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Man schien sich nun auf die Defensive beschränken zu wollen; denn ich erhielt gleich nach dem Rückmarsch den gemessenen Befehl, alle künstlichen Uebergänge über die Lajtha zu zerstören und die vorhandenen natürlichen ungangbar zu machen und zu besezen. Der leztere Theil der Aufgabe war, der großen Ausdehnung der Linie und der Seichtheit des Flusses wegen, unausführbar, die Ausführung des erstern also ebendeshalb nußlos. Allein der Generalstab nahm keine Gegenvorstellungen an: die Brücken mußten weg.

Im Hauptquartier zu Parendorf faselte man jeden Tag von einem momentan bevorstehenden feindlichen Angriff; und dennoch blieben die Truppen in einer Weise dislocirt, wie sie nicht einmal der Schlendrian des Friedensdienstes hätte entschuldigen können. Von manchen Truppentheilen wußte nicht einmal der Chef des Generalstabs zu sagen, ob sie noch eristirten, und wo. Andere, über deren Dislocirung er die detaillirtesten Ausweise führte, tauchten plöglich in der entgegengeseßten Richtung auf; nachdem ihnen von dorther sehr bedenklich lautende Berichte über den Anmarsch irgend einer feindlichen Abtheilung vorangegangen waren, welche nebenbei bemerkt mit eben so viel Wahrscheinlichkeit vom Monde her hätte anrücken fönnen.

Es ist nicht zu leugnen, daß dies Alles ein Obwalten planmäßiger Verrätherei anzudeuten schien: allein- sei dem wie ihm wolle auf mich machte das Treiben des damaligen ungarischen Hauptquartieres zu Parendorf blos den Eindruck der Folgen eben derselben Nathlosigkeit, an welcher gleichzeitig auch der Pester Reichstag, mit dem Landesvertheidigungs-Ausschuß an der Spize, laborirte.

Planmäßiger Verrath sezt einen festen Entschluß voraus. Ueber Parendorf jedoch wie über Pest lagerten damals noch die schwe ren dicken Nebel unklarer Erkenntniß dessen, was nun eigentlich ge= schehen solle.

Ich hatte bereits wenige Tage nach meiner Ankunft im Lager erkannt, daß meine zweideutige Mission ganz verfehlt sei: verfehlt besonders in dem Sinne, in welchem sie von mir war aufgefaßt und übernommen worden.

Entschlossen, den Armee - Commandanten, welchen die Herren vom Landesvertheidigungs-Ausschuß für einen heimlichen Verbündeten des kroatischen Heerführers hielten, um jeden Preis zur Enthüllung seiner Absichten zu drängen: fand ich in ihm einen geraden offenen Mann, welcher bereits lange vor meiner Ankunft unaufgefordert erklärt hatte, daß er gehorsam den Befehlen seines Kaisers Ungarn zwar auch ferner gegen die Angriffe der Kroaten vertheidigen, die Grenzen des Landes jedoch nur gezwungen überschreiten werde, und jede Verantwortung für die Folgen dieses Schrittes in vorhinein von sich weise.

Ich mußte somit meine zweideutige Stellung im Lager entweder sogleich ganz aufgeben: oder mich bis zur Denuncirung jener armseligen Intriguen herabwürdigen, welche von einigen Koryphäen des Lagers wie des Hauptquartiers, aus rein selbstischen Absichten angezettelt worden, und sich einfach darauf beschränkten, die Heger derselben, bei einem günstigen Ausgange der ungarischen Sache so hoch als möglich zu poussiren, bei einem ungünstigen, zu salviren.

Das Erstere wählend, wandte ich nun meine ganze Aufmerksamkeit der Erfüllung jener Pflichten zu, welche mir als Commandanten der Vorposten oblagen.

Meine Brigade bestand aus fünf Bataillonen freiwilliger Nationalgarden, eine um die Feuergewehre vermehrte zweite Auflage des Landsturmes. Zwar waren diese Bataillone bereits nach Art der regulären in Compagnien eingetheilt und mit Chargen versehen: diese leztern jedoch entbehrten fast aller militäri

schen Bildung.

mit geringen Ausnahmen

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Ich nöthigte sie, die Zeit des müßigen Vorpostendienstes zu ihrer nothdürftigsten Ausbildung zu benüßen. Natürlich war dies ohne Anwendung strenger Maßregeln nicht möglich. Diese erzeugten Misbehagen, Widerseßlichkeit. Häufige und dringende Klagen über meine despotische Strenge liefen beim Hauptquartier, und als sie dort kein Gehör fanden, bei dem königlichen Commissär Csányi ein. Zum Glück für mich war Csányi ein alter Soldat, und wußte, was er von derlei Klagen zu halten habe. Den armen Malcontenten blieb nichts Anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen, und gehorchen zu lernen.

So Mancher büßte die Schwierigkeit, welche ihm dies machte, mit dem Leben.

Um meine Brigade an die verschiedenen nerverschütternden Erscheinungen des Krieges zu gewöhnen, ließ ich die Vedettenkette, wie das Lager hinter Bruck, besonders zur Nachtzeit, häufig alarmiren; benüßte jedes feindliche Gerücht war es auch noch so vage um die Truppe glauben zu machen, der Feind rücke wirklich an; schickte in solchen Momenten auf eigene Fauft kleinere Abtheilungen als Streifpatrouillen über die Lajtha u. dgl. m.

