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Buch und Veröffentlichung immer den Begriff des Druckes verbinden, so kann man allerdings sagen: alles was man zur Literatur zähle, müsse gedruckt, verlegt und öffentlich ausgegeben seyn.

S. 2.

Belehrende Schriftsteller.

Ist eine Schrift nichts, und will sie nichts seyn als eine vollständige Belehrung über einen bestimmten Kreis von Kenntnissen, oder ein Bericht über Geschehenes, oder ein Gutachten über Künftiges: dann hängt ihr dauernder Werth einzig ab von der größern oder geringern Richtigkeit, Reichhaltigkeit und Vollständigkeit; sie ist dann vorzugsweise für die Bedürfnisse der Gegenwart da, und sucht ihre Erfolge und ihre Würdigung bet den Zeitgenossen. Leider verfallen viele Bücher gleich bei ihrer Geburt dem wohlverdienten Loose der Nichtachtung und der Ver= gessenheit, da sie von nichts Zeugnis ablegen, als von der Unwissenheit ihrer Verfasser und von der Anmaßung, die lehren will, wo sie erst lernen sollte. Allein auch viele an sich gute, für ihre Zeit vortreffliche Schriften können doch keinen Anspruch auf dauernden Werth, auf bleibenden Gebrauch und Erfolg machen. Denn da zu den alten Kenntnissen und Beobachtungen täglich neue treten; da Art und Bedürfnis der Belehrung sich nach Verhältnis und Zeitumständen bedeutend verändern müssen; da endlich Aussprüche und Meinungen, die jezt für ganz richtig gelten, später oft als Irrthümer erscheinen, und einer bessern, wenigstens einer andern Ansicht weichen müssen: so verliert eine Unzahl von Büchern, welche durch den gegebenen Stoff belehren und unterrichten wollen, später afle Geltung, und wird gar nicht weiter zur bestehenden Literatur gerechnet, indem niemand mehr aus denselben Unterricht schöpfen kann. Nur für denjenigen behalten solche Bücher Werth, der die Kenntnisse, Ansichten und Irrthümer, und somit die allmähliche Entwickelung einer Kunst oder Wissenschaft kennen lernen will, also für den eigentlichen Forscher und Gelehrten, der sie dann wie jede andere historische Quelle beachtet und benut.

Uebrigens können Schriften dieser Art, deren Charakter in dem Inhaltsvollen und Lehrreichen bestehen soll, entweder der gelehrten Forschung und einer besondern Wissenschaft, oder dem menschlichen und gesellschaftlichen Interesse im allgemeinen angehören; sie können ganz neue Forschungen bekannt machen, oder nur das schon früher Gefundene neu zusammenstellen; sie können für Gelehrte bestimmt seyn, oder für gebildete Leser überhaupt; für den höhern und niedern Schulunterricht, oder für allgemeine Volksbelehrung. Je nach diesen besondern Bestimmungen werden sich Auswahl des Stoffes und Ton der Behrung richten müssen; im Ganzen haben sie alle den gleichen Standpunkt des Unterrichtes. Die Untersuchungen über die Heilkräfte des kalten Wassers gehören so gut hierher, wie das tiefsinnigste Handbuch der Metaphysik, die Koch- und Gartenbücher und die Hauslexika so gut wie die gelehrten Commentare der Philologen und Theologen. Mit Recht messen wir freilich den Rang der verschiedenen Classen von Büchern nach der Wichtigkeit, die ein Gegenstand für die Bedürfnisse und die Ausbildung des menschlichen Geistes hat; aber der Werth des einzelnen Buches beruht doch nur auf den Kenntnissen, die der Verfasser besiht; auf der Einsicht, die er in seinem Gegenstand hat; auf dem Fleiße, mit dem er gearbeitet; auf dem Geschicke, womit er ausgewählt, angeordnet und vorgetrazen hat; bei bedeutenden Gegenständen endlich auf der Art, wie er seinen Stoff bewältigt, ihn mit Scharfsinn und Geist durchdringt, und so dem Verständnisse seiner Leser näher rückt. Es ist also nicht der behandelte Stoff, was einem Buche Werth giebt, sondern die Behandlung selbst. Eine große Zahl der Leser hat freilich für die leztre weder Sinn noch Einsicht, sondern schäßt den Gehalt der Bücher ab nach Titel und Stoff; sie wollen über das gewählte Fach etwas lesen, und bekümmern sich um den eigentlichen Gehalt der einzelnen Schrift wenig.

