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Notarius. Man hat zwar schon dergleichen Casus erlebt: allein es ist nicht de consuetudine.

Hauptm. Ist es deswegen Unrecht, weil es nicht gewöhnlich ist? (Zum Notar leise.) Herr! der Teufel hole mich: Nasen und Ohren! Notar. Man müßte doch wenigstens consensum sponsae et pa

rentum.

Hauptm. Das versteht sich: aber das wäre leicht zu bewirken. (Leise zum Notar.) Herr! 50 Ducaten für Ihn.

Notarius. Sobald Aeltern und Braut consentiren aledann wohl ja! da kann es gehen.

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Reitbahn. Ha der Teufel! das Mädchen kraßte mir die Augen aus dem Kopfe.

Hauptm. Nein! ich stehe Ihnen gut für ihre Augen.

Reitbahn. Herr Major, was glauben Sie?

Major. Es kömmt auf Sie an: ich will Sie überzeugen, daß ich fein eigensinniger Mann bin, wie Sie mich erst nannten.

Reitbahn. Und was sagt der Herr dazu, Herr Notar?

Notarius. Warum nicht? wenn ein Eigenthümer sein Recht ver kaufen will, wer fanns ihm wehren? Das Fräulein ist kein Fideicommissum: consequenter kann sie auch verhandelt werden.

Hauptm. Und ich glaube fogar, daß man sich hierüber auf die allerältesten römischen Geseße berufen könnte?

Notarius. Zuverlässig! und noch mehr auf die orientalischen.

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Reitbahn. Auch? Eh bien! der Teufel hole mich, ich thu' es! Es wird wohl ein wenig Lärm entstehn, hingegen sind die Schäcken mein. Dop Herr Major! hier haben Sie meine Hand. Der Herr Hauptmann und der Notarius sind Zeugen.

Major. Hier haben Sie die meinige, liebster Graf! Sie sind der liebenswürdigste Cavalier in der Welt. (Er küßt ihn.)

Hauptm. Also ist der Tausch zwischen Ihnen richtig Ich will sogleich den übrigen Theilen Nachricht geben. (Geht eilig ab.)

Reitbahn. Die Schäcken find also mein. Sagen Sie mir: bin ich nicht ein raisonabler Kerl?

Major. In der Welt ist keiner ihres gleichen. Ich sehe Sie für den Stifter meines Glückes an.

Reitbahn. Ich Sie ebenfalls. Mädchen kann ich genug auftrei ben das Heyrathen schlägt mir keine ab; aber einen so gleichen und schönen Zug Schäcken bringt man nicht leicht zusammen. Doch, wie iste mit dem fünften, das haben wir vergessen.

Major. Den geb ich Ihnen auch dazu.

1. Der Major hatte noch einen fünften Schecken als Reitpferd.

Reitbahn. Bravo! Es freut mich, daß ich mit einem so rechts schaffenen Manne zu thun habe. Da kommen sie schon. Ich bin recht begierig, was sie dazu sagen.

Notarius. Ich will einige Schritte retrogradiren, um näher an der Thür zu seyn.

(Das Ende ist, daß der Major und Leonore verbunden werden und auch die Bas roninn dem „ungebärdigen Grafen“ zum Troß ihre Einwilligung giebt.)

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Johann Karl August Musäus wurde zu Jena 1735 geboren. Sein Vater war Landrichter daselbst, wurde aber bald als Rath und Amtmann nach Eisenach versetzt. Von einem Vetter, dem Superinten denten Weißenborn in Allstädt, nachherigem Generalsuperintendenten in Eisenach, wurde der junge Musaus anständig erzogen, studirte dann in Jena Theologie, wurde Magister und Mitglied der deutschen Gesellschaft, lebte dann als Candidat in Eisenach, wo er auch oft mit Beifall predigte, wurde aber in einer Landgemeine von den Bauern als Pfarrer verworfen, weil er einmal getanzt hatte. Im Jahre 1763 wurde er Pagenhofmeister und 1770 Professor am Gymnasium in Weimar. Das geringe Einkommen seiner Stelle nöthigte ihn, da er auch verheirathet war und Familie hatte, noch jungen Herrn und Damen Unterricht n Geschichte u. a. Wissenschaften zu ertheilen und Kostgänger in sein Haus zu nehmen. Bald wurde er auch als Schriftsteller berühmt. Zuerst war er, um der Schwärmerei entgegen zu treten, welche durch das Lesen der Grandisonschen Romane sich verbreitete, mit seiner Parodie: Grandison der Zweite aufgetreten, welche Satire nicht ohne Veifall blieb. Doch erst 1778 trat er wieder mit einem bedeutenden Werke auf,,Physiognomische Reifen“ worin er den durch Lavaters Physiognomik erregten Unfug der Physiognomen mit Feinheit, Wiß und Bitterfeit verspottete und sich großen Ruhm erwarb. Am meisten aber ist er durch seine noch immer anerkannten „Volksmährchen der Deutschen" welche er aus dem Munde alter Weiber, abgedankter Soldaten und Straßenkinder sich sammelte, berühmt geworden, wie diese auch stilistisch ausgezeichnet sind und zugleich ein Gegengift gegen die empfindsamen Romane sein sollten. — Auch seine Erscheinungen Freund Heins in Holbergs Manier fanden vielen Anklang, wie die Erzählungen

in den Straußfedern, an deren erstem Bande er jedoch nur arbeiten konnte. Er starb am 28. October 1787 an einem Herzpolypen, als liebreicher Gatte und Vater, treuer Freund, unerschöpflich heiterer Gesellschafter und stets zufriedner, von dem Wenigen was er hatte, noch Andere mild unterstüßender, von Schmeichelei und Menschengefälligkeit freier und redlicher Mann vielfach beweint.

