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Freylich hat man jetzt keine Erfahrung, daß Schweine von Teufeln in's Meer getrieben werden; aber wer sagt, daß sey vordem einmal geschehen, der sagt etwas weniger Unglaubliches, als wer sagt: Eine Heerde Schweine sey vordem von ein Paar Menschen ins Wasser gejagt worden.

Meiner Einsicht nach, verhält es sich mit mehrern neuen Schrifterklärungen so; sie sind viel unwahrscheinlicher, als die alten. Zumal wenn sie davon ausgehen: Es sey sonst nichts geschehen, das jetzt nicht mehr geschicht. Denn daraus ließe sich wohl beweisen: Es sey kein Luther, Melanchton und Erasmus gewesen.

Beispiel 4. (TH. II. S. 60.)

Elegie.

14. Auf meinen seligen Vater.

Noch meinen Schmerz durch Dichterkunft zu zeigen
Weyh' ich dies Lied, dir, liebster Vater, nicht:
Nichts drückt ihn aus, als ein betäubtes. Schweigen,
Das manchmal nur ein banges Ach! durchbricht:
'Und wenn man dich durch unerkauft Bedauern
Nah' und entfernt, bey deinem Abschied ehrt,
So braucht es nicht, daß eines Sohnes Trauern.
Erst deinen Ruhm der Welt verdächtig lehrt.

Nur wünsch' ich noch, weil ich dich muß entbehren,
Daß nie in mir dein lebhaft Bild vergeht:
Das kann mir noch ein Theil von dir gewähren,
Wenn es vor mir, der Tugend Antrieb, steht.
So hab' ich sonst, o Vater, dich zu kränken.
Nur deinen Schmerz, nie deinen Zorn gescheut:
So wirk' in mir dein rührend Angedenken,
Als würd' ich noch durch deine Huld erfreut.

Mehr hat als du mit Müh und scharfem Blicke
Für seinen Sohn kein Vater noch gewacht;
Noch hab ich nie aus Sorgfalt für mein Glücke
Den Wunsch um dich der Vorsicht dargebracht,
Du hießest mich, durch Beyspiel und durch Lehren.
Nur Dem vertraun, den Alles Vater nennt,
In dem wir noch den treusten Beystand ehren,
Wenn Aeltern fliehn, wenn uns kein Freund mehr kennt.

Nur deiner Huld ein dankbar Herz zu zeigen,
Durch meinen Werth den deinen zu erhöhn,

Und,

Und, würde mir ein mäßig Glück zu eigen
Dich, mehr als mich dadurch erfreut zu sehn,
Das wünscht' ich dir! das solltest du erleben!
Und Lebenssatt! wie dacht ich doch so klein!
Was für ein Wunsch! dir dieses Glück zu geben,
War das wohl werth im Himmel spät zu seyn?

Doch Er, dein Gott, an welchen stets zu denken
Du dich bestrebt, und deinen Sohn gelehrt,
Der stärke mich, dir eine Lust zu schenken,
Die Engel rührt und Ewigkeiten währt.
Du sollst mich sehn, am größten von den Tagen,
Wo sich vereint das Volk der Erden schaut,
Und sollst getrost zu unserm Richter sagen:
Hier bin ich, Herr! und den du mir vertraut.

Beispiel 5.

Aus den Betrachtungen über Gottsched's Charakter.
(Th. II. S. 165.)

In der deutschen Gesellschaft vorgelesen den 12. Sept. 1767.

Gottsched's Name ist in der neuen deutschen Litteratur einer der bekanntesten; bekannt mag nun berühmt oder berüchtigt heißen. Da ich diesen Gelehrten lange Zeit genau gekannt und selbst seinen Unterricht genossen habe, so wird man vielleicht einigen Betrachtungen, die ich über ihn anstellen will, eine kurze Aufmerksamkeit gönnen. Ich verspreche blos einzelne Betrachtungen, keine vollständige. Ausführung, weder seines Lobes noch seines Zadels.

Er selbst glaubte, und Andere mit ihm, er habe große Verdienste 'um den guten Geschmack in der deutschen Dichtkunst und Beredtsamkeit. Man kann sagen, daß Deutschland eine Zeitlang ihm diesen Ruhm ziemlich einstimmig gegeben hat, daß nach und nach die Meynungen über ihn find getheilt, und endlich beynahe auch ziemlich einstimmig das Gegentheil von ihm ist gesagt worden.

Diese Widersprüche lassen sich vereinigen. Gottsched machte sich zu einer Zeit bekannt, da Deutschlands Geschmack im höchsten Grade verderbt war. Der schwülstige Lohenstein, der Ziebeth- und Ambrareiche Hofmannswaldau, der politische Weise waren die Muster der deutschen schönen Geister, und wenn diese Muster bey ihren Fehlern auch noch ein und das andere Gute hatten, so wurden doch nur ihre Fehler nachgeahmt. Galante Leute redeten ein Deutsch, davon die Hälfte französisch war, oder doch seyn sollte, und die Gelehrten ja! die redeten damals Pischon Denkm. IV.

