Графични страници
PDF файл
ePub

Bücher dauern mich sehr; aber mannichmal dauern mich doch meine Hemden noch mehr, und meine Kleider und meine Betten, und --- furz, Ferber, ich bin so nackigt, wie ein Gratulant! Ein Glück für mich, daß ich noch meine Wechsel und Dokumente gerettet habe. An baarem Gelde habe ich nicht viel über vierzig Thaler verloren; aber wie viel baares Geld hat denn ein Steuersekretär, der ein Jahr in preußischem Depot und zwey Jahr unter der Vormundschaft der Landesdeputation gestanden? Das schmerzt mich am meisten, was ich durch die Plünderung verloren. habe. Einige von unsern Freunden, unsern Hülfsgenossen, unsern Errettern, Leute, die sich das größte Gewissen machen würden, am Charfreytage Schweinebraten zu essen, die plündern uns selbst in der größten Beängstigung, und brechen die Keller auf, in welchen man vielleicht vor der Wut der Feinde noch etwas hätte retten können. Sagen Sie es auf mein Wort in Warschau nach, daß uns die Feinde zwey Drittel verbrannt, und diese Freunde ein Drittel gestohlen haben; aber sagen Sie auch, daß alle ehrliebende von der Garnison, Officiers so wohl, als Gemeine, einen Abscheu vor diesen Gewaltthätigkeiten gehabt, und sagen Sie auch zum Ruhme unsers tapfern Kommendanten, daß er die strengste Ordre gestellt habe, diesem Unwesen zu steuern; doch hat es nichts geholfen: denn einen Räuber macht kein Galgen ehrlich.

Den Sonntag früh ward in Neustadt angesagt, daß, wer sich aus der Stadt retten wollte, es bald thun möchte. Eine neue Angst! Um acht Uhr früh gieng ich mit meinem Bedienten zum schwarzen Thore hinaus. In dem Ueberzuge von einem Kopflüssen stack mein ganzer Reichthum. Wir wadeten bey der grausamsten Hitze durch den brennenden Sand bis auf Saarens Weinberg. Das that ich in Gesellschaft der D*** Familie, welche, wie die Salzburger, emigrirte. Es schlug zwölf Uhr, und sie hatten noch keine Anstalt gemacht, etwas zu essen; zu trinken war noch weniger da. Ich versicherte die Gesellschaft, daß mich hun gere und dürfte, und ich, als ein Abgebrannter, sähe wohl, daß man nichts von der Welt habe, als was man mit dem Maule hinausbringe; Ich wünschte mir also zu essen und zu trinken; und weil die löbliche Gewohnheit abgekommen wäre, das Volk in der Wüsten mit Manna zu speisen, so wollte ich mich der Gesellschaft empfehlen und sehen, wo ich einen guten Freund fände, der sich nicht blos auf die göttliche Fürsorge verließe. Ich gieng und kam nach Loschwitz zu einem guten Freunde, bey dem ich willkommen und ziemlich gut versorgt war. Hier blieb ich bis Mittwochs früh, da ich ein Pferd bekam und nach H ** ritts Seit dem berühmten Morgen, als der Ritter von der traurigen Gestalt sein Schloß verließ, um die göttliche Dulcinea zu suchen, ist kein so abentheuerlicher Ritt gesehen worden, als der meinige. Stellen Sie sich einen hohen Gaul vor, dessen eigentlicher Beruf seit funfzehn Jahren ge=

