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die Lobrede des Sklaven wiederhallen, stille widerlegt sie der Unterthanen Fluch, und die kühnere Nachkommenschaft laut. Es kann einem Menschenverächter gelingen mit tugendloser Klugheit einen Haufen Iloten in schreckenvoller Ordnung zu beherrschen, aber für ihn ist auch keine Wollust der Liebe, kein Vertrauen, keine Freude der Menschlichkeit mehr.

Um Friedrichs Thron drängte sich ein zufriednes, frohlockendes Volk; es umringte ihn, wie in dem ersten Alter der Welt eine Familie ihren Vater umringte. Er umfaßte sie alle mit gleich inbrünstiger Liebe, und sie wurden von seiner Gewalt nur durch sein Wohlthun überzeugt. Er wurde nie zum Zorn, nie zur Strenge gereiht. Er war immer ohne Bitten zur Gnade geneigt. Oft hat er als König das Gute belohnt, was, in der einsamen Hütte verborgen, nicht den Monarchen, nur den Menschen rühren konnte, und was dem Menschen mißfiel, hat er nie als König gerächt. Diesem König diente Bernstorf mit einem nicht minder zärtlichen Herzen. Daher war auch seine Verwaltung der einheimischen und auswärtigen Geschäfte eine Reihe menschenfreundlicher Thaten. Sein System in der Politik war, was es am Thron guter Könige ist, Friede, gutes Vernehmen, wechselseitige Dienstfertigkeit, Wohlfahrt und Ruhm fürs Va. terland, Vortheile, auch für fremde Staaten. Damit erwarb er sich Vertrauen, und bewies, daß redlich handeln die vortheilhafteßte Staatskunst sey, anstatt daß ein Gewebe von Ränken nur eine Zeit lang gelingt und endlich ohnfehlbar die Verachtung und den Abscheu aller Völker gegen den Betrüger vereinigt. Nie ward von ihm die Heiligkeit der Verträge beleidigt, nie die gesetzmässige Verfassling irgend eines Staates untergraben. Er erlaubte sich nie Unterdrückte zu verfolgen, um dem Mächtigen zu schmeicheln, sich zum Sieger zu gefellen, um die Beute des Ueberwundenen zu theilen; sondern er dachte und handelte am Ruder des Staats, wie ein tugendhafter Mann in der bürgerlichen Gesellschaft zu denken und zu handeln gewohnt ist. Er glaubte nicht, daß ein glänzender Endzweck einen ungerechten Schritt entschuldigen könne, nicht, daß unter Königen eine andre Rechtschaffenheit gelte, als unter den niedrigsten Erdbewohnern. Wenn man gegen ihn treulose Künfte versuchte, so vereitelte er sie durch seine Klugheit. Denn, so sehr er die Staatskünfteley verachtete, so sah ev doch ihre Finsternisse durch. Er vermuthete die Ursachen und verkündigte die Folgen mancher dunkeln Begebenheit, noch che sie sich ganz entwickelt hatte. Oft ermunterte ein kleiner Vorfall seine ganze Geschäftigkeit, und noch öfter blieb er ruhig, wenn nach dem Urtheil des großen und kleinen Pöbels ein Ungewitter aufzog.

Alle Kräfte, die Europa zerrütten, oder die es beruhigen konten, die Macht und Ohnmacht seiner Völker und Fürsten hatte Bernstorf durch eine lange Erfahrung zuverläßig zu schäßen und zu vergleichen gelernt.

Zweites Bruchstück. (S. 127.)

