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hatte mich doch auf jenem Punkte hinter dem Aufstellungsplage der Armeereserve wo wir kurz vor dem feindlichen Angriffe auf unser Centrum in der Gesellschaft des Feldherrn zulezt mit einander gesprochen nicht gar zu lange nach dem Beginnen der Retirade verweilt, und war auch von dort bis Fischamend ziemlich rasch gefahren!

,,Nun war ich genöthigt", fuhr Kossuth beiläufig fort,,,die Ausführung meines ursprünglichen Vorhabens auf einen noch weiter rückwärts gelegenen Punkt zu verlegen. Ich befahl frische Pferde vorzuspannen, und benußte die Zeit, welche darüber verstrich, dazu, die dicht an meinem Wagen vorüber Fliehenden anzureden, und etwa dadurch zu fesseln. Allein vergebens. Sie schwenkten blos freundlich grüßend ihre Hüte, ließen mich einigemal hoch leben, und liefen ruhig weiter!

,,Obschon hierüber auf das höchste empört, mußte ich dennoch die Unmöglichkeit einsehen, den Strom der Flüchtigen ohne die kräftige Mitwirkung einer geschlossenen Truppe, irgendwo in der Mitte abzudämmen, und dies bestärkte mich noch mehr in dem Entschlusse, bevor ich wieder einen Ralliirungsversuch wagte, erst Diejenigen einzuholen, die schon am weitesten zurückgelaufen waren.

,,Mittlerweile waren die frischen Pferde vorgespannt. Ich hatte keine Zeit zu verlieren, und trieb zur Eile an. Allein wie breit auch die Heerstaße sein mochte, von Strecke zu Strecke wurde ich dessenungeachtet immer wieder durch einen neuen dichten Rudel Fliehender in meiner raschen Fahrt unterbrochen.

„Ich mußte fast hinter jedem derselben erst von meinem Wagen herab eine förmliche Rede halten, um nur wenigstens so viel zu erwirken, daß sie mich vorfahren ließen. Und so geschah es, daß ich troß der wiederholt gewechselten Pferde die ersten der Ausreißer nicht früher als gegenüber von Preßburg in der sogenannten Au ereilte. Hier endlich, acht Meilen von Schwechat die Kerle mußten schon bei dem ersten Kanonenschuß in aller Frühe heimlich abgefahren sein — dünfte ihnen die Feindesgefahr doch nicht mehr groß genug, um noch weiter zu laufen. Sie lagerten gemüthlich längs der Straße und nahmen eben einige Erfrischungen zu sich, als ich bei ihnen anlagte. Außer mir vor Entrüstung, beschloß ich die härtesten Strafen über sie zu ver

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hängen, und verlangte zu dem Ende den Namen der Abtheilung zu erfahren, welcher sie angehörten. Allein die Elenden fühlten sich ob meiner «gütigen Nachfrage» sogar noch geschmeichelt; und während mir Einige unter ihnen mit Selbstbewußtsein wiederholt zuriefen: sie seien die Nationalgarden des Komorner Comitats, brüllte der Rest fortwährend: « éljen Kossuth!»"

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sichtlich

Als mir der Präsident im Kriegsrathe zu Nikelsdorf verleßt durch meine schonungslose Schilderung des disciplinären Zustandes unserer Armee — mit hämischem Lächeln die Frage gestellt hatte, ob ich denn im Ernst fürchte, daß wir von der Offensive über die Lajtha, keinen Mann mehr würden nach Hause bringen, antwortete ich: „um die Nationalgarden und Freiwilligen sei mir nicht bange; die hätten flinke Beine!" Nun mußte ich selbst darüber erstaunen, wie vollkommen die eigenen Erlebnisse des Präsidenten mein bezweifeltes Urtheil von damals rechtfertigten. Doch unterdrückte ich in diesem Augenblicke jedwede Bemerkung hierüber, denn Kossuth_schien mir nicht nur physisch, sondern auch moralisch gebrochen.

