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später auch die italienische und englische Sprache. Zum geistlichen Stande, zu welchem sein Vater ihn gern hinzugeführt hätte, fühlte er keine Neigung, und Schüchternheit, wie die Schwäche seiner Brust, schreckten ihn ganz davon zurück. Aber eben so wenig konnte er Geschmack an der Kaufmannschaft gewinnen, obschon man ihn reisen ließ und ihn nach Lugano, Bergamo und Mailand gegeben hatte. So musste ihn der Vater 1719 wieder in sein Haus zurücknehmen. Im Jahre 1720 ging er aber nach Zürich und studirte mit allem Eifer die Geschichte und die Rechte seines Vaterlandes, trieb daneben seine Sprachstudien und pflog der Freundschaft mit seinen Freunden, vor allen mit seinem geliebten, ihm gleichge-. sinnten Breitinger, und beide traten nun als Schöpfer der Kritik und Wiederhersteller des guten Geschmacks in den Wissenschaften auf. Bodmer wurde 1725 zum Professor der helvetischen Geschichte und der Politik in Zürich ernannt und würkte, obschon ihm nur ein kleiner Kreis von Schülern umgab, sehr wohlthätig auch in Staatsangelegenheiten, nachdem er 1737 Mitglied des großen Raths geworden war. Seit 1727 war er mit Esther Orelli, der Tochter eines angesehenen Kaufmanns, verheirathet; aber ein frühzeitiger Tod entriss ihm die Gattinn, vier Söhne und eine geliebte Nichte. So lebte er nun sein noch übriges langes Leben nur seis nem Amte (was er 1775 niederlegte) und den Musen in stiller Abgeschicdenheit und nahm sich besonders aufblühender Talente an. Er lebte noch lange, nachdem sein Streit mit Gottsched längst vergessen war, seine jun gen Freunde und Schüler ihn längst überragten und sein Name unter den Heroen seiner Zeit nicht mehr genannt wurde. Er überlebte Kleist und Lessing, war Wielands, auch noch Herders und Göthes Zeitgenosse, erfreute sich einer dauerhaften, ungetrübten Gesundheit, welche ihm zu sei nen rastlosen Arbeiten Kraft gab und starb, nur wenige Tage an einem leichten Fieber krankend, am 2. Jan. 1783 im 85. Lebensjahre.

Bodmer hat das große Verdienst sein Vaterland zu einem Mittelpunct der Literatur und Dichtkunst auf längere Zeit gemacht und zur Kritik gegen Gottsched angeregt zu haben. Gern zog er junge Talente hervor und schüßte sie, wollte sie aber gern unter seiner Scheere behalten und sie leiten, wohin sie nicht wollten, wenn sie ihn auch längst überflügelt hatten. Daher kam es, daß er nicht allein mit den pedantischen und fa den Dichtern, sondern auch mit denen zerfiel, welche er wie Klopstock aufs höchfte verchrt hatte. Sein eignes Talent überschätzte er weit und sein Ansehen und patriarchalisches Wesen musste von allen gebührend anerkannt werden, wenn er sich nicht unangenehm berührt fühlen sollte. Daneben war er aber auch sehr gutmüthig und ließ sich wieder Vieles, selbst seine Person Betreffende, ohne Empfindlichkeit gefallen; auch wurde er im Alter heitrer und in seiner Denkart freier. Gervinus sagt von ihm: er hatte ,,die Unbekümmertheit und Selbstgefälligkeit eines anfangs von bloßem

Thä

Thätigkeitstriebe bestimmten, dann von übertriebenem Lobe verwöhnten ,,Kindes, das hierdurch zu seiner natürlichen Gutartigkeit einige Reizbar „keit und selbst feine Bosheit annimmt." Er war sehr thätig, eine lebens dige Chronik der deutschen Literatur und schrieb und producirte bis in sein spätes Greisenalter hinein, daß man selbst das viele Gute, was er gewürkt hat und ihn selbst über seine schwachen Erzeugnisse und seine nichts mehr geltende Kritik vergaß. Er hat sich vornehmlich durch den oben bei Gott sched erwähnten Kampf, durch sein Einführen in die englische Literatur, be sonders in Miltons Poesieen und den Zuschauer von Addison, durch das Her" vorziehen altdeutscher Gedichte, namentlich des Nibelungen-Liedes und der Minnelieder des Manessischen Coder, durch die Herausgabe mancher ältern Dichter und die Aufregung und Heranbildung neurer Dichter berühmt und verdient gemacht; in seinen eignen Arbeiten ist wohl manches Talent volle anzuerkennen, aber kein höherer Dichtergeist. Für die Musik hatte er keine Empfänglichkeit.