Bey Besetzung geistlicher Aemter zog er immer den Mann von unfträflichem Wandel, der durch sein Beyspiel zur Nachahmung reizt, dem größern Gelehrten vor; und von den Gerichten forderte er Recht, wie sols ches der Menschenfreund austheilt, der niemals vergißt, daß sein Amt nicht die Geissel, sondern der Trost unsers Lebens seyn sollte, und der, wenn er strast, mit den Thränen des Verurtheilten die seinigen mischt. Jeder Spruch in bürgerlichen Fällen war ihm heilig. Er verschloß zwar keiner Bitte den Zugang zum Throu, und oft drang sich eine unbescheidne durch, vielleicht ward auch zuweilen seine Einsicht getäuscht; aber immer blieb es sein unveränderlicher Grundsaß, daß ein Minister kein Gesetzerklärer seyn müsse. Was ein Kollegium redlicher Männer gemeinschaftlich durchgeforscht hat, wird selten ein einzelner Mann, auch mit vorzüglichen Gaben, aber durch grössere Geschäfte zerstreut, geduldiger, gründlicher prüfen, billiger und gerechter entscheiden; und sobald man Urtheile durch Machtsprüche ändert, so sind Freyheit und Eigenthum, die ersten Rechte des Bürgers, dem Einfluß der Gewalt oder der Gunst unterworfen.

Drittes Bruchstück. (S. 146.)

Jedoch auch seiner wartete der Sterblichen Loos, die, wenn sie auch keine Strafgerichte fürchten, doch selten der Prüfung entgehn, die ihr Vertrauen auf Gott bestätigen und den Ruhm ihres Lebens durch den schwerften Triumph, durch ihre Geduld im Leiden, krönen soll. Langsam zog sich ein Ungewitter auf. Unbedeutend in seinem Anfang schien es auch dem scharfsichtigen Auge nicht furchtbar; aber es verbreitete sich schnell und deckte Dännemark mit einer schrekenvollen Nacht. — , ruhte sie ewig auf der Geschichte dieser Zeit!

Bernstorf hatte schon lange die Absicht seiner Feinde entdeckt, ihn durch wiederholte Angriffe zu reizen und zu irgend einem Schritt zu ver leiten, der sie von dem Mann, den sie haßten, befreyete. Endlich konnte er sich nicht mehr verbergen, daß es ihnen gelungen, ihm das Vertrauen seines Monarchen zu entziehn. Aber sollte er ruhig sein Schicksal erwarten, oder dem Sturm, der ihm drohte, entfliehn? Das war die große bedenkliche Frage, die entschieden werden mußte, und die in seiner bittern Verfassung nicht so leicht zu beantworten war.

Ein Staatsmann, der zu mißfallen aufängt, wandelt immer an Ab gründen hin, und thut keinen gleichgültigen Schritt mehr. Ift er gelassen, so ist es ein Stolz, der gedemütigt zu werden verdient; verbirgt er seine Unruhe und seine Empfindlichkeit nicht, so ist es Bewußtseyn der Schuld; entschließt er sich, sein Amt niederzulegen, so wartet vielleicht eine Krän fung auf ihn, wozu nur der Anlaß gefehlt hat; und harrt er zu lange, reizt er die Ungeduld seiner Verfolger, so ist es ungewiß, zu welchem hef

tigen Ausbruch ihr Unwillen endlich verleitet werden mag. Wenn alle Zugänge des Throns von Rathgebern umringt find, die ihre gemeinschaftliche Sicherheit vereinigt, so ist kein Fürst der Erde mächtig genug, den Eingebungen der Wahrheit, die zurückgescheucht wird, oder den Empfindungen seines unaufhörlich bestürmten Herzens zu folgen.

Alles das erwog Bernstorf mit heiterer Ueberlegung und entschloß sich dennoch nicht zu fliehn, den Posten nicht feig zu verlassen, auf welchem er als ein auserwähltes Werkzeug der Vorsehung stand, keinen Augenblick, der in seiner Macht war, zu verlieren, wo er dem Staat, oder auch nur einem Gliede desselben durch seine Arbeit nüßlich seyn konnte.

Der Schlag kam seiner Erwartung zuvor. Ich war der einzige Zeuge dieses prüfenden Augenblicks. Sein Betragen dabey muß auf ewig seinen Karakter entscheiden; denn in einer solchen Stunde ist der größte Mann in den Händen der Natur.