Indessen war er das leßtere keineswegs. Konnte er auch nach seiner jüngsten Fahrt von Fischamend bis Preßburg nicht mehr so entschieden für das Heldenthum der Nationalgarden und Freiwilligen einstehen, wie er es vor derselben gethan; so schob er doch noch immer die größte Schuld an dem schmählichen Ausgange unserer Offensive zu Gunsten Wiens der Unschlüssigkeit des Armeecommandanten zu, und behauptete steif und fest, eine entschiedenere Führung der Truppen hätte den Sieg zur Folge gehabt.

,,Den Unfall, welcher Móga plößlich dienstunfähig machte“, fügte Kossuth hinzu, „betrachtete ich somit als einen Fingerzeig, alle politisch schwankenden Elemente vom Commando der Armee für immer zu entfernen. Dies schien mir hauptsächlich in dem Augenblicke nothwendig, wo es sich darum handelt, dem mittlerweile von Norden her schon bis Tyrnau (Nagy Szombat) feindlich ins Land gedrungenen k. k. F.-M.-L. Simunich das Loos der Generale Roth und Philippovich zu bereiten und dadurch gleichzeitig einerseits einen nicht unbedeutenden Theil der feindlichen Streitmacht zu vernichten, andererseits die in Folge der

Schlappe von Schwechat herabgestimmte Begeisterung im Lande wieder neu anzufachen, also gewissermaßen zwei Fliegen mit einem Schlage zu tödten.

,,Ich ernannte somit den Nationalgarde - Major Grafen Guyon zum Nationalgarde-Oberst und Commandanten der Expedition gegen F.-M.-L. Simunich. Sein heldenmüthiges Benehmen vor Mannswörth bürgt mir dafür, daß diese Erpedition mindestens nicht an der Unentschlossenheit des Führers scheitern werde. Freilich könnte sie an dessen Ungeschicklichkeit desto leichter verunglücken, denn ich mistraue den militärischen Kenntnissen des Guyon; um diesem vorzubeugen, bestimmte ich an dessen Seite den Chef des Móga'schen Generalstabs, den Honvéd-Oberst Kollmann, als Rathgeber. Nun aber ist Kollmann nach unserm System schon als Honvéd- und mehr noch als älterer Oberst eigentlich Guyon's Vorgesezter, und er mußte also vorerst auf eine gute Art für seine freiwillige Unterordnung unter des Leztern Befehle gewonnen werden. Hierzu jedoch, wie überhaupt zur je raschern Einleitung der Erpedition, bei welcher die verläßlichsten Truppen der Armee verwendet werden sollen, bedarf ich der kräftigen Unterstützung von Seiten eines energischen Armeecommandanten. Möchten Sie nicht das Commando der Armee übernehmen? Sie scheinen mir vor Allen der rechte Mann für diesen Posten!"

„Was werden denn meine ältern Kameraden in der Armee dazu sagen, wenn sie sich ohne Grund durch mich zurückgesezt sehen?" frug ich entgegen.

„Ich habe daran gedacht“, erwiderte Kossuth,,,und bereits Mehrern derselben, gleich nachdem mir der Unfall Móga's bekannt geworden, den Commandostab angetragen, allein ebenso viele ablehnende Antworten erhalten. Hierauf wurden Sie mir durch Móga für diesen Posten in Vorschlag gebracht. Darüber, was Ihre Kameraden hierzu sagen werden, können Sie somit glaube ich vollkommen beruhigt sein. Jene werden mit Ihnen zugleich zu Generalen ernannt, nur erhalten Sie den ältern Rang. Wenn Sie also den Commandostab annehmen, so trachten Sie vor allem die Expedition gegen F.-M.-L. Simunich so rasch als möglich in Gang zu bringen, und

die allfälligen Differenzen zwischen Kollmann und Guyon auszugleichen, che noch die Beiden persönlich aneinander gerathen und jede Vermittelung unmöglich machen."

