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genommen haben, wenn Friedrich früher darauf gefallen wäre, sich ihrer anzunehmen. Von Göthe's Göh hat er etwas vers nommen, nennt aber dieses Stück eine ekelhafte Plattheit. Kennt nisnahme Klopstocks wird niemand von dem Könige verlangen, fonderbarerweise scheint er gar nichts von Lessing zu wissen. Uebrigens spricht Friedrich zuleht ein prophetisches Wort: „Im„merhin können diejenigen, welche zuleßt nachkommen, zuweilen „ihre Vorgänger übertreffen. Weit schneller als man glaubt, „kann dies geschehen, wenn die Beherrscher selber Geschmack an „der Gelehrsamkeit finden; wenn sie die Gelehrten ermuntern. "Sobald wir Medici haben, werden wir auch Genies haben, Auguste »werden Virgile erwecken. Wir werden classische Schriftsteller bes „kommen, jedermann wird fle lesen wollen, die Nachbarn werden „deutsch lernen, zum Entzücken werden es die Höfe sprechen; es „kann geschehen, daß, verfeinert und vervollkommnet, sich unsre „Sprache, um unserer guten Schriftsteller willen, sich von einem „Ende Europens bis zum andern ausbreiten wird. Noch find „fie nicht da, diese schönen Tage der Literatur; doch nähern sie fich. Ich selber werde sie nicht sehen, da mein Alter mir diese »Hoffnung untersagt.«

Friedrichs Schreiben machte großes Aufsehen und erregte vielen Unwillen. In Preußen selbst, wo man doch so kampfs lustig gesinnt war, schwieg alles; selbst Gleim seufzte nur im Stillen. Klopstock schrieb seine Zornode: die Rache; Göthe vers faßte ein Gespräch, das leider verloren gegangen ist. Wie immer aber, wo es galt, fürstlichen Anmaßungen entgegenzutreten und die Ehre der Nation zu retten, stand der würdige Patriarch Möser in den vordersten Reihen. Von diesem alten Manne hätte man es am wenigsten erwarten sollen, daß er sich der

fich denn, daß der große König, der immer von Horaz, Virgil und Homer spricht, gar nicht weiß, was ein Herameter ift. Die Mädcheninsel (Nicol. Göß Gedichte, Bd. 3) ift nehmlich in elegischen Distichen abgefaßt; Friedrich erkennt darin „ein ganz eigenthümliches Versmaß, welches ihm besonders wohl gefalle; er habe die deutsche Sprache folcher lieblichen Bewegung gar nicht für fähig gehalten und rathe den Dichtern, diese Versart_anzubauen.“ Daß man dreißig Jahre lang schon solche Verse mache, war ihm alfo völlig unbekannt.

jungen Strudelköpfe annähme; auch er veröffentlichte jedoch ein Schreiben über die deutsche Sprache und Literatur *), und zeigte, wie die Deutschen nur eine Nationalliteratur erhalten könnten, wenn sie auf dem Grunde fortbauten, welchen Klopstock, Göthe und Bürger gelegt hätten. Wenn Göz von Berlichingen dem Gaumen des Königs nicht zusage, so entscheide das gar nichts über den Werth dieses Schauspiels als Volksstück, wo der Geschmack der Hofleute keine Stimme habe, wie denn überhaupt für die Nation nicht das beste Schauspiel das sey, was dem schwachen Ausschusse des Menschengeschlechts seine leeren Stunden vertreibe oder das Herz einer Hofdame schmelzen mache. Die wahrhaft einheimischen Produkte hätten den dankbaren Beifall der Nation erhalten und so lange genossen, bis diese in ihrem herzlichen Genusse von den alten verwöhnten Liebhabern auswärtiger Schönheiten gestört worden seye. Freilich hätten es die Nachahmer zu bunt gemacht und in zu grellem Widerspruch mit denen, die bloß für den Hof gearbeitet, selbst die Lazzaroni mit ihrer Kost vergnügen wollen; indeß hätten selbst Klinger und Lenz in einzelnen Theilen eine Stärke wie Hercules gezeigt, aberdings aber, wie dieser, mit sehr schmuhiger Arbeit sich beschäftigt.