Er hatte sich eben zur Arbeit niedergefeßt, als er das Schreiben des Königs empfing, welches ihn den Staatsgeschäften entzog. Er las es mit ernsthafter Stille und stund mit einem Blick des Schmerzens auf. Ich bin meines Amtes entseßt, sprach er mit einem gesetzten bescheidenen Ton, und fügte mit gen Himmel erhobenen Augen hinzu: Allmächtiger! segne dies Land und den König!

So stand Bernstorf an den Ruinen feines Ruhms; so gelassen fah er in einer Minute das Gebäude seines ganzen Lebens umstürzen; Hofnungen große Entwürfe zu vollenden, Aussichten in ein ehrenvolles ruhiges Alter, alle Freuden des vergangenen Lebens waren dahin wie ein Traum, und die Folgezeit breitete sich finster vor ihm aus: dennoch stand er unerschüttert. Entweder war Bernstorf ein großer, oder ein unempfindlicher Mann. Wer hat ihn je unempfindlich gekannt?

Beispiel 2.

Georg III. und seine Gemahlinn.

(Aus den Briefen im Jahre 1768. Samml. I. S. 43. London, 25. Spt. 1768.)

Ich habe vor wenig Tagen ihren Palast mit einem lebhaften Vergnügen besehen. Unten wohnt der König, im zweiten Stock die Königin; die obern Zimmer sind einer Büchersamlung gewidmet, welche merkwür diger durch ihre Wahl, als durch ihre Menge, ist hier fehlt der Raum für den Haufen Müßiggänger, welcher sonst in den Schlößern der Könige wimmelt; außer der königlichen Familie ist nur für unentbehrliche Bediente Plaz. Sie glauben in dem reinlichen Hause eines weisen begüterten Privatmanns zu sein; was vielleicht allein den Besißer verräth, sind die herlichsten Werke der Kunst, welche man aus allen Schlößern hier versammelt und zum täglichen Genuß aufgestellt hat.

In den Königspaläften hat mich immer der Misklang zwischen Pracht und Mangel, die wenige Achtung für Einheit im Ganzen beleidigt; ver goldete Gemächer und schlechtes Geräth, überladene Kabinetter und öde Säle, neuer und veralteter Zierrath, Verschwendung ohne Bequemlichkeit: alles trägt das Gepräg mannichfaltiger Launen, je nachdem Marschälle, Günftlinge, Hofintendanten ihr kurzes Dasein verewigen wolten; hier aber athmet durch alles der Geist des Monarchen, vérnünftige Wahl und gefällige Ordnung, ein sanfter geläuterter Geschmack.

Ein rechtschaffener Mann, und noch vielmehr ein tugendhafter rechtschaffener König, ift Gottes erhabenstes, edelstes Werk. Ich werde nie an Georg den Dritten, als mit der reinsten Verehrung denken; demungeachtet ist es möglich, daß seine menschenfreundliche Regierung für England nicht die glücklichste sein kan. Großbritannien nähert sich der Epoche, in der sich Rom befand, als Asien geplündert war. Seine Triumphe im leztern Kriege, die Eroberungen in Indien, haben Reichthum und verdorbene Sitten, Ueppigkeit und Hochmut verbreitet.

Heldenkraft eines Volks wird durch Widerstand genährt und ermattet jenseit des Zieles. Dieser Staat ist auf dem Punkt der Reife, wel cher an das Verwelken grenzt. Eigener Troz und fremder Neid, Ohnmacht und Verachtung aller Gefahren, nehmen in bedenklichen Verhält nissen zu.

Diese periodische Flut und Ebbe, welche alle Staaten fortreißt, hält feines Königs Weisheit auf, weil die Vorsehung keiner Tugend einen Freis brief gegen ihre Nathschlüße verleiht. Aber auch unter widrigen Schickfalen stralt diese Tugend auf die Folgezeit, und die Geschichte söndert das Verdienst des Monarchen von seinem Glück.

III. Didaktische Profa.
Ascetifer (§. 126.)

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. 1700 - 1760.