Lassen wir alle Bücher beiseit, die nur zur Spreu der Literatur gehören, oft nur einem Bedürfnisse des Augenblicks ihr Entstehen verdanken, oder zuleht wohl gar kein Daseyn vers dienen: so können wir drei Classen von Schriften unterscheiden, aus denen man Belehrung über gegebene Stoffe schöpfen will.

Einige stad nicht ohne Geschick und ohne Einsicht in Einzelheiten geschrieben, aber dem Verfasser fehlt alle gründliche Kenntnis, alles vorbereitende Studium; er ist nicht völlig Herr seines Stoffes, und der Leser oder Schüler kann unmöglich etwas Tüchtiges daraus lernen. Andere zeugen auf jedem Blatte von der Gelehrsamkeit oder Belesenheit des Verfassers, von der Vertrautheit mit dem Stoffe und dem Fleiße der Vorbereitung; aber der Schreiber scheint gar nicht daran gedacht zu haben, daß jemand aus seinem Buche etwas lernen solle; er will bloß zeigen, daß er selbst etwas wisse; es fehlt ihm an eigentlicher Einsicht und an Geschick der Behandlung; er ist ein großer Gelehrter, aber ein erbärmlicher Schriftsteller. Andere endlich sind nicht nur mit Kenntnis und Erfahrung, mit Einsicht und gewissenhafter Vorbereitung geschrieben, sondern auch mit der bestimmtesten Rücksicht auf Leser, mit dem sichtbaren Streben, daß das Buch Erfolg habe und der Leser wirklichen Unterricht darin finde. Be. greiflich haben die beiden ersten Classen für die Literatur keinen Werth, wiewohl die zweite zur Bereicherung des Wissens allerdings beitragen kann.

§. 3.

Weltweise und Charaktere.

Wenn bei diesen rein belehrenden Schriften der darin Cargebotene Unterricht, also die Behandlung des Stoffes, den Ausschlag für ihren Werth giebt: so ist es bei andern der Verfasser selbst, wodurch sie Bedeutung erhalten. Von der Arbeit des gelehrten Forschers, des emsigen Sammlers, des umsichtigen Beobachters, des scharfsinnigen Denkers ist die Wirksamkeit des schöpferischen, ideenreichen Geistes, des entschiedenen Charakters wohl zu unterscheiden; so wie auch im Leben ein großer Unterschieb ist zwischen dem erfahrenen, tüchtigen Geschäftsmann und dem alles leitenden nrd beherrschenden Kopfe. Nicht alle Bücher liest man, um eigentlichen Unterricht daraus zu schöpfen; es giebt auch solche, in denen wir, ohne daß die besondere Beschaf fenheit des Stoffes vorzugsweise in Anschlag käme, bloß den Schriftsteller suchen; Bücher, in denen uns das eigenthümliche Wesen und Leben eines großen Charakters, eines reichen Gemű

