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Beispiel 8.

Die Fledermaus und die zwo Wiesel. (ib. Th. II. S. 33.)*

Es kam die Fledermaus in einer Wiesel Loch;

Die war den Mäusen feind, und sprach: Wie darfst du doch,
Der Mäuse Misgebuhrt! dich meinen Augen weisen?
Wiewohl du fömst mir recht; ich wollte so schon speisen.

Was? schreyt die Fledermaus, ich eine Maus? o nein!
Mein gutes Wieselchen, das mögt ihr selbst wohl seyn;
Die mich zur Maus gemacht, sind Lügner oder Feinde;
Die Kater unsers Dorfs sind meine besten Freunde:
Es lebe, was gut maust! Ihr wird zuleht geglaubt;
Sie rettet unversehrt ihr unerkanntes Haubt;
Und doch geräth sie bald, durch ihr Gesicht betrogen,
In einer andern Bau; die war der Maus gewogen;
Ihr waren gegentheils die Vögel ganz verhasst.
Sie fraß, in Hoffnung, schon den ihr zu schlauen Gast.

Es weiß die Fledermaus ihr glücklich zu entgehen.
Wofür denn, ruft sie aus, werd ich ist angesehen?
Für einen Vogel? Ich? Du, Wiesel, irrest sehr.
Soll dieß ein Fittig seyn?

Kennt man nicht Mäuse mehr?

Der erste Donnerschlag zerschmettre hier die Kaßen!

Die Mäuse leben und die Raßen!

Ein Kluger sicht auf Ort und Zeit,

Aus Vorsicht, daß man ihn nicht fange.
Er ruft mit gleicher Fertigkeit:

Es lebe Wolf! Es lebe Lange!

Beispiel 9.

Johann, der Seifenfieder. (ib. S. 118.)2

Johann, der muntre Seifensieder,
Erlernte viele schöne Lieder,
Und sang, mit unbesorgtem Sinn,
Vom Morgen bis zum Abend hin.
Sein Tagwerk konnt ihm Nahrung

bringen:

Und wann er af, so musst er singen;
Und wann er sang, so wars mit Luft,
Aus vollem Hals und freyer Bruft.
Beym Morgenbrodt, beym Abend-
essen

Blieb Ton und Triller unvergessen;

2. S. Bur

1. S. Aefopi Fab. n. 109. La Fontaine F. 27. und die Fables d'Elope le Chevalier l'Estrange (Amsterdam 1714. 4.) n. 23. card Waldis Erzählung vom Schuhflicker. Buch IV. Fab. 87. la Fontaine F. 143 u. a.

par

68. P.

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Der schallte recht; und seine Kraft Durchdrang die halbe Nachbarschaft. Man horcht; man fragt: Wer singt schon wieder? Wer ists? Der muntre Seifensieder.

Im Lesen war er anfangs schwach; Er las nichts, als den Almanach, Doch lernt' er auch nach Jahren

beten,

Die Ordnung nicht zu übertreten, '
Und schlief, dem Nachbar gleich zu seyn
Oft fingend, öftrer lefend, ein.
Er schien fast glücklicher zu preisen,
Als die berufnen sieben Weisen,
Als manches Haubt gelehrter Welt,
Das sich schon für den achten hält.

Es wohnte diesem in der Nähe Ein Sprößling eigennüßger Ehe, Der, stolz und steif und bürgerlich, Im Schmausen keinem Fürsten wich: Ein Garkoch richtender Verwandten, Der Schwäger, Vettern, Nichten, Tanten,

Der stets zu halben Nächten fraß, Und seiner Wechsel oft vergaß.

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Und spricht: Mein lustiger Johann! Wie geht es euch? Wie fangt ihrs an? Es rühmt ein jeder eure Waare: Sagt, wie viel bringt sie euch im Jahre?.

Im Jahre, Herr? mir fällt nicht bey, Wie groß im Jahr mein Vortheil sey. So rechn' ich nicht; ein Tag beschehret,

Was der, so auf ihn kömmt, verzehret. Dieß folgt im Jahr (ich weiß die Zahl) Drey hundert fünf und sechszig mal.

Ganz recht; doch könnt ihr mirs nicht sagen, Was pflegt ein Tag wol einzutragen?

Mein Herr, ihr forschet allzuschr:
Der eine wenig, mancher mehr;
So wies dann fällt: Mich zwingt
zur Klage

Nichts, als die vielen Feyertage;
Und wer sie alle roth gefärbt,
Der hatte wol, wie ihr, geerbt,
Dem war die Arbeit sehr zuwider;
Das war gewiß kein Seifensieder.

