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Dreiundzwanzigstes Capitel.

G.-L. Dembinski verwirst den von Oberst Klapka und mir verabredeten Operationsplan. Das 7. Armeecorps wird nach Miskolcz beordert.

Erstes Zusammentreffen mit Dembinski. Die ersten Leistungen Dembinski's als ungarischer Obergeneral.

Fast gleichzeitig mit den vorerwähnten Depeschen des Kriegsmini

sters erhielt ich auch einen Befehl Dembinski's, ihm sogleich umständlich mitzutheilen, wie stark mein Corps, wie und wo dasselbe augenblicklich dislocirt sei, und welchen Operationsplan ich soeben in Ausführung habe.

Dembinski erhielt alle diese Auskünfte unverweilt.

Mein Operationsplan war der einige Tage vorher mit Klapka verabredete. Ich wies dabei auf die Wichtigkeit der Behauptung Kaschaus, auf die nunmehr günstige Lage meines Armeecorps und die äußerst ungünstigen der feindlichen Brigaden Göß und Jablonowski und ihres Verbündeten, des slovakischen Landsturmes, hin, und ermangelte nicht, Dembinski darauf aufmerksam zu machen, welche gute Gelegenheit uns augenblicklich geboten sei, einerseits die leztgenannten feindlichen Streitkräfte, andererseits das Schlick'sche Corps vereinzelt zu schlagen und etwa durch mein rasches Vordringen zum Entsage Komorns den Feldmarschall Fürsten Windisch-Gräß zum abermaligen Unterbrechen seiner Offensivoperationen gegen die Theiß zu nöthigen, uns selbst aber

hierdurch die noch immer nicht überflüssig gewordene Zeit zu der Vorbereitung eines Hauptschlages zu sichern.

Dembinski's Antwort hierauf lautete beiläufig: daß er zwar die Gediegenheit der mitgetheilten Andeutungen über die nächsten Operationen keineswegs übersehe, den Moment für den beabsichtigten Hauptschlag aber als bereits unaufschiebbar eingetreten erkannt habe, mich demnach dringend auffordere, die genannten Brigaden Göz und Jablonowski mitsammt ihren Verbündeten, den slovakischen Landstürmlern, einstweilen ihrem Schicksal zu überlassen und mein Armeecorps in der kürzesten Zeit aus seinen Dislocationen um Kaschau nach Miskolcz zu dirigiren.

In Folge dieses Befehles räumte ich Kaschau, und ließ das Armeecorps in zwei Colonnen, mit der einen über Enyiczke, Forró, Szikszó, mit der andern über Moldau und dem Bodva-Thal entlang nach Miskolcz marschiren.

Dembinski erhielt mit der Meldung hierüber zugleich die detaillirte Angabe der täglichen Marschstationen. Hierdurch war es ihm möglich gemacht, jeder einzelnen Division während des Marsches directe Dispositionen mit Umgehung meiner Person zuzuschicken.

Die zwei Marschcolonnen des 7. Armeecorps waren gleich stark. Jede derselben bestand aus zwei Divisionen (die ursprüngliche Eintheilung des Armeecorps in vier Divisionen behielt ich einstweilen noch bei), die im Bodva - Thale aus der linken Flügeldivision, deren Führung nach dem freiwilligen Austreten ihres frühern Commandanten dem Oberst und nachmaligen General Pöltenberg anvertraut worden, und aus der Division Guyon, die andere Colonne - auf der Kaschau-Miskolczer Poststraße aus den Divisionen Aulich und Kmety. An den Têten der beiden Colonnen befanden sich: im Bodvathale die Division Pöltenberg, auf der Poststraße die Division Aulich. Am 20. Februar sollte nach dem Marschplane jene die Höhe von Edelény, diese Szikszó erreichen.

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An demselben Tage erhielt die leßtere von Forró nach Szikszó unterwegs die Ordre Dembinski's, in Szikszó von der Poststraße westlich ablenkend ihren Marsch mit möglichst geringer Unterbrechung bis Sajó-Szent Péter fortzuseßen.

Um noch einige verläßliche Nachrichten über die Bewegungen der Brigaden Göz und Jablonowski abzuwarten, hatte ich mich in Kaschau verspätet und diese Stadt erst mit den leßten Abtheilungen meines Corps verlassen. Ich erfuhr demnach die veränderte Marschrichtung der Division Aulich erst nachträglich aus einer Meldung ihres Commandanten.

Ob diese Ablenkung von der Marschlinie gegen Miskolcz eine blos theilweise, vorübergehende, oder vielmehr der Ausgangspunkt einer neuen, etwa auf die Lossonczer Straße verlegten Operationslinie sei, war für mich vorläufig die wichtigste Frage, weil von ihr die Anordnungen abhingen, welche bezüglich der Verpflegung des Corps vorsorgend getroffen werden mußten. Ich glaubte die Aufklärung hierüber am frühesten im Hauptquartiere Dembinski's in Miskolcz zu erhalten und eilte am 21. Februar zuvörderst dahin.

Dembinski selbst war sammt seinem Adjutanten abwesend. In seinem Hauptquartiere aber konnte mir Niemand die verlangte Aufflärung geben.