Dies lettere Experiment zog mir vom Hauptquartiere eine ernste Rüge zu. Denn hieß es man wolle die Defensive beobachten, und alle offensiven Feindseligkeiten vermeiden, um die gegenüberstehenden Truppen, von welchen man nicht wisse, gehören sie zum kroatischen, oder zu einem andern Corps, nicht zu blutigen Repressalien zu reizen.

Allein im Widerspruche mit dieser Rüge erschien bereits im Laufe der nächsten Tage ein Honvéd - Hauptmann mit einer improvisirten Pionnier - Abtheilung, um die jüngst zerstörten Brücken wieder nothdürftig herzustellen.

Kaum war diese Arbeit beendet: so erfolgten die Dispositionen zu einer zweiten Vorrückung über die Lajtha am 21. October.

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Diesmal brachen wir des Morgens auf, und machten erst bei Stir - Neusiedel Halt, angesichts einer schwachen zwischen Gallbrunn und Stir-Neusiedel uns erwartenden Cavalerieabtheilung, welche durch das Feuer von zwei Batterien gezwungen wurde, bis hinter Gallbrunn zurückzuziehen. Nach den Aussagen einiger Stir-Neusiedler Einwohner sollte Gallbrunn von feindlicher Infanterie beseßt sein, und ich erhielt den Befehl, dasselbe mit Sturm zu nehmen. Es kam nicht dazu: denn ein abermaliges „Halt! und Rechts um!" des LandesvertheidigungsAusschusses hemmte plötzlich das Vorrücken meiner Sturmcolonnen auf den ohnedies unbeseßten Ort. Wir bezogen sonach das Lager zwischen Stir-Neusiedel und Gallbrunn, à cheval der Straße, und marschirten mit Anbruch des nächsten Tages wieder nach Parendorf zurück, ich mit meiner Brigade abermals in die unvermeidliche alte Aufstellung hinter der Lajtha.

Während der erwähnten zwei Vorrückungen hieß es immer ganz bestimmt, es sei die Armee des Ban Jellachich, welcher unsere Offensive gelte; und diese müsse nicht nur diesseits der Lajtha, sondern auch jenseits derselben, im Interesse der jungen constitutionellen Freiheit Desterreichs angegriffen und vernichtet werden.

Fragte man dagegen, weshalb die Verfolgung des Ban Jellachich überhaupt unterbrochen worden, so erhielt man zur Antwort: man habe damals das Gebiet jenseits der Lajtha als neutralen Boden, in der sichern Vorausseßung achten müssen, die Kroaten würden österreichischerseits entwaffnet, die übrigen Theile der Armee des Ban Jellachich aufgelöst, und somit die Urheber des unseligen Bürgerkrieges ihrer Macht zu dessen Erneuerung entblößt werden.

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So die Nichtsoldaten, im Gegensaße zu den Ansichten, welche bei den regulären Truppen des Parendorfer Lagers die anwesenden zwei Honvéd-Bataillons mit eingerechnet Boden gewonnen hatten. Obschon nämlich kaum eine dieser Abtheilungen in der Verfolgung des Ban Jellachich begriffen, diese an der Landesgrenze ohne ausdrücklichen Befehl aufgegeben haben würde: so glaubten sie nunmehr doch alle, ihrem neuen Fahneneide (die Verfassung Ungarns zu vertheidigen) dadurch, daß sie den Feind über die Grenzen des Landes hinaustrieben, genügende Rechnung getragen zu haben; während sie durch das aggressive Ueberschreiten der Landesgrenze ihren alten dem Monarchen gelobten Eid der Treue zu verlegen fürchteten.

In Folge dieser Befürchtung waren sogar mehrere Offiziers-Deputationen bei Csányi erschienen, um im Namen der Truppen, welchen sie angehörten, die Erklärung abzugeben: daß sie dafür halten, die Lajtha nicht überschreiten zu dürfen.

Auf welche Art, und wem es gelungen, die regulären Truppen von dieser Besorgniß so erfolgreich zu befreien, daß sie sich bereits an den beiden Grenzüberschreitungen vom 17. und 21. betheiligen konnten, ist mir unbekannt; denn ich hatte in Bruck stets vollauf zu thun, und kam selten, auch dann nur wegen irgend einer dringenden Dienstesangelegenheit, in das Parendorfer Lager.

Mit mir selbst war ich über das, was jeder Ungar Soldat

oder nicht Soldat - unter den damaligen Verhältnissen zu thun hatte, vollkommen im Reinen. Der vom vereinigten ungarischen Reichstage eingeseßten Executivgewalt mußte gehorcht werden, so lange der Reichstag selbst consequent an der Verfassung festhielt.

Die Verwaltung des Landes durch den vom Reichstage, an die Stelle des zurückgetretenen Ministeriums Batthyányi, eingeseßten Landesvertheidigungs-Ausschuß, lag zwar auch nicht in der Verfassung begründet. Allein gegenüber der vom Wiener Kriegsminister unterstüßten kroatischen Invasion; gegenüber der spätern illegalen Ernennung des unglücklichen Grafen Lamberg zum Oberbefehlshaber aller bewaffneten Streitkräfte in Ungarn (die kroatischen mit eingerechnet) und dessen eben so illegaler Ermächtigung, den ungarischen Reichstag aufzulösen: war nach dem Rücktritt des Grafen Batthyányi die Constituirung des Landesvertheidigungs- Ausschusses blos eine Maßregel der gebotenen Nothwehr.

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