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Höre, für sie dichtet er! Hör', auch die kleinste
Kunst des Gesangs ist Teonen nicht verborgen.
Folg' ihr, wie in des stolzen Rhythmus

Tanz fie mit Leichtigkeit schwebt!

Pflanze für sie Blumen im Hain an dem Bache, Nossa, daß ich, wenn mit Einklang sie vielleicht einst metner Lieder Gefühl begleitet, kränze Teonen ihr Haar!

Anmerkungen.

Diese Ode erschien in der Hamburger Ausgabe' S. 234. 2) mit verschiednen Verändrungen in der Leipziger von 1798, I. 264. Zu dem Tert nach der ersten gab Cramer Anmerkungen in Tellows Briefen I. 101. und zum Tert der zweiten Erklärungen F. Delbrück in den Lyrischen Gedichten." S. 276.

Diese Ode ist ein Lobgedicht auf die Deklamazion, die Kunst, Darstellungen in Prose und in Versen, in welchen Leidenschaft ist, mit einer den Empfindungen angemessenen Stimme und in dem Tont vorzutragen, in welchem die jedesmahlige Leidenschaft im Sprechen laut zu werden pflegt, doch daß er sich innerhalb der Höhe und Tiefe erhält, welche die Stimme des redenden Menschen zu haben pflegt. Denn erhebt sich der Ton über, oder sinkt er unter die natürliche Stimme des Sprechenden, so tritt er in das Gebiet der Musik und wird Gesang. Teone ist der fingirte Name einer Vorleserin oder Deklamatorin, welche hier die Kunst repräsentirt, in der sie als Person erscheint. Durch diese Fiction ward es dem Dichter möglich, das, was er von der Kunst zu fagen hatte, an der ausübenden Künstlerin, das ist, das Allgemeine an dem Besondern, anschaulich zu machen.

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Um den Plan der Ode recht zu verstehn, muß man sich vorstellen, daß der Dichter dis alles in der Zwischenzeit eines Deklama. toriums sagt, das von Teonen gegeben wird. Der Eindruck der Bewunderung, den ihre Kunst auf ihn und die Umstehenden gsmacht hat, veranlaßt ihn natürlicher Weise zu einem Lobe. Er beginnt es mit der allgemeinen Reflerion: daß also die alten, eben nicht rühmlich bekannten Rhapsoden der Griechen die Deklamazion mit Unrecht

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in übeln Muf gebracht hätten; daß nran hier an Teonens Beispiel sehe, was für eine herrliche Kunst sie sei, wenn sie nur verstanden und recht ausgeübt werde, d. i. wenn der mündliche Vortrag dem Inhalte, so weit es Stimme und Ton möglich machen, vollkommen augemeffen sei. Hier wendet er sich an eine anwesende Sängerin, als die am ersten von dem muß urteilen können, was Ausdruck der Empfindung ist, und unterhält sie über den wesentlichen. Unterschied der Deklamazion und der Musik, so wie über die große Wirkung, welche die Poesie mit Hülfe der erstern hervorbringen könne.

Klopstock und ein Paar seiner Freunde hatten in Hamburg eine Lesebibliothek und eine Lesegesellschaft gestiftet, an der auch gebildete Frauenzimmer Anteil nahmen. Sie pflegte sich an bestimm= ten Tagen in Georg Büschens Hause zu versammeln. Hier wurden auch Vorlesungen gehalten. Dieser Gesellschaft schenkte der ältere Tischbein (aus Kassel) das Gemälde unsrer Leone, nach K-8 Ideal entworfen. Der große geistreiche Blick, den ihr der denkende Künstler gegeben hatt, drückt ihr Geschäft aus, würdige Gegenstände mit Empfindung darzustellen. Es hing anfangs über dem Tische, wo die Gesellschaft ihre Vorlesungen hielt; `als aber diese abkamen, ward es in dem Bibliothekszimmer aufgehangen, wo, ihm gegenüber, Klopstocks Porträt hängt, das Hickes gemalt hat.

1. des Rhapsoden, des Deklamators. Die Rhapsoden ge= hören eigentlich den Griechen an, denen sie bei Volksfesten, Gastmålern u. f. w. ursprünglich die Bücher der Iliade und Odyssee, nachher auch andere Gedichte, zu rezitiren und zu deklamiren pfleg= ten. - unbekannt mit der sanftern Stimme Laut' und dem volleren Ton, d. i. der seine Kunst gar nicht verstand. Von den Fehlern des schlechten Deklamators. hebt der Dichter den gewöhnlichsten aus, diesen, daß er durch Ton und Stimme keinen Unterschied zwischen dem Sanften und Starken macht, und ge= wöhnlich, mit schreiender und polternder Stimme, auch da ein Pathos affektirt, wo teins ist.

