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Blicke geworfen und die moralischen Gedichte Hagedorns sind durchaus unter Pope's Einfluß entstanden. Unterscheide man also wohl, welche Seite der englischen Literatur Bodmer so hervorhob. Es waren bloß Milton und die in der Art desselben dichteten: Elisabeth Rowe und Edmund Waller, und auch bei Milton zog ihn nicht das Große, Leidenschaftliche an, sondern das Wunderbare.

Beide Gegner wurden aber während des Streites über alles Maß hinausgetrieben. Gottsched, der früher die englische Literatur, auch Milton und Shakespeare, nach seiner Gewohnheit ruhig und vom historischen Standpunkte aus behandelt hatte, warf zuleht allerdings einen grimmigen Haß auf dieselbe, so wie auf die italienische; eben so auf alle neu auftretenden Dichter, die mit Bodmer in Verbindung standen. Er verunglimpfte zuleht alles, was nur von weitem an den verhaßten Milton erinnerte, so wie Bodmer alles pries, was keine Reime und dafür eine abenteuerliche Sprache hatte. Der Kampf ist unter dem Nahmen des Streites der Sachsen und Schweizer bekannt; eine etwas sonderbare Bezeichnung, da gerade die gefährlichsten Gegner Gottscheds ebenfalls Sachsen waren und in Halle Bodmers Hauptverbündete lagerten. Merkwürdig ist es, daß die neue Literatur durch einen so erbitterten Kampf mit geboren werden mußte; diesem Kampfe selbst aber legt man jedenfalls zu viel Wichtigkeit bei; denn troß dem, daß während desselben und zufolge desselben eine Menge Seiten der Kritik zur Sprache kamen, wäre die produktive Thätigkeit, was doch die Hauptsache war, gar nicht gefördert worden, wenn sich nicht Männer derselben angenommen hätten, die sich fern von jeder Theilnahme am Kampfe hielten. Dieser selbst erinnert unwillkührlich an die Pfeffelsche Fabel:

Ochs und Esel zankten sich

Beim Spaziergang um die Wette:
Wer am meisten Weisheit hätte;

Keiner slegte, keiner wich.

Lessing spielte endlich die Rolle des Löwen und nannte beide Partheien Narren, wodurch er sich aber die erbittertste Feindschaft von beiden zuzog.

S. 72.

Der Leipziger Bund und die Bremischen Beiträge.

Im J. 1741 stiftete Schwabe, ein Anhänger Gottscheds, eine Zeitschrift unter dem Nahmen: Belustigungen des Verstandes und des Wishes (1741 1745. 8 Bände). Der Titel zeigt, was man damals vorzugsweise von der Muse forderte: Verstand und Wih. Natürlich lehnte sich Bodmer dagegen auf; und da Gottsched Wih von dem Dichter forderte (er verstand aber darunter eigentlich nichts als das Vermögen, Dinge zu sehen, die ein andrer nicht sieht): so verbot er dem Dichter allen Witz und nannte diesen eine Geistes."

„Krähe des

Die Belustigungen sind die Mutter aller Zeitschriften, die während des ganzen Jahrhunderts von 1740 an in Menge entstanden und wieder abstarben. Sie enthielten, wie ihre Nachkömmlinge, Schöpfungen der Muse, moralisch - gesellschaftliche Abhandlungen und Kritiken. Damals studierten nun in Leipzig mehrere strebende poetische Jünglinge, unter ihnen Gellert, Rabener, Zachariä, Elias Schlegel und Joh. Adolf Schlegel. In der neuen Zeitschrift erschienen Gellerts erste Fabeln und ein Lustspiel desselben; Rabeners erste Satyren, Zas charia's Renommist, sowie die Erstlinge von Kästner, Uz, Kleist und andern noch jetzt bekannten Männern. Alles das wurde, für die Fassungskraft der mittlern Stände berechnet, mit allgemeinem Wohlgefallen aufgenommen. In diesen Belustigungen wurde aber auch der Streit zwischen Gottsched und Bodmer fortgeseht; und vielleicht aus dem Gefühl, daß es jeht nicht Zeit sey zur Kritik, sondern zum Schaffen, zogen sich die jungen Kräfte von der Zeitschrift zurück und stifteten eine neue unter dem Nahmen: „Vermischte Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Wihes." Da sie den Verleger in Bremen gefunden hatten, so wurde diese Wochenschrift bekannt unter der kurzen Bezeichnung der Bremischen Beiträge. Die Stifter waren: Karl Christian Gärtner (1712-1791), Joh. Adolf Schlegel (1721 1793) und Johann Andreas Cramer (1723–1795), denen fich bald zugesellten: Gottlieb Wilhelm Rabener (1714

