Wenn deine Schrift dem Kenner nicht gefällt: Doch wenn sie gar des Narren Lob erhält: Beispiel.4. Gottes Macht und Vorsehung. (ib. S. 440.) Gott ist mein Lied! Er ist der Gott der Stärke; Hehr ist sein Nam, und groß sind seine Werke, Er will und sprichts; So sind und leben Welten. Und er gebeut; so fallen durch sein Schelten Die Himmel wieder in ihr Nichts. Licht ist sein Kleid, Und seine Wahl das Beste; Er herrscht als Gott, und seines Thrones Feste Unendlich reich, Ein Meer von Seligkeiten, Ohn Anfang Gott und Gott in ewgen Zeiten! Herr aller Welt, wer ist dir gleich? Was ist und war, Im Himmel, Erd und Meere, Das kennet Gott, und seiner Werke Heere Sind ewig vor ihm offenbar. Er ist um mich, Schafft, daß ich sicher ruhe; Er schafft, was ich vor oder nachmals thue, Und er erforschet mich und dich. Er ist dir nah, Du sizest oder gehest; Ob du ans Meer, ob du gen Himmel flöhest: So ist er allenthalben da. Er kennt mein Flehn Und allen Rath der Seele. Er weiß, wie oft ich Gutes thu und fehle, Und eilt, mir gnädig beyzustehn. Er wog mir dar, Was er mir geben wollte, Schrieb auf sein Buch, wie lang ich leben sollte, Da ich noch unbereitet war. Nichts, nichts ist mein, Das Gott nicht angehöre. Herr, immerdar soll deines Namens Ehre, Wer kann die Pracht Von deinen Wundern fassen? Ein jeder Staub, den du hast werden lassen, Der kleinste Halm Ift deiner Weisheit Spiegel. Du, Luft und Meer, ihr Auen, Thal und Hügel, Du tränkst das Land, Führst uns auf grüne Weiden; Und Nacht und Tag, und Korn und Wein und Freuden Kein Sperling fällt, Herr, ohne deinen Willen; Sollt ich mein Herz nicht mit dem Troste stillen, Daß deine Hand mein Leben hält? Ift Gott mein Schuß, Will Gott mein Retter werden: So frag ich nichts nach Himmel und nach Erden, Beispiel 5. In Krankheit. Ich hab in guten Stunden Und Freuden ohne Zahl: (ib. S. 473.) Ja, Herr, ich bin ein Sünder, Dir will ich mich ergeben, Laß du mich Gnade finden, Wenn ich in Christo sterbe: Ich will den Kummer wehren, Beispiel 6. Der Schuß der Kirche. (ib. 494.) Wenn Christus seine Kirche So mag die Hölle wüten. Gott sieht die Fürsten auf dem Sich wider ihn empören; Der Frevler mag die Wahrheit Uns kann er sie nicht rauben. Auf, Christen! die ihr ihm vertraut, Bei Beispiel 7. Trost des ewigen Lebens. (ib. 496.) Nach einer Prüfung kurzer Tage Hier übt die Tugend ihren Fleiß; auf Erden Schon manchen selgen Augenblick; Bald das Geräusche dieser Welt; In Kummer und in Ungeduld. Pein, Hier such ichs nur, dort werd ichs finden; Dort werd ich, heilig und verklärt, Der Tugend ganzen Werth empfin den. Den unaussprechlich großen Werth; Da wird der Vorsicht heilger Wille Mein Will und meine Wohlfahrt seyn; Und lieblich Wesen, Heil die Fülle Da werd ich das im Licht erken. nen, Was ich auf Erden dunkel sah; Die Schickung im Zusammenhang. Da werd ich zu dem Throne dringen, Da werd ich in der Engel Schaa ren Mich ihnen gleich und heilig sehn, Da werd ich dem den Dank be- 6 Da ruft, o möchte Gott es geben! Die Seele mir gerettet; du! Der Retter einer Seele seyn! Was seyd ihr, Leiden dieser Ers Doch gegen jene Herrlichkeit, Ist doch ein Augenblick voll Müh. Beispiel 8. Aus den moralischen Vorlesungen. (Bb. 4. E. 144.) Die Geschichte, wenn wir sie auf eine weise Art studiren, verkürzet den langen und mühsamen Weg, den Menschen und uns selbst kennen zu lernen. Der Mensch ist in allen Weltaltern, nur unter verschiedenen Gestalten, eben derselbe. Seine Neigungen und Gesinnungen lassen sich aus seinen Thaten und Handlungen bestimmen, und diese aus jenen erklärer. Aber wie oft erlernen wir die Geschichte nur für das Gedächtniß; höd;stens zum Gebrauche des Verstandes und zur Zierde der Beredsamkeit! Wie selten für unser Herz! Wie selten von der Seite, wo sie der Spic gel der göttlichen Vorsehung und die Auslegerinn alles dessen ist, was uns die Religion von der Beschaffenheit des menschlichen Herzens lehret! Wie zuträglich würde es zu dieser Absicht seyn, wenn wir viel umständliche und mit Einsicht geschriebene Lebensbeschreibungen, nicht allein der Großen, sondern auch der merkwürdigen Personen des mittlern, und der tugendhaften des niedrigen Standes, lesen könnten! Aber diese Lebensbeschreibungen müßten uns die Großen nicht bloß auf ihren glänzenden Thronen, nicht bloß in ihren ersiegten Lorberkränzen; die Staatsmänner nicht bloß in ihren Studirstuben zeigen, wie sie sich den Wissenschaften auf: opfern. Sie müßten sie uns auch, um uns ihren sittlichen Charakter ken= nen zu lehren, in den Angelegenheiten ihres Hauses und Herzens, in dem vertrauten Umgange mit ihren Freunden und mit ihrer Familie, in dem Ver: halten gegen ihre Untergebenen, in den geheimen Rollen, die sie frey von aller Verstellung im Glücke und Unglücke gespielt, in den Lieblingsfehlern sehen lassen, die sie bald glücklich, bald unglücklich bestritten haben. Wir müßten sie darinnen, ohne rednerische Vergrößerungen ihrer guten Eigenschaften, in so aufrichtigen Gemälden erblicken, als uns die heilige Schrift von ihren großen Männern macht, die bey aller ihrer Frömmigkeit immer noch Menschen sind, unvollkommene und doch im Guten nachahmungswürdige Beyspiele. Solche Nachrichten würden nüßlich seyn, uns die Kenntniß des Menschen erleichtern und uns unser eigenes Bild in Andern sehen lassen. |