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Behandlung viel Aehnlichkeit mit der Ballade hat, wie sie Bürger behandelt hat. Gewiß waren Gedichte dieser Art, poetische Behandlung einzelner Ereignisse aus der Heldensage, die erste ausgeprägte Poesie. Aus solchen einzelnen Erzählungen, die alle nach derselben Form gebildet waren, konnte sich dann später durch Zusammenfügung leicht eine ganze Sammlung, und somit ein Epos entwickeln.

Das Gedicht hat aber nicht nur durch seine Vortrefflichkeit an sich großen Werth, sondern giebt uns auch über die älteste Gestalt deutscher Poesie genügenden Aufschluß. Daß die Alli teration oder der Stabreim das Bindemittel der Verszeilen bei den Skandinaviern und Angelsachsen war, wußte man längst; nur von eigentlich deutschen Dichtungen konnte man dies nicht nachweisen. Unser Bruchstück ist zwar schon lange bekannt, denn bereits i. J. 1729 gab es J. G. Eckhart heraus "); allein man hielt es stets für ein Fragment einer alten prosaischen Rittergeschichte **), mit der man nicht viel anzufangen wußte. Erst die Gebrüder Grimm, denen die Nation so viel Aufhellung in allen vaterländischen Sachen verdankt, wiesen nach, daß jenes Bruchstück ein Gedicht sey und zwar in alliterierender Form ***).

*) In seinen Commentar. de rebus Franciae orientalis. Würceb. 1729. T. 1. p. 864.

**) Die beiden ältesten Gedichte aus dem achten Jahrhundert: das Lied von Hildebrand und Hadebrand, und das Weißenbrunner Gebet. Caffel 1812. Später: De Hildebrando antiquissimi teutonici fragmentum. Gött. 1830. Für die Erklärung ist sehr wichtig eine Abhandlung von Lachman in den Abhandlungen der Berliner Academie (v. 1833): Ueber das Hildebrandslied.

***) Welche Gelehrsamkeit übrigens manchem unserer Literarhiftoriker innewohnt, davon nur zwei Beispiele. Pöliß zählt (die Sprache der Deutschen, philosopisch und geschichtlich) die ältesten Denkmäler der Sprache auf, und zwar außer der Ueberf. des Ifidor und der Regel des Benedict noch folgende: 1) Ein Fragment aus einer alten Rittergeschichte; 2) das Hildebrandslied; 3) das Weißenbrunner Gebet; 4) ein fränkisches Gebet, früher unter dem Nahmen Kazungali be: fannt. - Offenbar hat er von allen diesen Sachen nie etwas gelesen, denn Nro. 1 u. 2, sowie Nro. 3 u. 4 find ein und dieselben Gedichte.

Herr L. Wihl in seiner neuesten Geschichte der deutschen NationalLiteratur will auch das Lied von Hildebrand mittheilen, versieht sich aber, und theilt das Hildebrandslied (aus dem 15ten Jahrh.) mit.

Jede Zeile besteht aus zwei Halbzeilen, deren jede zwei Haupthebungen hat, d. h. zwei Silben, auf welche der nachdrücklichste Ton fällt. Von diesen vier Haupthebungen nun antworten sich zwei oder drei durch Alliteration *). Vor, zwischen und hinter jene können sich mehr oder weniger schwach oder gar nicht betonte Silben schieben, so daß also das rhythmische Gesetz immer dasselbe bleibt, jede einzelne Zeile aber doch ihren eignen, freien Gang nimmt; ein rhythmisches Fortschreiten, das für epische Darstellung dieselben Vortheile darbietet, wie der homerische Hexameter:

Her furĺaet im lande ĺuttila sitten

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Prut in bure, barn unwahsan,

Árbeolaosa: her raet ostar hina.

Sid Detriche darba gistuontun

Fateres mines; dat was so friuntlaos mann.
3. 18 - 22.

In meiner Uebertragung habe ich, um doch einigermaßen den rhythmischen Gang zu bezeichnen, die vier Haupthebungen beibehalten und durch Accente angedeutet; die Alliteration vermochte ich nicht wiederzugeben **).

Die Sprache des Gedichtes ist nicht die hochdeutsche, sondern gehört der niederdeutschen Gestaltung an, und vermuthlich haben wir hier die eigentliche fränkische Mundart des achten Jahrhunderts vor uns. Dies bedarf einer Erläuterung, da über die verschiedenen deutschen Mundarten oft ganz falsche Vorstellungen herrschen und über die eigentlich fränkische jedenfalls Irrthümer im Gange sind. Man nennt nähmlich die später erscheinende alt hoch deutsche Sprache auch fränkisch, gewöhnlich im Gegensatz zu dem Mittelhochdeutschen, das nun wieder schwä bisch seyn soll. Die Bezeichnung fränkisch hat eben viel

*) Ueber das Wesen der Alliteration vgl. meine deutsche Sprache. B. 2. S. 627 u. 641.

