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Beispiel 4.

Der May. (ib. 146.)

Der Nachtigall reizende Lieder
Ertönen und locken schon wieder
Die fröhlichsten Stunden ins Jahr.
Nun singet die steigende Lerche,
Nun klappern die reisenden Störche,
Nun schwaßet der gaukelnde Staar.

Wie munter sind Schäfer und
Herde!

Wie lieblich beblühmt sich die Erde!
Wie lebhaft ist iho die Welt!
Die Tauben verdoppeln die Küsse,
Der Entrich besuchet die Flüsse,
Der lustige Sperling sein Feld.

Wie gleichet doch Zephyr der Floren!
Sie haben sich weislich erkohren,
Sie wählen den Wechsel zur Pflicht.
Er flattert um Sprossen und Garben;
Sie liebet unzählige Farben;
Und Eifersucht trennet sie nicht.

Nun heben sich Binsen und Keime, Nun fleiden die Blätter die Bäume, Nun schwindet des Winters Gestalt; Nun rauschen lebendige Quellen Und tränken mit spielenden Wellen Die Triften, den Anger, den Wald.

Wie buhlerisch, wie so gelinde Erwärmen die westlichen Winde Das Ufer, den Hügel, die Gruft! Die jugendlich scherzende Liebe Empfindet die Reizung der Triebe, Empfindet die schmeichelnde Luft.

Nun stellt sich die Dorfschaft in

Reihen,

Nun rufen euch eure Schallmeyen,
Ihr stampfenden Tänzer! hervor.
Ihr springet auf grünender Wiese,
Der Bauerknecht hebet die Liese,
In hurtiger Wendung, empor.

Nicht fröhlicher, weidlicher, kühner
Schwang vormals der braune Sabiner
Mit mannlicher Freiheit den Hut.
O reizet die Städte zum Neide,
Ihr Dörfer voll hüpfender Freude!
Was gleichet dem Landvolk an Muth?

Beispiel 5.

Der Morgen. (ib. S. 164.)

Uns lockt die Morgenröthe

In Busch und Wald,
Wo schon der Hirten Flöte

Ins Land erschallt.
Die Lerche steigt und schwirret,
Von Luft erregt;
Die Taube lacht und girret,
Die Wachtel schlägt.

Die Hügel und die Weide

Stehn aufgehellt,

Und Fruchtbarkeit und Freude
Beblühmt das Feld.

Der Schmelz der grünen Flächen

Glänzt voller Pracht,

Und von den flaren Bächen

Entweicht die Nacht.

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Der Hügel weisse Bürde,
Der Schafe Zucht,
Drängt sich aus Stall und Hürde
Mit froher Flucht.

Seht, wie der Mann der Herde
Den Morgen fühlt,
Und auf der frischen Erde
Den Buhler spielt!

Der Jäger macht schon rege
Und hetzt das Reh
Durch blutbetriefte Wege,
Durch Busch und Klee,

Tein Hifthorn giebt das Zeichen;
Man eilt herbey:

Gleich schallt aus allen Sträuchen
Das Jagdgeschrey.

Doch Phyllis Herz erbebet
Ben dieser Lust;
Nur Zärtlichkeit belebet
Die sanfte Brust.
Laß uns die Thäler sachen,
Geliebtes Kind,

Wo wir von Berg und Buchen
Umschlossen sind!
Erkenne dich im Bilde
Bon jener Flur!
Sen stets, wie dieß Gefilde,
Schön durch Natur;
Erwünschter als der Morgen,
Hold wie sein Strahl;
So fren von Stolz und Sorgen
Wie dieses Thal.

Beispiel 6.

Der erste May. (ib. S. 122.)
Der erste Tag im Monat May
Ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich und gestand dir frey,
Den ersten Tag im Monat May,
Daß dir mein Herz ergeben sey.
Wenn mein Geständniß dir gefallen;
So ist der erste Tag im May
Für mich der glücklichste von allen.

Beispiel 7.

Scolien nach Athenäus. (ib. S. 250.)

würd ich eine schöne Leyer

Von weißem Elfenbein,

Und könnt' ich dann durch schöner
Kinder Hand
Zum Bacchustang getragen seyn!
O würd' ich Gold, das noch kein
Feuer

Versehrt und durchgebrannt,
Und nähm ein tugendhaftes Weib
Mich dann an ihren schönen Leib!

Lebe, trinke, liebe, lärme,
Kränze dich mit mir!
Schwärme mit mir, wenn ich schwärme,
Ich bin wieder klug mit dir.

Auf! Cotonis, schenk mir ein,
Schenk mir ein und höre,
Laß dir diese Lehre
Heut von mir gesaget seyn:
Man muß das Getränk der Reben
Allen braven Leuten geben.

1. Nach einem französischen Triolet: Le premier jour du mois de Mai

von Ranchin.

Beispiel 8.

Die Fledermaus und die zwo Wiesel. (ib. Th. II. S. 33.)►

Es kam die Fledermaus in einer Wiesel Loch;

Die war den Mäusen feind, und sprach: Wie darfst du doch,
Der Mäuse Misgebuhrt! dich meinen Augen weisen?
Wiewohl du kömist mir recht; ich wollte so schon speisen.

