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war, ließ durch andere übersehen. Ein Beispiel davon mag der Freiherr Johann von Schwarzenberg geben, ciner der mächtigsten und angesehensten Ritter in Franken, als Dichter und Schriftsteller seiner Zeit sehr bekannt *). Diesem kam eine Uebersehung der Officien des Cicero zu Gesicht. Das Buch gefiel ihm des Inhalts halber wohl, des Vortrags halber aber übel, denn es war „Wort uß Wort, nit Sinn uß Sinn« ver= deutschet. Um nun der Schrift eine bessere Form zu geben, ließ er dieselbe durch seinen Capellan, Johanes Neuber, noch einmal verdeutschen, brachte dann diese Verdeutschung selbst in „zierlicher Hochdeutsch“ und übergab nun seine lebersehung wieder gelehrten Männern, welche nachsehen mußten, ob alles dem Lateinischen gemäß sey.

S. 31.

Die Lehrdichter und Satyriker. Seb. Brant.

Ich habe mich bei den Uebersetzungen dieser Zeit deshalb länger aufgehalten, weil ich sie nebst den von jezt an erscheinenden Reisebeschreibungen für die erheblichern Anfänge der gedruckten Literatur ansehe **). Die besonders in der Schweiz auftauchenden Chroniken können weniger hierherzählen, da sie fast alle erst später gedruckt wurden. Sehen wir, wie es sich mit der Poesie in deutscher Sprache verhielt.

Durch die Buchdruckerei kamen die Gedanken aller Nationen, alter und neuer, in Umlauf; durch diesen ungeheuren Zufluß des Wissens gerieth in einige Köpfe Klarheit, in andere aber eine ungeheure Verwirrung, da die Lesewuth alle Nüchternheit, alle Kraft und Zeit zu einer stillen und edlen Selbstbildung raubte. Dies hinderte nun das Entstehen einer wirklichen Poesie

geleistet habe. Vermuthlich ist ihm Boners Ueberseßung in die Hände gekommen.

*) Er ist der Stammvater der jeßigen Fürften von Schwarzenberg; geft. 1528.

**) Eine Uebersicht dieser ältern Ueberseßungen findet man in folgenden Werken von J. F. Degen: Literatur der deuschen Ueberfeßungen der Griechen. Altenb. 1797. Versuch einer vollständigen Literatur der deutschen Ueberf. der Römer. Altenb. 1794-97.

an sich schon; aber da die feineren Köpfe die neuen Gedanken ` und Ansichten alle in lateinischer Form sich angeeignet hatten, sv war es schwer, sie in deutscher Sprache wiederzugeben, zumal da diese ihre alte Verstechnik großentheils eingebüßt hatte und kein neuer Heinrich von Veldeck aufstand, um die Tenne zu fegen. Selbst Talente also, welche sich zu deutscher Poesie hingezogen fühlten, litten unter dem Drucke der schlechten Sprache; eben so viel aber unter dem Drucke der sinnlosen Mitwelt, welche dem Dichter keine poetische Gegenstände zuführen konnte und ihn gar nicht würde verstanden haben, wenn er einen bedeutenden Ansah genommen hätte. Was in dieser Zeit vorzugs= weise gepflegt wurde, war die Satyre, eine Gattung, welche an sich gar nicht zur Poesie gehört, und nur dadurch poetisch wird, daß ein wahrer Dichter, der über seiner Zeit steht, seinen Ge= genstand ernst und würdig oder wihig und ironisch behandelt, und zwar in einer Sprache, die sich allen Gedankenwendungen des Darstellers leicht fügt. Eine solche Satyre darf man aber in der Zeit, welche der Reformation vorangieng, nicht suchen, sondern nur Sittenmahlerei und Ermahnung, oder gesunden Men= schenverstand und guten Willen zu bessern. Was man jezt von der Poesie forderte, war nicht Dichtung, nicht Schilderung, nicht leidenschaftlicher Ausdruck, nicht Wohlklang und Vollendung der Form, nicht durchdachte Composition und gefeilte Ausführung: sondern Nachdruck und Mannigfaltigkeit in moralischen Winken, Sprüchen, Lehren, Bemerkungen. Diese Neigung war schon seit den Zeiten Hugo's von Trimberg und Ulrich Boners da; aftein sie war doch nicht die einzig geltende Ansicht von poetischer Wirksamkeit; von jetzt an überwiegt dieselbe jede andere Richtung Das erste gedruckte Werk aus der ältern poetischen Literatur waren daher Boners Fabeln *); eben so wurden alle andern Lehr- und Spruchdichter der früheren Zeit hervorgesucht. Aus diesen legte man sich Sammlungen einzelner Sprüche an, und so entstand eine besondere Art Epigramme, die man Priameln nannte. Der Nahme soll entstanden sein aus Prae ambulum. Das

*) Sie wurden schon 1461 zu Bamberg gedruckt, also noch vor der Eroberung von Mainz.

Besondere der meisten dieser kleinen Gedichte bestand nähmlich darin, daß zu mehreren Subjekten oder auch zu mehreren Borderfäßen, deren eine ganze Reihe hinter einander aufgeführt wird, am Ende ein einziges gemeinschaftliches Prädicat oder ein lange aufgesparter, auf alles Vorhergehende anwendbarer Nachsah hinzutritt, worin entweder die Gleichheit, oder die Unverträglichkeit jener Subjekte und Vordersähe angegeben wird. Sie nehmen also einen Anlauf (Praeambulum) und geben nach längerer Erwartung einen Aufschluß; z. B.