**) Doch findet fie fich in 3. 2. 4. 11. 12. 15-18. 24. 28. 33-36. 38. 39. 42. 44. 45. 47. 51.

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Bedeutungen. Die Franken waren ursprünglich so gut wie Sachsen und Friesen ein niederdeutscher Stamm; sie wohnten am Niederrhein an der Maas und Mosel; als ihre Nachkommen müssen wir die Niederrheiner, Lurenburger und Belgier ansehen. Begreiflich war nun auch ihre Sprache eine niederdeutsche Form, und das jezige Niederrheinische, wie es um Aachen und Tölln gesprochen wird, kann als Forisehung des ursprünlich Fränkischen gelten. Als die Franken Gallien, das alemannische und thüringische Reich eroberten, erhielten diese Gegenden auch den Nahmen Franken, d. h. fränkisches Reich, und die deutsche Sprache überhaupt wurde nun im Gegensatz zur lateinischen die fränkische genannt, ohne daß man hier an die Mundart des Franken stammes zu denken hätte. Nach der Theilung des fränkischen Reichs behielten die Länder am Main, früher im Besitz der Alemannen, ganz zufällig den Nahmen Franken, weil sie früher den fränkischen Königen als Kammergut gedient hat. ten, und wenn wir jet von fränkischer Mundart sprechen, so meinen wir damit die Mundart um Würzburg und Bamberg, oder kurzweg die Sprache des ehemaligen fränkischen Krcises. Nachdem die in Gallien ansäßigen Franken die verderbte latei nische Sprache angenommen hatten, naanten sie die deutsche Sprache die alemannische, mit vollem Recht, da dieselbe von den Alemannen ausgieng. Man unterscheide also: 1) fränkische Stammsprache, eigentliche Mundart der alten Franken; 2) die altfränkische Sprache, d. h. die nachh Karln dem. Großen gangbarste Sprache in Deutschland, das Althochdeutsche; 3) die jeßige fränkische Mundart, d. h. der Dialect von Nordbaiern. Wenn wir nun für unser Lied das Fränkische in Anspruch nehmen, so kann damit nur die Stam m sprache der Franken gemeint seyn. So viel ist gewiß, daß die Sprache des Bruchstücks niederdeutsch ist und nicht hochdeutsch, d. h. alemannisch. In hochdeutscher Mundart haben wir aus jener Zeit ziemlich viel Sprachdenkmäler, von eigentlicher Poesie jedoch nur ein Flaines poetisches Gebet, unter dem Nahmen des Weffobrunner Gebetes bekannt. Uebrigens waren in jener Zeit die verschiedenen ̈ deutschen Mundarten gewiß nicht in der Art Göginger Lit.

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getrennt, wie jetzt. Der Alemanne verstand ohne Zweifel den Franken recht gut, und dieser den Baier.

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Heliand. Muspilli. Otfried.

Obgleich die ältere epische Dichtung vergessen war, blieb doch die Form derselben immer noch im Gebrauch, und es scheint, daß es auch nach Karln dem Großen, als die Geistlichen anfiengen sich der Poesie zu bemächtigen, noch Sänger von Gewerbe gab. Ludwig der Fromme soll einem Niederdeutschen den Auftrag gegeben haben, die evangelische Geschichte poetisch zu bearbeiten, und wir besitzen dessen Werk noch *). Es zeigen sich darin noch viel Spuren ächter alter Poesie, und die Form ist ganz die frühere der Alliteration. Um dieselbe Zeit oder früher mag ein hochdeutsches Gedicht entstanden seyn, das der Herausgeber jenes niederdeutschen uns ebenfalls bekannt gemacht hat unter dem Namen Muspilli **). Die Form ist wieder die der Alliteration, aber ganz verkümmert, so daß man sieht, wie sie absterben wollte. Gegenstand der Dichtung ist eine Schilderung des jüngsten Gerichts, wobei denn christliche und heidnische Be griffe sich eng verbinden. Des Bruchstück (denn das Gedicht ist nicht vollständig) hat übrigens sehr gelungene Stellen, die aber

*) Heliand oder die altsächsische Evangelienharmonie. Herausgeg. von Schmeller. Stuttg. 1830. In Wackernagels Lesebuch findet sich kein Bruchstück davon, da der Herausgeber das Sächsische ausgeschlofsen hat.

**) Muspilli. Bruchstück einer althochdeutschen alliterierenden Dichtung vom Ende der Welt. München 1832. Abgedruckt in Wackern. Lef. Seite 70.

wohl nicht dem Dichter angehören, sondern Erinnerungen an ältere Dichterwerke sind. Die Schilderung des Streites zwischen Elias und dem Antichrist gebe ich in neuhochdeutscher Uebertragung:

Se hört' ich sagen die Weltweisen:

Daß der Antichrist soll mit Elias streiten.

Der Böse ist gewaffnet, und es wird unter ihnen Krieg

anheben.

Die Kämpfer sind so kräftig, die Sache so groß.
Elias streitet um das ewige Leben,

Will den Fromamen die Herrschaft befest'gen.
Darum soll ihm helfen, der des Himmels waltet.
Der Antichrist steht bei dem Altfeinde,
Steht bei dem Satanas, der ihn *) versenken soll.
Drum soll auf der Wahlstatt verwundet er fallen
Und in dem Gange steglos werden.

Und es glauben viele der Gottesmänner,
Daß Elias verleht in dem Kampfe werde.

Und wenn des Elias Blut träuft auf die Erde,
So entbrennen die Berge, kein Baum besteht,

Kein einz'ger, auf Erden, die Waffer vertrocknen,

Das Meer verschwilgt sich, es schmilzt von der kohe der
Himmel.

Der Mond fällt herab, der Erdkreis brennt,

Kein Stein bleibt stehen. Kommt der Vergeltungstag,

Um heimzusuchen mit Feuer die Menschen,

Dann mag ein Bruder dem Bruder nicht helfen,

Wenn völlig verbrennt der weite Erdkreis

Und Feuer und Luft ihn ganz verzehrt.

Dies ist das lehte Gedicht in der alliterierenden Form, wel. ches wir besitzen. Alles aus den nächsten Jahrhunderten Aufbewahrte ist Mönchspoeste, meist christlichen Inhalts. Damit ist aber natürlich nicht bewiesen, daß es keine andere gegeben hätte; denn von keiner Zeit als gerade von dieser gilt die Be hauptung so sehr, daß alle überlieferte Literatur nur Bruchstück

*) Näbmlich den Elias.

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