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stand anderer Meinung. Da die moderne Urmundfrage meiner Ansicht nach für die Wirbelthiermorphologie keine besondere Bedeutung hat, so würde ich mich gern mit dieser kurzen Bemerkung begnügen und auf die Besprechung der Frage näher nicht eingehen, wenn nicht die Darstellung Hats chek's einigen Forschern als Stütze für eine sehr eigenthümliche Theorie gedient hätte. Davidoff ) kommt in seiner Arbeit über die Entwickelung der Distaplia zum Schluss, „dass die Rückenorgane der Ascidien und des Amphioxus aus zwei seitlich symmetrischen, anfangs durch die ganze Breite des Blastoporus von einander entfernten Anlagen entstehen, welche in der dorsalen Medianlinie immer näher aneinander rücken und vorn zuerst, später in der ganzen Medianlinie des Rückens zur Vereinigung kommen" (1. c. pag. 586). Auch 0. Hertwig) erblickt in der Medianlinie des Rückens die Nahtlinie, in welcher die Urmundränder sich in einer von vorn nach hinten langsam fortschreitenden Richtung zusammengelegt haben und verschmolzen sind, (1. c. pag. 429) und glaubt, dass das Nervensystem bei Wirbelthieren in primitiver Form als Nervenring um den Urmund schon vor der Zeit seines Verschlusses angelegt gewesen ist, wie die Anthoz oen lehren (1. c. pag. 439). Beide Forscher beziehen sich in seinen Folgerungen auf die Darstellung Hatsche k's. Um zu prüfen, in wie weit die Verhältnisse bei Amphioxus als Stütze für diese eigenthümliche Urmundtheorie dienen können, will ich die Darstellung H a tschek's besprechen.

Hatschek glaubt, dass der ursprüngliche weite Gastrulamund ganz der späteren Rückenregion angehört. Er sagt: „Die Schliessung des Gastrulamundes schreitet nach meiner Auffassung von vorne nach rückwärts fort, und es blebt zuletzt nur der hinterste Theil desselben übrig" (1. c. pag. 28). Weiter lesen wir: „Die Schliessung des Gastrulamundes geht von dessen vorderem (dorsalen) Rande aus, während der hintere (ventrale) Rand stets unverändert bleibt. Die Verwachsung der Ränder erfolgt in einer Linie, welche den grösseren hinteren Theil der späteren Rückenlinie bildet. Der hinterste Rest des Gastrulamundes bleibt als eine kleine dorsal am Hinterende des Rückens gelegene Oeffnung dann noch lange bestehen" (1. c. pag. 31). Nach diesen Annahmen könnte

1) M. v. Davido ff. Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte der Distaplia magnilarva (Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel IX Bd. 1890).

2) O. Hertwig. Urmund und Spina bifida (Arch. f. mikr. Anatomie. 39 Bd. 1892).

man glauben, dass Hatschek die Schliessung des Gastrulamundes längs der ganzen Mittellinie des Rückens beobachtet hat. Aber das ist nicht der Fall, denn er sagt ausdrücklich darüber: „Man kann also die Gastrulaschliessung längs der Mittellinie hier zwar nicht so direkt beobachten, wie dies in anderen Fällen (Mollusken, Anneliden) möglich ist, aber man kann auf dieselbe durch genaue Erwägung der Formveränderungen schliessen" (1. c. pag. 32–33). Also keine direkte Beobachtung zu Gunsten dieser Ansicht, und nur theoretische Erwägungen. Bei meinen Untersuchungen habe. ich auf diesen Punkt meine Aufmerksamkeit gelenkt und bin zu einer anderen Auffassung gelangt. In einer Hinsicht muss ich H a tschek zustimmen, nämlich dass man die Gastrulaschliessung längs der Mittellinie bei Amphioxus nicht beobachten kaun, weder direkt, noch undirekt, und dies aus dem einfachen Grunde, dass eine solche Schliessung des Gastrulamundes hier nicht existiert.

Ich habe gefunden, dass der Gastrulamund von allen Seiten geschlossen wird, indem seine Ränder einander entgegenwachsen. Die Schliessung des Gastrulamundes vollzieht sich zwar ungleich mässig, aber ich habe schon gezeigt, dass die Gleichmässigkeit der Einstülpung und der Gastrulaschliessung durch die Einstülpung der Ektodermzellen am dorsalen Umschlagsrande gestört wird, indem, wie oben erwähnt, der dorsale Umschlagsrand während des Gastrulaschliessung nach hinten wächst und mehr als der ventrale und die seitlichen Ränder daran Antheil nimmt. Wenn ich das Wachsthum des dorsalen Umschlagsrandes nach hinten berücksichtige, so könnte ich auch sagen, dass die Schliessung des Gastrulamundes vorzugsweise von vorne nach hinten sich vollzieht, aber nicht in dem Sinne, wie es Hatschek will. Denn ich habe gefunden, dass die Rückenseite der Gastrula selbst nach hinten wächst, dadurch allmählig länger wird und den Gastrulamund schliesst. Während die übrigeu Ränder des Gastrulamundes gleichzeitig sich zusammenziehen, wird derselbe immer kleiner. Ich habe dabei keine Spuren der Verwachsung der seitlichen Ränder von vorn nach hinten in der Medianlinie des Rückens (etwa in der Gestalt einer Nathlinie) weder an ganzen Larven, noch auf den Schnitten sehen können. Indessen würde die Behauptung, dass der hinterste Theil des Gastrulamundes zuletzt übrig bleibe, nur dann reele Bedeutung haben, wenn es nachgewiesen wäre, dass die seitlichen Ränder des Urmundes in der Medianlinie in einer von vorn nach hinten fortschreitenden Richtung verwachsen. Diese Behauptung ruht auch auf der Annahme, dass der hintere (ventrale) Rand des Gastrula

