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Einunddreissigstes Capitel.

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Die Stabsoffiziere der Armee beantragen die Entfernung Dembinski's vom Obercommando. Der Regierungscommissär Szemere übernimmt die Vollziehung. — Dembinski's Schwierigkeiten dagegen, ohne Erfolg. Kossuth's Ankunft bei der Armee. StabsoffiziersVerhöre. Vetter wird zum Obercommandanten designirt.

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Das entschiedene Mistrauensvotum der Divisionäre Klapka's ge= gen Dembinski hatte mittlerweile bei den Divisionen des 7. Armeecorps den lebhaftesten Wiederhall gefunden. Die Armee war also bereits factisch ohne Führer.

General Répásy, der Commandant des 2. Armeecorps, und Oberst Klapka sahen ebenso gut wie ich ein, daß dieser Zustand der Armee, ohne Gefahr für das Vaterland, nicht lange fortbestehen könne.

Wir kamen somit ungezwungen darin überein, die Stabsoffiziere der eben dienstfreien Divisionen unserer Corps ohne Zeitverlust zu einer Berathung dessen, wie diesem Zustande am zweckmäßigsten abzuhelfen wäre, zu berufen, den Regierungs-Obercommissär Bartholomäus von Szemere aber zur Theilnahme an der Berathung einzuladen, damit selbst der Schein gemieden werde, als conspirirte die Armee gegen die Regierung.

Der Beschluß dieser Stabsoffizierversammlung läßt sich sammt dessen Motivirung in Folgendem kurz zusammensassen.

Den Feind schlagen und nebenbei hungern, geht an. Vom Feinde

geschlagen werden, aber wenigstens nachträglich gut essen und trinken, ließe sich allenfalls auch noch ertragen. Allein wiederholt geschlagen werden und obendrein Hunger leiden, nebst allen sonst erdenklichen Strapazen dazu: sei denn doch zu arg, und nicht länger zu ertragen.

G.-L. Dembinski habe all diese Calamitäten — zunächst durch die Art und Weise, in welcher er als Oberfeldherr seine beabsichtigte Offensive zur Wiedereroberung der Hauptstädte leitete - über die Ar mee heraufbeschworen, und in Folge dessen das Vertrauen der leztern für immer verwirkt.

Der anwesende Stellvertreter der Regierung, Bartholomäus von Szemere, werde demnach ersucht, die geeigneten Maßregeln zu treffen, daß G.-L. Dembinski vom Obercommando der Armee entfernt, und dieses einstweilen - bis zur definitiven Ernennung des Nachfolgers Dembinski's einem der anwesenden Armeecorps - Commandanten übertragen werde.

Um Szemere in der Wahl des interimistischen Oberfeldherrn vollkommen freie Hand zu lassen, erklärte ich in vorhinein, durchaus nichts dagegen zu haben, wenn er allenfalls einem meiner beiden jüngern Kameraden Répásy oder Klapka das einstweilige Obercommando übertragen wollte. Da aber diese Beiden es hinwieder passend fanden, daß die provisorische Führung der Armee mir, als dem im Range ältesten Corpscommandanten, anvertraut werde: so blieb Szemere keine Wahl mehr, und er berieth sich mit mir über die mindest verleßende Weise, in welcher die Entfernung Dembinski's vom Obercommando bewirkt werden könnte.

Wir meinten dabei am schonendsten vorzugehen, indem Szemere den Oberfeldherrn schriftlich sogleich aufforderte, der bittern Pille, die ihm zugedacht sei, durch freiwilliges Abtreten von seinem Posten auszuweichen und sein Operationsjournal sammt den übrigen Protocollen ihm (Szemere) auf confidentiellem Wege zu überschicken.

Allein, entweder glaubte Dembinski nicht an die Möglichkeit, in Folge eines simplen Mistrauensvotums der Armee abgesezt zu werden, oder hoffte er eine Märtyrerkrone zu erringen: denn er wollte vom freiwilligen Abtreten durchaus nichts wissen. Es schien übrigens auch

möglich, daß er an der Echtheit des Mistrauensvotums der Armee zweifelte und solches blos für ein etwa von mir fingirtes nahm. Vor allem mußte ihm also dieser Wahn ganz und gar benommen werden.

Zu diesem Ende begab sich Szemere Tags darauf, von Répásy, Klapka und mir, und, wenn ich nicht irre, auch von Aulich und dem Generalstabs-Chef des 7. Armeecorps begleitet, auf das Hauptquartier Dembinski's.

Um aber gar kein Mittel der Schonung unversucht zu lassen, trat Szemere zuerst allein bei Dembinski ein, und kündigte diesem vorläufig an, was ihm augenblicklich bevorstände, wenn er sich fortan weigern sollte, den Commandostab freiwillig niederzulegen.

Nachdem auch diese Maßregel ohne Erfolg blieb, forderte Szemere uns, die wir einstweilen im Vorzimmer gewartet hatten, auf, gleichfalls einzutreten, und erklärte nun Dembinski in unserer Gegenwart: die Armee habe kein Vertrauen mehr zu seiner Führung, und er müsse nun wohl selbst einsehen, wie der Mangel dieses Vertrauens sein ferneres Wirken als Obercommandant paralyfire.