thes, einer tiefblickenden Vernunft, oder eines seltenen Wihes in denen uns mit einem Worte eine besondere Weltansicht entgegentritt. Stoff und Gehalt lassen sich freilich bei jedem Werke unterscheiden, aber nicht jedes trägt das Gepräge einer besondern gehaltvollen Persönlichkeit, soll es auch nicht tragen, da die klare Auffassung der Thatsachen durch die zu persönliche Betrachtungsweise oft mehr getrübt als befördert wird. Allerdings werden wir bei allen Schriftstellern, denen es wie dies die ächte Wissenschaft immer verlangt um geistige Durchdringung des Stoffes zu thun ist, so daß nicht bloß das Wissen vermehrt, sondern das Verständnis erleichtert wird — allerdings werden wir bei diesen immer Ansichten, Urtheile und Erklärungen finden, die nur ihnen angehören; etwas ganz anderes aber ist die auf eine eigene Weltansicht gegründete Betrachtungsweise aller menschlichen Dinge, eine Betrachtungsweise, die nun eben der Weltweise, der entschiedene Charakter, in seinen Reden und Schriften niederlegt. Durch diejenigen Bücher, welche über ein bestimmtes Fach größeres Licht verbreiten wollen, kann freilich, wofern ihre Verfasser auf einer höhern Stufe stehen, der Kreis der Wissenschaft selbst erweitert und die Behandlungsart ganzer Fächer von grundaus umgewandelt werden; eine völlige Umwandlung der Ansichten nach verschiedenen Richtungen des Geistes und Lebens wird hingegen durch sie weder bezweckt, noch bewirkt. Dieser Erfolg aber daure er nun fürzere oder längere Zeit, finde er in engerm oder weiterm Kreise statt haben aller dings die Schriften derjenigen Männer, durch welche Gedanken und Ideen über allgemein wichtige Angelegenheiten in die Welt geworfen werden, indem sie über den gewöhnlichen Stand der Anschauung und des Wissens sich erheben oder gegen denselben ankämpfen. Sie sind Dolmetscher für ganze Geistesrichtungen, die in der Nation oder wenigstens einem Theile derselben schlum. mern; sie sind Verkündiger einer neuen Epoche, oder Bekämpfer der Gegenwart, oder Verfechter absterbender Zustände, und ihre Schriften haben wir als Bekenntnisse und Vermächtnisse merkwürdiger Männer anzusehen, sey es auch, daß die eigenthümlichen Meinungen und Ansichten bei manchem nur Ausflüsse übler Laune, Ergebnisse schlimmer Erfahrungen oder Wirkungen äußeren

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Druckes wären. Den größten Einfluß üben solche Köpfe auf die Ueberzeugungen und Gesinnungen derer, die ihnen unmittelbar nahe stehen, auf persönliche Freunde und Jünger; als Schriftsteller jedoch können sie in die weiteste Ferne nach Raum und Zeit wirken, und erhalten ihre Anerkennung und Würdigung als gute oder böse Dämonen oft erst bei der Nachwelt. Die Be= deutung ihrer Schriften weiß eigentlich nur der richtig zu schäßen, der mit den Gegenständen, welche darin behandelt sind, schon vertraut ist, und selbst etwas hinzufügen könnte; welcher also gar nicht den Maßstab der Richtigkeit und Vollständigkeit anlegt, sondern den einer höhern Wahrheit und Geisteskraft. Wir dürfen uns freilich durch den bedeutenden Standpunkt, den ein überwiegender Kopf einnimmt, nicht verführen lassen, ihm Irrthümer nachzusehen, die er hätte vermeiden können, oder ihm gar gefliffentliche Verdrehungen der Wahrheit zu gut zu halten; aber immer wird die geheimnisvolle Macht, welche der entschiedene Charakter, der scharfe Blick des Genius auf uns ausübt, dadurch nicht geschwächt; wir können die aufgestellte Weltansicht schief, widerlich, gefährlich nennen, und finden uns doch gezwuns gen, sie in ihrer strengen Durchführung zu bewundern.

Gelehrte oder wenigstens erfahrene und wohlunter richtete Männer sind es, von denen die eigentlich wissenschaft= lichen und lehreichen Bücher ausgehen, und ihnen reihen sich dann eine Unzahl anderer an, die entweder aus jenen schöpfen, oder doch wenigstens tenselben Stoff zu verbreiten suchen. Weltweise und Charakter sind es, von welchen diejenigen Schrif, ten ausgehen, in denen sich besondere Weltansichten aussprechen, und ihnen reiht sich wieder eine Menge anderer an, die freilich nichts weniger als Weltweise und charakterstarke Männer sind, die jedoch eben so gut als solche gelten wollen, wie jene Sfribenten anderer Art als Gelehrte. Ich verstehe unter den Welt. weisen oder philosophischen Schriftstellern begreiflich nicht gerade die Gründer oder Anhänger eines ausgebildeten Systems, soge= nannte Philosophen von Fach, sondern jeden Schriftsteller, dem es um Durchführung bestimmter Ansichten, die ihm für das Wohl und die Beurtheilung menschlicher Zustände und Verhältnisse wichtig scheinen, ernstlich zu thun ist. Justus Möser, Lavater,

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