denthum auch angefangen habe zu verfolgen; aber n'en croyez rien; Nero und Domitian waren die liebenswürdigsten Monarchen. Es sen darum, Tacitus mag ein Lügner seyn. Die Heiden verfolgten sich wenigstens unter einander nicht, und wenn sie die Christen verfolgten, so war der letztern Fanaticismus schuld daran; warum blieben sie nicht bey der ruhigen Berehrung eines Jupiters, warum wollten sie keinem Nero opfern? Sie störten die allgemeine Nuhe; ihre Lehre führte zum Menschenhasse. Ein Gott, der alle Handlungen der Menschen sieht, der alle Neigungen und Begierden der Menschen einschränkt, der alle Sünden der Menschen strafen, noch in einem zukünftigen Leben strafen wird; — ein Erlöser, der die Buße, die Verläugnung aller Sünden zur einzigen Bedingung der Gnade, und die Unmäßigkeit, wie die Ungerechtigkeit, zur Sünde macht; ein jüngstes Gericht; — eine Ewigkeit: Dieß ist das odium generis humani, wogegen sich mit Recht alle Philosophie empöret. Weg mit diesen fanatischen Lehren, weg mit dem Kreuze! Einen Jupiter, eine Venus an dessen Stelle in den Tempeln wieder aufgestellet, die alten vergnügten Opfermaale statt des dürftigen schwermüthigen Gedächtnißmaales des Kreuzes wieder eingeführet; so ist die Welt auf einmal ruhig, und hat von allen den blutigen Unruhen nichts mehr zu fürchten. Aber wenn der Fanaticismus des Christenthums die unglückliche Quelle der für die Sicherheit und Ruhe der Welt so gefährlichen Zerrüttungen ist, warum sind denn die chriftlichen Staaten doch so viel wenigern Revolutionen unterworfen? Warum sind die Rechte der Menschheit hier am meisten geschüßt; warum find die Personen der Regenten so heilig und in der entlegensien Hütte ihres dürftigsten Unterthans so sicher, als unter ihren Leibwachen; warum brauchen sie zu ihrer Sicherheit keine Gegengifte mehr bey sich zu tragen? Wir haben in der chriftlichen Geschichte einen Kaiser, den der Fanaticismus vergiftet haben soll, zween Könige, die ihr Leben dadurch verloren, zween, die in der Gefahr es zu verlieren gewesen find; man vergleiche die Sy rische, die Griechische, die Nömische Geschichte hiergegen. Und warum find alle Gesetze in dem Christenthume so milde; warum ist die unumschränkte Herrschaft so wenig despotisch; woher hat das Menschenblut einen so hohen Werth? Den schönen Geistern und dem verfeinerten Geschmacke hat die Menschheit dies nicht zu verdanken. Wie in Athen und Rom die schönen Künfte am blühendsten waren, da galt just die Menschheit am wenigsten. Und wenn denn nun endlich die Philosophie so glücklich würde, daß sie ihr großes Werk ausführen, und diesen Fanaticismus in feiner er ften Quelle gänzlich vertilgen könnte; wird nun die Welt für ihre Ruhe nichts mehr zu fürchten haben? Waren die Heerszüge Alexanders auch Kreuzzüge; waren die Rotten von Marius und Sykla, waren Cäsar und feine Legionen auch Fanatiker! und sind die Kriege, welche die Welt nachher zerstört haben, lauter Religionskriege? Und wenn denn die Intoleranz das einzige große Unglück ist, das die Menschheit treffen kann, sollte denn dieser der menschlichen Schwachheit so nahe Fanaticismus die Philosophen nicht einmal anwandeln, daß sie auch intolerant würden? Die Philo sophen intolerant? Der Philosoph ist der ruhige sanftmüthige Menschenfreund, der nie schaden kann, der niemals beleidigt, sich nie entrüstet, nie aus seinem Gleichgewichte kömmt. Die Philosophen verfolgen nicht. Ihr Frerons, ihr Jean Jaquen, antwortet ihr. Alle Verfolgung kömmt aus einem gekränkten