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Italien und damit Porto Venere noch mit keinem fusse betreten hatte. An dieser ganzen notiz ist also kein wahres wort. Höchstens könnte man auf die idee kommen, es liege eine verwechslung des corsaren Conrad mit Lambro, dem vater der Haidee, vor, welcher ja gleichfalls das seeräubergewerbe betreibt. In diesem falle würde es sich um die cliff-worn cave (D. J. II, str. 108, 6) handeln, vor deren eingang Don Juan nach dem schiffbruch mit anstrengung seiner letzten kräfte das land gewinnt. Aber auch dies ist ausgeschlossen, denn der zweite gesang des D. J. ist vor der zeit abgefasst, wo L. B. den golf von Spezia gesehen hatte1).

Ist also diese erste angabe der tafel apocryph, so ist die zweite wenigstens unsicher. Meines wissens wird nirgends sonst direct berichtet, dass L. B. von Porto Venere nach Lerici geschwommen sei; höchstens könnte das wettschwimmen mit Trelawny gemeint sein, von Lerici bis zu dem etwa drei meilen vom ufer vor anker liegenden Bolivar, mit dem Byron von Pisa dorthin gesegelt war. Trelawny kommt a. a. o. zweimal auf diese schwimmprobe zu sprechen (vol. I p. 49 f. und II p. 50), die dem dichter gesundheitlich sehr schlecht bekam. Ob aber der Bolivar in der nähe von Porto Venere oder auf freier see vor anker gelegen hat, wird nicht gesagt.

Welcher fremde mag sich den eigenartigen scherz gemacht haben, das municipio von Porto Venere zur herstellung dieser merkwürdigen tafel zu veranlassen?

BRESLAU, April 1895.

E. Kölbing.

NE. PROUD-PRIDE.

Bisher ist man der etymologie dieses wortes nicht näher getreten. Man vergleicht an. prúðr-prýđe und beruhigt sich für das Ags. damit. Aber beweist das auftreten des wortes im Ags. und Nord. zugleich denn etwas für german. ursprung? Zunächst fällt uns auf, dass der ags. allitterationspoesie das wort völlig fehlt, aber keineswegs der begriff! Wie oft begegnet wlone und wlenco, die ständige heldeneigenschaften andeuten! Diese worte sind an prút-prýta gänzlich zu grunde gegangen, wie es denn auch im Nord. ein beliebtes modewort geworden, das die Edda noch gar nicht kennt. In England sind Aelfric und Byrhtferd die frühesten zeugen für das wort, das daher wohl entlehnt sein wird.

Die richtung deutet me. prouesse an, das deutlich wie ein zweites abstractum zu proud aussieht. Und damit würden wir auf das afrz. proud ver

wiesen.

Meines wissens ist diese nahe liegende etymologie bisher nicht aufgestellt aus einem ebenso naheliegenden grunde: man datirt den frz. einfluss in Eng

1) Wie schriftsteller vom schlage W. Kaden's sich zu den thatsachen der litteraturgeschichte stellen, zeigt die einigermaassen naive frage a. a. o.: »Ob Byron es hier gedichtet, das schöne; Roll', tiefer blauer ocean, roll' heran etc.?< Ein blick ins conversationslexicon hätte ihn gelehrt, dass der vierte canto des Ch. H., also auch die hier in frage kommende strophe 179 desselben, im jahre 1818 in Venedig gedichtet worden ist, mehrere jahre ehe er von Pisa aus den meerbusen von Spezia besucht hat!

land erst mit der normannischen eroberung, und ae. prúd prút ist doch schon Aelfric geläufig. Diesem einwand aber glaube ich begegnen zu können mit dem nachweis einer reichhaltigen lehnwörterschicht in England um 1000 herum. Im einzelnen hat man mehrere der hierher gehörigen worte immer schon richtig auf afrz. worte zurückgeführt, ich möchte sagen, unüberlegt zurückgeführt. Denn nirgends finde ich hervorgehoben, dass eine solche ableitung von ags. sprachmaterial aus dem Afrz. mit der alleinherrschenden anschauung in widerspruch steht, die erst mit Wilhelm dem eroberer die periode der sprachlichen einflüsse beginnen lässt.

