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Du hast des Himmels Zorn entwaffnet durch dein beten.
Und von dem ernstlichen Gesetz gegen das Duellieren:

Da du diejenigen selbst wilst zum Leben zwingen,
Die unter sich so sehr nach Tod und Sterben ringen.

Die Redensart, einen der Straffe entbinden, ist sichtbarlich von besonderm Nachdrucke, sie stellet euch einen strafwürdigen Uebelthäter gleichfam vor Augen, wie er der Gerechtigkeit gebunden zugeführt wird, und wie ihn die empfangene Gnade von den Banden erlediget. Das Auge vertheilen ist überaus geschickt gegeben, anzuzeigen, daß das Auge nicht im Stande sey, die mannigfaltigen Gegenstände, von denen es auf eins mal überfallen wird, mit einem Blicke zu überschauen; sondern daß es sich von einem zu dem andern wenden muß, ein jedes absonderlich zu betrach ten; der Ausdruck hat etwas wunderbares in sich, jedoch ohne Abbruch der Wahrscheinlichkeit und der Deutlichkeit. Wenn von dem Gebete gesagt wird, daß es den Zorn des Himmels entwaffne, so wird die Kraft desselben ungemein dadurch erheben, allermassen es nach dieser Redensart fich des Allmächtigen selber, der schon im Antritt ist, die Sünder mit seiz nen verheerendeu Gerichten zu straffen, bemeistert und ihn zwinget, die Waffen des Verderbens als übermannet, niederzulegen. Es ist seltsam, daß man vernünftige Menschen durch ernsthafte Gesetze zum Leben zwingen muß, und da die übliche Redensart, mit dem Tode ringen, ges nugsam zu verstehen giebt, wie sauer es insgemeine den Menschen ankomme, das Leben zu verliehren, so ist der Ausdruck nach dem Tode ringen. um so viel wunderbarer, und das Wort ringen behält hier, da die Rede von Kämpfern lautet, alle seine Kraft, der es durch die Zusammenschung fähig ist.

II. Die sächsische Schule. (§. 112.)

1. Christian Fürchtegott Gellert. 1715-1769. Christian Fürchtegott Gellert wurde den 4. Julius 1715 zu Haynichen, einem Städtchen im Erzgebürge zwischen Freiberg und Chemnitz, geboren. Er war der fünfte Sohn des Diakonus und nachherigen Oberpfarrers M. Christian Gellert und der Frau Johanne Salome geb. Schütze, welche dreizehn Kinder hatten und größtentheils erzogen. Er genoß den ersten Unterricht in der Schule seines Geburtsortes, hatte dann einige Jahre lang Privatunterricht und bezog in seinem dreizehnten Jahre die Fürstenschule Meißen, wo er mit Gärtner und Rabener eine vertraute Freundschaft schloß. Nachdem er fünf Jahr in Meißen gewesen, bereitete er sich noch ein Jahr lang im Hause seines Vaters für die Akademie vor,

bezog im Jahre 1734 die Universität Leipzig und trieb daselbst vorzugsweise Philosophie, Theologie und Literatur. Der Hoffnung Geistlicher zu werden entsagte er aber bald, weil seine Schüchternheit ihn daran hinderte, obschon er öfter auch mit Beifall gepredigt hatte. Nach vier Jahren rief ihn sein Vater nach Hause zurück und auf Val. Ernst Löschers Empfehlung wurde er Erzieher zweier Herren von Lüttichau unweit Dres den, bereitete dann ein Jahr lang seinen Schwestersohn für die Universität vor und ging selbst mit ihm nach Leipzig 1741. Hier ließ er sich bewegen an den „Beluftigungen des Verstandes und Wißes" Antheil zu nehmen und gab einige Fabeln, Erzählungen und Lehrgedichte, auch prosaische Abhandlungen, in diese Monatsschrift, wie er schon auf Schulen sich in der Dichtkunst versucht hatte; obschon er dort nur Günther, Neukirch und Hanke unter den deutschen Dichtern kannte. In den Streit mit Gottsched und Bodmer mischte er sich nicht und ehrte und achtete das Gute an beiden, stand auch im Briefwechsel mit Bodmer. Mit Joh. Elias Schlegel, Gärtner und Cramer errichtete er innige Freundschaften und der lettere disputirte unter ihm, als er 1744 eine Disputation de Poefi Apologorum eorumque scriptoribus (nachdem er schon 1743 Doctor phil. geworden war) vertheidigte, um das Recht zu erlangen, Cols legia lesen zu können. Von dieser Zeit an las er über Poesie und Beredsamkeit, schrieb mehrere Schriften und gab 1746 den ersten Theil seiner Fabeln und Erzählungen, 1747 den ersten Theil der schwedischen Gräfinn, 1748 den zweiten, auch der Fabeln und Erzählungen und die Trostgründe wider ein sieches Leben, nachher bis 1754 die Lustspiele, Briefe und Lehrgedichte, 1756 die Sammlung vermischter Schriften und 1757 die geistlichen Lieder heraus. Da sein Ruhm sich weit auch über Deutschland hinaus verbreitete, wurde er selbst vom Hofe aufgefordert, sich um eine außerordentliche Professur und Pension zu bewerben und erhielt 1751 die Professur und hundert Thaler Pension. Schon jetzt litt er viel an Hypochondrie und fiel bis 1757 dreimal in tödtliche Krankheiten. Seine stille christliche Geduld ließ ihn aber Alles in Sanftmuth ertragen. Zärtlich hing er an seinen Freunden und es war ihm besonders schmerzlich, daß ihn die vertrautesten unter ihnen, die Verfasser der bremischen Beiträge, allmählich alle verließen, nur Rabener blieb noch eine Zeitlang in seiner Nähe. Der Beifall, welchen er auf der Universität erndtete, und der segensreiche Einfluss, welchen er übte, war sehr groß. Sehr schön sagt sein Freund