Was? schrent die Fledermaus, ich eine Maus? o nein!
Mein gutes Wieselchen, das mögt ihr selbst wohl seyn;
Die mich zur Maus gemacht, sind Lügner oder Feinde;
Die Kater unsers Dorfs sind meine besten Freunde:
Es lebe, was gut maust! Ihr wird zuleßt geglaubt;`
Sie rettet unversehrt ihr unerkanntes Haubt;
Und doch geräth sie bald, durch ihr Gesicht betrogen,
In einer andern Bau; die war der Maus gewogen;
Ihr waren gegentheils die Vögel ganz verhasst.
Sie fraß, in Hoffnung, schon den ihr zu schlauen Gast.
Es weiß die Fledermaus ihr glücklich zu entgehen.
Wofür denn, ruft sie aus, werd ich ißt angesehen?
Für einen Vogel? Ich? Du, Wiesel, irrest sehr.
Soll dieß ein Fittig seyn?

Kennt man nicht Mäuse mehr?

Der erste Donnerschlag zerschmettre hier die Kagen!

Die Mäuse leben und die Raßen!

Ein Kluger sieht auf Ort und Zeit,

Aus Vorsicht, daß man ihn nicht fange.
Er ruft mit gleicher Fertigkeit:

Es lebe Wolf! Es lebe Lange!

Beispiel 9.

Johann, der Seifensieder. (ib. S. 118.)2

Johann, der muntre Seifensieder,
Erlernte viele schöne Lieder,
Und sang, mit unbesorgtem Sinn,
Vom Morgen bis zum Abend hin.
Sein Tagwerk konnt ihm Nahrung

bringen:

Und wann er aß, so musst er singen;
Und wann er sang, so wars mit Luft,
Aus vollem Hals und freyer Brust.
Behm Morgenbrodt, beym Abend-
essen

Blieb Ton und Triller unvergessen;

1. S. Aefopi Fab. n. 109. La Fontaine F. 27. und die Fables d'Esope par le Chevalier l'Estrange (Amsterdam 1714. 4.) n. 23.

68. P.

2. S. Bur

card Waldis Erzählung vom Schuhflicker. Buch IV. Fab. 87. la Fontaine F. 143 u, a.

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Der stets zu halben Nächten fraß, Und seiner Wechsel oft vergaß.

Kaum hatte mit den Morgenstunden
Sein erster Schlaf sich eingefunden;
So ließ ihm den Genuß der Ruh
Der nahe Sänger nimmer zu.
Zum Henker! lärmst du dort schon
wieder,

Bermaledenter Seifensieder?
Ach wäre doch zu meinem Heil,
Der Schlaf hier, wie die Austern, feil!

Den Sänger, den er früh vernommen, Lässt er an einem Morgen kommen,

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Und spricht: Mein lustiger Johann! Wie geht es euch? Wie fangt ihrs an? Es rühmt ein jeder eure Waare: Sagt, wie viel bringt sie euch im Jahre?

Im Jahre, Herr? mir fällt nicht bey, Wie groß im Jahr mein Vortheil sey. So rechn' ich nicht; ein Tag bes schehret, Was der, so auf ihn kömmt, verzehret. Dieß folgt im Jahr (ich weiß die Zahl) Drey hundert fünf und sechszig mal.

Ganz recht; doch könnt ihr mirs nicht sagen, Was pflegt ein Tag wol einzutragen?

Mein Herr, ihr forschet allzusehr: Der eine wenig, mancher mehr; So wies dann fällt: Mich zwingt zur Klage Nichts, als die vielen Feyertage; Und wer sie alle roth gefärbt, Der hatte wol, wie ihr, geerbt, Dem war die Arbeit sehr zuwider; Das war gewiß kein Seifensïeder.

Dieß schien den Reichen zu erfreun. Hans, spricht er, du sollst glücklich seyn. Jetzt bist du nur ein schlechter Prah

ler.

Da hast du baare funfzig Thaler;
Nur unterlasse den Gesang.
Das Geld hat einen bessern Klang.

Er dankt und schleicht mit scheuchem

Blicke, Mit mehr als diebscher Furcht zurücke. Er herzt den Beutel, den er hält, Und zählt und wägt und schwenkt das Geld,

2. Der immer für die Gutschmecker unter

Das Geld, den Ursprung seiner
Freude,

Und seiner Augen neue Weide.

Es wird mit stummer Luft beschaut,
Und einem Kasten anvertraut,
Den Band und starke Schlösser hüten,
Behm Einbruch Dieben Troh zu
bieten,

Den auch der farge Thor beh Nacht
Aus banger Vorsicht selbst bewacht.
Sobald sich nur der Haushund reget,
Sobald der Kater sich beweget,
Durchsucht er alles, bis er glaubt,

Und manches Zärtlings dunkle Freu

den

Ihn ewig von der Freiheit scheiden, und deren Glück kein Gold bezahlt. Die nur in reine Selen stralt,

Dem Nachbar, den er stets ge

- wecket,
Bis der das Geld ihm zugestecket,
Dem stellt er bald, aus Lust zur
Ruh,

Den vollen Beutel wieder zu,
Und spricht: Herr, lehrt mich bessre
Sachen,

Daß ihn kein frecher Dieb beraubt, Als, statt des Singens, Geld bewa

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Wer übertrifft den, der sich mild erzeigt?
Der seltne Freund, der es zugleich verschweigt.

b. Alcest und Philint.

Alcest. Ein wahrer Freund sagt alles frey
Er hasst die stumme Heuchelen...'

Philint. Ganz recht! die lieb' ich nicht;

Doch auch ein kluger Freund gefällt,
Der uns nicht immer, vor der Welt,
Entscheidend widerspricht.

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