Dieß schien den Reichen zu erfreun. Hans, spricht er, du sollst glücklich seyn. Jetzt bist du nur ein schlechter Prah

ler.

Da hast du baare funfzig Thaler;
Nur unterlasse den Gesang.
Das Geld hat einen bessern Klang.

Er dankt und schleicht mit scheuchem

Blicke, Mit mehr als diebscher Furcht zurücke. Er herzt den Beutel, den er hält, Und zählt und wägt und schwenkt das Geld,

2. Der immer für die Gutschmecker unter

Das Geld, den Ursprung seiner
Freude,

Und seiner Augen neue Weide.
Es wird mit stummer Luft beschaut,
Und einem Kasten anvertraut,
Den Band und starke Schlösser hüten,
Behm Einbruch Dieben Troß zu
bieten,

Den auch der farge Thor bey Nacht
Aus banger Vorsicht selbst bewacht.
Sobald sich nur der Haushund reget,
Sobald der Kater sich beweget,
Durchsucht er alles, bis er glaubt,

Und manches Zärtlings dunkle Freu-
den

Ihn ewig von der Freiheit scheiden,
Die nur in reine Selen ftralt,
Und deren Glück kein Gold bezahlt.

Dem Nachbar, den er stets ge

wecket,
Bis der das Geld ihm zugestecket,
Dem stellt er bald, aus Lust zur
Ruh,
Den vollen Beutel wieder zu,
Und spricht: Herr, lehrt_mich_bessfre
Sachen,

Daß ihn kein frecher Dieb beraubt, Als, statt des Singens, Geld bewa

Bis, oft gestoßen, oft geschmissen,
Sich endlich beyde packen müssen:
Sein Mops, der keine Kunst vergaß,
Und wedelnd bey dem Kessel saß:
Sein Hinz, der Liebling junger
Katzen;

So glatt von Fell, so weich von
Tahzen.

Er lernt zuleht, je mehr er spart,
Wie oft sich Sorg und Reichthum

paart,

chen. Nehmt immer euren Bettel hin, und lasst mir meinen frohen Sinn. Fahrt fort, mich heimlich zu benei

den.

Ich tausche nicht mit euren Freu
den.

Der Himmel hat mich recht geliebt,
Der mir die Stimme wieder gicbt.
Was ich gewesen, werd ich wieder:
Johann, der muntre Seifensieder.

Beispiel 10.

Epigramme. (Th. I. S. 171. 174. 199.)

a. Wohlthaten.

Wer übertrifft den, der sich mild erzeigt?
Der seltne Freund, der es zugleich verschweigt.

b. Alcest und Philint.

Alcest. Ein wahrer Freund sagt alles frey
Er hasst die stumme Heuchelen...

Philint. Ganz recht! die lieb' ich nicht;

Doch auch ein kluger Freund gefällt,
Der uns nicht immer, vor der Welt,
Entscheidend widerspricht.

c. Die Kinder Ruben.

In Israel straft jeden Stamm sein Fluch

Auf diesen Tag. Dies lehrt ein kleines Buch
Von einem unglücksvollen Schwäßer.

Der Kinder Ruben Fluch wird schrecklich angeführt:

Was grün ist, das verdorrt, so bald sie es berührt:
Ein Vorbild vieler Überseßer.

3. Johann Christoph Gottsched. 1700-1766.

Johann Christoph Gottsched war zu Judithenkirch unweit Königsberg in Preußen am 2. Februar 1700 geboren. Sein Vater, Prediger des Orts, unterrichtete den Sohn selbst bis zur Universität und wollte ihn der Theologie bestimmen. Als vierzehnjähriger Knabe bezog Gottsched die Universität Königsberg, legte sich aber bald auf Sprachen, schöne Wissenschaften und Theologie (in der Dichtkunst war Pietsch sein Lehrer), und wurde 1723 Magister. Da er von großem und schönem Körperwuchse war, fürchtete er Friedrich Wilhelms I. Liebe zu großen Leuten und ging, um nicht etwa der Potsdamer Garde einverleibt zu werden, nach Leipzig, 1724, wo er die Zuneigung des berühmten Johann Burkard's Menke erwarb und Erzieher seiner Kinder wurde. Bald fing er auch an Vorlesungen über die schönen Wissenschaften zu halten, um gegen den verderbten Geschmack der Hofmannswaldau - Lohensteinschen Schule den der Alten, welchen er bei den Franzosen wiederzufinden meinte, herrschend zu machen, worin er mit Thomasius früherem Streben übereinstimmte. Schon 1725 gab er die Zeitschrift „die vernünftigen Tadlerinnen" heraus, denen der Biedermann" 1727, die kritischen Beiträge 1731-44, der Neue Büchersaal 1745-50 und das Neuste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit 1751-1762 in ununterbrochener Folge fich anschlossen und worin Gottsched die allgemeine Dictatur in Wissenschaft und Dichtkunst an sich zu reißen suchte. Als er 1726 zum Senior der poetischen Gesellschaft in Leipzig ernannt worden war, gab er der

