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Stichhaltigkeit dieser Behauptung zu finden. Wir müssen uns aber wohl hüten (und möchten auch Kossuth hierzu rathen), etwa aus überängstlicher Besorgniß für die Ehre der Abschiedsproclamationen den beirrenden Einfluß jener drohenden (gleichviel ob eingebildeten, ob wirklichen) Gefahren auf Kossuth's Thun und Lassen vom 11. August greller hervorzuheben, als gerade erforderlich, um die Nichtübergabe der Reichsinsignien zu entschuldigen. Wir selbst würden sonst unsern Gegnern die gefährlichste Waffe gegen uns liefern; wir würden sie nämlich in den Stand seßen, vollends die Behauptung aufzustellen, Kossuth habe mit der freiwilligen Abdankung überhaupt nur sein Leben, mit der Abschiedsproclamation aber nur seine Popularität retten wollen; mit der freiwilligen Abdankung sein Leben, denn er fürchtete, ich würde ihm, so lange er noch Gouverneur, die Flucht verwehren; mit der Abschiedsproclamation seine Volksthümlichkeit, denn diese schien ihm durch die freiwillige Abdankung gefährdet; die Nation konnte ja argwöhnen, daß er aus Feigheit freiwillig abgedankt; er mußte dem Argwohn der Nation begegnen, indem er ihr versicherte, er habe es aus Patriotismus gethan.

Und unsere Gegner hätten dann leider die Uebereinstimmung zwischen dieser Behauptung und dem Charakter der Abschiedsproclamation für sich. Ein Blendwerk war nämlich die leßtere jedenfalls, wenn auch nach unserer über ihre Entstehung oben ausgesprochenen Ansicht möglicherweise ein unabsichtliches.

Ein Blendwerk war jene Proclamation nicht etwa deshalb, weil Kossuth darin seine patriotischen Gefühle zur Schau trug; wohl aber deshalb, weil er darin der Nation noch eine Aussicht auf Rettung (auf etwas unter den damaligen Verhältnissen Unmögliches) eröffnete.

Der Idee, von welcher Kossuth, um dies zu wagen, ausgegangen sein mußte, haben wir oben bereits gedacht. Es erübrigt nur noch zu crörtern, warum jene Idee (daß ich mit Rußland einen rettenden Frieden abschließen solle) eine unhaltbare gewesen.

Kossuth meinte wie bekannt

nicht ihm, nur mir sei es möglich, einen friedlichen Vergleich mit den Russen zu Stande zu bringen, weil diese nur mit mir, nicht mit ihm unterhandelten.

Fürs Erste nun stand Kossuth keine einzige Thatsache zu Gebote, aus welcher er den Schluß ziehen durfte, daß die Russen mit mir unterhandeln würden.

Eine solche Thatsache hätte offenbar nur in irgend einer von Seiten der Russen bereits mit mir gepflogenen Unterhandlung bestehen müssen.

Nun hatten aber die Russen mich blos zum Waffenstrecken aufgefordert, und dies ist gerade das Entgegengesezte von dem, was man vernünftigerweise Unterhandeln nennen kann. Selbst das im 32. Capitel mitgetheilte Schreiben des G.-d.-C. Grafen Rüdiger ist, beim Lichte besehen, nichts weiter als eine höfliche Einladung zum Waffenstrecken; des Umstandes gar nicht zu gedenken, daß G.-d.-C. Graf Rüdiger nur ein Untercommandant der russischen Hauptarmee und Unterhandlungen von irgend einer Bedeutung unbedingt vom Obercommandanten (F.-M. Fürst Paskiewitsch) hätten ausgehen müssen. Der bekannte Waffenaustausch endlich war blos eine kriegerische Courtoisie, ohne die geringsten Consequenzen.

