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Grade ihn auszeichnen. Aus dieser Mischung lassen sich die Größe des Dichters, wie seine Mängel erklären, und er crin nert in vieler Hinsicht an Jean Paul, nur daß letterer weit weniger Künstler war als Wolfram. Da er sich seiner poetischen Kraft, seines gewaltigen Genius klar bewußt war, schaffte er sich, was für diese Zeit unerhört war, neue Wege, und hätte er seinen Liturel vollendet, so würden wir in demselben ein Werk der eigenthümlichsten Art besitzen. Zu bedauern ist es, daß diese gewaltige Kraft so sonderbare Stoffe wählte, die nicht für ihn zu bedeutend waren, sondern für die er zu groß war; oder vielmehr, zu bedauern ist es, daß es zu Wolframs Zeit nicht schon ein Drama gab; denn wir besäßen in ihm gewiß einen der größten dramatischen Dichter. Angeborene Kenntnis des Weltgetriebes, Bekanntschaft mit der wirklichen Welt, Reichthum des Innern, Kunst der Gestaltung und der Entwickelung vereinigt sich in ihm, und alles dies sind Gaben, die er zur Bearbeitung einer Aventure eigentlich nicht brauchte; wenigstens verlangte sie die höfische Welt nicht.

Mit Recht findet daher Gotfried von Straßburg kein Wohlgefallen an Wolframs epischer Art und verlangt Faßlichkeit und Klarheit in der Darstellung, tadelt die gesuchten Bilder und breiten Einkleidungen und den ewig wechselnden Ton. Gotfried ist in der That ein weit besserer Erzähler als Wolfram, und müssen wir diesem lehtern mehr poetische Kraft zugestehen, so besitzt ersterer bei einer Fülle von Geist doch weit mehr epische Kunst. Er war für Darstellung solcher Aventuren geschaffen und ist der gewandteste, zierlichste Maler der Liebe, das Muster eines höfischen Dichters. Auch seine Poesie ist keine bloße Liebhaberci, sondern ein bewußtes, selbstständiges Schaffen, dem eine bestimmte Weltanschauung zu Grunde liegt. Als ly rischer Dichter nimmt er eine ganz andere Stellung ein denn Walther; denn wenn lehterer in kernigen Sprüchen, elegischen Klagen, rafenden Mahnungen und einfachen Lobpreisungen seine Größe sucht, so beruht Gotfrieds lyrische Kunst auf einem wihren Schwelgen in Bildern, und Walther könnte ihm densel= ben Vorwurf machen, den er selbst dem Eschenbach macht. Gerade dieser Unterschied in der Behandlung des Epos und der Lyrik

bei Gotfried beweist aber, daß er eine klare Einsicht in die Kunstgattungen hatte.

In dieser Periode zeichnen sich noch als Lyriker Herr Hein rich von Morungen und Reinmar der Alte, als Erzähler Hartmann von Aue und sein Nachahmer Wirnt von Gräfenberg aus. Von den ersten beiden wissen wir zu wenig, um ein Urtheil fällen zu können; Hartmann von Aue ist ein schönes Talent, ein weicher, fanfter, sinniger Charakter, aber ohne eigenthümliche, poetische Kraft und jenen drei Genien nicht zu vergleichen. Uebrigens muß er ein Lieblingsdichter seiner Zeit gewesen seyn, und verdiente dies auch, da er, frei von aller Manier, klar, einfach und anmuthig erzählt, und sich wie jedes Talent mit seinen Lesern in einen wohlwollenden Verkehr seht.

§. 19.

Sinken der hösischen Dichtung.

