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vortrefflich, und so viel auch in der Ausführung zu tadeln seyn mag, die Anlage ist überall gut, und der Sinn, in welchem alles geschrieben ist, höchst erfreulich *).

S. 57.

Kritik der Zeitgenossen.

Fragen wir nun nach der Kritik, welche die Zeit über die Kunstdichter außerhalb jener Bündnisse und Genossenschaften fällte, und sehen wir, inwiefern alles der neuen Form und Manier beistimmte, so begegnen uns dieselben Männer wieder, die eben genannt worden sind. Valentin Andreä nahm die neue Methode so wenig an, als sein Landsmann Wecherlin, sondern blieb den alten achtfilbigen Zeilen treu, ist in der That oft hart, aber doch erfreulich in seiner Natürlichkeit und Derbheit. Gegen die neue Opizianische Manier sagt er in einem Epigramme: Ohn Mäh, ohn Kunst, ohn Fleiß ich dicht; Drum nit nach deinem Kopf mich richt.

Bis du wihst, schwihst, spihst, schnißst im Sinn,
Hab ich angeseht und fahr dahin;

Bis du guckst, buckst, schmuckst, druckst im Kopf,
Ist mir schon ausgeleert der Topf;

Bis du flickst, spickst, zwickst, strickst im Hirn,

Ist mir schon abgehaspt der Zwirn.

Gfällts dir nu nit wie ich ihm thu,

Machs besser, nimm ein Jahr dazu.

Daß Andreä billig mehr Kunst, Müh und Fleiß auf seine deutschen Gedichte hätte wenden können, geht aus diesem Epigramm selbst hervor; immer bleibt er, troh seiner Unbcholfenheit, eine merkwürdige Erscheinung jener Zeit**).

Daß der spöttische Laurenberg mit der alle modischen Poesie nicht zufrieden war, läßt sich denken. Besonders mis*) Die Schriften Chriftophs von Grimmelshausen sind mehrmal gesammelt worden. Ich habe vor mir liegen die Nürnberger Ausgabe v. 1685 (b. Felseker) in 3 Theilen. Jeder Theil hat seinen besondern Titel; der gemeinsame ist: deß Teutschen Simplicissimi Redivivi Luftund Lehrreicher Schriften Mark.

**) Eine Sammlung seiner deutschen Gedichte wäre sehr zu wünschen. Vieles findet man bei Herder, einiges in Gebauers Dichtersaal. Bd. 1.

fielen ihm die hochtrabenden Redensarten und das beständige Einmengen der Mythologie, und da er in Soroe mehrere Anhänger Zesens in der Nähe hatte, so mochte ihm ihr Unwesen die Galle füllen. Von der neuen Art, in Bildern zu reden, sagt er nun in seiner derben Manier:

Ef konde wol so hochdraven, wen ek wolde,
Dat et nemand als ef allene begrypen scholde,
Wen ek als de grote Poet skryven würde:
»Die Frau hat abgelegt ihrs Leibes reife Bürde,
»Versieglend ihr Ehbett mit einem theuren Pfand"
Wol würde ergründen disses Radels Verstand?
He meent darmit, de Frue heft en Kind gekregen,
Welkes im Ehestand is een edel Goddes Segen.
Man eener dem so hupich nich is ingegaten
Dat himlische Licht, wurde et duden solkermaten,
Als wan de Frue öhre Kleeder von dem Bedde
Genamen und in Pand versettet hedde.

