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( 57 )

Siona.

(1764.)

1 Tône mir, Harfe des Palmenhains, der Lieder Gespielin, die David sang! Es erhebt steigender sich Sions Lied,

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wie des Quells, welcher des Hufs Stampfen entscholl.

2 Hdher in Wolken, o Palmenhain,

3

erblickst du das Thal, wie der Lorberwald,

und entsentst Schatten, herab auf den Wald,

dem Gewölk, welches dich deckt, Palme, mit Glanz.

Tanze, Siona, Triumph einher!

Am Silbergelispel Phiala's tritt

sie hervor, schwebet im Tanz, fühlt's, wie du Sie erhebst, Religion dessen, der ist,

4 sein wird und war. Der Erhabnen weht

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sanft Rauschen vom Wipfel der Palme nach;

an dem Fall, welchen du tönst, reiner Quell des Krystalls, rufen ihr nach Berge Triumph.

5 Feuriger blickt sie; ihr Haupt umkränzt die Rose Sarona, des Blumenthals.

Ihr Gewand fließt, wie Gewölk, sanft um sie, wie des Tags Frühe gefärbt, Purpur und Gold.

6. Liebevoll schauet, o Sulamiths

Siona, mein Blick dir, und freudig nach.

Es erfüllt Wehmuth und Ruh, Wonn' erfüllt mir das Herz, wenn du dein Lied, Himmlische, singst.

7 hört ihr? Siona beginnt! Schon rauscht

6

der heilige Hain von dem Harfenlaut.

Des Krystalls Quelle vernimmts, horcht und steht; denn es wehn Lispel im Hain rings um sie her.

Aber ist stürzt sie die Well' herab

mit freudiger Eil. Denn Siona nimmt

die Posaun, hält sie empor, läßt sie laut

im Gebirg' hallen, und ruft Donner ins Thal.

Anmerkungen.

In der Hamburger Ausgabe der Oden S. 188. und ganz gleichlautend in der Leipziger I. 208. Den Inhalt dieser Ode bestimmte die Vorliebe K-6 für die heilige Poesie, d. i. die, welche ihren Stoff aus der Religion, besonders aus der Offenbarung in den hei ligen Schriften des A. und N. T. entlehnt, wohin z. B. der Ge: genstand der Messiade gehört. Um das Lob dieser Dichtart zu vers finnlichen oder poetisch darzustellen, führt er sie unsrer Phantasie als eine Person vor; es ist Siona, die heilige Muse, so benannt nach dem Berge Ston, dem Wohnsiß des Dichters der Psalmen. Diese erscheint unserm Dichter; er erblickt sie an ihrer Quelle Phiala, in himmlischein Gewande, tanzend und singend; bald spielt sie die Harfe, wenn sie sanfte Empfindungen singt, bald, um Großes und Erhabnes auszudrücken, läßt sie die Posaune erschallen. Von diesen symbolischen Bezeichnungen der heiligen Poesie, vgl. die Einleitung zu Wingolf, B. I. S. 74. Diese Ansicht des Dichters, wonach der heiligen Poesie der Vorzug vor jeder andern gebührt, begegnet uns an mehrern Stellen seiner Schriften z. B. in der vorigen Ode, Str. 8. 9. 10. In der Abhandlung von der heiligen Poesie heißt es u. a. Man kann hier (in der moralischen Wirkung der Dichtkunst) auch ohne Offenbarung schon weit gehn. Homer ist, außer seiner Göttergeschichte, die er nicht erfunden hatte, schon sehr moralisch. Wenn aber die Offenbarung unsre Führerin wird, so steis gen wir von einem Hügel auf ein Gebirge."

Str. 1. 2. Die beiden ersten Strophen enthalten den lyrischen Vorfah: das Lob der heiligen Poesie zu singen; denn sie verdiene

es und habe den Vorzug selbst vor der griechischen. Das Emblem der griechischen ist die Hippokrene, der Roßbach, s. bei der vori gen Ode Str. 9. sie wird von einigen mit der Aganippe für eins gehalten, von andern davon unterschieden; der Palmenhain ist das Emblem der heiligen Poesie und viel höher, als der Lorber, wald, der Helikon, das Bild der griechischen.

3. am Silbergelispel Phialas, an der hellrieselnden Quelle dieses Namens; s. bei No. 55.

4. An dem Fall, Wasserfall, welchen du, reiner Quell des Krystalls (krystallheller Quell) tönst, welchen du hast, oder wo der Bach Phiala einen Wasserfall bildet, da rufen Berge ihr, Sionen, Triumph nach, da hallen die Berge von ihren heiligen Gesängen wieder.