Doch gesezt, Kossuth legte diesen Vorfällen nichtsdestoweniger eine Wichtigkeit bei, aus welcher er den Schluß ziehen zu dürfen glaubte, die Russen würden keinen Anstand nehmen, sich mit mir in ernstliche Unterhandlungen einzulassen: so konnte er doch ohne optimistische Ignorirung gewisser ihm gleichwohl bekannter Umstände unmöglich voraussagen, daß die Tragweite der angenommen im Ernste zu eröffnenden Unterhandlungen zwischen den Russen und mir je über die Grenzen der persönlichen Armee Interessen hinausreichen, je eine politische (der Rettungsidee Kossuth's entsprechende) werden könnte.

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Hatte doch der russische Feldherr sogar Anstand genommen, dem G.-L. Saß und dem Obersten Chrulow die Annahme meiner Gegengeschenke zu gestatten, blos weil er in den leztern eine politische Demonstration gegen Desterreich argwöhnte. Enthielt doch das Schreiben des G.-d.- C. Grafen Rüdiger (die einzige Duelle jener Chimären, welche, in Kossuth's Phantasie sich selbst fortpflanzend, endlich die fire Idee, den Staat Ungarn unter russisches Protectorat zu retten, wieder

geboren) nicht die leiseste Anspielung auf das staatsrechtliche Verhältniß Ungarns zu Desterreich; und war doch meine Antwort, welche dies Verhältniß allerdings sehr deutlich besprach, ebenso wie die diplomatischen Sendschreiben der Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi bisher unerwidert geblieben.

Allein Kossuth mochte entweder in seine eigene politische Doctrin so verliebt sein, daß es ihm überhaupt unmöglich war, ihre praktische Undurchführbarkeit je zu erkennen; oder er mochte die leßtere - nach den Niederlagen Bem's in Siebenbürgen, Nagy-Sándor's bei Debreczin, Dembinski's bei Temesvár, nach der beharrlichen Theilnahmlosigkeit Europas und nach den erfolglosen friedensunterhändlerischen Bemühungen der Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi vielleicht doch endlich erkannt haben; er entbehrte jedoch der nöthigen Seelenstärke, um der Nation (anstatt sie mit neuerdichteten Rettungsmöglichfeiten zu äffen) in seinem Abschiedsproclam frank und frei zu verkündigen: Es geht nun einmal nicht!"

Im Gegenfalle hätte Kossuth, angesichts der oben geschilderten, ihm wohlbekannten Indifferenz der Russen gegen unsere diplomatischen Zudringlichkeiten, kaum die Behauptung gewagt, daß die Russen zwar nicht mit ihm, wohl aber mit mir einen das Staatsleben und die Zukunft Ungarns garantirenden Frieden abzuschließen bereit wären. Kossuth würde vielmehr die Erklärung des Umstandes, daß die Russen wohl mit mir, aber nicht mit ihm oder Szemere Parlamentäre wech selten, weder in einer absonderlichen Sympathie der Russen für meine Person oder das constitutionell monarchische Glaubensbekenntniß der von mir befehligten Armee, noch in einer (etwa instinctmäßigen) Antipathie gegen seine oder Szemere's Persönlichkeit, oder gegen die Unabhängigkeitsidee, oder die der Republik, sondern ausschließlich darin gesucht haben, daß ich nur Commandant der Armee war, folglich ein Parlamentärwechsel mit mir blos eine rein militärische, durchaus nicht jene politische Bedeutung haben konnte, ohne welcher ein Parlamentärwechsel zwischen der zur Rettung Desterreichs herbeigeeilten russischen Interventionsarmee und den auf die Vernichtung Desterreichs erpichten Häuptern der provisorischen Regierung von Ungarn

gar nicht denkbar gewesen wäre. Hierüber im Klaren, würde Kossuth ferner unmöglich haben übersehen können, daß die Russen mit mirvon dem Augenblicke an, wo ich die provisorische Regierungsgewalt übernahm - ebenso wenig mehr mit ihm oder Szemere parlamentiren durften, und wenn sie es dennoch thäten, dies höchst wahrscheinlich nicht dem Dictator von Ungarn, sondern abermals nur dem Truppencommandanten gelten, fonach die Tragweite jedweder Unterhandlung (in spe) auch fortan nicht über das Armeelager hinaus sich erstrecken werde.