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1771), Johann Arnold Ebert (1723 - 1795), Elias Schlegel (1718-1749), Friedrich Wilhelm Zacharia (1725—1777), Gottlieb Fuchs (1720—1807?) und andre, zuleht auch Christian Fürchtegott Gellert (1715—1769) und Nicolaus Dietrich Gifeke (1724 — 1777). Diese Beiträge, die von 1744 bis 1748 erschienen *), kann man als die Morgenröthe der neueren Literatur betrachten; es weht darin ein anderer Geist, als in allem bisher Geleisteten. Die Mits arbeiter waren insgesammt keine bedeutenden Genien, aber alle schöne Talente, alle voll erusten Strebens und voll Eifers, die deutsche Literatur zu heben. Kein Beitrag durfte ohne Prüfung und Billigung der andern Mitglieder aufgenommen werden und erlitt oft scharfe Kritiken und Abänderungen. Gärtner, den alle als feinen und scharfsinnigen Kritiker verehrten, hatte das Amt des Anordnens. Von dem Stolze unfrer neuern Poeten: jedes Wort, jede Härte seys etwas Werthvolles; die Schönheit der Dichtung bestehe vorzüglich darinnen, daß die ganze Subjektivität des Dichters mit allen Nachläßigkeiten und Dreistigkeiten darin erschiene: davon wußten diese Beiträger nichts; dagegen hatten sie allerdings den Uebermuth jeder neuen Schule: ste wollten die vergangene Zeit völlig abwerfen und betrachteten sich als Begründer einer neuen Epoche. Ihr verehrtes Muster war Hagedorn, der zwar nicht selbst Beiträge lieferte, aber in freundlicher Verbindung mit ihnen stand, und diese Farbe Hage: dorns tragen denn auch die meisten Beiträge. Erstens war es auch hier die Fabel, das gesellige Lied, das moralische Gedicht und die Satyre, die vorzugsweise auftraten ;»dann fuchte man wie Hagedorn Belehrung in Wig und Spott, Ernst und Satyre, gieng wie er auf die neuen englischen Muster-und-auf Horazens Vorbild ein und war, wie er, etwas breit und geschwäßig. Man wollte wizig und artig sich ausdrücken, dabei aber auch würdig und im reinsten Deutsch; vom höchsten Standpunkte der Kritik aus kann man freilich, behaupten, daß diese Beiträge fast alle die Form der Poesie tragen, ohne doch selbst Poefte zu sein, indem

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*) Fortgefeßt wurden fie von 1748 bis 1752 unter dem Titel: SammTung vermischter Schriften von den Berfaffern der Bremischen Beiträge.

