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Kosmographie und Geographie; auch ein vortreffliches Buch, in welchem auf Deutschland besonders Rücksicht genommen ist und die verschiedenen deutschen Provinzen und deren Einwohner gut und treffend geschildert sind *). Doch wurde Franks Weltbuch von der Kosmographei Sebastian Münsters (geb. 1498 zu Ingelheim, gest. 1552 als Professor der hebräischen Sprache zu Basel) übertroffen, ein Werk, das lange Zeit Lieblingsbuch der süddeutschen niedern Stände blieb (es erschien zuerst 1544).

Die christlich-metaphysischen Schriften Franks, deren Inhalt von den Theologen zu Schmalkalden öffentlich verdammt wurde, übergehe ich und erwähne nur noch seine Auslegung deutscher Sprichwörter (Schöne, weise, herrliche Klugreden und Hoffprüch. Frankf. 1541), eines der wichtigsten Werke für unsere Sprache. In diesem Literaturzweige war ihm Joh. Agricola (geb. 1498 zu Eisleben, gest. 1566 als Hofprediger zu Berlin) vorausge= gangen. Agricola gehört, wie Frank, zu den protestantischen Theologen, die das lutherische Symbolum nicht unbedingt anerkennen wollten, und galt als Haupt der sogenannten Antinomier, d. h. derjenigen, welche die Gültigkeit des Mosaischen Gesetzes verwarfen. Die erste Sammlung seiner Sprichwörter erschien 1528 und wurde später sehr vermehrt. Der Styl Agricolas ist vortrefflich und gibt der Sprache Luthers durchaus nichts nach.

§. 36.

Lateinische und deutsche Poesie.

Man liest oft die Behauptung: das ganze sechszehnte Jahrhundert sey ganz unpoetisch gesinnt gewesen; die Reforma= tion und der Kampf, den sie entzündet, hätten alle andere Interessen verschlungen, und die Zeit habe keinen andern Gebrauch der höhern Geistesfähigkeiten geduldet, als zu religiösen und moralischen Zwecken. Dies ist nicht ganz richtig. Die kirchlichen Streitigkeiten hatten nicht dermaßen alle Köpfe und

*) Weltbuch, spiegel und bildtnis des ganßen Erdtbodens von Sebastiano Franco Wördenfi. MDXLII. Dies Werk scheint den Literaturhiftorikern ganz unbekannt zu seyn; wenigftens finde ich es unter den Schriften Franks nie aufgezählt.

Herzen eingenommen, daß niemand an irgend etwas anderes gedacht hätte, und viele Männer flüchteten sich aus dem Gewirre theologischer Zänkereien und gelehrter Spißfindigken gern zu den Musen oder suchten in der Beschäftigung mit der Dichtkunst und Geschichte Erholung nach trockener Anstrengung. Allein diese Poesie ist lateinisch, und das ganze Verhältnis blieb so, wie es sich in der lehten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts gestaltet hatte: die auf das Studium der Alten gegründete neue. Bildung diente nur zu Hervorbringungen in der Sprache der Alten, zum Theil auch im Sinne der Alten. Im Schoße des Protestantismus, zu Wittenberg, bildeten sich eine Menge lateinischer Dichter; einer der berühmtesten, Sabinus (eigentlich Schuler), war sogar der Schwiegersohn Melanchthons, welcher überhaupt für deutsche Sprache keinen Sinn hatte. Joachim Camerarius, Coban Heß, Peter Lottichius, Nicodemus Frischlin, Friedr. Dedekind, Joh. Nargeorg (Kirchmeyer) u. a. m. zeichneten sich als lateinische Dichter im lyrischen, elegischen, satyrischen, dramatischen und epischen Fache aus **). Die Ungelehrten ergößten und bildeten sich an den Hervorbringungen der frühern deutschen Poesie. Der Theuerdank, der Renner des Hugo von Trymberg und Freidanks Bescheiden= heit in ihren neuen Bearbeitungen blieben immer noch vielgelesene, werthe Bücher; von spätern wurde besonders Reineke Fuchs **) und Brants Narrenschiff gelesen; außerdem waren das Memorial der Tugend von Johann von Schwarzenberg (über ihn s. S. 165.) und die sogenannte Frau Untreue Johanns von Morßheim, welche 1515 zuerst erschien ***), die gelesensten

