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die Gedanken dazu, die er vorfand, mit so scharfem Blicke gefaßt, so meisterhaft ausgebildet, erweitert, vollendet? Ehe noch die Erfahrung spricht, läßt uns schon die Vernunft errathen: daß so ein System nur Werk eines einzigen Geistes seyn konnte; und wer war er, dieser kühne, genievolle, allumfassende Geist? Eben der, der für seinen großen Entwurf auch die Mittel, ihn wirklich zu machen, fand; dessen Anschläge sein Neich von eis nem nur mittlern Ansehen zu einem Grade der Macht und des Einflusses erhoben, daß einst halb Europa - wer entscheidet, ob vor Furcht oder vor Eifersucht? fich die Hände bot, es zu zertrümmern und zu zerreißen. Eben der, der ein Leben auf dem Throne hindurch, von sichrer Klugheit geleitet, nie einen Schritt zurückwich, immer sich vorwärts Bahn brach; der auch da, als ihn seine Feinde schon im Geiste vernichtet sahn, und ohne Furcht der Beschämung, laut vor der Welt, von seinem Falle und ihrem Triumphe sprachen; da, als seine Freunde und neidlosen Bewuns derer denn Bewunderer waren sie alle! für ihn zitterten und kaum mehr zu hoffen wagten; auch da noch, geliebt von der Vorschung, Wege zur Rettung, zur Wiederherstellung, zur Vergrößrung entdeckte: Er allein war's, der König! Wenn einst sein Geschichtschreiber die Absichten der Eins richtungen, die Entwürfe der Thaten, wenn er den Geist sucht, der überall vorwaltete, und in jeder auch der mißlichsten Lage Auswege und Hülfs: mittel fand; durch und durch wird er auf ihn, den Monarchen, treffen. Aus seiner Seele nahmen die Feldherrn, aus seiner Seele die Verweser des Staats, ihre Entwürfe; und all ihr Ehrgeiz, den sie kannten, war der: zu seiner Billigung auszuführen; was zu ihrer Bewundrung von ihm gedacht war; all ihr Stolz: daß ein Geist von seiner Größe und seiner Tiefe der Einsicht eben sie zu Werkzeugen und zu Mitgehülfen erkor.

Doch was red' ich nur immer von Weisheit, Absicht, Anschlägen, Entwürfen? Als ob sich nicht in diesem wunderbaren Könige, mit dem Geist und den Einsichten des Feldherrn, des Staatsmanns, des Gesetzgebers, zugleich alle Gaben und Fertigkeiten zur Ausführung verbänden! oder als ob seine weitgreifende, unermüdbare Thätigkeit irgend einen An laß, diese Talente schimmern zu lassen, versäumt, irgend eine der Arbeiten, die ihm selbst zu verrichten möglich war, Andern übertragen hätte! War Er's nicht selbst, der mit aller Überredungsgabe, Feinheit, Geistesgeschmeidigkeit eines Staatsmanns, jeden Großen, den er wollte, zum Freunde gewann? der seine Staatsverbindungen errichtete? seine Verträge und Bündnisse schloß? War's nicht sein eigenes Licht, das die Nation aufklärte und Vorurtheile jeder Art in ihrer Blöße beschämte? War's nicht sein eigener Muth, der sein unüberwindliches Heer befeuerte? seine eigene Kriegskunst, die aller Orten den zweimal, dreimal stärkern Feind vor sich hertrich? Und in jenem schwarzen schrecklichen Zeitpunct, da Alles mit einer Wuth auf ihn einbrach, daß römischer Muth hätte zagen und römische Stand

haftigkeit wanken können: war's nicht seine eigne Entschlossenheit, Tapferkeit, Geistesgegenwart, unerschütterte Festigkeit, die das Reich vor dem Untergange oder was sag' ich, nur vor dem Untergange? vor der mindesten Einbuße einer Hütte, oder einer Erdscholle an den äußersten Gränzen, rettete? War's nicht seine eigene haushälterische Kunst, womit er so schnell jede Spur des Verderbens vertilgte? die Trümmer wieder zu Mauern, die Aschenhaufen zu Städten, erbauete? das Heer verstärkte? die Zeughäuser anfüllte? die Schatzkammer erweiterte und Millionen auf Millionen häufte?