mundes während der Gastrulaschliessung unverändert bleibt. Dies ist aber auch nicht der Fall, und Hatschek's eigene Abbildungen sprechen nicht zu Gunsten dieser Annahme.

Wenn man seine Fig. 24, 26, 29, 33 und 35, welche, wie ich gern bestätige, ganz naturgetreu sind, mit einander vergleicht, so kann man sehen, dass, indem die dorsale Seite nach hinten wächst, auch die ventrale Seite keineswegs unverändert bleibt. Man kann nämlich sehen, dass die ventrale Seite sich allmählich biegt und convex wird. Infolge dessen steigt ihr Rand (der ventrale Rand des Gastrulamundes) etwas nach oben und betheiligt sich auf solche Weise auch an der Verengerung des Gastrulamundes, welcher, wie es mir scheinen will, hauptsächlich infolge dieses Processes seine frühere Stellung verliert und allmählich nach der Rückenseite verschoben wird. Der weite nach hinten gekehrte Gastrulamund des Amphioxus wird also meinen Beobachtungen zufolge von allen Seiten geschlossen, indem der dorsale Rand desselben bedeutend nach hinten wächst, der ventrale Rand etwas nach oben geschoben wird und die seitlichen Ränder zugleich entgegenwachsen. Was von dem weitem Gastrulamuude übrig bleibt, ist auf solche Weise, streng genommen, keineswegs der hintere Theil desselben.

Ich glaube, dass bei meiner Auffassung die Orientirung der aufeinanderfolgenden Stadien keine Schwierigkeiten bietet, und dass die Ableitung dieser Stadien von einander besser gelingt und viel natürlicher erscheint, als bei der Auffassung von Hatschek.

Ich muss jedenfalls Hatschek Recht geben, da er zugiebt, dass die Ableitung dieser aufeinanderfolgenden Stadien von einander verschiedene Deutungen zulässt. Ob er gleich seine Aufassung für weitaus wahrscheinlicher hält, will er doch die Zulässigkeit anderer Ansichten nicht in Abrede stellen. Darum ist meine Polemik weniger gegen Hatschek, als gegen die Anhänger der Urmundtheorie gewendet, die auf der nicht nachgewiesenen Annahme Hatschek's wie auf einer festen Basis ihre Theorie bauen und auf solche Weise aus einer Voraussetzung ein Axiom machen wollen. Ich glaube aber gezeigt zu haben, dass keine einzige Beobachtung zu Gunsten dieser Annahme sich auführen lässt; darum müssen die Anhänger der Urmundtheorie darauf verzichten, die Verhältnisse bei Amphioxus als eine Stütze für ihre Theorie heranzuziehen.

In einem der folgenden Abschnitte werde ich noch die Gelegenheit haben, an der Hand meiner Beobachtungen am Axolotl die Urmund

theorie von O. Hertwig auf die Probe zu stellen. Hier im Anschluss an die Verhältnisse des Amphioxus will ich prüfen, in wie weit Davidoff berechtigt ist, die Zustande bei Distaplia als eine Stütze für die Urmundtheorie zu betrachten. ')

Davidoff glaubt, dass das Nervensystem an der Stelle der Gastrularaphe sich entwickelt, und behauptet, dass die Rückenorgane der Distaplia aus zwei seitlich symmetrischen anfangs durch die ganze Breite des Blastoporus von einander entfernten Anlagen entstehen. (Davidoff. 1. c. pag. 586.). Mit dieser Behauptung, welche Davidoff für alle Ascidien und auch für Amphioxus gelten lassen will, kann ich insofern nicht einverstanden sein, als aus seinen Beobachtungen ersichtlich ist, dass in der Entwickelung der Dist a plia keine Gastrula, keine Gastrularaphe und kein Blastoporus vorhanden sind; daher haben diese Benennungen für die Distaplia keine reelle Bedeutung. Wenn aber Davidoff seinen Beobachtungen eine solche Deutung zu geben versucht, so kann ich dieser Deutung nicht zustimmen.