Es hatte somit die Idee, daß ich nunmehr mit Rußland einen, das Staatsleben Ungarns rettenden, dessen Zukunft garantirenden Frieden abschließen sollte - obschon Kossuth keinen Anstand nahm, mich für die Realisirung dieser Idee vor Gott, der Nation und der Geschichte verantwortlich zu machen - in der That keinen höhern praktischen Werth als etwa der von Kossuth im ersten Unabhängigkeitstaumel (ich hoffe, doch nicht im vollen Ernste?) ausgesprochene staatsschöpferische Gedanke, das Banat von Serben und Raizen gänzlich zu säubern, die entvölkerten Strecken mit Honvéd-Bataillons zu colonisiren und diesem freisinnigen Unternehmen durch gleichzeitige Einführung der Bigamie ein rascheres Gedeihen zu ermöglichen.

Vernünftigerweise durfte also Kossuth von Unterhandlungen zwischen dem russischen Feldherrn und mir, selbst wenn solche bereits im Gange gewesen wären, für den Staat Ungarn nicht das Geringste und da in der That noch gar keine derlei Unterhandlung eingeleitet war auch für die unter meinem unmittelbaren Commando vereinigten Truppen Nichts erwarten.

Kossuth könnte an meiner Behauptung, daß noch gar keine Unterhandlungen mit dem russichen Feldherrn eingeleitet waren, Anlaß nehmen, mir den Vorwurf zu machen, ich entstellte die Thatsachen, und er könnte zugleich die Gegenbehauptung aufstellen, daß ja die Absendung General Pöltenberg's in das russische Lager (mit dem Gyapjuer Sendschreiben der Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi an den russischen Feldherrn) schon an und für sich die Einleitung einer Negociation gewesen. Allein Kossuth müßte, um diese Behauptung

zu wagen, offenbar ignoriren, wie zur Einleitung von Unterhandlungen welcher immer Art, einseitiges Hierzu-Geneigtsein durchaus nicht genüge. Und würde sich Kossuth mit der Abreise aus der Festung Arad nur etwa noch eine halbe Stunde Zeit gelassen haben: so konnte er sein vielversprechendes Abschiedsproclam, noch bevor es zum Druck gelangt, wesentlich modificiren, ohne mit seiner Ueberzeugung in den geringsten Conflict zu gerathen; denn kaum hatte Kossuth die Festung Arad verlassen, als General Pöltenberg, aus dem russischen Lager zurückfehrend, im Hauptquartiere zu Alt-Arað eintraf und mir nachstehendes an mich addressirtes Schreiben einhändigte:

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„J'ai fait parvenir à la connaissance de Monsieur le Maréchal Prince de Varsovie l'arrivée du Baron Pöltenberg comme parlementaire à mon corps d'armée; Son Altesse me charge de vous informer, Monsieur, que la destination de son armée est uniquement de combattre, et que si vous désirez traiter de votre soumission à votre Souverain légitime, il faut que vous vous adressiez au Commandant en chef de l'armée autrichienne, qui probablement a les pleins-pouvoirs nécessaires à cet effet.

,,Recevez, Monsieur le Général, l'assurance de ma parfaite con

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(gezeichnet),,Le Comte Théodore Rüdiger."

Wenn dessenungeachtet außer Kossuth noch so Viele dem Argwohne Raum gaben, ich dächte nur an die Rettung der Armee, nicht an die des Vaterlandes, und durch diesen Argwohn ihren Glauben an die Möglichkeit auch nur die von mir befehligten Truppen zu retten, an den Tag legten: so beurkundeten sie damit blos ihre Unfähigkeit, die Situation richtig zu beurtheilen, in welcher die genannte Streitmacht nach der (laut dem ofterwähnten Berichte General Graf Guyon's) letalen Niederlage der Dembinski'schen Armee sich befand.

Der Irrthum Derjenigen, welche die Rettung der Armee auf dem Negociationswege noch für möglich hielten, mochte etwa aus der Idee

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