Seine Hauptschriften find:

1. Die Discourse der Mahler. Vier Theile. Zürich 1721 bis 1723. fl. 8. Von Bodmer und Breitinger herausg. Die Abhandlungen, welche mit Rubeen unterzeichnet sind, haben Bodmer, von dem überhaupt das Meiste ist, die mit Holbein bald Bodmer, bald Breitinger zum Verfasser

2. Sammlung kritischer, poetischer und anderer geiftvoller Schriften zur Verbesserung des Urtheils und des Wißes in den Werken der Wohlredenheit und der Poesie. Zwölf Stücke. Zürich 1741 1744. S. Größtentheils Streitschriften und Satiren auf die Gottschedsche Schule. Die meisten Abhandlungen sind von Bodmer, andre von Breitinger, Graf Conti, Liscos, Rost u. a. Hierunter ist auch: Grundriß eines epischen Gedichts von dem geretteten Noah (Plan der Noachide. Klopstocks Messias erschien 1748).

3. Kritische Briefe. Zürich 1746. 8.

Von Bodmer und Breitinger herausgegeben, funfzehn an der Zahl. 4. Pygmalion und Elise (angehängt die Erzählungen verschiedener Verfasser, und der geplagte Pegasus). Frkf. u. Lpz. (Zürich) 1747. 8. (3w. Aufl.) .

5. J. J. Bodmers kritische Lob gedichte und Elegien, von J. G. Schuldheiß besorgt. Zürich 1747. 8. Neue Aufl. J. J. Bodmers Gedichte in gereimten Versen. Mit Schuldheißens Anmerkuns gen. Dazu kommen etliche Briefe. Zürich 1754.

Die Lobgedichte sind: 1. Die Wohlthäter des Standes Zürich. (1733.) 2. Character der deutschen Gedichte (1734). 3. Die Drols lingersche Muse. 4. Eingang zu Königs Gedicht: August im Lager. Bischon Denkm. IV.

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6. Neue kritische Briefe über ganz verschiedene Sachen von verschiede nen Verfassern. Zürich 1749. 8. Neue mit einigen Gesprächen in Elysium und am Acheron vermehrte Aufl. ib. 1763. 8.

Ebenfalls von Bodmer und Breitinger. Enthält 79 Briefe, worin neben andern viele Bücher und Gedichte besonders jener Zeit besprochen werden, z. B. das Gedicht von Justi: der Inselsberg.

7. Crito. E. Monatsschrift. Zürich 1751. 8.

Kritische Bemerkungen über Gedichte, wie die ersten Gesänge des
Messias von Klopstock.

8. Noah, ein Heldengedicht in zwölf Gesängen. Zürich 1752. 4. Zw. Ausg. Noachide von Sulzer Berl. 1767. 8. Dritte: Zürich 1772. 8. Vierte: die Noachide in zwölf Gesängen, von Bodmern ganz umgearbeitet und aufs neue verb. Basel 1781. 8. Die Schönheiten dieses Gedichtes sind in Abhandlungen von Wieland und Sulzer dargelegt worden und es wird auch immer in Be ziehung auf idyllische Darstellung einen Werth behalten, obschon man es nicht zu den großen Epopöen rechnen kann.

9. Lessingische unäsopische Fabeln, enthaltend die sinnreichen Einfälle und weisen Sprüche der Thiere, nebst damit einschlagende Untersuchung der Abhandlung Herrn Lessings von der Kunst, Fabeln zu verfertigen. Zürich 1760. fl. 8.

Unglückliche Parodie der Lessingschen Fabeln und Antikritik gegen Lessing.

10. Calliope von Bodmer. Bd. 1. 2. Zürich 1767.

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Sammlung epischer Gedichte. Bd. 1.: die Sündfluth in 5 Ges. (einzeln Zürich 1755. 4.), Jakob in 4 Ges. '(sonst Jakob und Joseph), Rahel in 2 Ges. (sonst Jakob und Nahel), — Joseph in 2 Ges. (sonst Joseph und Zulika, Potiphars Frau), — Jakobs Wiederkunft, Dina in 2 Ges. (sonst Dina und Sichem), Kolombona in 5 Ges. (Entdeckung America's nur ungeschichtlich) Band 2.: Die geraubte Helena von Koluthus, die geraubte Minerva von Moschus, - der Parcival in 2 Gef. (Sollte den von Bodmer verloren geglaubten Parcival Wolframs von Eschenbach darstellen. Erschien schon Zürich 1753. 4. Der Parcival in Wolframs v. Efchenbach Denkart, eines Poeten aus den Zeiten Kaifer Heinrichs des VI.); Zilla in 3 Ges. (früher die gefallene Zilla. Zürich) 1755. 4.), die sechs ersten Gesänge. der Ilias; -die Nache der Schwester, in 4 Gesängen (Nach ahmung von Chriemhilden Rache); - Inkel und Variko; Monima.

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11. Der erkannte Joseph und der keusche Joseph, zwei tragische

Stücke in fünf Aufzügen. Zürich) 1754 4. Bodmers erstes bibl. Trauerspiel, dem noch andre folgten, wie: der Tod des ersten Men schen und die Thorheiten des weisen Königs u. a.

