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Plaidoyer zu Gunsten des Inquisiten, entgegen der richterlichen Meinung des Auditors, vor seinem eigenen Gewissen insgeheim selbst zu übernehmen.

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, mußte es meine Aufgabe sein, den Werth derjenigen Aussagen des Grafen Eugen Zichy, mittels welcher dieser die Anklage auf die oben angeführten Verbrechen zu entkräften bemüht gewesen, zu dessen Gunsten in Betracht zu ziehen.

Die gewichtigste Anklage lautete auf die versuchte Verbreitung der vorgefundenen feindlichen Proclamationen.

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Da Graf Eugen Zichy behauptete: sein Kammerdiener habe aus Versehen die Proclamationen seinen Reiseeffecten beigepackt, so mußte ich die Beweise für die Glaubwürdigkeit dieser Angabe aus dem Zusammentreffen der Umstände für mich zu entwickeln suchen. Allein ver gebens! Denn die Proclamationen waren von den feindlichen Offizieren, welche in dem Hause des Grafen Eugen Zichy einquartiert gewesen, daselbst zurückgelassen worden; und es schien wahrscheinlicher als nicht, daß Graf Eugen Zichy, als Eigenthümer eines Hauses in der Stadt Stuhlweißenburg — welches gewiß mehrere Zimmer hatte bei seiner oft betheuerten patriotischen Gesinnung nicht ein und dasselbe Gemach mit den feindlichen Offizieren bewohnt, ja überhaupt gar keine freundliche Gemeinschaft mit ihnen gepflogen habe. Die Proclamationen konnten sonach nur in einem jener Zimmer liegen geblieben sein, in welchem die feindlichen Offiziere auf die Dauer ihrer Einquartierung eben untergebracht waren. Ferner entschloß sich Graf Eugen Zichy, gleich nachdem sein Haus von den feindlichen Offizieren geräumt worden war, seiner eigenen Aussage gemäß, nur auf einige Stunden nach Kálozd zu reisen und gleich wieder nach Stuhlweißenburg zurückzukehren. Auf derlei kurze Ausflüge nimmt man gewöhnlich nicht viel Reisegepäck mit, sondern meistens nur einzelne Gegenstände, welche tagtäglich, ja stündlich benöthigt werden. Diese Gegenstände dürften nach Vorhergehendem kaum in den von den feindlichen Offizieren soeben verlassenen Gemächern gelegen haben, folglich auch nicht in der Nähe der in eben diesen Gemächern möglicherweise vergessenen Proclamationen.

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Angesichts dieser Wahrscheinlichkeiten konnte ich mir leider nicht versinnlichen, wie es zugegangen sein mochte, daß dem Kammerdiener, während er - vermuthlich im Wohnzimmer seines Herrn mit der Zurechtlegung der für eine blos mehrstündige Reise nöthigen Gegenstände beschäftigt war, die in einem andern Gemache liegen gebliebenen Proclamationen so unter die Hände gerathen seien, daß sie aus Versehen mit eingepackt werden konnten. Der Annahme eines solchen Versehens widersprach schon das ziemlich bedeutende Volumen und die unter den übrigen vorliegenden Gegenständen auffallende Form der 43 Stück (dies war die vorgefundene Anzahl von Proclamationen) grober Druckpapierblätter in Halbbogenformat.

Weit glaubwürdiger hätte es geklungen, daß der Kammerdiener die Proclamationen absichtlich, und zwar, bei der patriotischen Gesinnung seines Herrn, hinter dessen Rücken eingepackt habe.

Allein Graf Eugen Zichy mochte bei der Entdeckung der Proclamationen in seinem Wagen die Gefahr, welche in Folge dieser Entdeckung das Leben seines Kammerdieners bedrohen konnte, sogleich erkannt und im sichern Gefühle seiner eigenen Unschuld troß der Entrüstung, welche ihn bei seinen oft betheuerten patriotischen Gesinnungen ob der absichtlichen That seines Kammerdieners ergreifen mußte eine Art großmüthigen Mitleids für diesen empfunden und sich ent= schlossen haben, die Inzicht auf das Verbrechen des Kammerdieners als die Folge eines bloßen Versehens darzustellen.

