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Th. I. Zueignungen und Vorreden. — Fabeln und Erzählungen. Drei Bücher. Beurtheilungen einiger Fabeln. - Moralische Ge Vermischte Gedichte. Geistliche Oden und Lieder. Th. II. Lustspiele und Schäferspiele (worunter die zärtlichen Schwestern. Die Betschwester.) Anhang von Fabeln, Erzählungen und Liedern.

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Th. III. Briefe, nebst e. praktischen Abhandlung von dem guten Ges schmacke in Briefen. Leben der Schwedischen Gräfinn von G. Abhandlungen und Reden (worunter: von den Trost. gründen wider ein sieches Leben u. a.)

Th. IV. Moralische Vorlesungen. Anhang. Moralische Cha

ractere.

Th. V. Briefe. 1740-1762.

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Th. VI. Briefe. 1763-1769 und undatirte Briefe und Chr. F. Gellerts Leben von Johann Andreas Cramer. (1774.)

Beispiel 1.

Der Proceß. (Ausg. von 1840. Th. I. S. 70.)

Ja, ja Processe müssen seyn!

Gesezt, sie wären nicht auf Erden,

Wie könnt alsdann das Mein und Dein

Bestimmet und entschieden werden?
Das Streiten lehrt uns die Natur;
Drum, Bruder, recht und streite nur.
Du siehst, man will dich übertäuben;
Doch gieb nicht nach, set alles auf,
Und laß dem Handel seinen Lauf;
Denn Recht muß doch Recht bleiben.

Was sprecht ihr, Nachbar? Dieser Rein,

Der sollte, meynt ihr, euer seyn?

Nein, er gehört zu meinen Hufen.

,,Nicht doch, Gevatter! nicht, ihr irrt; Ich will euch zwanzig Zeugen rufen, „Von denen jeder sagen wird, ,,Daß lange vor der Schwedenzeit

Gevatter, ihr seyd nicht gescheit! Versteht ihr mich? ich will euchs lehren, Daß Rein und Gras mir zugehören.

Ich will nicht eher sanfte ruhn;

Das Recht, das soll den Ausspruch thun.
So faget Kunz, schlägt in die Hand,
Und rückt den spizen Hut die Queere.
„Ja, eh ich diesen Rein entbehre,
,,So meid ich lieber Gut und Land."

Der Zorn bringt ihn zu schnellen Schritten,
Er eilet nach der nahen Stadt.

Allein, Herr Glimpf, sein Advocat,
War kurz zuvor ins Amt geritten.
Er läuft, und holt Herr Glimpfen ein.
Wie, sprecht ihr, kann das möglich seyn?
Kunz war zu Fuß, und Glimpf zu Pferde.
So glaubt ihr, daß ich lügen werde?
Ich bitt euch, stellt das Neden ein;
Sonst werd ich, diesen Schimpf zu rächen,
Gleich selber mit Herr Glimpfen sprechen.

Ich sag es noch einmal, Kunz holt Herr Glimpfen ein, Greift in den Zaum, und grüßt Herr Glimpfen.

Herr! fängt er ganz erbittert an,

Mein Nachbar, der infame Mann,

Der Schelm, ich will ihn zwar nicht schimpfen;

Der, denkt nur! spricht, der schmale Rein,
Der zwischen unsern Feldern lieget,

Der, spricht der Narr, der wäre sein.

Allein den will ich sehn, der mich darum betrüget.

Herr, fuhr er fort, Herr, meine beste Kuh,

Sechs Scheffel Haber noch dazu!

(Hier wicherte das Pferd vor Freuden.)

O! dient mir wider ihn, und helft die Sach entscheiden.

Kein Mensch, versetzt Herr Glimpf, dient freudiger, als ich.

Der Nachbar hat nichts einzuwenden,

Ihr habt das größte Recht in Händen;

Aus euren Reden zeigt es sich. ·
Genug, verklagt den Ungestümen!
Ich will mich zwar nicht selber rühmen,
Dieß thut fein ehrlicher Jurist;
Doch dieses könnt ihr leicht erfahren,
Ob ein Proceß, seit zwanzig Jahren,
Ven mir verloren worden ist?

Ich will euch eure Sache führen,

Ein Wort, ein Mann! ihr sollt sie nicht verlieren.
Glimpf reutet fort! Herr! ruft ihm Kunz noch nach,
Ich halte, was ich euch versprach.

Wie hißig wird der Streit getrieben!
Manch Ries Papier wird voll geschrieben.
Das halbe Dorf muß in das Amt:
Man eilt, die Zeugen abzuhören,
Und fünf und zwanzig müssen schwören,
Und diese schwören insgesammt,
Daß, wie die alte Nachricht lehrte,
Der Rein ihm gar nicht zugehörte.

En, Kunz, das Ding geht ziemlich schlecht:
Ich weis zwar wenig von dem Rechte;
Doch im Vertraun geredt, ich dächte,

Du hättest nicht das größte Recht.

