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schaft ergreifend, dem Feinde den Sieg garantirt, ehe noch die Schlacht begonnen.

Ich selbst war gleichwohl an diesem Tage zu sehr von der Ungewißheit über den Gefechtsausgang am Branyiszkó gefoltert, um auch diesmal, wie sonst, an dem improvisirten Balle Theil zu nehmen. Einsam in meiner Wohnung harrte ich mit peinlicher Ungeduld einer Meldung vom Kampfplage entgegen.

Vom Obersten Klapka wußten wir am 5. Februar nur soviel, daß er noch am 24. Januar die Defensivaufgabe hatte, das Vordringen des Schlick'schen Armeecorps über die Theiß bei Tokaj zu vereiteln; so berichtete uns ein vom Obersten Stein — Generaladjutanten des Kriegsministers in französischer Sprache abgefaßtes, und vom Kriegsminister Mészáros eigenhändig paraphirtes Schreiben, datirt von Debreczin den 24. Januar 1849, welches mir erst am 5. Februar, also den zwölften Tag nach seiner Ausfertigung zukam. Mittlerweile waren wohl Gerüchte von zwei für die ungarischen Waffen günstigen Gefechten, welche Oberst Klapka dem F.-M.-L. Grafen Schlick am 22. Januar bei Tarczal, und Tags darauf am 23. bei Bodrog - Keresztur geliefert hatte, bis in mein Hauptquartier gedrungen: allein das angeführte Geheimschreiben vom 24. Januar that keine Erwähnung hiervon und doch konnten beide Siegesnachrichten, da die Entfernung der genannten Orte von Debreczin nur etwa 12 Meilen beträgt, noch vor Abgang jenes Schreibens an mich, im leztern Orte eingetroffen sein. Wir mußten also die Echtheit der Gerüchte von den Siegen des Obersten Klapka bei Tarczal und Bodrog - Keresztur um so mehr bezweifeln, als diese in derselben pomphaften Form auftraten, unter welcher bereits manche Schlappe, die wir erlitten, als obligater Sieg hatte fungiren müssen, um wie es hieß die Stimmung im Volke zu heben.

Wir konnten nach dem Wortlaute jener officiellen Mittheilung und um überhaupt sicher zu gehen, auf eine gleichzeitige energische Offensive des Obersten Klapka gegen den F.-M.-L. Grafen Schlick schlechterdings nicht rechnen. Alles, was wir erwarten durften, war: daß Oberst Klapka dem auf die Kunde von unserm Anrücken höchst

wahrscheinlich von der Theiß uns entgegeneilenden F.-M. - L. Grafen Schlick auf dem Fuße folgen werde. Eine herzhafte Arrièregarde konnte ihn aber trotzdem leicht so lange aufhalten, bis es dem F.-M.-L. Grafen Schlick gelungen, mit unserm Armeecorps fertig zu werden.

In präcisern Ausdrücken:

F.-M.-L. Graf Schlick stand mit seinem Gros am 24. Januar bei Tokaj an der Theiß in der Offensive gegen Debreczin; Oberst Klapka mit seinem Corps ihm gegenüber in der Defensive.

Die Annahme, daß die feindliche Offensive réussirt habe, wäre eine für das Armeecorps von der obern Donau in seiner Lage vom 5. Februar 1849 speciell günstige gewesen. Wir mußten, um uns vor optimistischen Illusionen zu bewahren, annehmen, daß die sichere Kunde von unserm Anrücken das Schlick'sche Corps noch diesseit der Theiß getroffen habe.

Nun hatte Oberst Graf Guyon vorwißigerweise schon vier Tage vor seinem Anlangen in Igló, am frühen Morgen des 30. Januar, einen von der feindlichen Colonne in Leutschau gegen uns ausgestellten Avisoposten so ungeschickt überfallen lassen, daß einige Leute desselben entfamen. Diese konnten die zuverlässige Meldung von unserm Anrücken noch am selben Tage nach Leutschau gebracht haben, und Tags darauf, den 31. Januar, konnte F.-M.-L. Graf Schlick in Tokaj - wenn näher zu Kaschau, um so schlimmer für uns — wissen, was er zu thun habe, falls er das Armeecorps von der obern Donau nicht unterschäßte, was von einem Feldherrn wie er nicht vorauszusehen war.