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noch Latein. Von so viel Wuste die deutsche Sprache, Beredtsamkeit und Dichtkunst zu reinigen, das war ja wohl eine Herkulische Arbeit! Wem dieser Ausdruck zu stolz vorkommt, dem kann ich versichern, daß mein Held noch zu einer andern Arbeit des Herkules, zu der dreyzehnten, stark war.

Durch Satiren, die uns jetzt zum Theil weniger belustigen, weil sie ganz vergessene Gegenstände betreffen, durch Schriften, die für ihre Zeiten keineswegs verwerflich sind, brachte Gottsched es dahin, daß die Deutschen wieder anfingen Deutsch und vernünftig zu schreiben. Ich möchte den unter unsern großen Genies und feinen Geistern sehen, der es in eben den Umständen sogleich viel weiter gebracht hätte. Denn, wie Horaz sagt:

Der Weisheit erster Grad ist frey von Thorheit seyn."

Die Thorheit erinnert mich an den Harlekin, oder wie es in unsrer deutschen Uebersetzung lautet, den Hans Wurst. Gottsched verbannte ihn von unsern Schauplätzen, und führte die französische Regelmäßigkeit ein. Darin allein bestehen Gottsched's Verdienste um das deutsche Theater, wie sehr richtig bemerkt wird. Nun kann man aber wohl erwarten, daß Derjenige, der dieses bemerkt hat, das deutsche Theater nach desselben jetziger Verfassung durch seine dramatischen Arbeiten um eben so viel verbessert, um so viel es Gottsched damals verbessert hat.

Von Denen, die Gottsched's Kritische Dichtkunst verächtlich nennen, ohne sie je gelesen zu haben, hätte einer wohl was Besfers zu der Zeit geschrieben, da Hübner's Poetisches Handbuch und Uhsens Wohl informirter Poet klassisch waren? da Neukirch, nachdem er lange als ein Dichter berühmt gewesen war, den man Opişen vorzog, mit Betrübniß ausrief:

Ach grausamer Horaz! was hat dich doch bewegt,

Daß du uns solche Last im Dichten aufgelegt?

Seit dem, daß ich dein Buch mit Nutz und Ernst gelesen,
Ist bei mir alle Lust zum Dichten hin gewesen.

Zu diesen Zeiten war es wirklich ein Beweis von nicht gemeiner Einsicht, und ein Verdienst, den Deutschen zu sagen, daß sie aus den Alten und aus den Franzosen was anders als die Sprache lernen könnten, und ein Buch, das aus diesen Vorgängern gänzlich gesammelt war, und Alles auf den Grundsatz brachte: Poesie sey Nachahmung der Natur, das kann schwerlich den Geschmack verderbt haben, sonst haben ihn auch Soraz und Boileau verderbt. Denn was in beyden zur Kritik der Dichtkunst gehörte, ist in dieses Buch völlig eingerückt.

Aber so vollkommen machte es den Geschmack vielleicht nicht, als er werden konnte. Dieses scheint der Fehler zu seyn, der das Meiste zu

Gottsched's Falle beygetragen hat. Er blieb bey den Einsichten stehen, die er sich in seinen jüngern Jahren erworben hatte. Um 1730, als die Kritische Dichtkunst zuerst herauskam, gaben ihm die Einsichten vielleicht einen Vorzug; allein diesen zu behalten, sollte er sie beständig erweitern, und selbst das nicht aus der Acht lassen, daß es in Künsten, die zum Putz der Gelehrsamkeit gehören, veränderliche Moden geben muß. Diese natürlichen Betrachtungen anzustellen war er so weit entfernt, daß er nicht einmal begreifen konnte, wie seiner Schüler Arbeiten jetzt beffer als die seinigen gefielen, da er doch zwanzig Jahre vor seinen Schülern mit allgemeinem Beyfall geschrieben hatte. Er hatte doch im Hagedorn Cgelesen:

Ein freyes Weib von zwanzig Inhren
Spricht zwar von Vielem unerfahren,
Doch was sie sagt, gefällt:

Gebt ihr noch zwanzig Jahre drüber,
So hört man ihre Tochter lieber,

Das ist der Lauf der Welt.