*) Caspar Scheidt von Worms, der Ueberseßer des Grobianus von Dedekind (erschien 1549), entschuldigt seine deutsche Ueberseßung damit: „daß Latinische Bücher zu unsern zeiten, so das mittel der „Truckerei erfunden, in die Sprachen, welcher sich das gröffer "theil gebraucht, zu transferiren gar nicht felßzam ift." Als eine fremde Sprache sieht er also das Lateinische nicht an.

**) Selbft Luther schäßte den Reineke Fuchs so, daß er ihn oft mit zu Tisch brachte und während des Essens darin las. Dies erzählt Matthesius im Leben Luthers.

***) Der vollständige Titel ist: Spigel des Regiments in der Fürften

Höfe, da Fraw Untrewe gewaltig ist. Bei den Zeitgenossen wurde

Lehr- und Sittengedichte. Die niedern Stände ergößten sich an ihren Volksbüchern, deren in diesem Jahrhunderte neue entstan= den; sangen oder lasen Buhllieder und die alten Heldensagen, die ihnen freilich in der verkümmertsten Form dargeboten wurden.

S. 37.

Gelehrte und ungelehrte Dichter.

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Die deutschredende Poesie der Zeit ist wesentlich protestan= tisch; wir unterscheiden aber diejenige, welche von Gelehrten ausgieng, die sonst lateinisch schrieben und nur zu bestimmten Zwecken sich der deutschen Sprache bedienten, und eine andere, welche von Ungelehrten geübt ward. Die Poesie der Gelehrten ist durchaus polemisch, strafend, reformierend, die der Ungelehr= ten ruhiger, behaglicher, äußerlicher. In jener spricht sich die Persönlichkeit scharf und schneidend aus, und jeder Gegenstand dient nun als Mittel, eine entscheidende Meinung daran zu knüpfen; diese bleibt mehr bei der Sache und hat größere Freude an dem Gegenstande selbst, ohne jedoch die eigene Meinung und Ansicht ganz aufzugeben, was überhaupt in dieser Zeit schwer war, da alles Parthei nahm. Die Poeste der Gelehrten ent= fernt sich vom Begriffe reiner Dichtung am meisten, da sie gar nicht auf Darstellung menschlicher Zustände ausgeht, sondern alles im Lichte des neuen, polemisierenden Protestantismus auf. faßt; da sie die Quelle aller Poesie, die Einbildungskraft, völlig verläßt und auch gar keine poetische Wirkungen hervorbringen will, sondern vom Dogma ausgeht und Meinungen vertheidigen oder widerlegen will, so daß sie also nur äußerlich die Form der Poesie hat, ihrem ganzen Streben nach hingegen ins Gebiet der Moral und Beredsamkeit gehört. Die Poesie der Unge. lehrten trägt weit mehr den Charakter eigentlicher Dichtung, allein auch sie kann sich dem Einflusse der Zeit nicht entwinden, und nimmt unverdaute Gelehrsamkeit in sich auf. Aeußerlich ist kein Unterschied zwischen beiden Gattungen; da auch die Gelehrten

es kurzweg Frau Untreue" ober auch „bas Hofleben" genannt; der Verfasser, ein Schweizer, wird sehr oft schlechtweg „der Schwei zer" genannt.

sich so volksmäßig als möglich ausdrücken, ja in ihrer Darstellung weit ungeschlachter und baroker sind als die Ungelehrten. Als die bedeutendsten Vertreter der ersten Classe können wir Erasmus Alberus, Burkard Waldis und Johann Fischart ansehen, als vollgültigen Poeten der zweiten Classe _den_vielbe= rühmten Hans Sachs.