Interesse. Sollte denn der Unglaube nicht auch verfolgen können? Ich berufe mich auf den Herrn von Voltaire, der es ausdrücklich eingesteht. Und warum sollte er nicht auch verfolgen? Sollte der Unglaube kein Interesse haben, das durch den Glauben an einen vergeltenden GOtt, an einen Heiland und Richter der Welt gekränkt würde; sollte ihm seine ewige Vernichtung nicht eben so wichtig, als dem Christen sein Himmel und Hölle, seyn können? - Die Philofophen verfolgen nicht. — Es ist wahr, sie haben noch kein Blut vergossen, noch keinen Scheiterhaufen aufgerichtet; Dank sey es den wahren Philosophen und Menschenfreunden auf den Thronen, die ihnen die Waffen dazu nicht herleihen. - Die Philosophen verfolgen nicht. — Nein, sagt Rousseau, ihr tödtet die Menschen nicht, ihr verhindert durch eure Philosophie nur ihre Existenz. Die Philosophen verfolgen nicht; sie lassen einen jeden ruhig bey seiner Freyheit zu denken. Unter dem Scheine des Scepticismus sprechen sie bloß mit einem entscheidenden Tone, als der intoleranteste Aberglaube nur immer annehmen mag; und ein jeder will nur sein System, mit der Versicherung, daß er allein die rechte Philosophie besite, der Welt zum einzi gen Glaubensbekenntniß aufbringen. Sie verdammen nicht. Sie erklären nur alle diejenigen, denen ihr Glaube an einen GOtt und Heiland wichtig ist, für Enthusiasten, für Fanatiker, die früh oder spät dem -Staate gefährlich werden. Der Philosoph schadet nie, er ist der Für sprecher der Menschheit. Ja, er sucht nur alles, was der Menschheit je heilig gewesen ist, durch seine verfälschten Vorstellungen verächtlich und lächerlich zu machen; der Menschenfreund! er sucht dem Elenden in seinem. Unglücke nur seinen ganzen Trost, den Leidenschaften der Menschen nur alle Zügel, dem Bösewicht nur die Warnungen seines Gewissens, und der Tugend nur ihre ganze Hoffnung und Stüße zu nehmen. Und wann ist je der Aberglaube so unsinnig fanatisch gewesen, als der heutige Deismus? Wann hat jener je eine so ausschweifende Proselytensucht bewiesen? Wann hat der Aberglaube je die Welt mit so vielen unsinnigen, widersprechenden, rasenden Schriften überschwemmt? Wann hat er die Welt mit so vielen 1. Freron, Elic Catherine, starb 1776. Bekannter Kritiker, welcher von Voltaire und seinem Anhang hart verfolgt wurde, weil er ein Luftspiel Voltaire's heftig durchgenommen hatte. Verfälschungen, Dictionairen, Geschichten, Versen und Pasquillen gegen die ihm nicht zugethauen Secten einzunehmen und zu hintergehen gesucht? Es ist wahr, er hat bisher noch keine Sybillinische Orakel erdichtet, er erdichtet nur Anecdoten aus der alten Geschichte, und verfälscht die wahre. Und zu was Ende alle diese fanatischeu Bemühungen? Dem Aberglauben sind sie wenigstens natürlich; denn er hofft und fürchtet viel. Sein Profelyten-Eifer ist eine vielleicht nicht immer recht angewandte, aber sehr verzeihliche Menschenliebe. Allein wie widersinnig, wie lächerlich ist diese Proselytensucht des Unglaubens, der seinen Proselyten, die zu ihm kommen, alles nimmt! Ist es patriotische Liebe für die öffentliche Ruhe?* Nur dieß einzige noch. Wenn denn der Enthusiasmus und die Phis losophie der Grund von der Unruhe und Ruhe der Welt im Ganzen und einzeln sind; wer sollen denn hierüber die Richter seyn? Ohne Widerspruch wiederum die Philosophen. O lieber die alte Inquisition behalten, als dieß neue Tribunal! 4. Johann Joachim Spalding. 