2. Dicht an Homer schrie sein Geschrei. Auf den Dreifuß . In Prose würde es heißen: „er erdreustete sich, Stücke aus dem Homer zu deklamiren und schrie dabei wie ein Besesse= `ner." Er fchrie dicht, ganz nah, an und bei Homer, so daß er ihn, seinen Geist betäubte. Auf den Dreifus, gleich: fam den Dreifusß der Pythia, auf dem sie saß, wenn sie in Wuth, von Apollo begeistert, Drakel aussprach. Vgl. Wingolf Str. 48.

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und verbarg ihm ic. Man verbinde und sein Wahn verbarg ihm, bas, stand der Strom des Gesangs (wenn der

Strom des resitirten Gedichts still stand) ihm des Dichters Ge= nius erst stußte, und dann zornig entfloh“ d. i. „er ward in seinem Wahn nicht inne, daß bei seiner Art zu deklamiren, der Geist des Stüæs, sein eigentlicher Sinn und Charakter, für die Zuhörer verloren ging." Der Strom des Gesangs steht still, wenn der Zusammenhang der Darstellung in Gedanken und Empfindungen unterbrochen wird, welches geschieht, wenn der schlechte Deklamator durch einen falschen Ton dem Sinne, durch Worte und Rhythmus ausgedrückten Inhalt, widerspricht, und z. B. das Sanfte, Zärtliche, mit angestrengter, das Schalkhafte, Launige mit ernsthaft zänkischer Stimme vorträgt. Strom nannte der Dichter den Inhalt eines Gedichts auch in der Ode der Bach, Str. 2. 3. ihm stuste, ihm, d. i. über ihn, den Rhapsoden.

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dem

3. Gespielinuen. Vortrefflich gesagt von den Modifikazionen der Stimme und den Abwechslungen im Ton, welche gleichsam ätherische Körper der Seele des Gedichts sind. Vgl. Skulda, Str. 3.

4. rachet das Lied, das der Rhapsode durch seinen fals schen Vortrag gleichsam beleidigt hatte, mit Beziehung auf die 1. Str.

- dieser Tone Wendungen. Die Deklamazion richtet sich dabei nach den Wortfüßen (Rhythmen) die ungleich mannichfaltiger sein können und in jedem guten Styl mannichfaltiger find, als die fangbaren; daher kann die Deklamazion die ins Unendliche gehenden Nuancen der Empfindungen besser ausdrücken, als die Musik.

5. Haltung, den fortgehenden, in einanderfließenden Ton, ohne die Einschnitte der Stimme, wodurch die so viel ausdrükkenden Rhythmen entstehn. - wie deine Stimme über die Flote sich hebt, doch wohl in Ansehung der Tonleiter. Die sehr hohen Töne der Musik, so sehr sie als Künstlei bewundert werden, scheinen doch den Ausdruck wirklicher Leidenschaft zu übertreiben; die Deklamazion bleibt immer in den Grenzen des natürlichen Ausdrucks.

6. Sage, warum bebst duu. Der Dichter nimmt an, daß eine rührende poetische Erzählung deklamirt werde, worin wir uns für eine Person interessiren; wenn ihr Gefahr drohet, für sie fürch ten (beben); wenn das Unglück kommt, weinen; und wenn es vorübergeht oder vergütet wird, wieder ruhig werden.

7. für fie dichtet' er. Vgl. Str. 3. Der gute Versifikator rechnet auf das Ohr, nicht auf das Auge der Leser; und der gute Dichter macht seine Verse nicht für das stille Lesen, sondern den lauten Vortrag. Der Deklamator muß daher mit dem Wesent lichen der Verskunst nicht unbekannt sein. Vgl. die Gelehrtenrepublik

S. 137. und K-8 Abhandlung von der Nachahmung der griechischen Sylbenmaße (vor dem 2. B. des Messias in der Kopenhagner Ausgabe) wo es u. a. heißt: „Es ist mit Recht der zweite Wunsch jedes Dichters, der für denkende Leser geschrieben hat, daß sie die Geschiclichkeit, Gedichte zu lesen, besißen möchten; eine Geschicklichkeit, die Boileau, der sie besaß, für so wichtig hielt, daß er dem glücklichen Vorleser den zweiten Plaß nach dem Dichter anwies." Folg' ihr! vst. wenn du kannst! wie fie- fchwebt. Der geschickte Deklamator list jedes Metrum mit Leichtigkeit und unterscheidet dabei die verschiednen Rhythmen nach ihrer Bedeutsamkeit. Vgl. die Einleitung zu der Ode der Bach.