Weisheit und wih von trunknen Leuten
Und wiedergeben nach beuten,

Und auch alter weiber schön',
Und zerbrochner Glocken getön;

Und junger weiber wih und sinn,

Und alter männer. lieb und minn',

Und alter träger pferde laufen :

Der Dinge soll man keins thener kaufen.

Morde, raub', henk' und stiehl,

Und treib' all' bosheit, wo man will,

Und treib' das also lange zeit an,

Bis daß du wirst ein alter manu:

Hast du geld, kleinod und gute wat (Kleider),
Die herren nehmen dich noch in rath.

Von dieser Form also soll der Nahme Priamel herkommen; man bezeichnete jedoch später mit dem Worte jeden kürzern oder längern Spruch in Versen, und es ist klar, daß wir dieselben Klug- und Weisheitsreden vor uns haben, die wir jeht Sprichwörter nennen, nur daß die Priameln die Sache weiter ausführen.

Eine Sammlung solcher älterer Priameln würde ein sehr zeitgemäßes Unternehmen seyn, und von der gesunden Beobachtung und dem kernigen Wiße unserer Vorfahren gutes Zeugnis ablegen *).

*) Eine Sammlung von 72 Priameln findet sich in Eschenburgs Denk mälern altdeutscher Dichtkunst, S. 385-426; die oben angeführten find daraus entnommen. Andere Priameln bei Wackern., Sp. 1027.

Zu Erfindungen dieser Art fühlte sich nun Sebastian Brant (geb. zu Straßburg i. J. 1458, gest. als Stadtschreiber daselbst i. J. 1520) besonders hingezogen, ein Mann, der seiner Zeit des größesten Ansehens genoß, sowohl durch seine gelehrte als durch seine poetische Wirksamkeit. Brant hat eine Menge la= teinischer und deutscher Schriften in gebundener und ungebundener Rede verfaßt *), daneben fremde Werke herausgegeben oder Vorreden dazu geschrieben, damit fie durch seine gewichtige Em. pfehlung Ansehen erlangten. Er war eine ehrenfeste, tüchtige, strenge Natur, aber ohne Poesie, ja geradezu ein Feind der wahren Dichtung, indem er keine andere gestattet, als lehrende und strafende. Unter den frühera deutschen Dichtern suchte er den Freidank und den Renner hervor und bearbeitete sie neu; den höchsten Ruhm erlangte er aber durch sein Narrenschiff, ein Straf- und Sittengedicht, worin durch 112 Capitel (das 113te enthält bloß eine Entschuldigung des Dichters) die Thor. heiten und Schlechtigkeiten seiner Zeit grell und mit derb aufge= tragenen Farben geschildert werden.

Hätte sich Brant darauf beschränkt, in Priameln, von denen er ein so großer Freund war, die einzelnen Thorheiten der Menschen zu strafen und Weisheit zu lehren, so würden wir eine treffliche Spruchsammlung besitzen, bei der es auf Composition und Strenge der Durchführung nicht ankäme. Offenbar ist auch das Narrenschiff aus Priameln entstanden, zu denen immer neue kamen, so daß das Ganze unförmlich anschwoll und endlich den gemeinsamen Titel Narrenschiff annehmen mußte, der weiter gar keine Bedeutung hat. Brant entschüttet seine Galle und seinen Zorn ohne alles Maß und alle Form; er hat keine Ahnung davon, daß gerade in solchen Gedichten der Vers fasser sich innerhalb der Grenze halten soll, wo das Wahre, Gute und Schöne eins ist. Er könnte eigentlich bei jedem Reimpaare aufhören, oder auch am Ende jedes Capitels dieses

*) Nächst dem Narrenschiff waren seine Fabeln und Erempel, aus alten Autoren gezogen, am verbreitetßten. Ursprünglich find sie lateinisch geschrieben. Deutsch überseßt finden sie sich als zweiter Theil bei allen spätern Ausgaben des Steinhöwel'schen Aesopus.

weiterfortsehen; es wäre ganz gleich. So heißt es in dem Ab. schnitte: „Von bösen Weibern : «<

Durch drey ding wird die erd erschüt,

Das vierd, das mag sie tragen nit:
Ein knecht, der worden ist ein herr,
Ein narr, der sich hat gefüllet ser,
Ein neidisch, bös und gifftig weib,
Wer die vermechlet seinem leib;

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Das vierd al freundschaft ganz verderbt:
Ein dienstmagd, die ihr frawen erbt.
Drey ding man nit erfüllen mag;
Das viert schreigt stäß: harzu, harzu trag!
Ein fram, die hell, das erterich,
Das schlückt all wassers güß' in sich;
Das feur spricht nimmer: hör auf nu!
Ich hab' genug, trag nimm harzu!
Drey ding ich nit erkennen kan,
Des vierden waiß ich ganz neut van:
Wann in dem lufft ein adler fleugt,
Ein schlang, die auff eim felsen kreucht,
Ein schiff, das mitten gat im mer,
Ein man, der noch hat kindische ler;
Desgleich der weg einer frawen ist,
Die sich zum eebruch hat gerüst.

Die schleckt und wüscht den mund gar schon
Und spricht: ich hab nit böses ton.

Ein rinnen tach zu winters frist

Ist gleich ein fraw die zenkisch ist.

Jeder dieser Sprüche, für sich allein genommen, gefällt; allein das wiederholte Anheben eines neuen Bildes und Vergleiches über denselben Gegenstand, schwächt die Wirkung; abgesehen davon, daß Brant gar keine Herrschaft über die Sprache hat. Seine Prosa ist übrigens noch schlechter als seine Reimkunst, und man bemerkt überall, daß der Mann gewohnt war, lateinisch zu schreiben.

Das Narrenschiff war eines der berühmtesten Werke jener Zeit, nicht nur in Deutschland, sondern in einem großen Theile

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