Die Entfernung von Tokaj bis Korotnok am westlichen Fuße des Branyiszkó beträgt 19 Meilen, also fünf aufeinander folgende Märsche à 4 Meilen per Tag. Die Lösung dieser Aufgabe sezt eine brave, abgehärtete Infanterie voraus, übersteigt jedoch — zumal im Winter — noch immer nicht das Marimum ihrer Leistungen.

Die Truppen des F.-M. L. Grafen Schlick waren abgehärtet und brav.

Das Corps Klapka konnte dem Gros des Schlick'schen Corps auf diesen Eilmärschen unmöglich toujours à la piste bleiben. Warum nicht? Weil der Verfolger gewisse zeitraubende Vorsichtsmaßregeln wäh

rend des Nachrückens nie außer Acht lassen darf; weil ihm der Verfolgte einen Theil seiner Streitmacht als Arrièregarde wiederholt hemmend entgegenstellt; weil dieser Arrièregarde außer ihrem directen Widerstande noch überdies namhafte Mittel zu Gebote stehen, das Nachdrängen des Verfolgers auf einer von bedeutenden Terrainhindernissen wiederholt durchschnittenen Straße, wie die von Tokaj nach dem Branyiszkó, wiederholt zu unterbrechen.

Die Stärke des Schlick'schen Corps ward uns allgemein bei 15,000 Mann angegeben. Der fünftägige forcirte Marsch mußte das ist klar eine namhafte Anzahl Nachzügler liefern. Allein selbst diese sammt der Arrièregarde in Rechnung gebracht, konnte F.-M. - L. Graf Schlick am 5. Februar mit 10,000 Mann in zwei Colonnen auf gleicher Höhe, die eine am Branyiszkó, die andere bei Kluknó an der Hernád, uns gegenüberstehen, während Oberst Klapka an demselben Tage kaum weiter als bis Kaschau vorgedrungen sein durfte.

Den Bagagen des Schlick'schen Corps stand überdies die Route nach Galizien offen.

Ward unser Angriff auf die feindliche Stellung am Branyiszkó am 5. Februar abgeschlagen, so konnte dies den Feind nur zur Ergreifung der Offensive, und zwar in der wahrscheinlichen Aussicht anfeuern, uns wiederholt zu schlagen, bevor Oberst Klapka ihn ereilt habe; während ich einerseits durch das Nachdrängen der Göß- und Jablonowski'schen Brigaden sammt ihren Verbündeten, dem slowakischen Landsturm, andererseits durch meinen Entschluß, dem Kampfe nicht mehr auszuweichen, gleichfalls zur Offensive, nämlich zur forcirten Wiederholung des Angriffes vom 5. gedrängt wurde, und somit der Zusammenstoß zwischen dem Schlick'schen und dem Armeecorps von der obern Donau am 6. Februar ein entscheidender werden mußte.

Durch diese Combinationen erhielt in der That schon der Gefechtsausgang vom 5. nahezu die Bedeutung einer Antwort auf die Frage: ,,Sein oder Nichtsein!“ für uns; und die peinliche Ungeduld, mit welcher ich einer Meldung Guyon's entgegenharrte, wird erklärlich, um so erklärlicher, als die im Laufe des Nachmittags von Kirchdrauf erhaltene Anzeige, es seien daselbst schon einige Wagen voll Blessirter

von der Division Guyon eingetroffen, den wirklichen Beginn eines ernsten Kampfes am Branyiszkó bereits außer Zweifel gestellt hatte.

Da bei den meisten Infanterieabtheilungen des Armeecorps, vorzüglich der Division Guyon, bisher nur das Ausreißen mit Zurücklassung sogar der Verwundeten nach jedem ernsten feindlichen. Conflicte an der Tagesordnung gewesen, so klang diese Nachricht zwar nicht ungünstig; allein je höher eben mein Hoffen hierdurch angeregt worden, desto tiefer mußte es bei dem unbegreiflich langen Ausbleiben aller fernern Nachrichten sinken.