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8. Nossa, die schönste Göttin des nordischen Himmels, wel che die Skalden zu nennen pflegen, wenn sie den Begriff von Anmuth und Reiz bezeichnen wollen.

Grammat. Anm. Das Sylbenmaß ist wie in der Odé die Zukunft, No. 54. Str. 2. Diese Strophe hieß in der ersten Aus

gabe (von 1771) fo:

Dicht an Homer schrie sein Geschrei! Auf den Dreifuß seht ihn sein Wahn, und verbarg ihm, daß Achilles Leier fank, und des Máoniden

Genius zornig entfloh,

In der zweiten (von 1798) heißt sie so:

Da, wo er schrie, lag ein Homer! Auf den Dreifuß sekt' ihn sein Wahn, und verbarg ihm, daß ihm slußte, stand der Strom des Gesangs, des Dichters

Genius zornig entfloh.

: Das:

Cramer, welcher die Ode nach der ersten Ausgabe kannte, hatte

,,dicht an Homer schrie sein Geschrei“.

so erklärt: Er meinte, daß sein Verdienst fast nicht kleiner sei, als Homers seines selbst." *) Diese Erklärung nimmt er aber wie: der zurück, und giebt dafür diese: „Der Rhapsode steht und list vor, und etwa auf dem Tische, an dem er list, liegt von Ohngefähr ein Homer, aus dem er hätte lernen können, was Zeitausdruck und Wohlklang ist, wie das gelesen werden muß, und demungeachtet brüllte er so." Diese zweite Erklärung scheint Cramer von K. selbst zu haben; die neue Lesart

da, wo er schrie, lag ein Homer,

*) Tellow S. 103. 168. Klopstock Er und über Ihn, III. 470.

drückt sie deutlich und-prosaisch genug aus. Aber das kann der Dichter bei dem,,Dicht an Homer schrie sein Geschrei" gar nicht gedacht haben. Der Wortsinn kann kein andrer sein, als der, den ich oben angegeben habe. Dicht an jemand schreien heißt: ganz nahe bei ihm schreien, entweder in Ansehung der Zeit oder des Orts; hier in Ansehung des leztern; denn Homers Genius stußte über den Schreier, erschrak und entfloh. An Homer schreien kann, nach allen Regeln der Grammatik, nicht heißen: neben einer Abschrift des Homer schreien; da müßte es wenigstens heißen: an einem Homer oder an dem H. schreien. Denn wenn wir den Namen des Autors für sein Buch -feßen, dann sehen wir den Artikel davor; wir lesen den Virgil, den Wieland. Und wer spricht so: an ein Buch, z. B. an die Bibel, an den Wieland schreien, anstatt, neben oder bei dem Bu che u. f. w.? So viel über die Worte! und der Sinn? Der Rhapsode, der, seiner Profession nach, Stücke aus dem Homer selbst zu deklamiren pflegte, soll erst jest aus einer Abschrift des Homer lernen, was Zeitausdruck und Wohlklang ist? Er kannte ihn ja längst, vielleicht auswendig: was brauchte er ihn in dieser Absicht erst zu lesen? und was würde es ihm geholfen haben, da seine Ungeschicklichkeit bewieß, daß es ihm für die Feinheiten der Kunst an Sinn fehlte? K. hat also das dabei nicht gedacht, und ich glaube, daß ich diese frühere Lesart mit Grunde wieder hergestellt habe. In den zehn Jahren von 1767 — 1777, (da Cramer seine flachen Noten schrieb) hatte K. den Sinn jener etwas dunkelu, aber an ihrer Stelle einzig passenden Worte vergessen und legte ihnen, durch Cramers Schiefe Erklärung veranlaßt, einen Sinn unter, den sie nicht haben können. Es ist ihm in diesem Stück einigemahl so ergangen, wie es auch einigen andern deutschen Dichtern ergangen ist, die im hdhern Alter manche Stelle ihrer Jugend - Gedichte selbst nicht mehr recht verstanden. Was nun in dieser Strophe, nach der ersten

Ausgabe folgt:

Auf den Dreifuß

seht ihn sein Wahn, und verbarg ihm, daß Achilles
Leier sank, und des Máoniden

Genius zornig entfloh,

will, nach dem Wortsinn, sagen: in feinem Wahn, begeistert zu sein, ward der Rhapsode nicht gewahr, daß Homeren die Leier vor Schreck aus der Hand fiel, und sein Genins entfloh“ in demselben ̈ Sian, den wir oben in den Worten der neuen Ausgabe gefunden haben: daß der Rhapsode durch seine ungeschickte Deklamazion den Homerischen Gedichten ihre eigenthümliche Schönheit geraubt habe.

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