[ocr errors]

wesen war, im Karren zu ziehen; auf diesem Gaule den Steuersekretär Rabener, noch nicht völlig drey Ellen lang, und, die schweren Zeiten. ungeachtet, anderthalb Elle im Durchschnitte; diesen Sekretär in ein paar zerrissenen Schuhen, schwarz seidenen Strümpfen, gestrickten Beinkleidern, einem beschmußten, alten und lebenssatten Zeugrocke, einer Haar beutelperucke, welche seit der Belagerung nicht ausgekämunt und vielleicht seit der preußischen Invasion nicht gepudert war; hinter ihm ein Kornsack, in welchen der Rest seines Vermögens geflüchtet war, auf diesem Kornsacke einen bundstreißigten Schlafpelz, welcher, im Fall es regnete, zum Rockelor dienen sollte; zur Rechten gieng mein Bedienter, der eine Schachtel mit Brod und Braunschweiger Wurst trug, zur Linken der Monarch des Gauls, dem er von Zeit zu Zeit Muth zusprechen, und, wenn er stolperte, ihn mitleidig aufrichten mußte. In diesem Aufzuge kam ich endlich zum Amtssteuereinnehmer in H***, wo ich sehr wohl aufgenommen ward. Mein Quartier bekam ich im Städtchen, wo die Wirthinn eine bejahrte dienstfertige Frau war, voll von dem Ceremonielle, wie es unter Johann George des Vierten Regierung mochte bräuchlich gewesen seyn; der Wirth, ein feiner Mann, mein alter Schulkamerad, und bey ihm ein frisches rundes Mädchen, welche gute Hoffnung macht, daß sie ihren künftigen Eheherrn wird ohne Hosen herumlaufen lassen. Hier wohnte ich. Die meiste Zeit brachte ich auf dem Schlosse zu, wo ich das Vergnügen hatte, die Frau Assistenzräthinn mit ihrer Familie und ganz unvermuthet ihre Mademoiselle Schwester zu finden. In dieser vortrefflichen Gesellschaft habe ich zehn Tage lang mich so wohl und vergnügt befunden, daß ich zu manchen Zeiten gar vergaß, daß ich abgebrannt war. Der Amtmann und seine Frau sorgten für unsre Bequemlichkeit: beyde waren sehr dienstfertig und gastfrey; auch hatte sie Gott mit zeitlichem Vermögen ziemlich und mit Hunden und Katzen reichlich gesegnet.

Am 2. August fuhr ich mit der Frau Schwester zurück und bedauerte, daß mein Exilium nicht länger gewährt hatte. Nun bin ich hier und wohne bey der D***, welche, um ihren Geruch der Heiligkeit ferner, wie bisher, zu erhalten, mir das ganze Logis eingeräumet und sich bis Michaelis nach Borthen begeben hat; alsdanu kömmt sie zurück und ich beziche mein neues Quartier.

Da haben Sie, mein liebster Ferber, eine lange Beschreibung meiner Abentheuer! Das übrige wünsche ich Ihnen mündlich zu erzählen; und wann? Bleiben Sie mein Freund. Ich liebe Sie ewig und küsse Sie in Gedanken. Versichern Sie meine Ergebenheit allen Bekannten, welche sich ihres abgebrannten Freundes nicht schämen. Leben Sie wohl.