Ich wenigstens konnte mir eine derartige Anwandlung von Großmuth sehr leicht möglich denken und mußte hierdurch nur noch mehr. angeregt werden, den gefährlichen Verdacht des verrätherischen Einverständnisses mit den Feinden des Vaterlandes, welchen der Graf in einer edlen Regung des Herzens vom schuldigen Haupte seines Kammerdieners verhängnißvollerweise auf sein eigenes schuldloses Haupt gewälzt haben dürfte, dadurch zu entkräften, daß ich aus der Uebereinstimmung der mittels Benußung von Nebenumständen folgerecht erkennbaren — Motive der vorliegenden Thatsachen mit seinen eigenen Aussagen wo möglich die positiven Belege für seine betheuerten patriotischen Gesinnungen entwickle.

In der eigenen Aussage des Grafen lauteten jedoch nur drei Punkte, einigermaßen günstig, um zu dem leßtern Zwecke in Anbetracht zu kommen. Und zwar hatte der Graf ausgesagt, er habe:

1) sich auf Ansuchen der Bewohner von Stuhlweißenburg bei dem Ban Jellachich dahin verwendet, daß den Räubereien der Kroaten Einhalt gethan werde;

2) den vorliegenden Schußbrief vom Ban Jellachich auch nur in der Absicht begehrt, um die armen Bewohner von Kálozd ebenfalls vor den Räubereien der Kroaten des Generals Roth zu bewahren; endlich

3) den ersten ungarischen Soldaten, welche er auf seiner Reise von Stuhlweißenburg nach Kálozd unvermutheterweise bei Soponya antraf, sogleich das drohende Anrücken des Generals Roth mit seinem kroatischen Corps von 10,000 Mann befannt gegeben.

Allein wie immer günstig man diese drei Punkte beleuchten mochte, es war nicht zu übersehen, daß Graf Eugen Zichy in Stuhlweißenburg selbst ein Haus besaß und Kálozd seine eigene Besizung war, und das Interesse, welches er somit persönlich dabei hatte, sowohl Stuhlweißenburg als Kálozd vor den Räubereien der Kroaten verschont zu sehen, vollkommen hinreichte, um die unter 1) und 2) angeführten Handlungen selbst bei gänzlicher Abwesenheit patriotischer Gesinnung zu motiviren.

Der dritte Punkt dagegen schien bei dem Zusammentreffen der gleichzeitig obwaltenden Umstände weit mehr geeignet, gegen als für die patriotische Gesinnung des Grafen zu zeugen. Denn: wäre der Graf dem Vaterlande und dessen Vertheidigern freundlich gesinnt gewesen, so hätte ihn der unerwartete Anruf eines ungarischen Vorposten entweder freudig überraschen oder in ihm die ängstliche Besorgniß für die Eristenz der den drohenden Angriffen eines 10,000 Mann starken feindlichen Corps ausgesezten vaterländischen Truppen wecken müssen. Beide Gefühle konnten ihn nur bestimmen, sich mit der Mittheilung der gewissen Kunde von der drohenden Feindesgefahr möglichst zu beeilen. Wäre der Graf dem Vaterlande und dessen Vertheidigern freund

lich gesinnt gewesen, so mußte ihm der Gedanke, daß er, von den Verhältnissen gezwungen, den nöthigen Schuß für seine Person und sein Eigenthum bei den Feinden des Vaterlandes habe nachsuchen müssen, ein peinlicher sein; es mußte der Anruf des ungarischen Vorposten in ihm die frohe Hoffnung anregen, daß hinter diesem Vorposten eine vaterländische Streitmacht stehe, gewaltig genug, um ihn von diesem peinlichen Verhältnisse nun mit einem Male zu erlösen; er mußte sich nach dieser Erlösung sehnen und eilen, durch ein vertrauenerweckendes Benehmen derselben theilhaftig zu werden. Ja selbst, wenn der Graf, _angesichts der einander bekriegenden Heere, in seinen Gesinnungen ganz neutral geblieben wäre, so hätte der Anruf des ungarischen Vorposten ihn bei der angegebenen Lauterkeit des Zwecks seiner Reise aus Rücksichten der Klugheit bestimmen müssen, augenblicklich wenigstens den Schußbrief des kroatischen Feldherrn freiwillig vorzuzeigen, um eben die Lauterkeit seines Vorhabens darzuthun und dem so gefährlichen als unwürdigen Verdachte zu begegnen, daß er - der ungarische Staatsbürger mit den Empörern gegen die geseßlich bestehende Ordnung im verbrecherischen Einverständnisse lebe.