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Dembinski schien von der Vorausseßung befangen, es handle sich hier weniger um seine Entfernung vom Obercommando als um die Befriedigung unserer Lüfternheit nach der Enthüllung des seiner mislungenen Offensive zu Grunde gelegenen und von ihm mit Aengstlichkeit geheimgehaltenen - Operationsplanes: denn das Wesentlichste seiner Antwort auf die Erklärung Szemere's war folgende Reminiscenz aus jenem Feldzuge, welchem er seine vormärzliche conversationslerikonelle Berühmtheit verdankt:

,,Auf meiner Retirade in Litthauen“, so hub Dembinski zu erzählen an, „kamen einmal meine Offiziere zu mir, und verlangten zu wissen, wohin ich sie führe. Meine Herren, antwortete ich ihnen, sehen Sie hier meine Müße?"

Dabei ergriff Dembinski wirklich seine Stubenmüße, und sezte sie provisorisch auf.

Wenn ich vorausseßen könnte“, fuhr er sodann in der Citirung seiner « Antwort von damals » fort, „daß diese Mütze etwas davon

ahne, was ich denke, und wohin ich Sie (die Offiziere in Litthauen, nicht uns) führen wolle, so würde ich sie (die Müße) zu Boden werfen und zertreten und fürder ohne Kopfbedeckung umherwandeln."

Zugleich riß Dembinski die arme Stubenmüze wieder vom Kopfe, beutelte sie eine Weile mit sichtlicher Entrüstung und warf sie unbarmherzig zu Boden.

auf

Dasselbe müsse er auch uns zur Antwort geben

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so oft wir nach seinem Operationsjournale frügen. Dembinski übersah dabei offenbar, wie wesentlich verschieden seine Situation uns gegenüber von jener den Offizieren in Litthauen gegenüber war.

Jene Offiziere wollten erst wissen, wohin er sie führe; wir wußten bereits, wohin er uns geführt habe in die Sauce nämlich. Jene zweifelten erst an seiner Befähigung zum Feldherrn, wir nicht mehr am Gegentheile.

Jene wollten ihm unter gewissen Bedingungen nachfolgen, wir unter gar keiner mehr.

Ich habe Dembinski stark im Verdacht, daß ihn nur „Autoreneitelkeit" verleitet habe, seine jenen Offizieren ertheilte geistreiche Antwort so mal à propos zu citiren.

Nach längerm erfolglosen Hin- und Herreden zwischen Dembinski und Szemere, wobei unsererseits dem Leßtern die Ehre der Wortfüh rung ganz allein überlassen blieb, endete endlich diese Scene mit der wiederholten Erklärung Dembinski's, daß er freiwillig nicht zurücktreten werde worauf wir uns empfahlen.

Szemere aber mußte nun in den sauern Apfel beißen und kraft seiner unumschränkten Vollmacht den Generallieutenant Dembinski officiell bedeuten, das Armee - Obercommando unverweilt an mich zu übergeben.

Sobald ich überzeugt sein konnte, daß Dembinski diese Verordnung Szemere's bereits erhalten habe, beauftragte ich den Chef vom Generalstabe des 7. Armeecorps zur Uebernahme der beim Obercommando geführten Dienstbücher. Dembinski aber hatte diese mittlerweile in eigene Obhut genommen und verweigerte hartnäckig ihre

Herausgabe. Der Chef des Generalstabs vom 7. Armeecorps nahm die Sache ernst und ließ Dembinski eine Wache vor die Thüre stellen.

Ich billigte vollkommen diese Maßregel, und machte sogleich dem Regierungs-Obercommissär Szemere die Anzeige von Dembinski's Verhaftung. Auf diese Wendung der Dinge war Szemere nicht gefaßt gewesen, erklärte sich mit der Verhaftung Dembinski's durchaus nicht einverstanden und seßte diesen sogleich wieder in Freiheit.

Tags darauf traf der Präsident Kossuth mit dem Kriegsminister Mészáros und F.-M.-L. Vetter in Tisza-Füred ein.

Szemere hatte nämlich zweifelsohne gleich nach dem Anlangen meines leßten Poroszlóer Schreibens an Dembinski nach Debreczin berichtet, daß in der Armee Meuterei ausgebrochen sei.

Noch vor diesem Schreiben Szemere's waren zwei Stabsoffiziere, von Klapka und mir abgeordnet, in Debreczin eingetroffen, um der Regierung über die nächsten Ursachen des mislichen Fortganges unserer Kriegsoperationen die Augen zu öffnen.

Diesen Schritt nahm die Regierung für ein den Bericht Szemere's bestätigendes Vorzeichen.

Daher die Eilfahrt Kossuth's von Debreczin nach Tisza - Füred. Nun begann ein großartiges Verhör mit den Stabsoffizieren der Armee. Die Spize desselben war gegen mich gerichtet.

Als Verhörrichter fungirten Mészáros und Vetter.

Mein Poroszlóer Schreiben an Dembinski schien nicht genügend, um auf dieses allein hin mir den Proceß zu machen, während man Dembinski dennoch eclatante Satisfaction zu geben wünschte. Dieser mochte wie am Morgen des 2. März in Poroszló vor mir, so jezt in Tisza-Füred vor Kossuth und dessen Begleitern die Schuld an seinem (Dembinski's) Rückzuge hinter die Theiß auf die Armee selbst und namentlich auf Klapka und mich gewälzt und somit den Verdacht angeregt haben, daß wir Beide durch absichtliches Herbeiführen ungünstiger Gefechtsresultate an den Tagen von Kápolna und Eger-Farmos zum Beispiel die Durchführung seines uns unbekannten Operationsplanes vereitelten, um ihn (Dembinski) als ungarischen Oberfeldherrn für die Zukunft unmöglich zu machen.

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