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Eilftes Kapitel

Fortgesette Bemühungen der schwedischen Vermitts ler für Wilhelms Befreiung bis zur Bestimmung Nymwegens als neuer Kongreßort.

Die diplomatischen Bemühungen verschiedener Höfe, welche das Friedensgeschäft mit so vielem Mißbehagen gestört sahen, seßten ununterbrochen während der Zeit sich fort, wo der Kaiser, seine Minister und ihre Anhänger das an Wilhelm von Fürstenberg Verübte in Staats- und Denk schriften standhaft zu vertheidigen suchten. Es ist unglaub lich, wie viele Noten und Briefe für die Sache jenes ein zigen Mannes gewechselt, und welche Stöße von Akten in deren Verhandlung, namentlich zu Wien und im Haag aufgehäuft worden sind.

Die Generalstaaten, welche nun ebenfalls in dem Für stenberg'schen Handel vielfach angeführt, auftreten, waren ganz auf des Kaisers Seite, in Erinnerung an die schwe ren Unbilden, welche fre vom Prinzen Wilhelm und dessen Bruder in Menge erduldet. Desto angelegener ließ es das fchwedische Kabinet sich seyn, einerseits den wirklichen oder verstellten Zorn Ludwigs XIV. zu besånftigen, anderers seits aber den Kaiser zur Nachgiebigkeit, besonders in Bezug auf die Hauptforderungen des französischen Könis ges, zu bestimmen. Diese bestanden: in Freigabe Wilhelms von Fürstenberg und in Rückstellung der weggenom

menen Gelder. Karl II. von England, welchen die eiges nen, eigenthümlichen Verhältnisse im Innern seines Reichs vielfach bewegten und zu einer von der bisherigen vers schiedenen Politik bestimmten, verband sich mit den Abges sandten Schwedens oder den Vermittlern kräftig, und man arbeitete unermüdlich darauf hin, zumal die Gencs ralstaaten zur Wiederaufnahme der unterbrochenen Frics densverhandlungen zu vermögen. Es ist merkwürdig, in allen öffentlichen Schriften dieser Jahre die Könige, Füre sten und Volkshäupter, so wie den Kaiser selbst in Bes theuerungen aufrichtiger Friedensliebe wetteifern, ja sich erschöpfen, und sødann wiederum die Grausamkeiten und Greuel eines die Civilisation des Jahrhunderts schåndenden Krieges, so wie die Ausgeburten einer alle gesunde Vernunft höhnenden Staatskunst in einer Reihe von lus genhaften und würdeløsen Unterhandlungen wahrzunehmen und mit einander zu vergleichen. Die Hindernisse, um welche sich die Beruhigung des aufgewühlten Erdtheiles damals hauptsächlich drehte, waren so geringfügig und so leicht zu heben, daß die Heuchelei und die Hartnäckigs keit nicht genug beklagt werden konnten, mit welchen einer dem andern gegenüber auftrat, und eben so der Leichtsinnt und die Leichtfertigkeit, womit man oft leeren Formalitås ten und nichts bedeutenden Føderungen den Wohlstand und das Daseyn blühender Länder preiszugeben unbedenks lich fortfuhr.

Der Blick des Geschichtschreibers wird vorzüglich nach vier Seiten hingezogen, von welchen her die unterbrochene Traktatsaffaire im Allgemeinen und die damit innigst vers bundene Angelegenheit Wilhelms von Fürstenberg insbes sondere betrieben oder vereitelt wurde; nämlich nach Wien, Paris, London und Haag; doch bildete lezteres eine Zeit lang den Mittelpunkt der Unterhandlungen, und die schwes

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dische Gesandtschaft, welche ihre Vermittlerrolle, troß allen Verwicklungen und mißlungenen Versuchen, Jahre lang fortseßte, spielt dabei die Hauptrolle, bis die englis sche Botschaft sie ablöste. Es gehörte fast mehr als mensch liche Geduld dazu, alle die Schritte zu thun, welche für die angedeuteten Punkte gethan worden, und eine eben so große von Seiten derer, welche alle die Memoriale und Zuschriften beantworten mußten, womit die Kabinette ge genseitig sich abplagten. Die Diplomatik zeigte sich wirklich in einer Art Glorie, dadurch, daß sie für fünfzigs und hundertmal behandelte und abgeschlagene oder abges lehnte Dinge nur noch neue Namen und Varianten fand, und die Geruhigkeit, welche auch bei den bittersten Vorwürfen, so in Betreff der Rechtsfragen wechselweise bald dem einen, bald dem andern gemacht worden, mit etwas handwerksmäßiger Monotonie sich forterhielt, bildet einen seltsamen Kontrast zu den Leiden der Völker, welche die manigfachen Erperimente der Könige und Minister theuer genug bezahlen mußten.

