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als bekannt voraus, und es fehlt daher alle Dertlichkeit, afte Individualität, jeder Nahme. Strophe 8-11 deuten darauf hin, daß die Normannen und ihr König Waramund von einigen Großen des westfränkischen Reiches selbst gerufen waren, wobei nahmentlich ein fränkischer Erler, Eisenbart, der auf Ludwig erbittert war, eine Rolle spielte *).

Nach Willems sehr wahrscheinlicher Annahme war der Dichter ein Mönch, Nahmens Hucbald, der um jene Zeit im Kloster St. Amand lebte und großen Ruhmes als Dichter genoß. Ein Geistlicher war der Verfasser jedenfalls. Ob dieses Gedicht jemals Volkslied gewesen, dünkt mich sehr unwahrschein lich; es hat auch nicht den Ton desselben. In den Landen, wo das Treffen vorfiel, ist ja überhaupt niemals hochdeutsch gesprochen worden, und um SS1 war die Volkssprache schon die verderbte lateinische, die romanische, woraus sich das spätere Französische entwickelte. Auffallen muß es überhaupt, daß das Lied niedergeschrieben wurde in Westfranken, und doch hochdeutsch ist; ich wüßte dies nur dadurch zu erklären, daß der Verfasser ein Oberdeutscher war, der sonst in lateinischer Sprache dichtete, hier aber für sich und zu seiner eigenen Lust ein hochdeutsches Lied niederschrieb.

§. 14.

Zehntes Jahrhundert.

Versuche, wie die Mönche von Weißenburg und St. Amand, mögen noch viele ihrer Brüder unternommen haben; das wenige aus dem neunten Jahrhunderte uns Aufbehaltene trägt ganz denselben Charakter und bewegt sich in der nähmlichen Form **). Daß in den Klosterschulen Süddeutschlands (Otfried war selbst Vorsteher einer solchen Schule) förmlicher Unterricht in Rhetorik und Poctik gegeben wurde, beweisen die Handschriften von Lehr.

*) Ich schreibe hier nach, was Willems aus dem Chronicon Centulense anführt, da mir die eigentlichen Quellen augenblicklich nicht zur Hand find.

**) Lieb auf den heil. Petrus.

Sp. 103 ff.

·Jesus und die Samariterin. Wackern.

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büchern, aus denen Wackernagel Bruchstücke bekannt gemacht hat *). Aus diesen Bruchstücken geht aber auch hervor, daß die geistlichen Poesien Otfrieds und seiner Nachfolger keineswegs allgemein bekannt waren, und daß es überhaupt keine nahmhaften Dichter gab; denn der Verfasser der St. Gallischen Rhetorik weiß seine Beispiele nur aus lateinischen Dichtern (dem Virgil) und aus solchen Kinderversen zu nehmen, die man in der uördlichen Schweiz vermuthlich schon damals wie jezt Rappedüzli nannte, Verse, die Otfried jedenfalls zu den unnüßen Liedern rechnete. So giebt jener Autor als Beispiele für die Hyperbel die bekannte Virgilische Schilderung der Charybdis, dann aber als deutsches Beispiel einen Spruch vom &ber:

Imo sint fuoze
fuodermaze.

Imo sint burste

ebenho forste,

Unde zene sine

zwelifelnige.

d. h. Ihm sind Füße groß wie ein Faß, ihm sind Borsten hoch wie der Forst, und seine Zähne sind zwölfellig.

Daß mit jenen Mönchspoesien keine Nationaldichtung geschaffen werden konnte, ergiebt sich von selbst; im Sinne ihrer Zeit aber dichteten ihre Verfasser, denn dieser Sinn war ganz auf das Christliche und dessen Erfassung gerichtet, und alles geistige Bewußtseyn bei Laien und Pfaffen hatte keinen andern Mittelpunkt als den des christlichen Lebens. Die Klöster waren daher Stätten, von denen alle Bildung und alle geistige Nah. rung ausgieng, und man muß nahmentlich den BenediktinerMönchen zugestehen, daß sie sich unendlich verdient um ihre Zeit machten. Aber eine dauernde, die Schicksale beherrschende Poesie, kann freilich nie und zu keiner Zeit von Klöstern ausgehen, da der freie, offene Blick in die Welt, dessen der wahre Dichter bedarf, gerade hier nicht ausgebildet werden kann.

Einem Mönche haben wir natürlich auch die Uebersehung

*) Wackern. Spr. 109 ff.

der sogenanten Tatianischen Evangelienharmonie zu verdanken. Dieser deutsche Tatian ist in Bezug auf Sprache das Hauptwerk der althochdeutschen Sprache des neunten Jahrhunderts, und wer sich mit derselben näher bekannt machen will, thut am besten, mit dem Studium desselben zu beginnen *).

In ganz anderer Art als diese Evangelienharmonie sind die Uebertragungen der Psalmen, von dem St. Gallischen Mönche Notker Labeo, der gegen Ende des zehnten Jahrhunderts lebte. Hier ist lateinisch und deutsch bunt durcheinandergemischt, und noch ärger wird dies in den Uebersehungen des Boëthius, des Organon von Aristoteles und anderen gelehrten Schriften, die ebenfalls von St. Gallischen Mönchen herrühren. Williram, Abt zu Ebersberg in Baiern, übersehte und erklärte im elften Jahrhundert das Hohelied, und hier ist die Barbarei aufs höchste getrieben. Man sieht aus diesen Sachen deutlich, daß im zehnten und elften Jahrhundert das Lateinische nicht nur die gelehrte Sprache war, sondern auch die Geschäfts- und StaatsSprache, überhaupt die gebildete Sprache.