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12. Weltliche Schauspiele: Ulysses, Telemachs Sohn, ein Trauer: spiel nach einer neuen Ausbildung. Zürich 1760. 8. Electra oder die gerächte Übelthat. Zürich 1760. 8. Polytimet, ein Trauerspiel. Zürich 1760. 8. (Eine Parodie auf Lessings Philotas, der Bodmern nicht tugendhaft genug erschien). Patroklus, ein Trauerspiel. Zürich. 1761. Drei neue Trauerspiele: Johanne Gray, Friedrich pon Tockenburg und Oedipus. Zürich 1761. u. a. 13. Neue theatralische Werke. Erst. Bd. Lindau am Bodensee 1768. 8. Hierin: der vierte Heinrich, Kaiser und Kato der Ältere oder Aufstand der römischen Frauen, zwei politische Dramen und Atreus und Thyest, ein Trauerspiel in fünf Acten von Weiße, jeho zum Besten der Logen und des Parterres characterisirt, humanisirt und dialogirt. (Eine Parodie). 14. Politische Schauspiele. Drei Bändchen. Lindau und Chur. 1768 und 1769. 8. Darin: Marcus Brutus, Tarquinius Superbus, Octavius Cäsar, Nero und Thrasea Pätus, die Tegeaten u.

a. m.

15. Noch eine Menge anderer Stücke erschienen, unter denen die beiden Parodieen auf Gerstenberg und Weiße: der Hungerthurm in Pisa. Chur und Lindau 1769. 8. und der neue Romeo, eine Tragis komödie. Frff. und Lpz. 1769. 8. zu nennen sind. Kein Kenner war auf Bodmers Seite, da nur Rachsucht ihn zu diesen Stücken trieb, aber auch alle von 11-15. genannten haben wenig Aufsehen erregt und find längst vergessen.

16. Altenglische Balladen. Fabel v. Laudine. Siegeslied der Fran

ken. Zürich und Winterthur 1780. 8. und Altenglische und alts schwäbische Balladen. Zweytes Bändchen. Zürich 1781. 8. Außer diesen und noch andern eignen Arbeiten hat sich Bodmer durch Herausgabe fremder, besonders alter Werke großes Verdienst erwors ben. Von den alten sind am bedeutendsten:

1. Chriemhilden Rache und die Klage, zwei Heldengedichte aus dem fchwäbifchen Zeitpuncte, famt Fragmenten aus dem Gedichte von den Nibelungen und aus dem Jofaphat. Dazu komt e. Gloffarium. Zürich 1757. 4. und 2. Sammlung von Minnefingern aus dem Schwäbischen Zeitpuncte 140 Dichter enthaltend, durch Ruedger Maneffen, weiland des Rathes der uralten Zürich. A. d. Hndfchft der Kön. Franz. Bibliothek herausg. Erft. und zweit. Th. Zürich 1758. 59. gr. 4.

Übersetzt hat Bodmer: Homers Werke; die Argonauten des Apolonius; Joh. Miltons Verlust des Paradieses. Zürich 1732. 4. (bis 1780 vier Aufl.); Samuel Buttlers Hudibras, ein satirisches Gedicht wider die Schwärmer und Independenten zur Zeit Karls I. Frff. und Lpz. 1737. 8. (Nur zwei Gesänge.) — und Alex. Popens Duncias, ein Heldengedicht u. s. f. Zürich 1747. S. Herausgegeben hat er endlich viele Werke anderer, z. B. des Freiherrn

von Canit Gedichte; Fabeln von M (eyer) von Kn (onau); Thyrfis und Damons (Pyra und Lange) freundschaftliche Lieder; Opit von Boberfeld Gedichte; Wernikens, Poet. Versuche in Überschriften u. a.

Beispiel 1.

Hofmannswaldau geschildert in dem: Charakter der Deutschen
Gedichte.

(Bodmers Gedichte in gereimten Versen. Zw. Aufl. Zürich 1754. S. 30.)
Ein zorniges Gestirn hat Waldau hergebracht,
Den schlesischen Marin, der frech und unbedacht
Von Opiß sicherm Gleis begunnen auszugleiten.
Er wandte sich von ihm, jedoch zur linken Seiten,
Begab sich unverwarnt auf einen dunkeln Weg,
Lief in der Irr herum, durch Dornbusch und Gehäg,
Nach einem falschen Schein. Er ward zuerst verleitet,
Hernach verführt er selbst. Sein Irrthum ward verbreitet,
Und stekte Deutschland an; wo bis auf diesen Tag
Der Schüler sich davon nicht leicht befreyen mag.
Ihm fehlt es an Verstand, den Geist geschickt zu lenken,
Und in die Fabel selbst der Wahrheit Schein zu senken,
In einem Gegenstand das feinste Licht zu sehn,
Das Mittelmässige mit Fleiß vorbey zu gehn.

Bey ihm bekam der Geist den Rang vor dem Verstande;
Daß er an Wahrheit statt ein Sinnenspiel erfande,
Und auf Wahrscheinliches, das seinen Schuz noch findt,
Umstände bauete, die ungeheuer sind.

Metaphern pflanzet er aus metaphorschen Worten;
Hier wird er ungereimt, und unerträglich dorten.
Hat er einst für ein Ding ein ähnlich Bild erdacht,
Und statt des rechten Worts ein fremdes angebracht,
Was denn für Sachen sich im Bilde nur eräugnen,
Die hält er sich befugt dem Urbild zuzueignen;

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