Manch widrig Urtheil kömmt; doch laßt es widrig klingen! Glimpf muntert den Clienten auf:

„Laßt dem Processe seinen Lauf,

„Ich schwör euch, endlich durchzudringen; ,,Doch

Herr ich hör es schon; ich will das Geld gleich bringen. Kunz borgt manch Capital. Fünf Jahre währt der Streit; Allein, warum so lange Zeit?

Dieß, Leser, kann ich dir nicht sagen,

Du mußt die Rechtsgelehrten fragen.

Ein legtes Urtheil kömmt. O seht doch, Kunz gewinnt!

Er hat zwar viel dabey gelitten;

Allein was thuts, daß Haus und Hof verstritten,

Und Haus und Hof schon angeschlagen find?

Genug, daß er den Rein gewinnt.

O! ruft er, lernt von mir den Streit aufs höchste treiben, Ihr seht ja, Recht muß doch Recht bleiben.

Beispiel 2.

Das Schicksal. (ib. S. 121.)

O Mensch! was strebst du doch den Rathschluß zu ergründen, Nach welchem Gott die Welt regiert?

Mit endlicher Vernunft willst du die Absicht finden,
Die der Unendliche bey seiner Schickung führt?
Du siehst bey Dingen, die geschehen,

Nie das Vergangne recht, und auch die Folge nicht;
Und hoffest doch den Grund zu sehen,
Warum das, was geschah, geschicht?

Die Vorsicht ist gerecht in allen ihren Schlüssen.
Dies siehst du freylich nicht bey allen Fällen ein;
Doch wolltest du den Grund von jeder Schickung wissen:
So müßtest du, was Gott ist, seyn.

Begnüge dich, die Absicht zu verehren,

Die du zu sehn, zu blöd am Geiste bist;

Und laß dich hier ein jüdisch Beyspiel lehren,

Daß das, was Gott verhängt, aus weisen Gründen fließt, Und, wenn dirs grausam scheint, gerechtes Schickjal ist.

Als Moses einst vor Gott auf einem Berge trat,
Und ihn von jenem ewgen Rath,

Der unser Schicksal lenkt, um größre Kenntniß bat:
So ward ihm ein Befehl, er sollte von den Höhen,
Worauf er stund, hinab ins Ebne sehen.

Hier floß ein klarer Quell. Ein reisender Soldat
Stieg bey dem Quell von seinem Pferde,
Und trank. Kaum war der Neuter fort:
So lief ein Knabe von der Heerde
Nach einem Trunk an diesen Ort.

Er fand den Geldsack bey dem Quelle,

Der jenem hier entfiel; er nahm ihn, und entwich :
Worauf nach eben dieser Stelle

Ein Greis gebückt an seinem Stabe schlich.
Er trank, und setzte sich, um auszuruhen, nieder;
Sein schweres Haupt sank zitternd in das Gras,
Bis es im Schlaf des Alters Last vergaß.
Indessen kam der Reuter wieder,
Bedrohte diesen Greis mit wildem Ungestüm, ́
Und forderte sein Geld von ihm.

Der Alte schwört, er habe nichts gefunden,

Der Alte fleht und weint, der Reuter flucht und droht,
Und sticht zuletzt, mit vielen Wunden,

Den armen Alten wütend todt.

Als Moses dieses sah, fiel er betrübt zur Erden; Doch eine Stimme rief: Hier kannst du inne werden, Wie in der Welt sich alles billig fügt;

Denn wiß: es hat der Greis, der ist im Blute liegt, Des Knabens Vater einst erschlagen,

Der den verlornen Raub zuvor davon getragen.

Beispiel 3.

Der Maler. (ib. S. 135.)

Ein kluger Maler in Athen,
Der minder, weil man ihn bezahlte,

Als, weil er Ehre suchte, malte,

Ließ einen Kenner einst den Mars im Bilde sehn
Und bat sich seine Meynung aus.

Der Kenner sagt ihm frei heraus,

Daß ihm das Bild nicht ganz gefallen wollte,

Und daß es, um recht schön zu seyn,

Weit minder Kunst verrathen sollte.
Der Maler wandte vieles, ein;

Der Kenner stritt mit ihm aus Gründen,
Und konnt ihn doch nicht überwinden.

Gleich trat ein junger Geck herein,
Und nahm das Bild in Augenschein.
O! rief er, bey dem ersten Blicke,
Ihr Götter, welch ein Meisterstücke!
Ach welcher Fuß! O, wie geschickt
Sind nicht die Nägel ausgedrückt!
Mars lebt durchaus in diesem Bilde.
Wie viele Kunst, wie viele Pracht
Ift in dem Helm, und in dem Schilde
Und in der Rüstung angebracht!

Der Maler ward beschämt gerühret,
Und sah den Kenner kläglich an.
Nun, sprach er, bin ich überführet!
Ihr habt mir nicht zu viel gethan.
Der junge Geck war kaum hinaus:
So strich er seinen Kriegsgott aus.

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