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„Die Gedichte dieser Zeit sagt Lachmann in der Vorrede »zu seiner Ausgabe der Werke Wolframs werden dem Leser „nicht etwa verzeihliche, wohlgemeinte Versuche eines unschuldi»gen, kunstlosen Dranges scheinen, sondern die edelste, reinste „Blüte einer bewußten und zum Classischen ausgebildeten Poesie, „die eben so wenig nur für ein schwaches Vorspiel der heutigen »gelten kann, als etwa das deutsche Reich für einen geringen An»fang zum deutschen Bunde." Mit den genannten Dichtern fieng diese Blüte aber auch an farbenloser zu werden und welfte nach und nach ganz hin. Von dem ersten großen Dichtergeschlechte müssen wir ein zweites kleines, wiewohl an Zahl sehr bedeu tendes, unterscheiden. An diesem Sinken der Poesie trugen jene Meister selbst die Schuld. Ihre Größe beruht nicht darin, daß sie das poetische Bedürfnis der Nation befriedigten, sondern beruht einzig auf ihrer individuellen Dichterkraft, die sie ziem lich üppig schalten und walten licßen. Sie selbst klagen oft über den Verfall der Kunst, über stumpfsinnige Zeitgenossen, oder über böswillige Kunstrichter (Merker), klagen darüber, daß die fahrenden Leute oder andere unhösischen Dichter das hofe liche Singen verdrängten und mehr Glück hätten als sie. Alles

ein Beweis, daß diese hösische Poesie eigentlich keinen Fuß ge faßt hatte bei der eigentlichen Nation, sondern eben nur an Höfen und bei der vornehmen Welt in Ansehen stand. Dic spätern Dichter traten in die Fußtapfen ihrer Vorgänger; da sie aber nicht die große Persönlichkeit derselben hatten, so konnten sie nur die Manier derselben nachahmen, die verschiedenen Manieren vermischen, oder, um Neues zu bringen, die Kunstfertigkeit immer mehr steigern. Besonders galt dies von der Bearbeitung der Aventuren. Die bedeutendsten Vertreter derselben, Rudolf von Ems, Dienstmann zu Montfort (starb 1254), und Konrad von Würzburg (starb 1287) sind nur Nachahmer der frühern Dichter, ohne eigenthümliche Weltanschauung und eigentliche poetische Kraft, dagegen mit desto mehr Kunstfertigkeit. Andere Dichter sahen ein, taß die poetische Darstellung nicht bloß an die Aventuren gebunden sey und nahmen das wirkliche Leben zum Gegenstande ihrer Kunst, entweder in Erzählungen und Schwänken, die nun eine Lieblingsfache selbst an manchen Höfen wurde, oder in Sittensprüchen und Lehrgedichten; die lyrische Dichtung erhielt sich, insofern sie musikalische Poeste ist, auf ihrer Höhe, wurde aber immer künstlicher, und die Größe Walthers erreichte kein späterer. Des eigent= lichen Minneliedes waren manche Dichter schon früher überdrüssiz geworden und versuchten sich nun in lyrischer Darstellung des gemeinen Lebens, oft in sehr derber Weise. Diese Reaction gegen den Minnegesang scheint besonders von Oesterreich ausge= gangen zu seyn; wenigstens dichtete der vorzüglichste Vertreter derselben, Herr Nithart, ein Zeitgenosse Walthers, in Oesterreich, wo man diese höfische Dorfpoesie, wie Lachmann dieselbe nennt, sehr liebte. Aus Mangel an Stoff verfiel man endlich darauf, die Geschichte in Verse zu bringen, und wir haben daher eine Menge gercimter Welt-, Landes- und Stadtchroniken, ein Verfahren, das man sage, was man will an Barbarei grenzt. Die Periode verlief sich, wie die vor Heinrich von Beldeck begonnen hatte, mit der Bearbeitung von Fabeln und didaktischen Erzählungen, und Hugo von Trimberg (von 1260 bis 1309 Rektor zu Bamberg) und Ulrich Boner (Predigermönch zu Bern um 1330) sind die lehten

Vertreter der kunstreichen Periode der hösischen Dichtung jener Zeit. Daß nicht auch in diesem Jahrhunderte, von 1230 bis 1330, einzelnes Schöne unt Treffliche hervorgebracht worden sey, läßt sich durchaus nicht behaupten, wie denn gerade Boner in vieler Hinsicht vortrefflich ist; allein ein bestimmtes Bewußtseyn des Strebens, ein Zusammenhang des poetischen Schaffens mit dem Volksleben fehlt, und zulch: wußte man eigentlich nicht mehr, was man wollte.