Zweites Bruchstück. (Th. III. S. 33.)

Wo der König als Feldherr erscheint, da verführt das ungewöhnliche Feuer seiner Operationen zu einem andern' Irrthum. Diese anscheinende Hiße, womit er so schnell jeden kommenden Frühling aufbrach; diese ungeduldige Eile, womit er oft schon ein Heer geschlagen hatte und vor den Hauptstädten der Provinzen lag, wenn sie ihn kaum über den Gränzen glaubten; diese reißende Gewalt, womit er in einem einzigen Feldzuge die feindliche Macht, wie der Sturmwind die Wolken, ver sich aufrollte, von ihren Bergen, aus ihren Verschanzungen stürmte, in die Hauptstadt zusammenpreßte, belagerte; über Felsen und Ströme unter tausend Gefahren einen andern Feind suchte, ihn sah, und in alle Winde zerstreute; durch neue Provinzen einer noch stolzern siegreichen Macht entgegenging, sie angriff, vernichtete, Alles was das Schwert nicht fraß, in den Schnee der Gebirge jagte, und nicht cher, als nach Eroberung einer Hauptstadt und eines ganzen feindlichen Heeres, ruhte: diese erstaunenswürdige Hiße, Eile Gewalt: was läßt sie anders, als den entschiedensten Charakter eines Kriegers, mit aller ihm eigenen Rauhigkeit, Wildheit, Härte, vermuthen? Wahrlich, kein Alexander Griechenlands oder Nordens, wie sehr seine Leidenschaft Krieg und Geräusch der Waffen seine Wollust war, ist je mit so ungestümem Feuer von Schlacht zu Schlacht, von Siege zu Siege geeilt, als dieser so gefürchtete, schreckliche, — friedliebende Weise, der, weil er Alles ist was er will, auch das in der Vollkommenheit war, was er nur aus Nothwendigkeit wollte; das, was mit den natürlichen Neigungen feines Herzens vielleicht am meisten streitet: ein Feldherr. Denn betrachte man ihn, wo er völlig sich selbst gelassen handelt, in seiner Familienliebe und Freundschaft, in seinen Vergnügungen, in den Arbeiten seiner müßi gen Augenblicke: wo ist da Spur oder Verdacht eines wilden, kriegrischen

1. Es war vorher gesagt, daß man bei dem Anschaun der Thätigkeit des Königs in den Zrethum verfalle, ihm Leidenschaft zuzuschreiben; sehe man auf seine Sparsamkeit, rathe man auf Begierde nach Schäßen; dann aber trete uns seine Freigebigkeit entgegen.

Geistes? Blickt nicht vielmehr überall ein sanfter, zärtlicher, oft bis zum Weichen zärtlicher Charakter hervor? Jene Entfernung von allen geräuschvollen lärmenden Ergöhungen, wie die der Jagd find; jene Sprache, die er nicht bloß als Sprache der Höfe aus Gewohnheit, die er aus Wohlgefallen, aus Liebe, spricht, und ihr so gerne, für Feinheit und Geschlif fenheit, ein wenig Schwäche vergiebt; jener entschiedene Geschmack für die jenige unter allen Künften, die am meisten zum Herzen redet; jenes Instrument, auf welchem er Meister und im Ausdruck des Zärtlichen groß ward, das weichste und sanfteste unter allen; jener Tonkünstler, dem er, wegen der Anmuth des Sazes und der Lieblichkeit des Gesanges, vor allen den Preis gab: wie sehr verkündigt das Alles natürliche Milde, Empfindsamkeit, Sanftmuth! Sollen wir ihn mehr bedauern, oder mehr ihm Glück wünschen, daß ihn die Vorsehung auf einen Thron rief, dessen wichtigste Pflichten ihm so wahrscheinlich eine stete Verleugnung kosteten? Bedauern werden wir ihn mit der ersten Empfindung; aber Glück werden wir ihm nach der Überlegung wünschen: daß eine so völlige Selbstbeherrschung, eine so wunderthätige Kraft des Entschlusses, die höchste Ehre der Menschheit, und sie fühlen und üben, die edelste aller Wollüste ist.