Seine Schriften sind folgende:

1. Der deutsche Grandison, auch e. Familiengeschichte. Zwei Theile. Eisenach 1781. 1782. Die erste Ausg. in 3 Theilen Eisenach 1760 1762 hatte den Titel: Grandison der Zweite oder Ge schichte des Herrn von. N*** in Briefen entworfen und wurde in der zweiten Ausgabe ganz umgearbeitet. 2. Physiognomische Reisen, voran cin physiognomisch Tages buch, Heftweis herausgegeben. Dritte Aufl., aufs neu' übersehn und gebessert. Altenburg. Richtersche Buchh. 1781. 2 Bde. in 4 Heften. 8. (Erste Ausg. in 4 Hftn. Altenb. 1778. 79.) - Dies Werf ist von Lichtenbergs Abh. über die Schwänze überboten worden. 3. Volksmährchen der Deutschen. Fünf Theile. Gotha 17821786. S. Neue Aufl. Gotha 1787. 88. 8. Neue Aufl. besorgt von Wieland. Ebend. 1806. 8. Neue Aufl. von Jakobs. 6 Bdchn. Gotha 1826. N. A. Ebend. 1838. N. A. v. Jacobs. 6 Bdchn. Halle 1840. 8. Eine Prachtausg. in 1 Bd. mit Holzschnitten erscheint. Lpz. in 20 Lieferungen seit 1843,

4. Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier von J. R. Schellenberg Winterthur 1785. gr. 8. mit 25 Kupf. - (Der Tod wird hierin nach Claudius Vorgange Freund Hein genannt.) 5. Straußfedern. Erster Bd. Berl. und Stettin 1787. 8. (enthält vier Erzählungen von Mujäus. — Bd. 2. 3. und die erste Erzählung von Bd. 4. sind von Joh. Gottwerth Müller, Vrf. des Siegfr. v. Lindenberg. 1790. 91. 8. Bd. 4 bis 7. von Unbekannten. 1795 -1797. 8.)

6. Moralische Kinderklapper für Kinder und Nichtkinder. Nach dem Franz. des Herrn Manget, von Musäus. Gotha 1788. 8. N. A. mit Vignetten. Daf. 1794. 8. (Sein letztes noch nicht ganz vollendetes Werk, von F. J. Bertuch unverändert herausgegeben.) 7. Nachgelassene Schriften des verstorbnen Prof Musä us. Herausg. von s. Zögling Aug. v. Kozebue. Mit Kupf. Leipz. 1791. 8. mit M.'s Bildnijs. (Darin außer den Zügen aus M.'s Leben vom Herausg. und Andenken des Prof. M. von Herder, theils gedruckte, theils ungedruckte prosaische Auffäße und Gedichte, worunter mehrere an f. Gattinn und Briefe an Amelie Gilde:

meister, enthaltend Novellen für das erste Kindbett einer ge-liebten Wöchnerinn.)

Auch hat Mufäus herausgegeben: das Gärtnermädchen. Eine ko mische Oper in 3 Aufz. 1771. nach dem franz. Roman la Jardiniere de Vincennes und die vier Stufen des menschlichen Alters. E. Vorspiel mit Gesang. (Musik v. Hiller.)

Beispiel 4.

Aus den physiognomischen Reisen. (Altcub. 1781. Bd. I. S. 123.) (M. meint: nicht die Heterogenität der Gesichter, sondern Hrn. L's Spleen sei Urfach, wenn er sich von gewissen Gesichtern plößlich hinwegwenden und bei Seits geben müsse.)

