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stirb, seliger als deine Clementine, als dein Grandison den Gedanken nachsterben müssen! Ja, Graf Gott vergebe mirs! Ebert hat wohl nicht unrecht. Wenn er, spricht er, den Grandison gemacht hätte, so glaube er gewiß, daß er seelig werden müßte. Gott vergebe mirs! könnte der Himmel durch Verstand und Kunst, durch Wih und Herz, durch göttliche Moral verdient werden, nun, so hätte ihn Grandison überverdient! Heben Sie diesen Brief mit aller seiner Enthusiaßterei, mit aller meiner aufrichtigen Albernheit auf! und wenn ich bald sierbe, so lasssen Sie, Sie sollen es thun, ihn mit meinem ganzen Namen, zur Ehre eines Richardson (denn sobald ich todt bin, bin ich groß genug ihn zu ehren) und folgende Stelle groß drucken: Zween meiner vergnügtesten Tage, soll die Nachwelt wissen, sind die gewesen, da ich den 7. Theil der Clarissa und den 5. des Grandison gelesen. Wenn die Tugend in jenem Leben eine fortgesette ewige Empfindung solcher Freuden ist, als ich hier gefühlet, so kann kein Mensch, auch in einem zehnfachen Leben, zu viel für sie ausstehn. Ich habe noch nie namentlich für den Richardson gebetet, aber bey dem 5. Theile habe ich das Gebet für seine immerwährende Wohlfahrt gemacht. — Dürfte ich doch nicht denken, daß es Geschöpfe gebe, denen dieses Werk nicht gefällt. — Ich will nicht mehr schreiben. Ich kann auch nicht. Ich bin immer noch außer mir. Ich habe geweint, daß ich noch immer zittere. Und wenn ich iht krank werde, so ist Grandison die Ursache, und meine Krankheit das Lobgedicht des Richardson. Ich umarme Sie, liebster Graf.

Gellert.

Beispiel 10.

216. Gellert an Rabener. (Th. 5. S. 365.)

Liebster Rabener!

2. d. 29. Jan. 1761.

Sie mögen mit mir machen, was Sie wollen, so werde ich Ihnen doch dießmal keine ausführliche Antwort schreiben, denn ich bin schon seit vierzehn Tagen von einem Husten und von Schmerzen in der linken Hüfte frank. Es ist wahr, daß ich in der Mitte des lehten Monats vorigen Jahres durch einen Major zu dem Könige gerufen worden bin, daß er sich von vier Uhr bis dreyviertel auf sechs Uhr mit mir von den schönen Wissenschaften und der deutschen Literatur und der Methode, womit er seine Hypochondrie curiret und mit der ich die meinige curiren sollte, unterredet; daß er mir sehr gnädig begegnet hat; daß ich wider allen meinen Charakter ohne die geringste Furcht, ohne Begierde zu gefallen, blos das,

was Wahrheit und Ehrerbietung befahlen, geredet und eben deswegen gefallen habe. Am Ende des Gesprächs fragte er mich, ob ich keine von meinen Fabeln auswendig könnte?,,Nein, Sire." —,,,,Besinne Er sich doch, Herr Professor, ich will etlichemal in der Stube auf und niedergehen."" Endlich fiel ich, ohne zu wissen warum, auf den Maler, die lette Fabel im ersten Theile. "Nun, sagte er, das ist gut, das ist sehr gut, natürlich, kurz und leicht. Das habe ich nicht gedacht. Wo hat Er so schreiben lernen?"",,In der Schule der Natur." -,,,,Hat Er den Lafontaine nachgeahmt?"" - ,,Nein, Jhro Majestät, ich bin ein Original; aber darum weis ich noch nicht, ob ich ein gutes bin." „,„Nein, ich muß Ihn loben"" Und da sagte er zum Major, der dabey stand, noch viel zu meinem Lobe, das ich in der That nicht hören wollte. ,,,,Komme Er wieder zu mir, und stecke Er Seine Fabeln zu sich und lese Er mir welche vor."" - Allein, guter Rabener, ich bin nicht wiedergekommen. Der König hat mich nicht wieder rufen lassen, und ich habe an Sirachs Wort gedacht: Dränge dich nicht zu den Königen. Er hat mich den Tag darauf bey der Tafel gegen den Obersilieutenant Marwiß, auch den englischen Gesandten, den Marquis d'Argens, den Lector le Cat und Andere, die mirs wieder gesagt haben, mit einem Lobspruche gelobt, den ich nicht herseßen will, weil es doch eitel seyn würde. Der eng lische Gesandte, der ein vortrefflicher Mann ist, mag wohl die wahre Urs sache gewesen seyn, warum mich der König sehen wollen; denn der Gesandte hat mit Strauben in Breslau meine Fabeln größtentheils gelesen und ist sehr für sie eingenommen. Der König sprach bald deutsch, bald französisch; ich meistens deutsch, nur im Nothfalle französisch. Den ausführlichen Inhalt einem Briefe anvertrauen, würde wenigstens wider die Klugheit seyn. Warten Sie bis ich Sie spreche. Gott gebe, daß dieses bald geschehe, und daß ich Sie gesund und zufrieden umarmen kann, wo es auch sey. Das Ende Ihres Briefes, liebster Rabener, ist sehr ernsthaft. Allein Ihr Ernst ist mir so schäßbar, als kaum Ihr Scherz. Sie reden von Ihrem Tode. Ja, davon sollten wir alle reden, oft reden und getrost, wie Sie, reden. Gott lasse uns leben, um wohl zu sterben, zu der Zeit, da er es beschlossen hat. Menschlich zu urtheilen müssen Sie mich Ich umarme Sie, liebe Sie und