Gegen diese vortreffliche Schrift Mösers verschwindet das Buch Karl Wezels von Sonderhausen: „Ueber Sprache, Wissens schaften und Geschmack der Deutschen" (1787). Es enthält viele feine und vortreffliche Bemerkungen, läßt aber keinen festen Eindruck zurück, da der Verfasser, der die neuen Richtungen selbst verdammte, gar keinen Nahmen nennt, und scheint immer darauf hinzudeuten, daß eigentlich Karl Wezel der erste und bes deutendste Schriftsteller Deutschlands sey.

S. 124.

Die Kreise in Leipzig, Dresden und Gotha. Wezel, der, als er sein Buch schrieb, in Leipzig lebte, führt uns nach Sachsen. Hier war man der neuen stürmischen Richtung, welche die Literatur genommen, ganz abgeneigt. Gellert stand noch in höchstem Ansehen, und man hatte es sehr übel ver

* Jest im ersten Bande der vermischten Schriften.

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nommen, daß das junge Geschlecht damit anfieng, Gellerten aus der Liste der Dichter zu streichen. Weiße, Gellerts und Uzens Freund, engverbündet mit Engel und Garve, gab hier die Bibliothek der schönen Wissenschaften heraus, und sein Grundsah war, die neuen Richtungen nicht zu bekämpfen, sondern sie mit Schweigen zu übergehen; er wollte so wenig von Klopstocks Ueberschwenglichkeit als von Wielands Leichtfertigkeit etwas wissen und nahm großes Aergernis an dem jungen rohen und stürmischen Wesen zu Frankfurt, Göttingen und Weimar.

Weiße war durchaus Vertreter seiner Provinz. In Leipzig und Dresden sah man die Süddeutschen gar nicht für ebenbürtig an, schon der Sprache wegen nicht. Meißen hatte seit Jahr hunderten in dem Rufe gestanden, das beste Deutsch zu reden, und Gottsched, ein Preuße, hatte diesen Ruhm bekräftigt. Sein Ansehen als Gesetzgeber der Sprache erbte auf Adelung fort, der zwar ebenfalls kein Meißner war, sondern ein Pommer, aber fest an dem Grundsahe hielt, daß die hochdeutsche Sprache der meißnische Dialekt sey. In seinem berühmten Wörterbuche, das von 1774-1786 erschien, läßt er allenfalls Klopstock gelten, von dem jungen Geschlechte ist aber kein Nahme darin zu finden.

Ein Widerstand gegen die neuen Richtungen, wie ihn auf barsche Weise die Berliner offenbarten, galt in Sachsen also nicht; man suchte sich nur des Ueberschwenglichen, Rohen und Ungeschlachten zu erwehren und das Glatte, Gefeilte zu retten, daher der Spott gegen das Volksdeutsch und das Paradedeutsch, den Anton Wall in der oben angeführten Stelle ausspricht. Dieser Anton Wall (Christian Leberecht Heine, 1751–1828) war einer der bedeutendsten Vertreter der sächsischen Schriftsteller; mehrere seiner Lustspiele, so wie seine Bagatellen können überhaupt als das Gefeilteste gelten, was in jener Zeit erschienen ist, so wie Ernst Platner in Leipzig, wenn auch nicht der tiefsinnigste Philosoph, so doch der geschmackvollste und geschmeidigste philosophische Schriftsteller seiner Zeit war. In beiden sehen wir Zöglinge der Franzosen. Neben Anton Wall glänzte August Gottlob Meißner (1753 1807) besonders durch seinen lebendigen und zierlichen Styl, und er und Heine sind als Bes gründer der neuen deutschen Novellenliteratur anzusehen. Diese

Novellistik erbte sich hier`fort, und 1791 stiftete Wilhelm Gottlieb Becker einen Mittelpunkt für dieselbe in seinem Taschenbuche für geselliges Vergnügen, welches als Ahn aller der spätern unzähligen Taschenbücher anzusehen ist.

