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Hierauf begehrte Kossuth zu vernehmen, was ich thun wolle, falls die ihm zugekommenen Nachrichten vom Siege der Dembinski'schen Armee bei Temesvár sich dennoch bestätigten, die Vereinigung der von mir befehligten Armee mit jener gelänge, und der Oberbefehl über beide Armeen mir zufiele?

Dann

so erwiederte ich

gälte mein Angriff, mit Aufbietung

aller Kräfte, den Desterreichern allein.

Wenn aber bei Temesvár die Desterreicher gesiegt? frug Kossuth

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Ich nahm dies ernst und begann ihm den verzweifelten Gedanken auszureden. Ich sprach von der für ihn vorhandenen Möglichkeit, selbst im Auslande noch der Nation nüßlich zu sein. Ich empfahl ihm dringend, die Flucht dem Selbstmorde vorzuziehen. Ja, ich versuchte es geradezu ihm die Rettung seines Lebens als patriotische Pflicht darzustellen. Und das war sie denn auch; aber in welcher Bedeutung sie es war, schien Kossuth gleichwohl nicht zu ahnen.

Es war eine patriotische Pflicht Kossuth's, seine politische Lehre vom 14. April 1849 zu widerrufen: denn er konnte den Erfahrungssag nicht umstoßen, daß Nationen, wie Individuen, sich verlieren, wenn das Ziel ihres Strebens ein unerreichbares. Und jenes Ziel, welches Kossuth am 14. April 1849 dem Streben der Nation vorgesteckt, konnte er nun unmöglich mehr ein erreichbares nennen, nachdem er selbst indirect außer Zweifel gestellt, wie Europa factisch nicht für, sondern gegen den Abfall Ungarns von Desterreich sei.

Daran aber, daß Ungarn allein, Desterreich und Rußland gegenüber, sich zu behaupten vermöge, daran hatte Kossuth selbst nie geglaubt.

Beweis dessen die lebhaften Anstrengungen, welche er unmittelbar nach dem 14. April begonnen und consequent fortgesezt, um die Nation über die von Rußland her drohende Gefahr zu täuschen — Anstrengungen,

deren Erfolge so überaus gediehen, daß unter Andern sogar F.-M.-L. Bem wie allbekannt dieser Täuschung anheimfiel, und die Gebirgspässe Siebenbürgens verlor, ehe er auch nur geahnt, daß sie ernstlich bedroht seien.

Beweis dessen das bis zur officiellen Blendung der Nation getriebene Ostentiren Kossuth's mit dem enormen Einfluß, welchen er angeblich auf die Politik des Auslandes gegen Rußland und Desterreich geltend zu machen verstanden, aus welchem Einflusse übrigens — bei all seiner Enormität — für Ungarn gleichwohl nicht der Sieg über Rußland und Desterreich, sondern (nach Kossuth's eigener Versicherung) nur ein ehrenvoller, wenngleich mit Opfern erkaufter Friede, auf Grundlage der Freiheit resultiren sollte.

Also - selbst mit Hülfe der erwarteten Intervention des „Westen“ Europas fein Sieg über Rußland und Desterreich, nur ein Friede, mit Opfern erkauft, welche ja eben nur Ehre und Freiheit der Nation (oder was denn sonst? etwa Kossuthnoten?) sein konnten!

Und Kossuth wäre je des lebendigen Glaubens gewesen, „sein Volk" sei stark genug, die Russen wie die Desterreicher zu besiegen?

Kossuth hatte in der That nicht einmal eine Ueberzeugung zu verläugnen, um - eingedenk der letzten patriotischen Pflicht, deren Erfüllung ihm noch möglich geblieben - seine Lehre vom 14. April 1849 zu widerrufen.

Daß er es nichtsdestoweniger unterlassen werde, dieser Pflicht mit Wissen und Willen zu genügen: daran zweifelte ich keinen Augenblick. Aber er konnte ihr genügen, ohne es zu wissen und ohne es zu wollen, indem er des eigenen Lebens schonte, indem er auf die Rettung desselben bei Zeiten Bedacht nahm.

Daher meine ernsten Bemühungen, ihm den verzweifelten Selbstmordgedanken auszureden, ihn zur Flucht zu bewegen; denn ich fürchtete, die Nation würde der unausbleiblichen Versuchung kaum widerstehen, Kossuth's Tod (selbst den von eigener Hand) der Besiegelung jener Lehre gleich zu achten, von welcher die Nation sich nothwendigerweise abwenden mußte, wofern sie nicht eben das Schicksal Derer zu theilen gesonnen, deren Streben auf ein Ziel gerichtet, das unerreichbar.

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Der Trost, daß meine genannten Bemühungen erfolgreich wo nicht überflüssig waren, sollte mir jedoch einstweilen noch vorenthalten bleiben. Kossuth schien nämlich auf keine meiner Vorstellungen (die Erhaltung seines Lebens, wie die Rettung desselben durch die Flucht betreffend) eingehen zu wollen. Auch entließ er mich bald darauf, ohne mir vorher die erwünschte Aenderung seines verzweifelten Vorhabens mitgetheilt zu haben.

Noch vor Mitternacht war ich aus der Festung wieder nach dem Hauptquartiere in Alt-Arad zurückgekehrt.

Wenige Stunden später überschickte mir Kosssuth zur Einsicht einen Bericht des Generals Graf Guyon über den Ausgang der am 9. August bei Temesvár von der Dembinski'schen Armee den Desterreichern gelieferten Schlacht.