Hierher gehört das seit Aelfric bezeugte sot (tt) 'narr'; castel kann keine alte entlehnung aus lat. castellum sein, sondern ist frz. entlehnung aus der 2. hälfte des 10. jahrhunderts. Die spätags. bat(tt) und cat(tt) sind eher frz. als kelt. ursprungs. cecepol als frz. lehnwort ist neuerdings öfters behandelt. Die glosse geoglere 'joculator zeigt frz. lautung, ebenso tarğa. Spätags. leowe 'meile' ist nicht leuga, sondern jünger. Muntgeow als name der Alpen geht nicht auf lat. mons Jovis zurück, sondern auf afrz. monjoie aus montgiu. orgol bei Wulfst. 148 ist das frz. orgueil. Ich erinnere noch an die spät ae. purs, roce, turnian, træzlian, mantel, market, clerc, fals. Das in glossen belegte capun muss ultimabetonung haben, wie das u ausweist, und kann daher nur frz. sein, nicht lat. Wohl auch arce- in arch-bishop u. s. w. wird frz. sein. Für cymen 'kümmel' ist spätae. cumin bezeugt, das nicht lat. sein wird, sondern frz.

Ich unterbreche diesen nachweis, den ich bald einmal näher darzulegen hoffe 1), und glaube mich schon jetzt für berechtigt zu halten, eine frz. lehnwörterschicht in England vor der normannischen eroberung anzunehmen. In diese schicht nun gehört auch ae. prúd prút. Die zugehörige umgelautete abstractbildung ae. prýta prýda spricht nicht gegen solche deutung. Eher die adjectivform mit umlaut þrýte; aber ich glaube, dass auch dies eine secundäre neubildung ist, die vom comparativ und superlativ (prýtra prýtosta) ausgegangen sein kann.

Der wechsel von prúd und prút dürfte auf afrz. proud nom. prouts deuten. Das überwiegen der d-formen in England wird sicher gestellt durch das wohl dem Englischen entstammende an. prúðr. Immerhin aber scheint das wort zufrühst in England als prút mit t aufzutreten.

FREIBURG i. Br., 6. Juli 1895.

F. Kluge.

1) Ich habe meine anschauungen schon jetzt darüber mitgetheilt, weil ich dieselben in einem gemeinsam mit prof. Lutz herauszugebenden büchlein >> English Etymology« zur geltung bringe. In dieser auswahl der englischen etymologien findet man unter verschiedenen worten den französischen einfluss bereits für das Altenglische angenommen. Daher war ich schon jetzt genöthigt, meinen standpunkt an einem markanten beispiel darzulegen.

II.

ERWIDERUNG.

In der miscelle » Altenglisch, Neuenglisch und die wissenschaftliche arbeit deutscher universitätslehrer von E. Kölbing, Engl. studien, bd. XX, s. 459 ff., wird mein aufsatz »Zu prof. Schipper's nachträglichen bemerkungen‹ im zweiten band der Neueren sprachen, in abfälliger weise kritisirt. Da eine ausführliche entgegnung zu viel raum in anspruch nehmen würde, so beschränke ich mich darauf, die leser dieser zeitschrift auf meinen aufsatz selbst zu verweisen, dem ich nichts hinzuzufügen habe. Er ist lediglich in der absicht geschrieben, der sache zu dienen; daher kann ich niemand das recht zugestehen, aus demselben auf ehrgeizige absichten meinerseits zu schliessen. Ich habe durchaus kein verlangen danach, in die akademischen kreise einzudringen.

WIESBADEN, ende April 1895.

SCHLUSSWORT.

K. Kühn.

Zu der obigen erwiderung bemerke ich erstens, dass ich herrn prof. Kühn auch für eine ausführliche, sachliche gehaltene entgegnung den raum nicht verweigert haben würde, und zweitens, dass, wie jeder unparteiische mir bezeugen wird, meine bemerkungen über Kühn's aufsatz, a. a. o. p. 461, ebenso allgemein und unpersönlich gehalten sind wie die seinigen, a. a. o. p. 373 f., und keinerlei handhabe bieten zu einer auslegung, wie er sie hier abwehren zu müssen glaubt.

Wer für erhöhung der rechte oder aussichten seines standes öffentlich eintritt, muss immer gewärtig sein, dass übelwollende beurtheiler ihm private 'ehrgeizige absichten' unterschieben. Das berechtigt einen solchen aber doch wohl noch nicht, diesen hässlichen vorwurf auch da zu wittern, wo von gegnerischer seite seinen aufstellungen nur in rein sachlicher weise widersprochen wird.

BRESLAU, Mai 1895.

E. Kölbing.

JULIUS ZUPITZA +.

Am 6. Juli starb prof. dr. J. Zupitza in Berlin im 52. lebensjahre. Näheres über seinen lebensgang sowie eine vollständige zusammenstellung seiner litterarischen arbeiten wird das nächste heft der Engl. stud.« bringen. E. K.