5. die Rose Sarona, Sarona's, eines schönen Thals bei Joppe. f. bei der Ode der Bach, oder No. 72.

6. Sulamith - Siona. s. bei No. 55. Str. 9.

7. Des Krystalls Quelle x. So wie der Eurotas Apollo's Gesängen zuhört, (f. No. 55.) so hört Phiala Siona's Gefängen zu; bei den leisen, sanften Harfentonen steht und lauscht sie, aber bei dem Posaunenton stürzt sie (am Wasserfall Str. 4.) ihre Wellen eilig herab (celeres devolvit undas). Hierdurch bezeichnet der Dichter den verschiedenen Charakter der heiligen Poesie; nach der Verschiedenheit der Gegenstände ist ihr Ton bald sanft und gelinde, bald stark und prächtig.

Das Sylbenmaß dieser Ode hat K. durch folgendes Schema bezeichnet:

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Der Nachahmer.

(1764.)

Schrecket noch Andrer Gesang dich, o Sohn Teutons, als Griechengesang: so gehören dir Hermann, Luther nicht an, Leibniß, jene nicht an,

welche der Hain Braga's verbarg;

Dichter, so bist du kein Deutscher! Ein Nachahmer,

belastet vom Joche, verkennst du dich selber. Keines Gesang ward dir Marathons Schlacht; Nächt' ohne Schlaf hattest du nie.

Anmerkungen.'

Diese kleine Ode erschien 1) in der Hamburger Ausgabe S. 191. 2) in Tellows Briefen I. 47. 3) in der Leipziger Ausgabe I. 210.

1. Schredet noch Andrer Gesang dich. Einen Dichter schreckt das Gedicht eines andern, es ist ihm furchtbar, wenn er verzweifelt, es je zu erreichen, oder etwas zu dichten, das ihm an ästhetischem Werth gleich komme. Mit diesem hohen Grade von Bewundrung ist oft die irrige Meinung verbunden, man könne wei= ter nichts thun, als das angestaunte Wert nachahmen. Ein Deutscher also, der die Gedichte der Franzosen oder Engländer ans staunt, wird sie nachahmen, und schon deßwegen hinter seinen Ori= ginalen zurückbleiben, weil er nachahmt. Quinctilian sagt sehr rich= tig: Dem kann niemand gleich kommen, in dessen Fußtapfen er überall treten zu müssen glaubt. Denn wer nachfolgt, muß immer hinten bleiben. Dazu kommt, daß es in den meisten Fällen leichter ist, mehr zu thun, als daffelbe zu thun." Instit. Orat. X. 2.

2. so bist du tein Deutscher. Dieser Saß faßt das Vo rige zusammen: so bist du nicht werth, zu der Nazion zu gehören die Männer von fo originellem Geiste, wie Hermann, Luther, Leib= nig und die altdeutschen Barden hervorgebracht hat. Denn die leß=

tern find es, die der Hain Bragas verbarg. Sie waren un streitig originelle Dichter, mit jeder Nachahmung des Fremden un bekannt.

Marathons Schlacht. Der junge Themistokles war, erzählt man, so ruhmbegierig, hatte aus Ehrliebe einen solchen Drang nach großen Thaten, daß, da schon in seinem Jünglingsalter die Schlacht bei Marathon vorfiel, und Miltiades Feldherrnweisheit der Gegen= stand allgemeiner Bewundrung war, er oft allein und in tiefen Ge=' danken einherging, des Nachts nicht schlafen konnte, und die gewöhnlichen Gelage seiner lustigen Freunde verbat. Diese Verånderung der Lebensart fiel seinen Bekannten auf; als sie aber nach der Ursach fragten, erhielten sie zur Antwort: Miltiades Tro phden lassen mich nicht schlafen." f. Plutarch im Leben des Themistolles, Kap. 3. auch Nepos Themistokles, Kap. 6. In dem GeGespräch von der Glückseligkeit (im Nord. Aufseher, St. 147.) läßt K. eine Person des Dialogs sagen:

Ich weis nicht, wie mir ist, wenn ich die Namen derjenigen nennen höre, die unsterblich geworden sind. Sie klingen mir wie Musik. Sie kennen denjenigen, welchen das Gemälde von der Mas rathonischen Schlacht nicht schlafen ließ. Mich lassen die Werke derjenigen, ohne welche selbst solche große Thaten unbekannt sein würden, nicht schlafen."

Das Sylbenmaß dieser Ode giebt der Dichter im folgenden Schema an:

b.

C.

d.

— v) in a. nd

Der sonst selten gebrauchte Antispast (v

thigt den Vorleser auf

o Sohn Teutons, und auf

ein Nachahmer!

länger zu verwellen und so den Ausdruck zu verstärken.

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