Hab's an mir selbst erfahren, was die Stimmung der Seel', Laun' oder Humor, für Einfluß auf physïognomisch Urtheil hab'. Seit den paar Tagen daß ich übler Laune bin, seh' ich fast iedes Gesicht meiner Freund und Bekannten, aus der Nachbarschaft umher, anders als sonst; find gleichwohl die nämlichen Züg und Linien, die ich all schon hundertmal überschaut, auch einzeln und in ihrer Zusammenfügung nach dem innern Gefühl iudicirt, und iedes Urtheil mit dem physiognomischen Richtscheit und Winkelmaas des Meisters ajüftirt hab'. Wenn sichs Wetter in den obern Regionen meines Hauptes nicht bald aufklärt, dürft ich leicht zu meinem physiognomischen Coder so viel Varianten sammlen, als Dr. Kennicot zu seinem hebräischen, und wär noch immer die Frag', welche von unfern beyden Sammlungen der Welt am meisten Nuß und Frommen brächt. Ueber die ganze Tapete linker Hand in meinem Kloset, beym Schreibtisch, bestehend aus 24 verjüngten Silhouetten meiner benachbarten Freund' beyderley Geschlechts, hat mein Spleen ein Air von Stumpfheit, Schiefheit, Gedrängtheit, Verworrenheit ausgebreitet, davon ich vorher nie etwas wähnte; alles erscheint mir nun verschoben und wirrt gegen einønder. Dabey stellt mir die Phantasey ganz unwillkührlich so viel Thierähnlichkeiten dieser Bildlein vors Gesicht, daß ich mir's nicht wehren kann, aus diesem und ienen Horn- und Stoßfraft der Stier und Widder, oder Schaafsköpfige Dummheit; an andern Haafigen Benagungshunger, Hirschmäßige Horchsamkeit, Dachshaftes unedles boshaftes Mißtrauen und Kahenartige Tücke, Schlauheit und Lauersamkeit zu lesen. Will doch Wundershalber einige dieser Varianten hier aufzeichnen, um zu sehen, ob nach einiger Zeit etwas davon stet und fir bleibet; oder ob bey der Wiederkehr der lieblichen Sonnenblicke eines heitern Gemüths, das all' wieder verlischen und wegschmitzen werd', wie die Figuren der gefrornen Dünft an den Fensterscheiben.

Nro. 3. Ein weiblich Profil, steht in meinem physiognomischen Ma

nual angezeichnet, mit einer Nase, die mich mit Achtung, Ehrfurcht und Demuth gegen sie erfüllt; ießt setzt mein innres Gefühl dazu: hervor lus sternd, Hohn sißt auf dieser Nafe, nicht stille verschlossene friedliche Klugheit.

Nro. 4. Ein Seelenvolles Gesicht, voll Wit, Laune, Empfindungsempfänglichkeit. Zusah. Sieht ins Affengeschlecht, eitel Grimasse! Komint mir das Männchen nicht anders vor, als woll es eben einen frummen Sprung durch'n Reif machen.

Nro 7. Fromme häusliche Tugend, Gutmüthigkeit, Geißt der Anordnung und Geschäftigkeit in weiblichen Verrichtungen, immer sieben stille Thaten, statt eines Worts, im Kinn weibliche Bonhommie. So das Mas nual; aber der gegenwärtige Gefühlsblick: recht hier an ihrem Plaze! Eine böse Sieben, zwischen den gutartigen Zügen scheint eine gewisse Heftigkeit des Charakters durch, eine fortwährende Ebbe und Fluth der Leidenschaften, die alle häuslichen Tugenden verschwemmt und vertrübt; immer fieben lautkreischende Worte, statt einer stillen That. Das abgerundete leicht bewegliche Kinn deutet auf Geschwäßigkeit, besonders wenns auf Verunglimpfung des Nächsten gemeinet ist.

Nro. 12. Ein männliches kraftvolles Gesicht. Im Übergang von der Stirn zur Nase ist Verstand, in den Lippen wahre Freundschaft und ächte Treue. Jezt alles das nicht, nichts mehr und nichts weniger, als bengelhafte Drescherphysiognomie, Staarfinn, Eigendünkel, Stierartiger Stoßtrieb und defensiver Truß. Kurzum, ein bepanzertes vollkommen liebloses, dummschadendes Wesen, wie der ungeheure Nashornkäfer.

Nro. 17. Ein süßes ingendliches Geschöpf, liebevolle Naivetät, Wohlwollen, die Stirn ist rein weiblich, die Nase einer zarten guten Seele, im Munde ruhig lächelnder Wiß, mit etwas füßlicher Bonhommie tingirt. Der Variant sett hinzu: ia wohl süß; aber wie schlechter gezuckerter Wein, der auf Eßig sticht. Aus dem niedlichen Lärvchen guckt Weiblichkeit, Zie reren und Kocketterie heraus, aber unter'n Schleyer kindlicher Unschuld versteckt. Medisirt das Mädchen schon frisch weg, und sieht so naiv dazu aus, als könnt' sie kein Wasser trüben; stößt mit ihrem Stußköpfgen demungeachtet um sich, wie die iährigen Lämmer pflegen wenns wittern will, oder ein Platzregen bevorsteht.

Bin's müde mehr aufzuzeichnen, wollen sehen, ob von diesem Unkraut, das die böse Laun zwischen den guten Physiognomischen Waißen gefäct hat, was auffeimen; oder ob Letzterer auf dem guten Acker meines Herzens die Oberhand gewinnen, und das Lolch oder Tollkorn wieder verdrücken werd. Kein Wunder, daß mir die Originale, wenn sie höchstalbern auf mich die Nasen rümpfen, noch viel widerwärtiger und Frazzenmäßiger vorkommen, als diese Kopien, mit ihren ruhig hinstarrenden Schattennasen. Tret ich jetzt in den Zirkel meiner Bekannten, so wiederfährt mir das in einer Minute wenigstens dreymal, was dem Lavater in der Schweiß kaum

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