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf und Pottendorf stammte aus einem alten reichsgräflichen Geschlecht in Östreich. Der älteste Zweig die ser Familie ließ sich in Sachsen nieder und Otto Christian aus dieser Linie, der Vater unsers Nikolaus, trat zur evangelischen Kirche über und starb als chursächsischer geheimer Nath, Generalfeldzeugmeister und Gouverneur von Dresden 1718. Nikolaus Ludwig wurde am 26. Mai 1700 zu Dresden geboren und bei seiner frommen Großmutter, einer Frau von Gersdorf zu Großhennersdorff in der Oberlausih erzogen. In diesem

Hause, wohin auch der fromme Spener fam, neigte sich der Knabe schon früh zum Pietismus hin, welcher durch die Erziehung Franke's auf dem Pädagogio zu Halle noch mehr in ihm genährt wurde. Hier schon hielt er mit seinen Schulfreunden religiöse Zusammenkünfte und stiftete den mystischen Orden vom Senfforn. Sein Oheim wollte ihn für das Ges schäfftsleben vorbereiten und schickte ihn auf die Universität Wittenberg, aber das Rechtsstudium wollte ihm nicht zusagen; er trieb für sich theologische Wissenschaften und beweinte bei der Feier des Reformationsjubiläums im Jahr 1717 den tiefen Fall der evangelischen Kirche. Nachdem er 1719 die Universität Wittenberg verlassen hatte, machte er eine Reise durch Holland und Frankreich und erwarb sich selbst an dem sittenlosen Hofe des Regenten Philipp von Orleans, wo ein sittenreiner frommer Jüngling eine unerhörte Erscheinung war, allgemeine Hochachtung. Er wurde nach seiner Rückkehr 1721 Hofrath bei der Landesregierung, ohne in diesem Amte, welches er nur sechs Jahr bekleidete, besonders thätig zu sein, da sein ganzes Ziel darauf hinging, ein Gemeine zu gründen, welche der frühsten apostolischen Kirche in Sinn und Leben ähnlich sein sollte. Diesen Entschluss soll er beim Anschaun des Christusbildes von Correggio in der Düsseldorfer Gallerie gefasst haben, welches die Unterschrift hat: ego pro te haec passus sum, tu vero, quid fecisti pro me? Schon im Jahre 1722, in welchem er sich auch mit der trefflichen Gemah linn, Gräfinn Reuß von Ebersdorf, verband, hatte er mehreren des Glaubens wegen ausgewanderten mährischen Brüdern erlaubt, auf seinem Gute Berthelsdorf in der Oberlausiß, auf dem sogenannten Hutberge sich anzusiedeln, welche Colonie 1724 den Namen Herrenhut erhielt. Es wurden nun vom Grafen Zinzendorf gewisse Vereinigungspuncte festgeseßt, worin die Unterscheidungslehren der protestantischen Bekenntnisse unbes rührt blieben, nur die Grundwahrheiten des Christenthums als Glaubenslehren angenommen wurden und eine den Feststellungen der alten mähris schen Brüderkirche ähnliche Verfassung und Kirchenzucht eingeführt ward. Diese Statuten wurden am 13. Aug. 1727 von allen Einwohnern Herrn, huts feierlich angenommen und so der erste Stamm der evangelischen Brü dergemeinde oder Brüderunität gegründet. Zinzendorf legte sein Amt nieder und entschloss sich in den geistlichen Stand zu treten. Er ging, nachdem er vorher 1731 auch in Dänemark gewesen war und eine Mijfion der Gemeine nach St. Thomas bewürft, aber den ihm verliehenen Danebrogsorden nicht angenommen hatte, unter einem angenommenen

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Namen

1. Db Spener Zinzendorf gesehen hat, fragt sich, da Spener schon 1691 nach Berlin ging und 1705 starb. 2. Büsching, Nachricht von der Brüder- Unität, sagt dagegen, 3. habe mit dem Orden gepredigt und er sei ihm vom Dänischen Hofe wieder abgefordert worden.

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