§. 38.

Erasmus Alberus.

Erasmus Alberus, geb. um 1500 in der Wetterau und gest. 1553 als Superintendent zu Neubrandenburg im Meklen= burgischen, zeigte sich sein ganzes Leben lang als ein strenger, eifriger Anhänger Luthers, verwickelte sich in eine Menge Kämpfe und Streitigkeit und mußte deshalb siebenmal seine verschiedenen Stellen in verschiedenen Ländern niederlegen. Er schrieb viele scharfe Satyren und Pasquille *), in Prosa und Versen, in hochdeutscher und plattdeutscher Sprache, alle derb, ungeschlacht, aber mit einer Furchtlosigkeit geschrieben, von der wir kaum einen Begriff mehr haben. Seine größte Originalität zeigt er aber in seinen geistlichen Liedern und in seinen Fabeln. Auch hier ist alles satyrisch und barok. Des Papstes Narrenwerk, Anbetung der Heiligen, Ablaßkram, Raubsucht der Regenten (besonders in Einziehung der geistlichen Güter und Stifter zu weltlichen Zwecken), Schlechtigkeit des Adels, Pedanterei der Gelehrten, Schwärmer, Sektierer, Zwinglianer alles muß seinen Spott, seinen Zorn, seinen Grimm erfahren. Die alten Fabeln erhalten hier eine oft sehr wunderliche Anwendung und Auslegung. Da der Mann ziemlich unbekannt ist, so gebe ich als Probe seiner Darstellung eine Fabel **).

*) Besonders gegen Georg Wicelius, einen Apoftaten, der von der neuen Lehre wieder zum Katholicismus zurückgetreten war. **) Ich citiere nach der ältesten Ausgabe. Hagenau 1533. Sie führt den Titel: Etliche fabel Esopi, verteutscht und ynn Rheymen bracht durch Erasmum Alberum. Sampt andern newen Fabeln. Diese erfte Ausgabe scheint den Literatoren völlig unbekannt zu seyn, da ich überall die von 1550 als älteste angegeben finde. Die von 1533 enthält nur fiebenzehn Fabeln; auch fehlt das Leben Aesops. Die spätern Ausgaben enthalten 49 Stücke.

Von der Berge Geburt.

Es ist nit lang, daß dies geschach,
Daß man die Bauern laufen sach
Aus manchem land mit großer zahl
Zu einem berg bei Grimmenthal.
Da gab man für ein neu geschrei,
Nachdem die rede seind mancherlei,
Wie daß der berg geberen wöll,
Darumb sich niemand säumen föll.
Sie kamen dar mit großer macht:
Der ein' mit sich ein büchsen bracht,
Die selber feuer schlagen kunnt',
Und trug ein kittel, der was bunt.
Der ander trug ein hellepart,
Und war geschickt zu dieser fahrt.
Derselb gesell war auch nit faul
Und zog ein zwicbart bei dem maul.
Der dritt ein grossen kolben trug,
Der viert' hielt sich fürn andern klug,
Dieweil er fürt zwei waffen fein,
Ein armbrust und ein scheffelein,
Und reit auf einem muttergaul;
Der fünft' der kam und war nit faul
Und bracht' mit sich eine lange stang.
Nach diesem seumpt sich auch nit lang
Der fünft', der hatt ein pfanzer an,
Man hielt ihn für ein strengen man,
Dieweil er mit sich bracht ein flegel:
Der sechst' fürt ein grossen schlegel.
Der-siebent' mit dem eisenhut
Der trug ein messer das war gut.
Allein thet ihm das viel zu leid,
Daß ihm zerbrochen war die scheid.
Er wolt sie gleichwol lassen placken,
So must er sich von dannen packen.

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