Der politische Stand der Dinge aber um jene Zeit war im Allgemeinen folgender :

Nachdem Ludwig XIV. feine Drohung, die Gesandten von Köln abzurufen, wirklich ausgeführt, veränderte sich die Stellung der bisher kriegführenden Mächte unter eins ander in etwas. Karl II. von England und der Bischof von Münster wurden kälter gegen Frankreich, als sie den selbstsüchtigen Charakter näher kennen zu lernen Gelegens heit erhalten. Sie verzichteten sogar auf den Bund mit ihm, und die antifranzösische Stimmung der brittischen Nation, welche von ihrem Könige ganz verschieden dachte und bei welcher der damalige Krieg unvolksthümlich war, die feindselige Sprache des mit Holland befreundeten Spas niens, so wie die unausgeseßten Bemühungen der Republik,

mit Withehall wieder in Freundschaft zu kommen, bewirk ten den Abschluß eines Separatfriedens unter spanischer Vermittlung. Münster war durch allerlei persönliche Ges fahren und durch das Unglück seiner kriegerischen Unters nehmungen anders gestimmt worden.

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Aber auch selbst der Churfürst von Köln trat noch im Frühjahr 1674 von dem Bunde mit Frankreich ab. »Es scheint berichtet Schmidt – es habe sich dieser Fürst seiner bisherigen Abhängigkeit von dem Prinzen von Fürs fenberg geschämt und selbige dadurch verleugnen wollen, daß er sich jeßt standhafter bewies, als man es wegen des Eindrucks vermuthen konnte, den die Eroberung seiner Residenzstadt Bonn auf ihn gemacht hatte.« Der schimpfs liche Friede, welchen Marimilian Heinrich einging, und welcher für den Wiederbesitz des einzigen Rheinbergens aller Eroberungen des vorangegangenen Feldzugs ihn bes raubte, zeigte jedoch am deutlichsten, wie sehr er der Leis tung eines verständigen und charakterfesten Mannes bes durfte, und der vom Jahre 1679 bis 1688 fortgenossene Einfluß Wilhelms auf den Erzbischof bewies, daß das Gefühl der erlangten Unabhängigkeit von jenem seinem Minister eben nicht sehr lange gedauert hat.

Der Verlust seiner drei Verbündeten war für Ludwig XIV. in den damaligen Verhältnissen bedeutsam, um so mehr, da auch bald darauf Brandenburg und Pfalz der Republik sich anschlossen. Diese lettere, vor Kurzem noch in Gefahr des gänzlichen Untergangs, war jeßt gleichsam wieder das Haupt oder doch der Einigungspunkt der großen Partei wider St. Germain und die Schiedsrich terin der europäischen Ereignisse, je nachdem sie in dèm einen oder andern Sinn sich aussprach. Sie hatte in den unerschöpflichen Hülfsquellen ihres Handels- und Kolonials systems neue Kräfte, in der unverwüstlichen Zugend ihrer

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Bürger neuen Schwung und in dem auffeimenden Ruhme ihres Wilhelms III. eine neue reiche Hoffnung gefunden.

Die Holländer, der Kaiser und Spanien führten meis ftentheils ihre Unterhandlungen in gemeinschaftlichem Namen; nur spåt verstand sich hiezu auch der Churfürst von Brandenburg. Die Koalition rüstete sich zu neuem, eners gischem Kampfe; andererseits brachte auch Ludwig XIV., durch unerlaubte und schändliche Mittel jeder Art zugleich, furchtbare Heermassen in Bewegung, und die Lorbeeren der Feldherren Turenne, Souches und Bourneville sollten die Klagen seines Landes über unerschwingliche Lasten und die Seufzer der Edelsten über rohen und raffinirten Despotismus, in Staats- und Kirchenverhältnissen gleich sehr ausgeführt, verstummen machen.

Langsam nur, durch Ränke der französischen Agenten fast in jeder Lebensthätigkeit zurückgehalten, und in sich selbst nur noch geringe Lebenswärme bei völliger Erlahmung oder Verführung des Nationalgeistes findend, bes wegte sich der teutsche Patriotismus in und außerhalb Regensburg. Erst, nachdem der Herr von Gravel, Ludwigs XIV. Prinzipalminister am Reichstage, durch eine barsche Order des Kaisers Befehl erhalten hatte, Regens burg auf das schleunigste zu verlassen, gingen die AngeLegenheiten etwas besser.

Niemand war durch diese plögliche Wendung der Dinge mehr betroffen, als das Vermittler Kabinet von Stock holm. Welches auch immer die Motive seiner friedliebens den und friedestiftenden Politik damals gewesen seyn moch ten, so muß man doch bekennen, daß dasselbe unter allen europäischen Kabinetten die ehrenvollste Rolle spielte, und daß die in seinen diplomatischen Zuschriften vielfach aufgestellten Ansichten vom Berufe der Regierungen, von dem Elend der Völker und von den Bedürfnissen und Auf

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