3. Johann Elias Schlegel. 1718-1749.

I

Johann Elias Schlegel war am 28. Januar 1718 in Meißen geboren, wo sein Vater, Johann Friedrich Schlegel, Chursächsischer Appellationsrath und Stiftssyndikus war. Sein Ältervater, Christoph Schlegel, Oberprediger zu Leutschau in Ungern, war 1651 vom Kaiser Ferdinand III. mit dem Beinamen: von Gottleben in den Adelstand erhoben worden, den seine Nachkommen aber nicht beibehielten. Bis in sein 15. Jahr hatte Joh. Elias Schlegel Privatunterricht im väterlichen und im Hause seines mütterlichen Großvaters des Dr. Theol. und Superinten denten Wilke in Meißen und kam so gut vorbereitet auf die Landesschule Pforta, daß er in die 2. Abtheilung der 2. Klasse gesetzt wurde. Vier Jahre blieb er in der ersten Klasse, zeichnete sich überall durch seine Kenntnisse wie durch sein Betragen unter seinen Mitschülern aus und genoß bei ihnen der größßten Achtung. Auch sein Vater wirkte viel auf seine Studien und leitete ihn zur Dichtkunst an. So entwarf er auch schon auf der Schule 1737 seine erste Tragödie Hekuba, welche später in veränderter Gestalt unter dem Titel: Trojanerinnen erschienen ist. Nachher dichtete er: „die Geschwister in Taurien," später Orest und Pylades genannt, was auf der Schule heimlich aufgeführt wurde, und die Neuberinn schon 1739 auf das Leipziger Theater brachte. Bald nachher ging Schlegel, welcher auch noch die Dido geschrieben hatte, selbst nach Leipzig, legte sich nach des Vaters Willen besonders auf Rechtsgelehrsamkeit und Redekunst und wurde auch Gottscheds Schüler, der damals noch in großem Ansehen stand. Bald aber, obschon Schlegel Mitarbeiter an Gottscheds deutscher Schaubühne war, wendete er sich von diesem ab und trat, ob er gleich nicht öffentlich gegen Gottsched schrieb, auf die Seite der Schweizer. Schon 1740 fing er seinen Hermann an und später, 1742, unternahm er ein episches Gedicht Herzog Heinrich der Löwe, was eben so wenig als eine kritische Geschichte dieses Herzogs beendigt wurde. Daneben hatte er mehrere Lustspiele verfasst, wie den geschäfftigen Müßiggänger und verschiedene kritische Abhandlungen geschrieben. Als im Jahre 1741 die Belustigungen des Verstan des und Wihes erschienen, war auch Schlegel neben Schwabe, Gellert, Rabener und Kästner Mitarbeiter und trieb daneben noch Geschichte, Sprachen, Mathematik und Theologie. Seit 1741 studirte auch sein jüngerer Bruder Johann Adolf Schlegel mit ihm und als dieser an den Blattern gefährlich krank wurde, pflegte er ihn aufs sorgfältigste und rettete

1. Gellert nennt ihn einen rechtschaffenen, gelehrten aber unglücklichen Vater; wir wissen nicht, ob nur wegen des frühen Todes seines Schues. Cf. Gellerts Schriften Lpz. 1840. Th. 6. S. 346.

ihm vielleicht das Leben. Im Anfang des Jahres 1743 nahm ihn sein Verwandter, der sächsische Gesandte am dänischen Hofe, Geh. Rath von Spener, als seinen Privatsecretair mit sich nach Kopenhagen, auf welcher Reise er in Hamburg Hagedorns Bekanntschaft machte.

In Dä

nemark legte er sich bald auf die dänische Sprache und wurde vielen dortigen Gelehrten vortheilhaft bekannt. Unterdessen entstand in Leipzig der Verein, welcher die Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und Wizes herausgab, und auch Schlegel wurde zur Mitgliedschaft eingeladen und gab mehrere Gedichte und Abhandlungen, z. B. das Schrei ben über die sinnlichen Ergözlichkeiten in diese Zeitschrift, gab aber auch selbst in Dänemark eine Wochenschrift,,der Fremde" 1745 und 1746 heraus. Im Jahre 1745 verband er sich auf einer Reise nach Holstein und Hamburg noch näher mit Hagedorn, durch welchen auch ein Briefwechsel Schlegels mit Bodmer angeknüpft wurde. Im Jahre 1746 dichtete er seinen Canut, welcher 1747 in seinen theatralischen Werken erschien, und als ein dänisches Theater gegründet wurde, wurde es am Geburtstage der Königinn Luise den 18. Decbr. 1747 mit Schlegels Vorspiel: die Langeweile eröffnet. Auf Antrieb des Staatsministers von Berkentin und des Oberhofmarschals von Moltke erhielt Schlegel 1748 eine außerordentliche Professur der Geschichte an der 1747 errichteten Nitteracademie zu Soroe, wo er mit großem Eifer Vorlesungen hielt und viele Abhandlungen und Gedichte schrieb und entwarf; aber dadurch auch seine Gesundheit erschöpfte und schon am 13. August 1749 an einem hiz zigen Fieber starb. Er hatte sich erst im April 1748 mit Johanna Sophie Niordt verheirathet und hinterließ einen Sohn, der erst einige Wochen alt war.