Denn das war sie unter den sächsischen Kaisern. Die ewigen Kämpfe mit den Normannen, Slaven und Ungarn hatten unter den Karolingern die beginnende christliche und gelehrte Cultur sehr gestört. Mit den sächsischen Kaisern kam nicht nur mehr Ordnung und Sicherheit ins Reich, sondern die Macht und das Ansehen der Nation erhoben sich zu einer später nie erreichten Höhe. Die Ottonen gründeten eine Menge neuer Anstalten für Wissenschaft und Bildung und erneuerten ältere; alle Regenten dieses Hauses, denen Deutschland so viel zu verdanken hat, waren höchst gebildete Männer; allein für die Entwickelung einer Nationalliteratur war ihr Streben nicht günstig, die rohe, ungelenke Mönchspoeste konnte ihnen unmöglich zusagen, und mit der Annahme der römischen Kaiserwürde führten sie überhaupt die lateinische Sprache als Hof- und Staatssprache ein. Die eigentliche Literatur Deutschlands im zehnten Jahr hundert ist lateinisch, auch die Poesie. Selbst die deutsche

*) Das Evangelium des h. Matthäus im Hochdeutsch des 9ten Jahrh., aus dem St. Galler Coder der Tatian-Evangelienharmonie zusam mengefeßt von Schmeller. Stuttg. 1827.

Heldensage wurde lateinisch bearbeitet, eben so die alte Thier. sage, die später unter dem Nahmen Reineke Fuchs bekannter geworden ist). Unter Otto dem Großen lebte Roswitha, Nonne zu Gandersheim, die nicht nur Heiligengeschichten in lateinischen Versen, sondern auch Comödien schrieb, um das Lesen des Lerenz zu verdrängen. Lateinische Verse zu machen gehörte überhaupt damals zur gelehrten Bildung, wie dies im sechszehn. ten und siebenzehnten Jahrhundert wieder der Fall war. Unter den Kaisern aus dem salischen Hause, welche ungefähr das elfte Jahrhundert ausfüllen, mochten solche Bestrebungen bleiben, ohne daß jene Regenten selbst ihnen Vorschub thaten; so viel ist gewiß, daß in diesem, wie in den vorhergehenden Jahrhunderten, alle Bildung in der Geistlichkeit ihren Mittelpunkt fand.

III.

Die hohenstaufische Zeit.

S. 15.

Die eigentliche Nationalpoesie des deutschen Mittelalters fällt in das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert; denn die frühe ren Versuche wurden doch nur bekannt in den Gegenden, wo sie entstanden, oder unter den Gelehrten, d. h. den Mönchen, für die sie berechnet waren. Wem auch alle Kenntnis früherer deutscher Poesie fremd ist, der hat doch irgend etwas von der Dichtung der hohenstaufischen Zeit gehört oder gelesen, und so sind denn seit lange her einige Vorstellungen und Bezeichnungen in Umlauf, mit denen sich jeder behilft, so gut er kann. Troh dem, daß die Forschungen über jene Entfaltung unserer Nationalpoesie mit einem Eifer und einer Liebe angefangen und fort. gesezt sind, die eines bessern Erfolges würdig wären, leben in der Masse der Gebildeten und Gelehrten (denn selbst Bearbeiter

*) Lateinische Gedichte des 10ten und 11ten Jahrhunderts, herausg. von J. Grimm und Andr. Schmeller. Gött. 1839.

Göhinger Lit.

Hohenstaufen

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Um

der Geschichte des deutschen Mittelalters zeigen sich hier oft ganz als Fremdlinge) durchaus falsche Vorstellungen über jenen Abschnitt unserer Poesie. Die Summe der Kenntnisse läuft unge fähr auf folgende vier Worte hinaus: Minne singer Schwäbisches Zeitalter Ritterliche Dichtung. Und diese vier Worte verknüpft man folgen= dermaßen zu einem Gedanken: „Unter den Hohenstaufen lebten die Minnesinger, welche in schwäbischer Mundart ritterliche Liebeslieder dichteten." die Zeit der Befreiungskriege wurde das Nibelungenlied hervorgesucht, vielfältig überseht und wenigstens seinem Inhalte nach als Sagenstoff unter der vaterländischen Jugend bekannter; und so knüpfte sich denn wieder eine neue Vorstellung und Auffassung unserer mittelalterlichen Poesie an dieses Gedicht, das allerdings einen bessern Anhaltspunkt giebt als der bloße Nahme Minnesinger, aber gerade für den literarischen Charakter jener Zeit gar nicht charakteristisch ist, da es ganz außerhalb der literarischen Bestrebungen steht. Die Bezeichnung: „Alter der Minne singer“ ist zwar nicht so aus der Luft gegriffen wie die über die früheste Poesie: Zeitalter der Barden; allein sie erzeugt eine einseitige und mangelhafte Vorstellung; denn der poetische Charakter der classischen Zeit des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts war ein rein epischer. Der eigentliche Minnegesang blühte allerdings auch; aber wenn vom Werthe unserer poetischen Nationalliteratur die Rede ist, so nimmt er nur einen untergeordneten Rang ein und läßt sich recht gut mit der Sonettendichterei vergleichen, die ziemlich lange in neue rer Zeit spukte und jeßt der Gafelenreimerei Plak zu machen scheint. Wie sonderbar aber, wenn man die Periode Göthe's und Schillers das Zeitalter der Sonettendichter nennen wollte !

=

Gleich unpassend ist der Austruck: schwäbisches Zeitalter, schwäbische Dichter. Es liegt hier die Meinung zu Grunde: bis ins zwölfte Jahrhundert habe die fränkische Mundart geherrscht; dann sey die schwäbische, die Sprache der hohenstaufischen Kaiser, an die Reihe gekommen, bis diese später von der meißnischen wieder verdrängt worden sey.

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