1. Das Programm zu s. Antrittsrede als Profeffor de comoedia commovente ist von Leffing 1754. (S. Lessings Schriften von Lachmann. IV. S. 34. fl.), die Antrittsrede selbst von Heyer überseht (s. Gellerts Schriften Lpj. 1840. III. S. 403.). 2. Wie auch Göthe zu seinen Schülern gehört hat ist aus seinem Leben bekannt.

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Cramer von ihm in seiner Lebensbeschreibung: Die Lehren aus seinem ,,Munde hatten die Anmuth eines stillen Sommerabends kurz vor dem ,,Untergange der Sonne, mit deren Entfernung die von ihr verschönerte „Natur nicht ihre Schönheit, aber die Lebhaftigkeit und den Glanz des ,,Tages verliert." Als man ihm bei dem Tode des Philosophen Müller 1761 eine ordentliche philosophische Professur (früher war keine erledigt) geben wollte, nahm er sie nicht an und das Gnadengehalt, welches Maskov bis zu seinem Tode 1761 genossen, musste ihm förmlich aufgedrungen werden durch die Verpflichtung, der akademischen Jugend durch seine Ges sellschaft und Unterhaltungen angenehm und nüßlich zu werden. Dies ist er denn auch unter den schwersten Kämpfen mit immer mehr wachsenden Körperleiden bis an sein Ende geworden; doch kam er in den leßten fünf Jahren seines Lebens troß seiner Krankheit zu einer Stille des Herzens, die ihn beseligte. Er starb, wie er gelebt hatte, fromm und sanft den 13. December 1769.

Gellert war einer der redlichsten und frömmsten Menschen, welche die Welt gekannt hat; ein so edles reines Gemüth, das uns zu Bewunderung und Liebe hinreißt, wenn wir in sein stilles Seelenleben hineinschauen. Er war nach unsern Begriffen kein großer aber ein anziehender, edler und reiner Dichter und einer der besten deutschen Prosaiker. Noch immer liest man seine Briefe, sein Leben der schwedischen Gräfinn u. a. m. mit Ver gnügen. Kein Dichter ist je volksthümlicher gewesen als er, und gleicher Ruhm, gleiche Bewunderung und Liebe ist ihm zu Theil geworden wie von den Fürsten seines Landes und Preußens und von dem großen Könige selbst, so auch von dem Niedrigsten im Volke, bis zu dem Bauer, der ihm für seine Fabeln eine Fuhre Holz brachte, und der schmutzigen alten Dienstmagd in Carlsbad, die feine Hände mit Küssen bedeckte. Er ist ein wahrer Volkslehrer im größesten höchsten Sinne des Wortes gewesen und ein Vorbild für Tausende geworden. - Als Oden und Liederdich ter ist er am größßten und als solcher und Dichter von Fabeln und Er. zählungen am bekanntesten. Geringer und nach unsern Ansichten zu breit und gedehnt sind seine dramatischen Sachen. In der Prosa find seine Briefe vortrefflich, auch sein Roman Leben der schwedischen Gräfinn wird einem unverdorbenen Geschmack noch immer gefallen. Seine moralischen Vorlesungen waren sein lehtes Werk und erschienen erst nach seinem Tode. Seine gesammelten Schriften hat er 1769 zum leßtenmal herausgegeben und feinem Churfürsten geweiht. Nachher sind sie in vie len Auflagen erschienen. Leipz. 1775-84 in 10 Theilen. 1838 in Einem Bande. - 1839 und 1840 in 10 Theilen, vornehmlich: C. F. Gellerts sämmtliche Schriften. Neue rechtmäßige Ausgabe in sechs Theilen. Lpz. Weidm. Buchh, und Hahn'sche Verlagsbuchh. 1840. 12. mit seiz nem Bilde und einem fac limile seiner Handschrift. — Diese Ausgabe enthält:

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Th. I. Zueignungen und Vorreden. — Fabeln und Erzählungen. Drei Bücher. Beurtheilungen einiger Fabeln. Moralische Ges dichte. Vermischte Gedichte. - Geistliche Oden und Lieder. Th. II. Lustspiele und Schäferspiele (worunter die zärtlichen Schwestern. Die Betschwester.) Anhang von Fabeln, Erzählungen und Liedern.

Th. III. Briefe, nebst e. praktischen Abhandlung von dem guten Ge schmacke in Briefen. Leben der Schwedischen Gräfinn von G. Abhandlungen und Reden (worunter: von den rost. gründen wider ein sieches Leben u. a.) —

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Th. IV. Moralische Vorlesungen. Anhang. Moralische Chas

ractere.

Th. V. Briefe. 1740-1762.

Th. VI. Briefe. 1763-1769 und undatirte Briefe und Chr. F. Gellerts Leben von Johann Andreas Cramer. (1774)

Beispiel 1.

Der Proceß. (Ausg. von 1840. Th. I. S. 70.)

Ja, ja Processe müssen seyn!

Gesetzt, sie wären nicht auf Erden,

Wie könnt alsdann das Mein und Dein

Bestimmet und entschieden werden?
Das Streiten lehrt uns die Natur;
Drum, Bruder, recht und streite nur.
Du siehst, man will dich übertäuben;
Doch gieb nicht nach, seß alles auf,
Und laß dem Handel seinen Lauf;
Denn Recht muß doch Recht bleiben.

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Ich will nicht eher sanfte ruhn;

Das Recht, das soll den Ausspruch thun.
Se saget Kunz, schlägt in die Hand,
Und rückt den spißen Hut die Queere.
Ja, eh ich diesen Rein entbehre,

"

So meid ich lieber Gut und Land."

Der Zorn bringt ihn zu schnellen Schritten,
Er eilet nach der nahen Stadt.

Allein, Herr Glimpf, sein Advocat,

War kurz zuvor ins Amt geritten.
Er läuft, und holt Herr Glimpfen ein.
Wie, sprecht ihr, kann das möglich seyn?
Kunz war zu Fuß, und Glimpf zu Pferde.
So glaubt ihr, daß ich lügen werde?
Ich bitt euch, stellt das Neden ein;
Sonst werd ich, diesen Schimpf zu rächen,
Gleich selber mit Herr Glimpfen sprechen.

Ich sag es noch einmal, Kunz holt Herr Glimpfen ein, Greift in den Zaum, und grüßt Herr Olimpfen.

Herr! fängt er ganz erbittert an,

Mein Nachbar, der infame Mann,

Der Schelm, ich will ihn zwar nicht schimpfen;

Der, denkt nur! spricht, der schmale Rein,
Der zwischen unsern Feldern lieget,

Der, spricht der Narr, der wäre sein.

Allein den will ich sehn, der mich darum betrüget.

Herr, fuhr er fort, Herr, meine beste Kuh,

Sechs Scheffel Haber noch dazu!

(Hier wicherte das Pferd vor Freuden.)

O! dient mir wider ihn, und helft die Sach entscheiden.

Kein Mensch, verseßt Herr Glimpf, dient freudiger, als ich. Der Nachbar hat nichts einzuwenden,

Ihr habt das größte Recht in Händen;

Aus euren Reden zeigt es sich.
Genug, verklagt den Ungestümen!
Ich will mich zwar nicht selber rühmen,
Dieß thut kein ehrlicher Jurist;
Doch dieses könnt ihr leicht erfahren,
Ob ein Proceß, seit zwanzig Jahren,
Ven mir verloren worden ist?

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