1714-1804. Johann Joachim Spalding war am 1. November 1714 zu Tribsees in Schwedisch-Vorpommern geboren, wo sein Vater damals Nector der Schule, später Prediger war. Zuerst vom Vater, dann von dessen Nachfolger treulich, besonders in den Grundsprachen der heiligen Schrift und im Christenthum selbst unterrichtet, kam er mit seinem älteren Bruder im 15ten Lebensjahre auf die Schule zu Stralsund, wo indessen die Unterweisung nicht so fruchtbringend war, wie man wünschen konnte. Beide Brüder bezogen 1731 die Universität Rostock und studirten sehr mangelhaft die theologischen Wissenschaften. Im Jahre 1734 erhielt Spalding eine Stelle als Informator in Greifswalde und konnte hier noch auf fruchtbarere Weise fortstudiren, wobei ihm der Professor Schwarz und der Magister Ahlwardt behülflich waren. In den Jahren 1735 - 1742 unterstützte er theils seinen Vater in seinem Predigtamte, theils war er Hauslehrer und beschäfftigte sich daneben mit Metaphysik, theologischer Literatur und englischer Sprache, wollte auch Shaftesbury's Sittenlehre übersehen. Im Jahre 1742 übernahm er die Führung eines jungen schwedischen Edelmanns von Wolfradt und lernte im Hause seiner Eltern den später in den Gang seines Lebens bedeutend eingreifenden Herrn v. Bohlen, nachmaligen Grafen, kennen. Als er seinen Zögling 1745 1. Nachdem er noch gezeigt, wie z. B. Voltaire selbst sage, daß die Welt für ihre Ruhe eben so wenig vom Aberglauben als vom Unglauben zu fürchten habe; schließt er. " zur Universität Halle begleitete, lernte er in Berlin den schwedischen Ge sandten Herrn von Rudenskiold kennen und erhielt nach einiger Zeit von ihm den Antrag, einstweilen bei ihm die Stelle eines Secretairs zu übernehmen. So traf er gegen Ende 1745 in Berlin ein, erneuerte hier die Bekanntschaft des Hofpredigers Sack und schloss mit Gleim einen Freundschaftsbund, lernte auch durch ihn Kleist kennen und lebte sehr angenehm, würde auch leicht eine Anstellung gefunden haben, wenn er dem Predigtamte hätte wollen untreu werden. Seit dem Frühlinge 1747 lebte er wieder bei seinem Vater, schrieb: Gedanken über die Bestim mung des Menschen", welche 1748 erschienen und wurde 1749 als Pastor nach Lassahn in Schwedisch - Pommern berufen. Hier verheirathete er sich mit der 16jährigen Tochter des Pastors an der Marienkirche in Stralsund Dr. Gebhardi. Im Jahre 1757 wurde er als erster Prediger und Präpositus der dortigen Synode nach Barth berufen und trennte sich schwer von seiner lieben Gemeine. Sehr glücklich war sein Leben in Barth, wo er sein Werk: „über den Werth der Gefühle im Christenthum", ausarbeitete, bis ihn im Friedensjahre 1762 die geliebte Gattinn durch den Tod entrissen wurde. Die trübe Trauerzeit wurde ihm durch den Besuch von drei jungen Männern, Joh. Kaspar Lavater, Heinrich Füßly und Felix Heß aus Zürich, welche nach Sulzers Vorschlage mehrere Monate in Barth zubrachten, angenehm und lehrreich erheitert. Im Jahre 1764 verheirathete er sich wieder mit der trefflich gebildeten Tochter des Rittmeisters von Sodenstern, Maria Dorothea, und folgte dann dem Rufe zum Königl. Preuß. Oberconsistorialrathe, Propste und erstem Prediger an der Nikolaikirche in Berlin. In dieser Stelle ist er nun lange segensreich thätig gewesen und hat für Kirchen, Universitäten und Schulen aufs ersprießlichste gewürkt. So trug er zur Vereinigung der beiden Gymnasïen von Berlin und Cölln und zur Berufung des Dr. Büsching, als gemeinsamen Directors dieser Anstalten, bei und veranlasste die Einrichtung von Vorlesungen über theologische Encyclopädie und über Wahrheit der Religion auf den