lange und weit überleben.

bin ewig

.....

der Ihrige

Gellert.

2 Gottlieb Wilhelm Rabener. 1714-1771.

Gottlieb Wilhelm Rabener wurde den 14. September 1714 in Wachau bei Leipzig geboren, wo sein Vater Justus Gottlieb Rabener Rittergutsbesißer und Anwald im Leipziger Oberhofgerichte war. Bis zum 14. Jahre wurde er von Hauslehrern unterrichtet, worauf er 1728 die Landschule zu Meißen bezog, wo sein Großvater M. Justus Gottfried Rabener Rector gewesen war. Unter seinen Mitschülern waren Grabener, nachheriger Rector der Schulpforte, Gärtner und Gellert seine Freunde, mit welchen er das ganze Leben hindurch treu verbunden blieb. Nach sechs Jahren ging er auf die Universität Leipzig, wo er vornehmlich die Rechtsgelehrsamkeit studirte, auch öffentlich disputirte de mitiganda furli poena ob reftitutionem rei ablatae. Auch legte er sich unter Anleitung eines Bekannten auf das Steuerwesen, vergaß aber dabei nicht die Wissenschaften. Als Prof. Schwabe unter Gottscheds Leitung 1741 die Belustigungen des Verstandes und Wißes herausgab, wurde auch Rabener Mitarbeiter und blieb es bis zur Mitte des Jahres 1744 und theilte in dieser Zeitschrift unter andern sein scherzhaftes Gedicht mit: Beweis, daß die Reime in der deutschen Dichtkunst unentbehrlich sind. Auf Gärtners Antrieb vereinig ten sich nun aber mehrere Freunde, zunächst Cramer nnd Adolf Schle gel, eine eigne Monatschrift herauszugeben, welchen nun auch Rabener, dann auch Schmidt von Lübeck, Ebert und Zachariä beitraten, später auch Klopstock, Fuchs und Schmidt von Langensalze. Diese Zeitschrift erschien zu Bremen und ist unter dem Namen der Bremer Beiträge bekannt. Wie diese Arbeit für die Lefer sehr ansprechend war, so verband sie auch die Verfasser in innigerer Freundschaft, weil man durch gemeinsames Studium, Vorlesungen und Beurtheilungen der für die Zeitschrift bestimmten Beiträge sich immer näher kam; doch zerstreute sich der freundschaftliche Kreis allmählich, blieb sich aber in wechselseitiger Freundschaft unverändert treu. Rabener hatte schon 1741 das beschwerliche Amt eines Steuerrevisors des Leipziger Kreises erhalten, in welchem er unermüdet thätig war. Seine satirischen Arbeiten waren seine Erholungen. Am Ende des Jahres 1751 schrieb er seine satirischen Briefe, welche von vielen für das Gelungenste seiner Werke gehalten werden. Im Jahre 1753 wurde er nach Dresden berufen und erhielt die Stelle eines ersten Obersteuersecretairs. Auch hier fand er Beifall und Freunde, und wie er in seinem Amte thätig war, arbeitete er auch für die Wis

1. Neue Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Wißes, vier Bände. Die Fortseßung erschien mit dem Titel: Sammlungen vermischter Schriften.

senschaft, gab 1755 des Anton Pansa von Mancha Abhandlung von Sprüchwörtern heraus und erklärte, mit dem 4. Bande seiner Schriften seine schriftstellerische Laufbahn zu enden. Bei der Belagerung von Dresden im Juli 1760 verbrannten die Handschriften von mehreren sati rischen Werken, welche erst nach seinem Tode erscheinen sollten, sowohl im Original als in der in dem Hause eines Freundes niedergelegten Handschrift und Rabener hat sie nachher nicht wieder herstellen mögen. Nach dem Kriege wurde er Steuerrath, blieb aber übrigens in seinen frühern Verhältnissen. Vom Jahre 1765 fing er zu kränkeln an, litt am Podagra und seit 1767 an Schlaganfällen. Vergebens brauchte er 1768 den Karlsbaderbrunnen, seit einem heftigen Anfall vom Schlage im März 1769 erholte er sich niemals ganz wieder. Ostern 1770 war er zum letztenmal in Leipzig, wohin er sonst jedes Jahr zweimal zur Meßzeit reisie und starb den 22. März 1771 plößlich und schmerzlos. - Er war nie verheirathet, obschon er zuweilen mit dem Gedanken umging, sich eine Lebensgefährtinn zu wählen und hatte überhaupt keine näheren Verwandten.