„Ich nehme den Commandostab an“, antwortete ich,,,und werde die genannten Herren sogleich aufsuchen; doch muß ich bemerken, daß ich an dem günstigen Erfolge meiner Vermittelung im vorhinein verzweifle. Warum ziehen Sie es denn nicht vor, Kollmann die Führung der Expedition anzuvertrauen und Guyon ihm als Untercommandanten beizugeben?“

Weil ich vor Schwechat Gelegenheit hatte, den zweideutigen Ruf, dessen Kollmann in der Armee genießt, durch eigene Wahrnehmungen bestätigt zu sehen“, entgegnete Kossuth. „Sie hätten nur sehen sollen, mit welchem Kazenjammergesicht er vor Schwechat unter der Suite des Feldherrn umherschlich, und wie er mit einem Male vor Heiterkeit strahlte, als dieser, nach dem Beginn der allgemeinen Flucht im Centrum, sein Pferd der rettenden Fischa zuwandte. Ich bin nur darüber noch nicht im Klaren, wieviel von dieser Heiterkeit auf Rechnung der Beruhigung zu schreiben sei, daß er (Kollmann) sich in der Suite des Feldherrn nun der nahenden Gefahr mit Ehren entziehen könne, und wieviel auf Rechnung der Schadenfreude ob des mislungenen Debuts seines Stellvertreters Pusztelnik. Soviel jedoch scheint mir gewiß, daß Kollmann jener moralischen Eigenschaften entbehrt, welche ich zum Gelingen der Erpedition gegen Simunich bei dem Führer derselben als unerläßlich vorausseße.

,, Uebrigens habe ich an Guyon das Commando über diese Erpedition bereits definitiv übertragen; wenn also Kollmann sich beharrlich weigern sollte, Jenen als seinen Vorgeseßten anzuerkennen, so müßte abermals Pusztelnik die Stelle Kollmann's vertreten.“

Mit dieser Maßregel einverstanden, verließ ich den Präsidenten und machte einen vergeblichen Versuch, zwischen Kollmann und Guyon, welche mittlerweile wirklich schon aneinander gerathen waren, das ge= wünschte Einverständniß im Sinne des Präsidenten herzustellen. Kollmann weigerte sich beharrlich, unter Guyon's Commando die Expedition zu leiten, und somit ward dem Lestern in der That Pusztelnik als

Generalstabs- Chef beigegeben. Ein Theil der Erpeditionstruppen verließ Presburg noch vor Tagesanbruch, alle aber noch im Laufe des 1. November. Der Rest der Armee wurde einstweilen zur Bewachung der Grenze am rechten Donauufer vom Neusiedlersee bis Preßburg, am linken von Preßburg bis Hochstetten vertheilt.

Kossuth wartete den Ausgang der Erpedition in Preßburg ab, wohin zugleich mein Hauptquartier verlegt wurde.

Wenige Tage nach dem Beginn der Expedition erhielt ich vom Präsidenten die Einladung zu einem Rendezvous mit dem polnischen General Bem, welcher eben von Wien in Preßburg angekommen sei und sogleich zu dem Erpeditionscorps Guyon's abgehen werde, um dessen schon damals dem Fehlschlagen nahen Operationen eine neue günstige Wendung zu geben.

Ich sah Bem in Folge dieser Aufforderung zum ersten Male, ohne „gen seinen frühern Schicksalen mehr zu kennen, als sein plößliches Erscheinen in Wien - im Laufe des vergangenen Monats October und seine Theilnahme an der Vertheidigung dieser Stadt.

Unsere Conversation war sehr kurz. Er theilte mir mit, es schicke ihn Kossuth zu Guyon, um diesem mit Rath und That an die Hand zu gehen.

Einige Tage später war Bem von seinem Ausfluge wieder nach Preßburg zurückgekehrt und ließ mich nun, da Kossuth bereits nach Pest abgereift war, durch Csányi zu einer Unterredung einladen. Diesmal dauerte diese etwas länger. Bem erzählte mir, wie er bereits um einen ganzen Tag zu spät bei Guyon eingetroffen sei, um noch irgend einen wesentlichen Einfluß auf den Gang dieses verunglückten Feldzuges nehmen zu können; ferner, welch ausgezeichnetes Feldherrntalent Guyon besize, daß aber die Offiziere der regulären Truppen im Gehorchen noch nicht ganz taktfest seien, und dergleichen mehr. Endlich erklärte er, zu Kossuth nach Pest reisen zu wollen, damit er irgendwie im Felde

verwendet werde.

Die Erscheinung Bem's war für mich eine unheimliche. Ich wußte nicht, woher er kam und was er wolle. Sein mir unerklärt gebliebenes Auftauchen in Wien, seine mir blos gerüchtweise bekannte Wirksam

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