"

"

1. Sie war durch einige akademische Freunde aus Görliß unter dem Namen: görlißische poetische Gesellschaft“ schon 1697 entstanden, hatte durch Menke's Vorstand Erweiterung und den Namen „Deutsch-übende poetische Gesellschaft“ empfangen, 1827 vereinte sie sich mit dem sächsischen Verein für Erforschung und Bewahrung vaterländischer Alterthümer in Leipzig unter dem Namen: „Deutsche Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Sprache und Alterthümer," als welche sie noch bis jest höchst verdienstlich würkt.

selben 1727 eine ganz neue Einrichtung und nannte sie: Leipziger deutsche Gesellschaft. Als solche erfreute sie sich bald eines bedeutenden Ansehens und hat viel zur Blüthe deutscher Literatur, vornehmlich literarischer Kritik und Reinheit der Sprache, beigetragen. Später entsagte Gottsched dieser Gesellschaft und stiftete eine neue, welche er Ge sellschaft der freien Künfte nannte. Auf einer Reise nach seinem Vater. lande 1729, lernte er in Danzig seine künftige Gattinn Luise, Adelgunde, Victorie Culmus kennen, mit welcher er im fortdauernden Briefwechsel blieb, bis er sich im Frühjahr 1735 mit ihr vermählte. Im Jahre 1730 wurde er außerordentlicher Professor der Philosophie und Dichtkunst, 1734 ordentlicher Professor der Logik und Metaphysik. Späterhin wurde er Decemvir der Universität, der philosophischen Facultät und des großen Fürstencollegiums Senior, auch Mitglied verschiedener gelehrter Gesellschaften, unter andern der Königlich Preußischen Societät der Wissenschaften zu Berlin. Er starb, nachdem ihm seine Gattinn schon 1762 vorangegangen war, den 12. Decbr. 1766.

Gottsched ist vielfach als vortrefflich und herrlich, als der Meister der Rede und Dichtkunst, als der Schöpfer erneuter Sprachwissenschaft gepries sen und wiederum als der unverständigste, fadeste, pedantischste und seichteste Reimer und Scribler verachtet worden. Man muss gewiss sein Verdienst um Sprache und Sprachbildung, um Besserung des Theaters, um Erfors schung literarischer Schätze, um Erhaltung und Hervorzichung der deutschen Werke der Vorzeit anerkennen und rühmen. Daß er aber, selbst ohne Geschmack, auch Haupt der Kritiker, daß er ohne wahres Gefühl und le bendige Begeisterung ein Dichter sein und über die wahren Dichter, denen. er nicht werth war die Schuhriemen zu lésen, absprechen und in der Wissenschaft Alles sein, Alles gelten, Alles regieren wollte: das hat man ihm freilich nicht verzeihen können und es musste sich, als so viele überlegene Geister auftraten, sein Einfluss immer mehr mindern, daß er das Schmerzlichste erfuhr, seinen Ruhm lange zu überleben. Sein berühmter lites rarischer Kampf mit den Schweizern Bodmer und Breitinger, welcher, wenn auch die Hauptstreiter nicht dadurch großes Lob errangen, doch sehr viel zur Bildung wahrer Kritik beigetragen hat, ist so vielfach beschrieben worden, daß wir hier nur die Hauptzüge davon zu geben brauchen.

1. Und doch findet sich auch wahrhaft Dichterisches bei ihm und man könnte wohl seine Jubelode (s. Beispiel 4.) Günthers Dde auf Eugen gleichstellen. Gewiß spricht man oft genug über ihn ab, ohne ihn zu kennen. 2. S. Gottlieb Schlegels Entwurf einer Gesch). der Streitigkeiten, welche zwischen einigen Leipzigern und Schweizern über die Dichtkunst geführt worden. Königsb. 1764. Manso's Nachträge zu Sulzers Theorie VIII. 82. flg. Leben Wielands von Gruber. Buch I. - Gervinus Neuere Gesch. der poct. Nat. Lit. Th. I. S. 46. flg.

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