Dort lernst Du Gottes Licht gewöh: Sein Rath wird Seligkeit für Dich; Dort steht die Absicht unsers Schei- Und mein bestimmter Lebens-Lauf. Vollkommenste! die ich auf Erden Wie liebens-würdig wirst Du werden! giebt. Mich überfällt ein brünstig Hoffen, Beispiel 5. Aus: Usong. Eine morgenländische Geschichte. (S 146.) Usong ließ seinen Persern durch seine Abgesandten wissen, der Kaiser fordere von ihnen bei seiner Vermählung keine Steuer, und keinen Aufwand. Seine Gemahlin sey zu edel gesinnet, als daß sie Feyerlichkeiten. verlangen sollte, wobey sein Volk auch nur die Mittel zu seinem eigenen Bergnügen zuseßte. Aber er würde es als ein Zeichen der Liebe der Pers ser ansehen, wenn sie mit Blumen, mit Gesängen, mit Tänzen und mit den Zeichen einer ungekünstelten Freude ihre künftige Kaiserin empfïengen. Die Perser ergriffen mit Freuden die Gelegenheit, an den Tag zu legen, wie feurig sie ihren Kaiser verehrten. Sobald Liosua die persische sche Gränze betreten hatte, reisete sie durch eine ununterbrochene Reihe von grünen Luftbögen, von belaubten Mayen, und von blühenden Bäumen, durch eine triumphsingende Menge fröhlicher Landleute hin. Die ödesten Berge waren mit dem Zulaufe ihrer Unterthanen bevölkert, die ihr den Ruhm ihres Gemahls zurieffen. Die schönsten Töchter der ländlichen Dör: fer traten in glänzende Reihen auf beiden Seiten ihres Palankins, und bestreuten sie mit Blumen. Die leutselige Fürstin rief oft die artigsten zu sich, ließ sich sehen und theilte ihnen chinesische Geschenke aus. Der Kaiser war im Feuer seiner Jahre, sein Herz eilte seiner Ger liebten entgegen; aber er wollte den Sitten ihres Vaterlandes nicht zu nahe treten, die keiner Braut zulassen ihrem Bräutigam sich zu zeigen, eh fie getraut ist. Sie kam endlich, die erwartete Schöne, und der Seder2 1. Sie war die Tochter eines chinesischen Fürsten, in dessen Gefangenschaft Usong früher gewesen und Liosua aus dem Wasser gerettet hatte. 2. wohl Ober priester. von Persien verband das edle Paar, dieweil Schiras mit unaufhörlichem Freudenzurufe erschallte. Die sittsame Liosua hob nunmehr den Schleyer auf und zeigte dem Usong die Züge der Anmuth, auf denen die Tugend und die Liebe zugleich herrschten. Sie war in ihrer Blüthe, China hatte nichts schöneres gezeugt, aber die edle Seele, die alle ihre Reize belebte, erhob sie über alle Vergleichung. Sie wollte vor dem Kaiser auf die Kuie fallen; er umarmte sie aber aufs zärtlichste. Sey willkommen, sagte er, edelste der Gaben des freygebigen Himmels, herrsche ewig über Persien und über das Herz deines Usong. Der Kaiser hatte Schiras zum Wohnplaße seiner Gemahlin ausersehen. Die milde Luft, die schönen Bäche vom reinsten Wasser, die in den Rosen blühende, und in den edelsten Trauben fruchtbare Natur, die lachenden Gärten, der Ueberfluß des vortrefflichsten Obstes, die königlichen Granatbäume, die güldenen Aepfel machten diese Stadt zur angenehmsten in Persien. Usong hatte sie mit starken Mauern wieder den Anfall der Feinde sicher gesetzt. Liosua dachte nunmehr an die Erfüllung ihres Entwurfes. Sie sorgte, daß an dürren Orten, wo kleine Kiesel kein Gras spriessen ließen, Maulbeerbäume in geraden Zeilen ausgesäet würden, die man unter der Zucht der Schere behielt, und wobei erfahrne Chineser die Perser lehren sollten, den Seidenwurm ohne Pflege sich aushecken, sich füttern und sich einspinnen zu lassen. Sie machte sich ein Vergnügen die Anfängerinnen selber in dem Seidenbaue zu unterrichten, und arbeitete ihnen vor. So hatte die Gemahlin des vergötterten Fohi gelebt. 2. Friedrich von Hagedorn. 