Rabener wird von Göthe' geschildert als wohlerzogen, unter gutem Schulunterricht aufgewachsen, von heiterer und keinesweges leidenschaftlicher oder gehässiger Natur. Sein Tadel der Laster und Thorheiten entspringt aus reinen Ansichten des ruhigen Menschenverstandes und aus einem bestimmten sittlichen Begriff, wie die Welt sein sollte. Die Rüge der Fehler und Mängel ist harmlos und heiter. Pedantische Gelehrte, citle Jünglinge, jede Art von Beschränktheit und Dünkel bescherzt er mehr als daß er sie bespottete, und selbst sein Spott drückt keine Verachtung aus. Die Art, wie er seine Gegenstände behandelt, hat wenig ästhetisches und er bedient sich zu viel der directen Jronie, was er aber und wie er es hervorbringt, zeugt von seiner Rechtlichkeit, Heiterkeit und Gleichmüthigkeit. Der unbegränzte Beifall seiner Zeit war eine Folge solcher sittlichen Vorzüge. Seine Satire bezieht sich durchaus auf den Mittelstand; er läßt hie und da vermerken, daß er die höheren auch wohl kenne, es aber nicht für räthlich halte sie zu berühren. Man kann sagen, daß er keinen Nachfolger gehabt, daß sich niemand gefunden, der sich ihm gleich oder ähnlich hätte halten dürfen.

Seine Schriften, welche alle bis auf sein oben angeführtes scherzhafs tes Gedicht, in Prosa geschrieben sind, hat am besten sein Freund Weiße in sechs Bänden, Leipzig bei Dyk. 1777. 8. herausgegeben. Der Inhalt ist im Allgemeinen folgender:

Th. I. enthält: C. F. Weiße Nachricht von dem Leben, Character und den Schriften Rabener's. Satyren, Erst. Theil. — Vorberichte, von

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1. Aus meinem Leben Th. II. Vollst. Ausg. lester Hand. 25. Band. S. 74 flg.

der Vortrefflichkeit der Glückwünschungsschreiben, Antrittsrede. Klage wider die weitläuftige Schreibart. Lobschrift auf die bösen Männer. Trauerrede eines Wittwers u. a.

Th. II. Schreiben von vernünftiger Erlernung der Sprachen und Wiss senschaften auf niedern Schulen. Lebenslauf eines Märtyrers der Wahrheit. Jrus e. lucianische Erzählung. Eine Todtenliste von Nicol. Klimen, Küstern an der Kreuzkirche zu Bergen in Norwe gen. Beweis, daß die Reime in der deutschen Dichtkunst unentbehrlich sind. Ein Traum von den Beschäfftigungen der abgeschiednen Seelen. Abhandlung von Buchdruckerstöcken.

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Versuch eines deutschen Wörterbuchs.

Wille u. a.

Th. III. Satyrische Briefe.

Swifts letter

Th. IV. Satyren. Erste Abtheilung: Antons Pansa von Mancha Abhandlung von Sprüchwörtern, wie solche zu verstehen und' zu gebrauchen sind. Dem Verfasser zum Besten, und dem Leser zur Erbauung ans Licht gestellt. Th. V. Satyren. Zweite Abtheilung: Beweis, daß die Begierde Boses zu reden u. s. f. von einer wahren Menschenliebe herrühre. Das Mährchen vom ersten April aus dem Holländischen ins Hochdeutsche übersetzt, in drei Büchern.

Th. VI. Freundschaftliche Briefe. (An Lorchen, Cramer, Schlegel, Hagedorn, Giseke, Gellert, Weiße, Ferber.)

Eine neue Ausgabe der Werke Rabeners erschien von Ortlepp 1840. Den Charakter der Rabenerschen Satyre hat Ramler in seiner Einl. in die schönen Wissenschaften nach dem Batteur dargestellt. Man vergleiche auch: Schlosser Gesch. des 18. Jahrh. Th. I. 1836. 8. G. 598. Gervinus National Lit. IV. S. 87. u. Jördens.

Beispiel 1.

Beweis, daß die Reime in der deutschen Dichtkunst unentbehrlich sind,

bey einer gewissen Gelegenheit im Jahre 1737
verfertigt. (Th. II. S. 84.)

Nein! Länger schweig ich nicht! Mein Zorn bricht endlich los.
Der Frevel wird zu kühn, der Übermuth zu groß,
Womit die blinde Welt der edlen Dichtkunst spottet,
Ihr mit dem Falle droht, und sich zusammen rottet.
Drey ganzer Jahr hab ich geduldig zugesehn,
Wie ihre Feinde sich verschworen, sie zu schmähn,

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