Allein der Graf Eugen Zichy mußte gewaltsam arretirt werden, und erst nachdem dies geschehen war, erwähnte er der drohenden Nähe des kroatischen Hilfscorps, indem er seine Bewältiger frug: ob sie denn nicht wüßten, daß General Roth mit 10,000 Mann anrücke? Den feindlichen Schußbrief aber verheimlichte der Graf. Dieser wurde erst bei der gewaltsamen Durchsuchung seiner Kleidungsstücke entdeckt.

Dieser Umstand, sowie die der thätlich gewaltsamen Arretirung des Grafen nothwendig vorausgegangenen Widerseßlichkeiten gegen den anrufenden Vorposten ließen in der Frage des Grafen,, ob man denn nicht wisse, daß General Roth mit 10,000 Kroaten anrücke" leichter den Sinn einer Drohung als den einer freundlichen Mittheilung erkennen, und zeugten nicht nur gegen seine von ihm selbst betheuerte patriotische Gesinnung, sondern vielmehr für das Vorhandensein einer Denk und Handlungsweise, welche mit jener der offenen Feinde des Vaterlandes Alles gemein hatte bis auf die Offenheit.

Zu demselben Resultate führten leider auch die durch einen andern. Punkt der Aussagen des Grafen angeregten Betrachtungen.

Als nämlich dem Grafen Eugen Zichy bei dem Verhöre die in seinem Wagen entdeckten Proclamationen vorgelegt wurden, erkannte er ste mit Bestimmtheit für dieselben, welche die in seinem Hause zu Stuhlweißenburg bequartiert gewesenen feindlichen Offiziere daselbst zurückgelassen hatten. Er mußte also diese Proclamationen während der Zeit, welche von dem Ausmarsche der feindlichen Offiziere bis zu seiner eigenen Abreise von Stuhlweißenburg verstrichen war, zu Gesicht bekommen haben.

Wäre der Graf wirklich patriotisch gesinnt gewesen, so würde er diese Proclamationen sogleich vernichtet haben. Er kannte ja die Art und Weise, wie die Originalien derselben nach Stuhlweißenburg gelangt waren, bis ins Detail, und konnte über ihre, der in Ungarn geseßlich bestehenden Ordnung gefährliche Tendenz nicht im Unklaren geblieben sein. Die schleunigste Vernichtung der vorliegenden Eremplare aber wäre ihm ohne alle Gefahr für seine Eristenz möglich ge= wesen, da die feindlichen Offiziere, welche sie ins Haus gebracht und dort vergessen hatten, mit dem gesammten feindlichen Heere wieder abgezogen waren.

Allein Graf Eugen Zichy hatte dies zu thun unterlassen, und dadurch erschien wie bereits angedeutet worden das von ihm wäh rend des Verhörs betheuerte Vorhandensein patriotischer Gefühle in seiner Brust geradezu unhaltbar.

Seine Aussage: daß diese Proclamationen nur durch ein Versehen seines Kammerdieners in seinen Wagen gelangt seien, gewann nun freilich an Glaubwürdigkeit, weil sehr wahrscheinlich der Graf selbst es gewesen, der diese Proclamationen in sein eigenes Wohnzimmer, somit in die Nähe der auf die kurze Reise mitzunehmenden Gegenstände gebracht hatte. Aber durch die effronte Gesinnungslosigkeit, mit welcher Graf Eugen Zichy, angesichts des Schußbriefes — in dessen Wortlaute ein fast unbedingtes Vertrauen des feindlichen Feldherrn in die freundliche Gesinnung des Schüßlings ausgesprochen lag —— bei dem Verhöre zu versichern wagte, daß er nur deshalb versäumt

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