Nicht so glänzend, wie der Held im Feldlager und an der Spiße des Heers, aber in der That noch bewunderswürdiger ist der stille ruhige Ars beiter im Frieden. Zu Schlachten und Stürmen rief ihn mit zu lauter Stimme das Wohl des Vaterlandes und die Ehre des Throns, und einmal beschlossen konnten Thaten von solcher Wichtigkeit einen so großen Geist nicht anders als anziehn; aber jede Klage und jede Bitte hören, auf jede unbedeutende Frage antworten, jede oft zudring!iche Aufmerksamkeit auch des mindesten Unterthanen erwiedern, und nie von dem einmal ge: machten Gesetze sich lossprechen, nie diese so oft verächtlich scheinenden, über ihre Geringfügigkeit mühsamen und ihre Einerleiheit peinlichen Arbeiten bis zum kommenden Tage aussetzen: welche Mannheit, welche Stärke des Entschlusses kündigt das an! Welche Anhänglichkeit an die Pflicht, auch da, wo sie mit den großen Zwecken des Monarchen nur durch so einzelne, feine, in dem Gewirre aller so leicht sich verlierende Fäden verknüpft ist! Und kennte noch dieser Monarch nicht Arbeiten von ganz andrer Natur! Aber so geliebt, geschmeichelt, begünstiget von den Musen, sich ihnen ents winden, ihren so mächtigen, durch Unschuld selbst so verführerischen, immer schönern ́und immer gefährlichern Neizen widersichen, um freiwillig auch die kleinsten reizlosesten Pflichten zu erfüllen, und in dieser Denkungsart ein Leben hindurch beharren: wahrlich! das beweist einen Adel und eine Größe, die, wenn sie nicht eben so sehr die Einbildungskraft füllt, wenigstens in den Augen der Vernunft erhabner, als selbst die kühnfte Entschlossenheit in Gefahr, ist.

6. Johann August Eberhard.

Johann August Eberhard war am 31. August 1739 zu Hal berstadt geboren, studirte in den Jahren 1756 bis 1759 in Halle Theologie, wurde dann Hauslehrer beim Freiherrn von der Horst, dann Conrector und zweiter Prediger an der Hospitalkirche in seiner Vaterstadt. Er legte indess bald seine Ämter nieder und ging nach Berlin, wo er den Wissenschaften lebte und mit Nikolai und Mendelssohn in freundschaftliche Verbindung trat. Um sich Aussichten für die Zukunft zu eröffnen trat er zum geistlichen Stande zurück und wurde Prediger am Arbeitshause in Berlin, eine Stelle, welche ihm noch Zeit zu wissenschaftlichen Arbeiten vergönnte. Hier schrieb er, der den eclektischen Philosophen sich zuneigte und der Wolfschen Schule noch nahe stand, die mit großem Beifall auf genommene: Neue Apologie des Sokrates oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden. Berlin 1772. 2 Bd. 8. Doch wurde er dadurch auch vielen, vornehmlich den Theologen anstößig, und nur auf Friedrichs II. ausdrücklichen Befehl konnte er die Stelle als Prediger in Charlottenburg im Jahre 1774 erlangen. Er schriek hier feine: allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, Berlin 1776, welche ihm die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften in Berlin verschaffte, und wurde 1778 zum Professor der Philosophie nach Halle berufen. Hier hat er die übrige Zeit seines Lebens zugebracht und sich sowohl als Docent als vornehmlich durch seine synonymischen und ästhetischen Werke als Schriftsteller verdient gemacht. Vergebens fuchte er die speculative Philosophie Kant's und Fichte's zu bekämpfen. Er wurde 1805 zum Geheimerath und 1808 zum Doctor der Theologie ernannt und starb am 6. Januar 1809.