Verzweifelnd stand ich an der Schwelle der Abrechnung mit der Vergangenheit.

Die Erkenntniß unvermeidlich naher, großartiger Gefahren drängt uns, wenn das Bewußtsein den Dienst nicht versagt, unwiderstehlich auf jene Höhe geistiger Thätigkeit, von wo der noch hoffende Blick den Schleier der Zukunft kecker als sonst zu durchdringen versucht, um jenseit desselben günstigere Conjuncturen zu entdecken, der schon verzweifelnde aber in entgegengeseßter Richtung nach dem Scheidewege forscht, wo wir etwa den unrechten gewählt.

Die Gefahren, welche die Eristenz des Armeecorps von der obern Donau und in diesem zunächst die des Vaterlandes bedrohten, waren unvermeidlich nahe und großartig.

Die Erkenntniß dessen hatte zwar mein Bewußtsein nicht erschüttert, wohl aber war darob die Hoffnung von mir gewichen, und an die verlassene Stelle trat gebieterisch Antwort heischend die Frage:

Ob es nicht besser gewesen wäre, jenen Schritt zu unterlassen, welcher mich so weit geführt, daß ich nun nicht mehr zurück konnte, wenngleich Tausende mit dem festen Vertrauen zu mir aufblickten: Ich werde sie nicht untergehen lassen in der Trostlosigkeit vergeblicher Anstrengungen!?

Ob es nicht besser gewesen wäre, anstatt der geharnischten Proclamationen von Waizen einen friedfertigen Aufruf zur freiwilligen Waffenablegung an das Armeecorps von der obern Donau zu erlassen?

Wohl hatte ich noch in Preßburg erkannt:

Daß der wiederholte Versuch der Wiener Minister, die Verfassung Ungarns mit Waffengewalt umzustürzen, darum nicht minder revolutionär blieb, weil unser Versuch, den gegen die gesetzmäßige Landesregierung empörten Kroaten - Ban Baron Jellachich auch dann noch, oder vielmehr erst dann, nachdem er sich bereits unter die Aegide des F.-M. Fürsten Windisch-Gräß und seiner Armee verkrochen hatte, auf deutsch-erbländischem Boden anzugreifen, ein scheinbar gegen Desterreich aggressiver gewesen.

Daß die Verfassung Ungarns eines blutigen Kampfes werth sei.

Daß einen solchen Kampf selbst der alleinige Erfolg: die Wiederherstellung des alten Unterthänigkeitsverhältnisses vor der Hand unmöglich zu machen, hinreichend rechtfertige.

Daß die Nation es ihrer Ehre schulde, für die staatliche Eristenz Ungarns jezt um so gewisser das Schwert zu ergreifen, als sie bisher leider müssig zugesehen, wie der tölpelhafte Uebermuth Einzelner aus ihrer Mitte den größten Theil der Slawen und Romanen zur offenen Empörung trieb, und so blödsinnigerweise nur die Absichten Derer förderte, welche nichts sehnlicher wünschten als den Untergang des Staates Ungarn.

Dies Alles hatte ich wohl noch in Preßburg erkannt.

Nichtsdestoweniger mußte ich schon in Waizen zugeben:

Daß die Nation sich verzweifelt wenig um ihre Ehre kümmere, und ich der Macht entbehre, sie hierzu zu zwingen.

Daß der Feind über eine der unsern weit überlegene Streitmacht gebiete.

Daß der Kampf somit geblicher bleiben dürfte.

obschon er dreifach geboten

ein ver

Hierzu trat überdies noch die durch das unwürdige öffentliche Benehmen Kossuth's erregte Besorgniß vor Umtrieben seinerseits, welche hinreichen konnten, die Gewaltstreiche der Wiener Regierung wenngleich nur anachronistisch zu rechtfertigen.

Was konnte mich denn also, bei der sichtlichen Versunkenheit der Nation, bei der riesigen Ueberlegenheit des Feindes und dem erschüt

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