Ein ander, der da meent, he wurd et beter weten,
Lede et so ut, dat Wyf heft in das Bedde gescheten.
De sülve Poet wo he kunstlik verklaeret,

Wo sin Frund up dem Meer in ein Schippe fahret,
Sine hochflegende Flögel mit dissen Wörden udbreitet:
„Auf einem hölzern Pferd das nasse Blau durchschneidet,
„Spaltend Neptuni Rück mit einem Waldgewächs.«
Eeen Halffgeleerd als eck, las disse schware Ler,
He spinteseerde lang, ehr he se konnt ergründen.
Endlik sprak he: de Poet, de eenen syner Fründen
Beklaget, dat he must upm holten Esel ryden,

Un synen natten Ers dar brun un blau to schnyden:
Un dat desülve Fründ Neptun, üm syn Verbreken,
Up dem Kake*) mit Roden were utgestreken.
Sülke hocherlüchtede Rede, de nu is upgekamen,
Bringet den nyen Poeten eenen ewigen Namen.
It is nu lächerlik, schryven dat ydermann,

Ja ooch een Schoster, edder old Wyff vornehmen kann.

*) Pranger.

Men moet syne Fedder hoch aver de Lufft upschwingen,
Un mit poetischen Stiel durch de Wulken dringen.
Dat is nu de Maneer.

Balthasar Schupp verfaßte seine Morgen- und Abendlieder den Opizianern zum Truh im holprichtesten Versmaß und in unreinster Sprache, und eifert in der Vorrede gegen die neuen Wortklaubereien: „Ob das Wörtlein und, die, das, der, ihr und dergleichen kurz oder lang seyn, daran ist mir und allen Musketieren in Stade und Bremen wenig gelegen. Welcher römische Kaiser, ja welcher Apostel hat ein Geseß gegeben, daß man einer Silbe halber, dem Opitio zu gefallen, soll einen guten Einfall fahren lassen? Ihr vornehme Critici, sagt mir, ob der König David in seinen Psalmen sich allezeit gebunden habe an die Regeln, welche Pindarus in seinen Oden observirt hat? Und ihr deutsche Pocten, sagt mir, ob Lutherus, wenn er traurig oder freudig gewesen und, sein Gemüth zu erquicken, ein geistreiches Liedlein gemacht, darinn er mehr auf das Anliegen seines Herzens und auf die Realia, als auf Poetische, Opizianische, Isabellische, Florabel= lische, Coridonische, Galatheische Phrases gesehen hat, allezeit in Acht genommen hat eure Antipericatam et anaparbeugedam phirribificationes poeticas, sive in Parnasso, sive in Helicone, ex utero parturientis Minervae, nonnisi visu prudentiorum satyricorum productas ? "

Moscherosch, der selbst ein guter Dichter_war *), ist sehr unzufrieden, daß Opik, dessen Verdienste er übrigens anerkannte, die frühere Poesie völlig beiseit sehen wolle, und hebt nahmentlich Weckherlin, Andreä, Ringwaldt u. a. hervor, aus deren Gedichten vieles in seinen Strafschriften vorkommt. In dem sechsten Gesichte „Höllen kinder" geißelt er aber den ganzen Poetenunfug, sowohl die frühern Bänkelsänger, als die neuere vornehme, hochtrabende Versmacherei. Er will freilich nicht Dichter von Nahmen verspotten, sondern nur solche, die ohne poetisches Talent Verse machen; da aber der Mangel des

*) Einige Lieder von ihm in der Bibl. D. D. Bd. XIV., doch kommen in den Gefichten noch mehr vor.

wahren Talentes auch bei vielen berufenen Dichtern hervortritt, so trifft sein Spott auch diese. Ich füge den ganzen Abschnitt seiner schlagenden Wahrheit halber bei:

»Ich ersahe einen großen Pferch, in welchem viel tausend Poeten saßen. Aber sie wurden in der Hölle anderst nicht als Fantasten, Esels und Narren gehalten. Indem ich sie nun genau beschauete, kam deren einer gegen mir zu, und mit einem Finger auf ein unfernes Frauenzimmerquartier weisend: Was deucht euch? sprach er, ist's nicht wahr? Die Weiber sind nicht ganze Gehülfinnen des Mannes, sondern nur halbe Gehülfinnen. Ratio est, dieweil sie nicht alle Zeit um den Mann seind. Rationis ratio, dann auch die halbe Zeit, nähmlich die Nacht, sie mit Schlafen zu bringen. Rationis Rationis Ratio, auch am hellen Tag helfen sie zwar die Männer gern ausziehen, aber nimmermehr wird man sehen, daß sie dieselben gern helfen anziehen. Ergo so ist Rationis Rationis Rationis Rationis certissima et infallibilis Ratio, daß die Weiber nur halbe Gehülfinnen seyen des Mannes. Wann ich der überspißfindigen, tiefgesuchten Weisz heit dieses Poeten länger hätte Gehör geben mögen, ich glaube sicherlichen, er würde tausend Rationis Rationis Rationis nach einander daher erzählt haben. Aber wie? sprach ich, könnt' ihr dergleichen spisgesuchte, unnüße, kahle Gedanken und Fragen auch noch in der Hölle nicht vergessen? Ist euch die Plackerei noch nicht ausgeschwiht? Ihr müßt wahrlich auf Erden ein nötlier Kaung und lächerlicher Fisigunkus gewest seyn, weil ihr die Schnacken und Grillen auch bis hierher behalten.

Es gienge dieser von mir, und ein anderer mit einem Schreibtäfelein in der einen Hand, ein glatt schmußiges Käpplein aufhabend, kam gegen mir, und ohn weiteres Grammanhes redete mich also an:

Wann ihr dann mich wollt fragen rath,
So wollt ich es euch sagen drat,

Und nichts verheln zu dieser Frist,
Das schwör' ich euch ohn' alle List.
Dann ich als erfahren han,

Als ich durch die ganze Welt that gahn.

Von Morgen bis gen abendwerts
Bin ich bekannt ohn allen Scherz,
Und ist kein Statt fast auf der Welt,
In der ich nit war, wie gemeldt;
Auch in der größten Stadt Constan-
Tinoppel, die allen ist bekannt. —

Ei, so noppel, daß du deine Ehr vernoppelst, du Ellender Tropf, daß ich dich ja nicht länger höre! Noppel dich fort, sprach ich, und höre auf! Dann wann ich ohne Straf und Gefahr in der Hölle lachen könnte, ich müßte mir dieser närrischen Verse wegen einen Buckel lachen. Pfui Teufel! Wie kannst du so närrisch seyn? Du machest allen Poeten einen bösen Rauch. Wann das Ding auf Erden geschähe, man würde dafür halten, es könnte keiner ein Poet seyn, er wäre dann zugleichh ein Narr, und sich einer bald schämen müssen, daß er ichtwas dichten und reimen gelernet. Meinstu, daß es genug sey, Narrenreimen machen und die Zeilen mit einem Hölzlein abgleichen können? elender Tropf! es gehöret ein ander Verstand und Kopf zur Poeterei; solche Narren, wie du bist, gehören nicht unter der Poeten Zahl; rechte Poeten haben herrlichere Einfäll und bessere Reimen, als du sie kannst machen. Ja, ja, sprach ein anderer, so eiserne Fessel anhatte und viel härter gestraft wurde, als der vorige. Ich hoffte zwar der Poeterei eine bessere Kron meritirt zu haben, der ich in derselben herrlichere Thaten gethan als dieser da. Aber o, daß, welcher die Poeterei, das Versmachen und Reimen, das Grillisiren anfangs erdacht hat, meinem Orte hinsigen und Höllische Reimen schwitzen müßte! Du elender Tropf! antwortete ich diesem, das Versmachen und Reimen an sich selbst ist an deiner Verdammnis nicht schuldig; wenn du solcher Gaben nicht zu loser Eitelkeit und Leichtfertigkeit misbrauchet, sondern zur Ehre und Lob Gottes, wie viel heilige Männer, verwendet hättest, du wärest dieser Strafe wohl entronnen. Aber deines gleichen verführerischen Schreibern soll es billich also ergehen. Ich hatte anfangs diesen, weil er Lateinisch zu mir geredet, für Martialis, Petronius, Catullus oder einen ihres gleichen füßelgierigen Franzosen

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