1708-1754. Friedrich von Hagedorn war den 23. April 1708 zu Hamburg geboren, wo sein Vater als Dänischer Resident im Niedersächsischen Kreise lebte. Er genoß bei den Glücksumständen seines Vaters eine vortreffliche Erziehung, welche seine glücklichen Anlagen frühzeitig entwickelten, verlor jedoch seinen Vater im funfzehnten Lebensjahre, wodurch zwar die Mittel zu seiner Erziehung beschränkter wurden, aber doch Alles von seiner Mutter geschah das angefangene Werk seiner Bildung fortzusehen. Auf dem Gymnasium zu Hamburg waren Fabricius, Wolf und Richey seine Lehrer, und außerdem gewann Brockes, der Naturdichter, Einfluss auf ihn. Alte und neuere Classiker studirte Hagedorn und gewann besonders die neuern fremden Sprachen lieb, daß er selbst französisch und italienisch dichtete. Er studirte die Rechte in Jena von 1726 bis 1729, ging dann nach London und machte sich hier, als Privatsecretair beim dänischen Gesandten, mit der Sprache und Literatur des Landes bekannt, kehrte dann über Brabant und Holland 1701 nach Hamburg zurück und wurde hier nach einer Zeit dr des Mangels und der Sorgen 1733 Secretair beim sogenannten Court, einer englischen Handelsgesellschaft, welches Amt ihm reichliches Auskoms men, Muße und Unabhängigkeit gewährte. Er heirathete nun und lebte der Dichtkunst und Literatur, in freundschaftlichen und geselligen Kreisen, starb aber schon am 28. Oct. 1754 an der Wassersucht. Hagedorn ist kein schöpferischer Dichter, sondern versteht mehr die Kunst Fremdes, ihm Gegebenes gefällig zu bearbeiten, wie er auch als Übersetzer für seine Zeit schon viel geleistet hat. Unter den drei Hauptgattungen der Dichtkunst, welche er bearbeitet und zu welcher er der folgenden Zeit den Weg gebahnt hat, der eigentlichen Lyrik, der Didaktik in moralischen Gedichten, Episteln und Sermonen und der Fabel is er nur in der Lyrik mehr originell, während fast Alles in den beiden lestern Dichtarten Bearbeitungen fremder Gedanken sind, wie er seine Quellen, vorzüglich Horaz, Anakreon und la Fontaine, auch sorgfältig nachweist. Heiter und frohsinnig sucht er überall zu würken und in dies fem Sinn eine Dichtung der Grazien vorzubereiten und beim socratischen Becher Moral und Weisheit zu lehren, nicht ohne große Hinneigung zum französischen Geschmack, wie ihn Wieland nachher in größeren Gedichten geübt hat, und hierin sowohl, als in vielen andern, selbst in seinem Wohnorte im Norden Deutschlands, der Gegensatz vom ernsten und verschlossenen Haller, erscheint er uns als der erste geschmackvolle gesellige Dichter der Deutschen. Sonst sehen wir, wie er es selbst fühlt, daß er den großen Dichtern nicht angehört, wogegen Gefälligkeit und Leichtigkeit der Versification ihn besonders auszeichnen. Die erste Ausgabe seiner Werke erschien 1729, die erste vollständige und bedeutendste nach seinem Tode ist: „Des Herrn Friedrichs von Hagedorn Poetische Werke. Drei Th. Hamb. bei Bohn. 1769. 8" Dann hat Eschenburg seine Werke Hamburg 1800 mit seinem Leben in 4 Bdn herausg., und eine neuste wohlfeile Ausg. erschien daselbst 1825 in 5 Bänden. Beispiel 1. An die Dichtkunst. (Ausgabe 1769. Th. III. S. 3.) Gespielinn meiner Nebenstunden Bey der ein Theil der Zeit verschwunden, Die mir, nicht andern, zugehört: | O Dichtkunst, die das Leben lindert! Wie manchen Gram hast du ver mindert, Wie manche Fröhlichkeit vermehrt! Die Kraft, der Helden Trefflich keiten, Mit tapfern Worten auszubreiten, Die Luft, vom Wahn mich zu Und deinem Flaccus abzulernen, Zu eitel ist das Lob der Freunde: Die finden unsre Grösse klein. ten Empfehl ich diese Kleinigkeiten: Beispiel 2. An die Freude. Freude, Göttinn edler Herzen! Höre mich. Laß die Lieder, die hier schallen, Dich vergrößern, dir gefallen: Was hier tönet, tönt durch dich. Muntre Schwester süsser Liebe! Himmelskind! Kraft der Seelen! Halbes Leben! (ib. S. 41.) Stumme Hüter todter Schäße Dem, der keinen Schatz bewachet, Gieb den Kennern, die dich ehren, Neuen Scherz den regen Zungen, Du erheiterst, holde Freude! Flich, auf ewig die Gesichter Beispiel 3. Unverdiente Eifersucht. (ib. S. 69.) Neulich sah man aus den Sträuchen Ach, Elpin ist zu beneiden! Mit 1. Diese Dde ist, im Jahre 1729, durch eine wirkliche Begebenheit veranlafst worden. Mitten unter hohen Fichten O mit welchen treuen Küssen, Deine kluge Huld erblicken, Deiner Liebe Regung sehn, Das allein darf mich entzücken, Das allein bleibt wunderschön: Schön in deiner Seltenheit, Schön in meiner Dankbarkeit, Schön auf unsre Lebenszeit. Wahrheit, Zeuginn meiner Triebe! Eil ich, wann es Tag will werden, Nein: ich will mich nicht entfernen, Name, wachse mit den Rinden! Endlich eilt Elpin zurücke, Sein Verdacht aus tausend Sachen Doch er selber musste lachen, Als er zu der Fichte kam: Vischon Denkm. IV. 2 |