Diese Ungewißheit über die Stellung des 7. Armeecorps, dessen zwei Divisionen Aulich und Pöltenberg nach dem ursprünglichen Marschplane bereits am 21. in Miskolcz hätten einrücken sollen, die Ueberzeu= gung, daß Dembinski für deren Verproviantirung in dem neuen Dislocationsbereiche keinerlei Vorsorge getroffen habe, daß die genannten Divisionen somit, für diesen Tag mindestens, aufs Hungerleiden oder die gewaltsame Requisition der unentbehrlichsten Lebensmittel angewiesen seien, und die Besorgniß, durch wiederholtes Herbeiführen ähnlicher, wohl nicht immer, aber doch meistens und namentlich in diesem Falle sehr leicht zu vermeidender demoralisirender Umstände die bisherige Disciplin im 7. Armeecorps demnächst untergraben zu sehen: veranlaßten mich, dem Oberfeldherrn Dembinski schriftliche Vorstellungen über die Nachtheile zu machen, welche für den Erfolg unserer Waffen daraus entspringen müßten, wenn er die einzelnen Theile eines Armeecorps direct disponire, ohne hiervon gleichzeitig den Armeecorps - Commandanten, welchem doch die Erhaltung seiner Truppen in kampffähiger Verfassung zunächst obliege, in Kenntniß zu sehen.

Das Schreiben, welches diese Vorstellungen enthielt, wurde im Hauptquartiere Dembinski's mit dem Bedeuten abgegeben, mich von seiner Rückkunft sogleich zu benachrichtigen.

Sie erfolgte, wenn ich mich recht entsinne, erst am Morgen des 22. Februar, und ich begab mich gleich darauf in Begleitung des Generalstabchefs, ferner des damaligen Corpsadjutanten vom 7. Armeecorps und noch eines Offiziers meiner Suite zu Dembinski, um ihm meine Aufwartung zu machen.

Dieser hatte, als ich mit meiner Begleitung bei ihm eintrat, eben mein jüngstes Schreiben an ihn gelesen; auch mochte ihm bereits der oben mitgetheilte Kaschauer Tagsbefehl vom 14. Februar zu Gesicht gekommen sein und Beides ihn gewaltig gegen mich aufgebracht haben: denn kaum war ich mit meiner eigenen Vorstellung und der meiner Begleiter zu Ende, so brach er in ein förmliches Gepolter gegen michh aus. Vor allem beleuchtete er seine Verdienste um Ungarn, die Größe der Opfer, welche er der Rettung meines Vaterlandes bereits gebracht habe.

Ich habe den Oberbefehl in meinem Vaterlande *) niedergelegt, um dieses arme Land hier zu retten“ schrie er,,,ja ich habe soeben Ihr Corps gerettet, während Sie sich gar nicht darum kümmern. Wissen Sie, wo Ihre Divisionen sind? Nein! Sie wissen es nicht! Dennoch machen Sie mir Vorwürfe. Ich bin nach Ungarn gekommen, nur unter der Bedingung, daß mir der Oberbefehl über alle ungarischen Truppen anvertraut werde; und die Regierung hat mir die Macht gegeben, Sie erschießen zu lassen, wenn Sie nicht gehorchen. Ich bin Ihnen mit Freundlichkeit entgegengekommen, weil ich weiß, daß es einen Ungar kränken muß, unter einem Nichtungar zu dienen. Sie aber machen mir Vorwürfe wegen meiner Befehle, anstatt diese zu befolgen.

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Dembinski war durch die übermäßige Anstrengung seiner Stimme etwas außer Athem gekommen und schnappte einen Augenblick nach Luft.

*) Wahrscheinlich meinte Dembinski den ihm in spe einer neuen Erhebung Polens zugedachten. Anm. d. V.

Ich wollte diese unwillkürliche Pause benußen, um ihn aufmerksam zu machen, daß seine Befehle, soweit sie mich betrafen, pünktlich befolgt wurden. Er hingegen mochte eine aggressive Absicht bei mir voraussehen und unterbrach mich durch die im höchsten Affecte mehrmals wiederholte Frage: Ob ich vielleicht glaube, daß er nicht Muth genug habe, sich mit mir zu schlagen? Ohne indessen meine Antwort abzuwarten, sprang er plöglich wieder auf die leßten Ereignisse ab.

„Ich habe Ihnen den Rath gegeben, gegen Putnok zu auf Ihrer Hut zu sein" fuhr er fort ,, warum haben Sie ihn nicht be

achtet?“ u. s. f.

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Den mittlerweile unausgeseßten Bemühungen des anwesenden Adjutanten Dembinski's, diesen zu calmiren, verdankte ich endlich die Möglichkeit, zu Worte zu kommen. Ich zählte nun alle Befehle auf, welche mir von ihm (Dembinski) zugekommen waren, wies auf deren pünktliche Befolgung hin, und wünschte zu erfahren, welchen Befehl ich nicht befolgt hätte.

Da er hierauf keinen Bescheid wußte, so kam er wieder auf den erwähnten Rath zu reden, welchen ich unbenüßt gelassen habe.

Ich erinnerte ihn dagegen, daß die Misachtung eines wohlgemeinten Raths noch immer nicht Ungehorsam sei, daß überdies sein Rath ganz überflüssig gewesen, da der Marsch des 7. Armeecorps von Kaschau nach Miskolcz ohnedies bereits mit Rücksicht auf die von Putnok her drohende Feindesgefahr eingeleitet worden, daß ich mir endlich von ihm überhaupt nur Befehle und namentlich auch die Mittheilung solcher erbitte, welche er an einzelne Abtheilungen meines Corps direct erlassen zu müssen glaube, für seinen Rath aber ein für allemal höflichst danke. Hierauf empfahl ich mich sammt meinen Begleitern.

Ich konnte mich dabei des Eindruckes nicht erwehren, als hätte ich soeben die Bekanntschaft eines Mannes gemacht, welcher weit mehr als Pflegling einer Irrenanstalt, denn als Führer einer Armee an seinem Plaze wäre.

Der Adjutant Dembinski's, ein umsichtiger Mann, folgte uns auf dem Fuße und suchte die ungewöhnliche Heftigkeit seines Chefs dadurch zu entschuldigen, daß er sie als Folge meiner tadelnd gehaltenen

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