Pierer'sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg.

I.

DIE SCHWELLVERSE

IN DER ALTENGLISCHEN DICHTUNG.

an

Noch mannigfaltiger und noch mehr einander widersprechend als die im laufe der letzten jahre und jahrzehnte aufgestellten theorien über den rhythmischen bau des normalen allitterations. verses sind die von einzelnen forschern geäusserten ansichten über die sog. schwellverse. Nicht bloss wird diesen versen eine verschiedene zahl von hebungen (2, 3, 4, 5, 6, 8) zugewiesen, sondern es wird auch die art ihrer entstehung aus den normalen versen auf verschiedene weise gedeutet, die stelle des verses, welcher eine anschwellung stattgefunden hat, verschieden bestimmt. Dabei sind sogar die vertreter desselben metrischen systems nicht mit einander in einklang: Luick z. b. erklärt die schwellverse anders als Sievers, Kauffmann polemisirt gegen Luick, und Cremer stellt wiederum eine ganz andere meinung auf. Aehnlich ist es bei den anhängern der vierhebungstheorie: Kögel leugnet überhaupt die existenz von schwellversen, Trautmann hält sie für sechshebig, ich wiederum weiche in der auffassung derselben von beiden ab. Bei diesem noch unausgeglichenen widerstreit der meinungen erscheint es mir nicht überflüssig, nochmals alle die schwellverse betreffenden fragen zu erörtern, die bisher aufgestellten theorien auf ihre richtigkeit hin zu prüfen und endlich meine eigene ansicht, die ich bereits in meiner schrift über den altenglischen vers (Studien zum germanischen allitterationsvers, heft 2, p. 82 ff.) mit bezugnahme auf die schwellverse des Beowulfliedes kurz angedeutet hatte, ausführlicher darzulegen und an dem gesammten schwellversmaterial der ae. dichtung zu verE. Kölbing, Englische studien. XXI. 3.

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anschaulichen. Es würde mich freuen, wenn meine ausführungen namentlich bei denen, die im princip der vierhebungstheorie huldigen, auf freundliche aufnahme rechnen dürften und so einer der wenigen differenzpunkte, welche meine auffassung des allitterationsverses von der Kögel's und Trautmann's noch trennen, beseitigt würde.

Die erste und wichtigste frage ist: Giebt es überhaupt 'schwellverse', oder sind die vermeintlichen schwellverse nichts anderes als normale allitterationsverse? In der that halten z. b. Kauffmann, Möller-Heusler, Kögel, Fuhr, Franck alle schwellverse oder wenigstens einen theil derselben in ihrem rhythmischen bau und in der hebungszahl für durchaus identisch mit den gewöhnlichen allitterationsversen. Die vertreter dieser ansicht stützen sich wohl zumeist darauf, dass die grenze zwischen normalversen und schwellversen eine fliessende ist, dass einzelne schwellverse oder gar nur geschwellte halbzeilen mitten unter eine grössere zahl normaler verse eingestreut sind, dass in der mitte einer langzeile, oft mitten im satze normale verse mit schwellversen abwechseln können und umgekehrt. Allerdings zeigt ja die weiter unten folgende übersicht über die in der ae. dichtung vorkommenden schwellverse, dass dieselben in vielen, selbst umfangreicheren gedichten nur ganz vereinzelt begegnen, aber gerade diejenigen dichtungen, in denen die schwellverse zu besonderer ausbildung gelangt sind, z. b. Gen. B, Gnom. Ex., Jud., Dan., Gūd., Gen. A, Kr., Cr., weisen sie doch in der regel in grösseren gruppen von 3-10 oder mehr versen auf (vgl. z. b. Jud. 2—12, 16—21, 30-34, 54—68, 88-95, 96b-99, 132, 272-273, 287/88, 289-291, 338—350), nnd Foster, Judith. Studies in Metre, Language and Style. Strassburg 1892, p. 37, hat sehr richtig beobachtet, dass in den schwellversen der Judith, wenn wir sie für sich allein mit ausschluss der normalverse lesen, die hauptmomente der erzählung, 'all the leading events of the story', enthalten sind. Er sagt p. 39: > In these expanded lines then, lies the whole story, dramatically told, and doubtless intended to be delivered in recitative. The rest is Epic in its description of details, and has much the same functions as the chorus in a Greek tragedy«. Freilich finden wir nicht in allen gedichten eine derartig künstlerische verwendung der schwellverse (»In no other poem are expanded lines used with such artistic effect and dramatic purpose«, ib. p. 39), aber immerhin wird allseitig zugestanden, dass die schwellverse 'in der

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