Schlegel war von Seiten seines Characters und seiner Bildung, sei ner Kraft und seines Eifers ein trefflicher Mann und auch seine Gedichte; er ist aber vorzüglich nur als Dramatiker zu nennen, zeichnen sich vor vielen seiner Zeitgenossen vortheilhaft aus. Dennoch hat er, noch zu sehr dem französischen Geschmack hingegeben, kein Muster der Dichtkunst aufstellen können und seine Stücke sind darum bald vergessen worden. Wie viel Lessing, als er die Fesseln des französischen Geschmacks zerbrach, auf Schlegel würde haben würken können, wenn dieser nicht so früh gestorben wäre, müssen wir dahin gestellt sein lassen.

Die Hauptausgabe der Werke J. E. Schlegel's ist von seinem jün gern Bruder Johann Heinrich Schlegel, Prof. in Kopenhagen, unter folgendem Titel erschienen;

Joh. Elias Schlegel Werke. Erst. Th. Kopenhagen und Leipzig 1771. (1761?) 8. 3w. Th. 1762. Dritt. Th. 1764. Vierter

Th. 1766. Fünft. Th. 1770.

Der übersichtliche Inhalt dieser fünf Bände ist folgender:

Th. I. enthält: 1. Orest und Pylades. 2. Dido. 3. Die Trojanerinnen. 4. Canut. 5. Herrmann. 6. Des Sophokles Elektra.

Th. II. 1. Lucretia, ein prosaisches Trauerspiel. 2. Der geschäfftige Müßiggänger, ein Lustsp. in 5 Aufz. 3. Der Ges heimnißvolle, Luftsp. in 5 Aufz. 4. Der Triumph der guten Frauen, Lustsp. in 5 Aufz. 5. Der gute Rath, Lustsp. in 1 Aufz. 6. Die stumme Schönheit, Lustsp. in 1 Aufz. 7. Die Langeweile, ein Vorspiel; und die Frag mente und Entwürfe von den Trauerspielen: Gothrika und die Braut in Trauer, nach dem Engl. des Congreve, dem Lustspiel die drey Philosophen und das Nachspiel die ents führte Dose mit einem Fragment des tragikomischen Nachspiels: der Gärtnerkönig.

[ocr errors]

Th. III. Einzelne Abhandlungen und Reden, wie Beurtheilung über Klais Herodes der Kindermörder, Vergleichung Shakespears und Gryphs, von Würde und Majestät des Ausdrucks im Trauerspiele, Schreiben von den sinnlichen Ergöhlichkeiten, besonders vom Tanzen, Zartkinda und Typhon, eine Erzählung; die Pracht zu Landheim, ein Trauerspiel u. a. Th. IV. 1. Heinrich der Löwe erstes und zweytes Buch. - 2. Bemühungen Frenens und der Liebe. 3. Briefe und vermischte Gedichte. 4. Erzählungen.

[ocr errors]

5. Oden.

6. Cantaten. -9. Historische Ab

7. Anakreontische Oden. 8. Kleinigkeiten. handlungen. (Über die Achtserklärung Heinrichs des Löwen. Über die vorgegebene Ausschließung der Prinzessinn Blanca von der Thronfolge in Castilien.)

Th. V. Leben des Verfassers. - Klagen eines Bruders beim Lode J. E. Schlegels von Joh. Adolf Schlegeln. Der Fremde, eine Wochenschrift, zu Kopenhagen herausgegeben in den Jahren 1745 und 1746.

Beispiel 1.

Aus dem Trauerspiele: Canut. (Th. I. S. 242.)

Zweiter Aufzug. Fünfter Auftritt.
Ulfo. Estrithe."

Estrithe.

Ich will nicht dem Gesch der Ehre widerstehen.

Du hast den Streit erregt, und darfst ihm nicht entgehen.

1. Estrithe ist König Canuts Schwester und durch einen Befcht Canuts, wel

« ПредишнаНапред »