Eberhard ist ein klarer und scharfsinniger Denker und zugleich ein angenehmer und unterhaltender Schriftsteller, welcher auch rein wissenschaftliche Gegenstände einfach, verständlich und anzichend zu behandeln weiß und als Stilistiker ausgezeichnet ist.

Zu seinen Schriften gehören:

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1. Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden, von J. A. Eberhard, Prediger in Charlottenb. Neue Aufl. Berl. Stettin. Erp. Bd. 1776. Zw. Bd. 1778. 8. (Ersie Ausg. 1772. Dritte 1788.) Die Veranlassung zu dieser Schrift war die Beurtheilung des „Belifar von Marmontel“ durch den Prediger Hoffiede in Rotterdam. Eberhard vertheidigt Marmontel und vindicirt den Heiden die Seligkeit. Es ist nur zu unbestimmt gelafsen, was Seligkeit sei.

2. Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, e. Abhandl., welche den von der Kön. Akademie der Wissensch. in Berlin

auf d. Jahr 1776 ausgesetzten Preis erhalten hat, von J. A. Eberhard, Pred. in Charlottenb. Brl. 1776. 8. N. A. 1786. 8.

3. Von dem Begriffe der Philosophie und ihren Theilen. Zur Ankündigung seiner Vorlesungen in Halle. Berl. 1778.

4. Amyntor, e. Geschichte in Briefen, herausg. von J A. Eberhard. Brl. 1782. 8. Ein philosophischer Roman, worin ein Atheist zu einem lebendigen Verehrer Gottes durch philosophische Beweise umgewan delt und mit einem edeln und tugendhaften Mädchen, mit welcher er mo ralische Briefe gewechselt, vermählt wird.

5. Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, zum Gebrauche seiner Vorlesungen von J. A. Eberhard. Halle. 8. 1783, verb. 1786, verb. 1790.

6. Vermischte Schriften. Erst. Th. Halle 1784. 8. und Neue vermischte Schriften. Halle 1788. 8. (Enthalten einzelne Auffäße über Philosophie, z. B. von der Astronomie des Thales und der Pythagoräer, Briefe über den moralischen Sinn u. f. f.)

7. Allgemeine Geschichte der Philosophie. Halle 1788. 8. Zw. verb. mit e. Fortsetzung bis auf die gegenwärtige Zeiten u. chronolog. Tabellen verm. Ausg. Halle 1796. 8.

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8. Joh. Aug. Eberhard's c Versuch einer allgem. deutschen Synonymik in einem kritisch philosophischen Wörterbuche der finnverwandten Wörter der hochdeutschen Mundart. Erst. Th. A— C. Nebst e. Versuch einer Theorie der Synonymik Zw. D. E. Dritt. Th. F. G. Viert. Th. H-K. — Fünft. Th. L—R. — Sechster Th. S-Z. Nebst vollst. Register. Halle u. Lpz. 1795-1802. gr. 8. — Das Hauptwerk Eberhards. Nach f. Tode von Maaß und Gruber fortgesetzt und erweitert von Maaß 12 Bde. 1818-1821. v. Gruber 6 Bde. 1826-1830.) Ein Auszug ist

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9. J. A. Eberhards Synonymisches Handwörterbuch der deutschen Sprache für alle, die sich in dieser Sprache richtig ausdrücken wollen. Halle 1802. gr. 8. Achte Aufl. Cum Privilegiis. Berlin, 1837. Naucksche Buchh. kl. 8

10. Handbuch der Aesthetik für gebildete Leser aus allen Stäns den, in Briefen herausg. von J. A. Eberhard. Vier Theile. Halle 1803-1805. 8. Auch in stilistischer Hinsicht ausgezeichnet.

Außerdem sind mehrere einzelne Abhandlungen von Eberhard erschie nen, wie z. B. das Leben des Freiherrn von Leibniß in Kleins Leben und Bildnissen der großen Deutschen. Bd. 1.“

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