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Zu dieser sächsischen Schule können wir auch Campe aus Braunschweig (1746-1818) zählen, der als Jugend - Erzähler burch Weiße angeregt worden war, welcher von 1775 1784 seinen Kinderfreund herausgab, als Sprachforscher durch Adelung. Er stand mit Anton Wall und Becker in engster Verbindung. Dagegen tritt nun Johann Karl Wezel in eine Art Gegensah zu seinen Landsleuten, mehr aber durch seine ungeheure Eitelkeit, die ihn endlich zum Wahnsinn brachte, und durch sein Streben nach Originalität. Er, Anton Wall, Joh. Friedrich Jünger und Christoph Brezner können als Vertreter des sächsischen Lustspiels gelten, sowie Weiße das Trauerspiel vertrat, und so wie man dem Göthe'schen, dem Göttinger und dem Jacobi'schen Cirkel theilweise eine überspannte Empfindung und übertriebene Kraft zuschreiben muß: so läßt sich theilweise den sächsischen Schriftstellern Empfindungslosigkeit und unwirksame Darstellung vorwerfen, wofür denn das Zierliche, Glatte und Correcte keinen Ersah leistet.

Enger als der Dresdener Kreis, dessen Häupter Meißner und Becker waren (auch Langbein gehörte eine Zeitlang dazu), stand ein poetischer Cirkel zu Gotha mit Weiße in Verbindung. Der Herzog von Gotha war, im Widerspruch mit dem zu Weis mar, durchaus der französischen Richtung zugethan, und sein Sohn, der nachmalige Herzog August, selbst französischer Schriftsteller. Nach Gotha, seiner Vaterstadt, hatte sich Gotter zurückgezogen, und der Verdruß, daß durch die Musenalmanache, die er selbst mit gegründet hatte, sich ein ganz anderer Geist verbreitete, als derjenige der Grazie und Zierlichkeit, scheint ihn feindselig gegen die ganze neue Richtung gestimmt zu haben. Er setzte sich ders elben in lyrischen und dramatischen Erzeugnissen mit Talent, aber ohne allen Erfolg entgegen. Anch Georg Schaß und Caspar Friedrich Manso suchten hier für den Dienst der Grazien zu streiten, giengen aber ebenfalls in dem Kampfe unter. Der bedeutendste Mann in diesem Kreise war aber Morih August

Thümmel (S. 382), der seit dem Jahre 1783 zu Gotha lebte und immerfort Weiße's treuester Freund blieb.

§. 125.

Pragmatische Romane. Nicolai. Musäus. Thümmel. Thümmel hatte jedoch seit dem Erscheinen der Wilhelmine (1764) nichts mehr von Bedeutung gegeben als eine kleine Erzählung in Gellerts Manier und mit Wielands Zweideutigkeit. Dagegen war sein komisches Heldengedicht Veranlassung gewesen zur Verbreitung eines ganz eigenthümlichen Literaturzweiges. Nicolai nähmlich knüpfte an dasselbe ein ganzes Buch in drei Bänden: „das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Nothanker" (1773). Hatte Thümmel das Hofleben gegeißelt, so Erachte Nicolai die aufgeblasenen Konsistorialräthe, die Bücherfabrikation, die Süßlichkeit der Anakreontiker u. a. zur Dar stellung, versehte also die Scene aus dem Gebiete des wirklichen Lebens in das der Literatur und Gelehrsamkeit. So schwach auch dieses Buch ist; so großes Aufsehen machte es durch seinen Inhalt. Gleich darauf schrieb Nicolai eine Parodie zu Werthers Leiden die Freuden des jungen Werthers" und 1777 gab er heraus: „Eyn feyner kleyner Almanach voll schönerr echter liblicher Volkslider u. f. w.," womit er die neuern Volksdichter und die Liebhaberei für die Volkslieder verspotten wollte, nah: mentlich also Herder und Bürger.

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In Nicolai's Fußtapfen trat sehr bald sein Freund Karl August Musäus von Jena (1735-1787), Pagenhofmeister, später Professor in Weimar. Er hatte schon in früherer Zeit (1760) in seinem „deutschen Grandison« die englischen Tugendromane verspottet und trat 1778 mit seinen physiognomischen Reisen hervor. Nicht nur der physiognomische Eifer ist Gegenstand dieses höchst launigen Buches, sondern auch die Tagebuchschriftstellerei, welche ebenfalls durch Lavater in Schwung ges kommen war, ferner die neuere Pädagogik, die Empfindsamkeit und der Eifer für Klopstocks Bardenpoeste. Musäus steht unendlich höher als Nicolai; es ist aber ein Beweis der damaligen Rathlosigkeit, daß so vortrefflich angelegte Bücher so schlecht durchs geführt wurden. Die harmlose Satyre ohne alle Bitterkeit und Götzinger Lit.

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