Diese Nachlässigkeit und Unbiegsamkeit begehre ich nicht zu vertheidigen. Vielleicht ist sie aber auch durch die Art, wie man mit ihm verfahren hat, oft vergrößert worden. Er dachte ohne Zweifel zu vortheilhaft von sich, aber seine Gegner dachten auch viel zu schlecht von ihm; und wenn man es unpartheiisch beurtheilen will, so war er nur heftig, und sie vielmals grob und ungerecht. Zwischen ihm und seinen ersten Bestreitern, den Zürichern, ward offenbar, aus Seckendorf's Lucan zu reden, der Bund um's Reich getrennt. Bodmer wäre gar zu gern Cäsar gewesen, wenn sich die Deutschen so leicht einen Dictator aufdringen ließen, als die Römer. Dieser Krieg, den einige Historici ganz unrichtig als einen helvetischen Krieg beschreiben, da doch der Canton Bern in der Streitig, keit viel billiger gedacht hat, und die katholischen Eidgenossen gar nicht daran gedacht haben; dieser Krieg, sage ich, entbrannte am heftigsten zu den Zeiten der Beluftigungen. Ich habe in dieser Monatsschrift sehr viele Aufsätze einrücken lassen, die Gottsche den höchst mißfällig waren. Ich billige nebst vielen Mitarbeitern die Beyträge dazu gar nicht, in denen über die Züricher gelacht ward, aber bey diesen Gesinnungen konnte ich doch nichts anders sehen, als daß man über sie nur lachte (gerecht oder ungerecht, davon entscheide ich jetzt nichts) und sie dagegen schimpften. In dieser Monatsschrift haben sich Gellert, Rabener, Gärtner, Ebert, Zachariä, die Schlegel, Gieseke, Spalding, Cramer, Schmidt so gewiesen, daß Deutschlands Beyfall sie ermunterte, das zu werden, was sie nachgehends geworden sind. Diese Alle nun, und mehre, nicht sogar verächtliche Schriftsteller, die ein frühzeitiger Tod, oder andere = Geschäfte dem deutschen Wige entrissen haben, wie z. E. Pitschel,

Zernih, Mylius, Hommel, Straube, waren nichts weniger, als Gottschedianer; aber weil sie eine periodische Schrift unterstüßten, die den Zürichern verhaßt war, hießen sie so inter ceteros: Belustiger. Wenn in den Kritischen Beyträgen von Gottsched oder seinen Gehülfen ein elender Schriftsteller verurtheilt ward, so fand er seine sichere Zuflucht in Zürich. An einem Beyspiel hiervon habe ich selbst Theil gehabt. Ein wißiger Kopf in Dresden hatte aus Neukirch's Telemach eine Tragödie gemacht, und, dieses auszuführen, Neukirch's Verse mit feinen eigenen untermengt, die noch viel! viel! schlechter waren. Ich züch tigte ihn dafür in den kritischen Beyträgen. Der ehrliche Mann forschte nicht nach der Hand, von der die Schrift kam, er hätte es sonst leicht erfahren. Denn ich habe es allemal für niederträchtig gehalten, etwas zu schreiben, dazu ich mich nicht bekennen wollte. Statt dessen schickte er eine Schmähschrift auf Gottsched nach Zürich, und sie ward da mit Beyfall bekannt gemacht. Die Züricher richteten sich in allen solchen Fällen nach den Rechtsgutachten jenes römischen Jüristen, der gefragt ward: an nux pinea pomum sit? Er verstand die Absicht und sagte: si in vatinium ieceris. (?)

So viel wird wohl genug seyn, Jemanden vorsichtig zu machen, der Gottsched's Verdienste lediglich aus dem, was die Züricher von ihm gesagt haben, beurtheilen wollte. Jeht sehen die beyderseitigen Streitschriften in den Bücherfälen ruhig beysammen voll Staub.

6. Johann Friedrich Freiherr von Cronegt. 1731-1758.

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Johann Friedrich, Freiherr von Cronegk war am 2. September 1731 zu Anspach geboren. Sein Vater war der General Feldmarschall Lieutenant des Fränkischen Kreises Friedrich Johann Carl von Cronegk. Die Cronegf waren von altem Steyermärkischen Adel, schon 1400 Bas rone und lange Zeit Erbtruchsesse des Hauses Östreich. Der Zweig, aus welchem der Dichter stammt, war der Religion wegen nach dem Anspachschen gegangen. Cronegk wurde als einziges Kind seiner Ältern sehr sorgfältig erzogen und vornehmlich von seiner Mutter, einer Freiinn von Crailsheim, an Herz und Gemüth gebildet. Sein glückliches Gedächtniss und seine leichte Fassungskraft unterstüßten ihn bei Erwerbung gründlichen Wissens. Er lernte die lateinische, französische, englische, italienische und spanische Sprache, redete sie alle und sammelte sich Kenntnisse aus den besten Schriftstellern Roms und der meisten europäischen Völker, so daß er schon vor seinen Universitätsjahren zu den gelehrtesten Jünglingen zu zählen war. Er bezog 1749 die Universität Halle und 1750 die zu Leipzig, wo auch Gellert sein Lehrer war. Die Kochsche Schauspielergesellschaft lenkte durch ihre Darstellungen seinen Sinn auf die dramatische

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