Universitäten. Im Jahr 1768 kam Dr. Teller aus Helmstädt als Oberconsistorialrath und Propst in Cöln nach Berlin und trat mit Spalding in das freundschaftlichste Verhältnifs. Im folgenden Jahre 1769 wurde auch Spaldings Rath in der Ehescheis dungssache des Prinzen von Preußen gefordert. Auf einer Reise nach Magdeburg mit Sack und Sulzer zur Untersuchung des Pädagogiums in Kloster Bergen (unter dem Abt Hähne) lernte er dort den Abt Jerusa. lem und Hofrath Ebert aus Braunschweig und Dr. Semler aus Halle kennen und der jüngere Sack (nachheriger Bischof) wurde sein Schwiegersohn. Im Jahre 1772 gab er, nachdem er von der Landsuperinten dentur seiner Diöcese befreit war, seine Schrift: über die Nußbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung heraus, welche vom Sup. Demter in Jena sehr ausführlich und von Herder in seinen : „An Prediger; Funfzehn Provinzialblätter", sehr bitter recensirt wurde. Im Jahr 1774 hatte Spalding viel an Schwindel und Ohnmachten zu leiden, noch schmerzlicher aber war der Verluft seiner zweiten geliebten Gattinn gegen Ende des Jahres. Im folgenden Jahre heirathete er die Freundinn seiner verstorbenen Frau, Mar. Charlotte Lieberkühn, welche ihm bis an sein Ende eine liebende Gefährtinn und seinen Kindern die treuste Mutter gewesen ist. Außer der Freude, seinen Schwiegersohn Sack 1777 nach Berlin verseht zu sehen und einigen angenehmen Reisen nach Braunschweig, Schwedisch-Pommern und Pyrmont fiel nichts Bedeutendes bis zum Jahre 1781 vor, als dass Spalding Mitarbeiter an dem, vornehmlich von Dietrich besorgten, neuen berlinischen Gesangbuch gewesen war. 1784 schrieb er die vertrauten Briefe, die Religion betreffend," welche bis 1788 drei Auflagen erlebten. - Der lange schon gefasste Vorsatz Spaldings, seine Ämter niederzulegen, wurde durch sein Verhältniss in der neuen Regierung Friedrich Wilhelms II. zu dem Minister Wöllner und durch das am 9. Juli 1788 erschienene Religionsedict noch mehr bestärkt und er erlangte es, daß der 2te Prediger an Marien, Zöllner, vom 25. Septbr. 1788 an, wo Spalding seine Abschiedspredigt hielt, an seine Stelle trat. Gegen das Religionsedict remonstrirte er mit den Räthen Teller, Dietrich und Sack vergebens, doch wurde das Edict selbst nicht mit Strenge aufrecht erhalten. Spalding lebte nun in seiner Muße und Zurückgezogenheit, ihm selbst unerwartet, noch 16 Jahre, sah viele seiner Freunde und Geliebten vor sich ins Grab sinken, bestand selbst noch im hohen Alter eine schwere Krankheit und starb am 23. Mai 1804, wie er sagt „als ein ohnmächtiger aber für unzählige Wohlthaten Gottes dankbarer Greis.“ Spalding war ein Geistlicher im ganzen Sinne des Worts, von edlem Character und zartem Gefühl, als Schriftsteller einfach, klar und nicht ohne Gefühl und Lebendigkeit, aber ohne alles Phantasiereiche und Ges schmückte, auf gleiche Weise zu Verstand und Herzen redend. — Zu seinen Werken gehören: 1. Die Bestimmung des Menschen, nebst einigen Zugaben. Neue verm. Aufl. Lpz. 1794. 8. (Sie erschien zuerst unt. d. Tit.: Betrachtung üb. d. Bestimmung des Menschen. Greifsw. u. Strals. 1748. 4. In den „Gedanken üb. d. Betrachtung u. f. f.“ von Götze, dem nachherigen Hauptpastor in Hamburg, war sie ganz abgedruckt. Halle 1748. Eine dritte Aufl. Berl. 1749. Die siebente 1763. Die zehnte 1768 u. s. f. Übersetzungen ins Franz. sind v. Formen, Pfeffel und der Königinn Elis sabeth v. Preußen, auch mehrere ins Holländische.) 2. Gedanken über den Werth der Gefühle im Christens thum. |