§. 20.

Uebersicht der Leistungen.

Fassen wir in kurzem Ueberblick zusammen, in welchen Gattungen sich die höfischen Dichter der hohenstaufischen Zeit versuchten, so erblicken wir die größte Mannigfaltigkeit der Bestrebungen, und zwar erscheinen die verschiedenen Arten der Poesie nicht in einer bestimmten Entwickelung hintereinander, fo daß z. B. die Lyrik hervorträte, wenn die epische Dichtung schwiege, sondern alle Gattungen brechen fast zu gleicher Zeit hervor.

Die höchste Stelle nimmt die Aventure ein, die man recht gut auch als romantisches Rittergedicht bezeichnen kann. Die Bearbeiter solcher Aventuren waren wohl sämmtlich eigentliche Meister. Rudolf von Ems, in der früher erwähnten Stelle (S. 109, Anmerk.), zählt sechzehn solcher Aventurendichter auf, nähmlich:

1. Herr Heinrich von Veldeck (Aeneide).

2. Herr Hartmann von Aue (Iwein, der Ritter mit dem Lewen; Eref und Enit).

3. Herr Wolfram von Eschenbach (Parzival; der heilige Wilhelm; Titurel).

4. Meister Gotfried von Straßburg (Tristan und Isolde).

*

5. Herr Bliker von Steinach (der Umhang).

6. Herr Ulrich von Zazikofen (Lancelot vom See).

7. Herr Wirnt von Grafenberg (Wigalois, der Ritter mit dem Rade).

S. * Meister Freidank *).

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9. Der von Absalone (Friedrich von Staufen).

10. Konrad von Fußesbrunnen **).

11. Herr Flecke, der gute Konrad (Flos und Blankeflos). 12. Der von Linau (Eckens Thaten ***).

13. Der Stricker (Daniel von Blumenthal).

14. Herr Gottfried von Hohenlohe (Artus Hofhaltung).

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Von denen mit bezeichneten besitzen wir nichts mehr. Nehmen wir nun Rudolf von Ems und später Konrad von Würzburg hinzu, so ergeben sich achtzehn berühmte Aventurendichter. Es hat aber noch viel mehr gegeben, denn wir kennen die Nahmen und Werke von andern (z. B. Herborts von Frih= lar trojanischen Krieg) und besitzen einige Werke nahmenloser Dichter (z. B. der Wigamur, der Lohengrin).

Die gewöhnlichen Quellen dieser Aventuren waren die Erzählungen französischer Trouverren. Nur denke man sich den deutschen Dichter nicht als Ueberfeher. Bei den ritterlichen Dichtern dürfen wir Kenntnis der fremden Sprache nicht immer vorausschen, und sie hatten natürlich das fremde Buch nicht vor fich tt). Wer eine Aventure dichten wollte ttt), ließ sich die= selbe erzählen, faßte sie treu in das Gedächtnis, und schuf sie dann der Form nach völlig um. Die Hauptereignisse wurden

*) Ift bekannt durch sein Spruchgedicht „Bescheidenheit“, muß aber doch auch eine Aventure gedichtet haben; denn Docens Bemerkung (Misc. II., S. 152), daß er bloß seines allgemein geschäßten Nahmens wegen von Rudolf genannt werde, ist schwerlich richtig. ***) Aus einer Legende (die Kindheit Jesu) von ihm ist bei Wackernagel ein Bruchstück abgedruckt; diese kann aber hier nicht gemeint seyn. ***) Vielleicht „Ecken Ausfahrt“, woraus ein Bruchstück bei Wackern. †) Zft bekannt als Fortseßer von Gottfrieds Tristan, muß aber auch sonst Aventuren gedichtet haben.

††) Hartmann von Aue war, wie er selbst im Eingang zum armen Heinrich sagt, ein so gelehrter Mann, daß er in Büchern lesen konnte.

ttt) Vergl. Benecke in der Vorrede zur Ausgabe des Wigalvis.

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