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indem sie weder eine kräftige Gestaltung des äußern Menschenlebens noch eine klare Wiederspiegelung des innern Menschen geben. Denn anstatt wirkliche evische Dichtung gaben site die Fabel und die moralische Erzählung, anstatt des Ausdrucks lyrischer Empfindung und Leidenschaft eine Aufmunterung zu frohem oder würdigem Lebensgenusse, anstatt tüchtiger Charakterschilderung moralische und satyrische Schildereien. Ihr Hauptmotiv war das praktische der Belehrung in ernstem Tone oder im Spott; alle diese Dichter, Cramer ausgenommen, ziehen gegen die Narren und Thoren zu Feldez daher auch gegen die Schulphilosophie, gegen die Frömmelei und Betschwesterei, gegen die Rabulisterei und gegen die Kleinstädterei», ^nebenbei auch gegen die schlechten Poeten. Im Kapitel der Liebe verlassen sie zwar den widerwärtigen Ton der alten Galanterie, kennen aber die Liebe als Leidenschaft gar nicht, sondern begnügen sich, die wißigen und mannigfaltigen Verwechslung der begegnenden Liebespaare zum Stoff zu nehmen. So wird freilich ihre Heiterkeit oft zum bloßen Spaß, so wie ihr Ernst oft sehr weinerlich erscheint. Gegen die wahren Gebrechen und Niederträchtigkeiten ihrer Zeit ziehen diese friedlichen Poeten nie das Schwert und vermeiden es stets, persönlich zu werden. Stylistisches Verdienst und Correctheit gelten ihnen über Alles, und hier wieder nicht Keckheit in Behandlung der Sprache, sondern Faßlichkeit und Klarheit; wo die Sprache kühner wird, geht sie in rhetorischen Schwung über, ganz dieser Zeit gemäß, in welcher die Poeste das Amt der Redekunst mit übernehmen mußte. Daher nun haben die Erzeugnisse dieser Männer, obgleich sie sehr verschiedene Naturen waren, etwas Farbloses; offenbar aber kannten sie die Bedürf nisse ihrer Zeit oder befriedigten diefelbe instinktmäßig; regten fie auch nicht gewaltsam auf, so lenkten sie doch den Beifall ihrer Zeitgenossen auf ihr edles Streben und bereiteten ganz vortrefflich auf spätere, kühnere Geister vor. Wie sehr sie in der Achtung ihrer Zeitgenossen standen, beweist schon der Um-= stand, daß Magnus Gottfried Lichtwer (1719 — 1783), der i. I. 1748 seine Fabeln zuerst herausgab, anfangs gar keine Beachtung fand. Lichtwer steht an eigentlich gestaltender Kraft über allen Dichtern der Bremischen Beiträge; allein er

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war sehr incorrect und hart, was freilich in den spätern Aus gaben verbessert wurde, gehörte keiner Verbindung an, und machte auch seine Fabeln nicht einzeln in einer Wochenschrift bekannt. Gottscheden gebührt der Ruhm, auf diesen wackern Dichter zuerst aufmerksam gemacht zu haben.

§. 73.

Gellert und Rabener.

Die Leipziger Freunde giengen nach und nach in alle Welt, nur zwei der bedeutendsten blieben, Gellert in Leipzig selbst, Rabener wenigstens in Sachsen, und beide wurden Lieblingsschriftsteller ihrer Zeit und Vertreter eines beachtenswerthen Theils der Nation.

Gellert war kein hervorragendes Genie, aber ein liebenswürdiges Talent. Die Richtung dieses Talentes fiel aber zu= sammen mit dem Geschmacke und der Neigung des Publikums, und zwar nicht eines verwöhnten, übersättigten, sondern ganz frisch empfänglichen; eines Publikums, das Belehrung und Vergnügen zugleich suchte. So mußte Gellert die Gunst der Deutschen bald gewinnen, und er muß durchaus gepriesen werden, daß er diese Gunst nie misbrauchte. Seine Schüchternheit, sein reiner Charakter bewahrte ihn, blos um Geld und Gut zu schreiben, wie manche seiner Zeitgenossen, oder in den frivolen Ton seines Landsmannes Joh. Christoph Roste (1717 bis 1765) zu fallen, wodurch er die Gunst der sächsischen GroBen jedenfalls noch mehr an sich gezogen hätte. Die Wirkung, die er durch seine Fabeln, später durch seine geistlichen Lieder hervorbrachte, war ungeheuer. Der Ton, den er anschlug, zog eben sowohl die mittleren Stände an als die hohen, die Jugend wie das Alter, und dies macht ihn in unsrer. Literatur so merk würdig; ohne Gellert wäre manche spätere Erscheinung ohne alle Beachtung vorübergegangen. Thomas Abbt in seiner Schrift vom Verdienste sagt daher von diesem Dichter ganz richtig: »Für ganz Deutschland ist es, ohne Widerspruch, Gellert, dessen „Fabeln wirklich dem Geschmacke der ganzen Nation eine neue »Hülfe gegeben haben. Fragt die erste die beste Landpredigers»tochter nach Gellerts Fabeln? - Die kennt sie nach den

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