,
Die vieler Kronen werth. Gekrönt haft du gefröhnet

Jahr 1625 gab er selbst eine Auswahl seiner Gedichte heraus, indem er die Zinckgrefische für übereilt erklärte. 1626 trat er als Sekretär in die Dienste des Burggrafen von Dohna; und als dieser 1633 starb, sah er sich nach einem andern Zufluchtsorte um, gieng endlich nach Danzig, und starb 1639 daselbst an der Pest.

Opik galt nicht nur bei seinen Zeitgenossen, sondern das ganze Jahrhundert durch als das Muster eines Dichters, und selbst diejenigen, die von seinem Wege abwichen, wagten doch nie, ihn offen zu tadeln. Für uns kann Opih kein Muster seyn; ja wir dürfen geradezu behaupten, daß er keine poetische Weltanschauung, sondern nur eine rechtliche, daß er keinen poe= tischen Gehalt, sondern nur einen würdig menschlichen, daß er keine poetische Sprache, sondern nur eine rhetorische besessen habe. Und dennoch hatten seine Zeitgenossen recht, wenn sie ihn als Vater und Schöpfer der neuerwachten Poesie ansehen; wir sehen daraus, daß sie der breiten, oft rohen Reimerei und Silbenzählerei überdräßig waren. Opitz führte anstatt der leh. -tern eine wirkliche Silbenmessung nach dem Accente ein, und forderte eine reinere, correktere, würdigere Sprache.

Daß eine neue, durchgreifende Theorie des Versbaues nöthig war, ergiebt sich schon daraus, daß seit Alberus immer Versuche. dazu gemacht worden waren. Opih brachte durchaus nichts Neues auf, wenn er jambische und trochaische Verse selbst unterschied und unterscheiden lehrte, und bis auf diesen Unterschied.

Um folche Lorbeerkron. Nur Gott, der Kronen frönet,
Giebt dir der Kronen Kron, der Frommen höchften Lohn,
Daß mit drei Kronen du wie ein gekrönter Sohn
Dein schön gekröntes Haupt ist schön gekrönet, schönet.
3wo Kronen krönen dich, zwo Kronen haft gekrönet.
Dich krönt der Teutschen Ruhm, so deines Lieds gewohnt.
Dich krönt der Fürsten Zunft, in dem du Früchte bringeft.
Du krönft das deutsche Reich mit kunstverbundner Schrift:
Du hast zur Gottesfurcht so manche Kron geftift;
Dich krönt der höchfte Gott, vor deffen Thron du fingeft.

Die erflen Zeilen beziehen sich darauf, daß Kaiser Ferdinand II. dem Dichter 1625 mit eigner Hand einen Lorbeerkranz auffeßte.

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