Der Hauptfehler, den Davidoff meiner Ansicht nach begeht, besteht darin, dass er in einem achtzelligen Stadium annimmt, dass aus den vier Zellen der animalen Hälfte das ganze Ektoderm, aus den vier Zellen der anderen Hälfte das Entoderm mit allen seinen Derivaten entsteht. (1. c. pag. 539). Auf solche Weise wird die Frage über die Unterscheidung der primären Keimblätter mit einem Schlag, aber ohne jeden Grund, man könnte sagen, a priori gelöst, und die nachfolgende Darstellung ist durch diese willkürliche Annahme ganz bestimmt. Indessen trifft diese scharfe Scheidung der Blastomeren des Acht-Stadiums in die Elemente der beiden primären Keimblätter" meiner Ansicht nach nicht zu. Es liegt kein Grund vor, die animale und die vegetative Hälfte mit den Anlagen beider primären Keimblätter zu identifiziren und in diesem frühen Stadium das Ektoderm vom Entoderm zu unterscheiden. Wenn ich die Darstellung und die Abbildungen Davidoff's berücksichtige, so muss ich daraus folgern, dass die Sonderung beider primären Keimblätter hier zum Theil durch Umwachsung (Epibolie), zum Theil durch Delamination zu Stande kommt. Der Process geht nämlich

1) Es ist zwar manchmal gewagt, den Beobachtungen anderer seine Deutung zu geben, da es oft schwierig ist, das Beobachtete vom Erschlossenen zu sondern. Aber es scheint mir in dem Falle diese Gefahr nicht vorzuliegen, da die Darstellung Davidoff's so präcise, die Abbildungen so schön und deutlich sind, dass es immer möglich ist, die thatsächlichen Befunde und die theoretischen Vorstellungen auseinanderzuhalten.

so vor sich, dass, während die kleineren Blastomeren der animalen Hälfte die andere Hälfte umwachsen (Epibolie), die grösseren Zellen der letzteren in dorso-ventraler Richtung sich theilen und kleinere Zellen nach aussen hin abgeben, die in eine kontinuirliche Reihe mit den umwachsenden Zellen gestellt sind. In diesem Stadium, wo die inneren grösseren Zellen von den kleineren äusseren umgeben sind, kann man das Ektoderm vom Entoderm unterscheiden: die inneren Zellen sind nämlich als Entoderm, die äusseren als Ektoderm zu betrachten. (Man vergleiche zum Beispiel fig. 10 und 11 der Abhandlung von Davidoff). Davidoff aber ist der Meinung, dass die Zellen, welche meiner Ansicht nach durch Delamination sich absondern und als Ektodermzellen zu betrachten sind, Entodermzellen sind, da sie von den vier vermeintlichen Entodermzellen des Acht-Stadiums entstanden seien. Daraus ist ersichtlich, dass unsere Ansichten im Grunde verschieden sind. 1)

Ganz unhaltbar ist weiter meiner Ansicht nach die Art und Weise, wie Davidoff die Gastrulation bei der Distaplia schildert. Die Vorgänge in der vorderen Embryonalregion fasst er als eine reine Epibolie auf, in der hinteren Region aber findet er einen Vorgang sui generis, den er als Pseudembolie bezeichnet. Er findet nämlich hier eine kleine Einsenkung, welche, wie ich glaube, in einiger Beziehung zur Bildung des Nervensystems ist. Obgleich dieser Raum vorübergehend ist und zu keiner bleibenden Bildung, geschweige denn zur Bildung des Urdarmes führt, wird derselbe doch faute de mieux als Gastruladarm, und seine äussere Oeffnung, wenn eine solche sich nur nachweisen lässt, als Gastrulamund oder Blastoporus betrachtet. Dieser problematische Gastruladarm bildet nicht den Urdarm, der nach den Angaben von Davidoff später ganz unabhängig durch das Auseinanderweichen der Zellen entsteht; als ein Darm sui generis bekommt er auch eine eigenthümliche Benennung und wird als Pseudogastralgrube oder Pseudogastralhöhle bezeich

1) Davidoff war selbst zuerst der Meinung, es hier nicht mit Entodermzellen, sondern mit Ektodermzellen zu thun zu haben. Erst nach der Entdeckung der in dorso-ventraler Richtung sich vollziehenden Theilung der grossen Zellen ist er zu einer anderen Auffassung gekommen und hält nun diese kleinen dorsalen Zellen für Entodermzellen (1. c. pag. 551.) Warum? Bloss darum, weil diese Zellen sich durch eine Theilung in dorso-ventraler Richtung differenzirt haben, während andere umwachsende) Ektodermzellen sich in anderer Richtung theilen. Aber das harmonirt ganz gut mit meiner Deutung, dass die dorsalen Ektodermzellen einer Delamination ihren Ursprung verdanken; denn bei der Delamination dieser Zellen konnte die Theilung der grossen Zellen in keiner anderen Richtung sich vollziehen. Indessen ist das der einzige Grund zu Gunsten der Ansicht, dass diese dorsalen Zellen Entodermzellen sind.

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