Nach dem Wortlaute dieses vom General Graf Guyon eigenhändig geschriebenen Berichtes eristirte die Dembinski'sche Armee nicht mehr.

Durch dies Endresultat der Rückzugsoperation Dembinski's von Szöreg auf Temesvár (anstatt auf Arad) war die lezte Wahrscheinlich)keit einer erfolgreichen Offensive gegen die Desterreicher vernichtet.

Die weitere Fortdauer unseres activen Widerstandes gegen die Heere der Alliirten konnte nun höchstens noch persönliche Interessen feine nationale mehr fördern.

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Ich faßte daher gleich nach dem Empfange des erwähnten Berichtes (General Graf Guyon's an Kossuth) den Entschluß, mit der unter meinen Befehlen vereinigten in Arad durch eine Reservedivision verstärkten Armee die Waffen zu strecken, damit dem fernerhin zwecklosen Kampfe ein möglichst rasches und unblutiges Ende gemacht, damit das Land, welches ich nicht mehr retten konnte, mindestens von der entseßlichen Kriegsnoth befreit würde.

Ich faßte diesen Entschluß in der vollen Ueberzeugung, keine halbe That zu vollbringen, indem ich ihn ausführe: denn die von mir befehligte Armee war nunmehr die Hauptmacht Ungarns, und die Haltung dieser mußte voraussichtlich für alle im Lande sonst noch vorhandenen, isolirt activen Streitkräfte minderer Bedeutung - die Festungsbesaßungen nicht ausgenommen, um so gewisser maßgebend werden,

als selbst Kossuth mit meinem Entschlusse, die Waffen zu strecken, einverstanden, somit kein Grund zu der Befürchtung vorhanden schien, daß er gegen diese allgemeine Nachahmung des Beispiels, welches ich zu geben entschlossen war, agitiren werde.

Meine Annahme, daß Kossuth mit der Waffenstreckung einverstanden sein dürfte, war durchaus keine willkürliche.

In jenem Augenblicke, wo ich Kossuth erklärt, daß ich entschlossen sei, die Waffen zu strecken, sobald die mir zugekommene Nachricht von der Niederlage der Dembinski'schen Armee sich bestätigen sollte, war er im strengsten Sinne des Wortes Herr über mein Leben. Das Tête-à-tête, während dessen er jene Erklärung von mir empfing, hatte bekanntlich auf seiner eigenen Wohnung in der Festung Arad stattgefunden. Commandant der Festung war General Damjanics. Dieser zählte seit den Komorner Zerwürfnissen zu meinen entschiedenen Gegnern. Die Garnison der Festung bestand aus Truppen, welche mich kaum dem Namen nach kannten. Von irgend einer Sympathie für meine Person konnte unter diesen Truppen schlechterdings nicht die leiseste Spur vorhanden sein. Die Begleitung, in welcher ich auf Kofsuth's Ordre in die Festung geeilt war, bestand aus einem Adjutanten. Kossuth ließ mich gleichwohl ungehindert aus der Festung nach dem Hauptquartiere in Alt-Arad, zurückkehren. Er hatte es nicht einmal versucht, mir den eventuellen Entschluß zur Waffenstreckung irgendwie auszureden. Zwar hatte er erklärt, sich erschießen zu wollen, wenn ich die Waffen strecke. Diese Erklärung konnte jedoch, bei der geringen persönlichen Theilnahme, welche ich ihm seit dem 14. April 1849 bewiesen, kaum darauf berechtigt sein, mich in meinem Entschlusse zu erschüttern; ich nahm diese pathetische Erklärung vielmehr blos für die natürliche Consequenz der ältern wiederholten Betheuerungen Kossuth's, daß er nicht außer, nicht in Ungarn leben könnte, wenn es der Sflaverei verfällt.

War Kossuth entschieden gegen die Waffenstreckung: so konnte er unmöglich gestatten, daß ich die Festung Arad je wieder verlasse.

Indessen bewies der Umstand, daß Kossuth es unterlassen, meinen Entschluß zur Waffenstreckung mit, oder auch nur ohne Anführung

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von Gründen zu bekämpfen, noch immer nicht mehr, als, daß er während unsers Tête-à-tête von der Unmöglichkeit, das Vaterland zu retten, schon überzeugt sein mochte. Und ebenso diente auch die Thatsache meiner ungefährdeten Rückkehr aus der Festung Arad nach dem Hauptquartiere in Alt-Arad, strenge genommen, blos als Beleg für die etwaige Voraussicht Kossuth's, daß er durch Beseitigung meiner Person höchstens etwas noch Traurigeres als die, für den Fall einer Niederlage der Dembinski'schen Armee, von mir beschlossene Waffenstreckung, herbeiführen konnte.

Allein Kossuth wußte um meine Absicht, mit Tagesanbruch des 11. August die österreichische Heeresabtheilung vor Neu-Arad anzugreifen; ich hatte ja diese Absicht schon vor dem im Laufe des Nachmittags des 10. August versammelten Ministerrathe klar und bestimmt ausgesprochen; während des ofterwähnten Tête-à-tête aber (welches bekanntlich unmittelbar nach jenem Ministerrathe am späten Abende des 10. August stattgefunden) hatte ich Kossuth sogar über die zu dem beabsichtigten Angriffe schon erlassenen Dispositionen Bericht erstattet ; der Gouverneur fonnte ferner - nach meiner entschiedenen Erklärung, falls die Nachricht von der Niederlage der Dembinski'schen Armee sich bestätigt, werde ich die Waffen strecken unmöglich darüber in Zweifel sein, daß ich den vorbereiteten Angriff auf die Desterreicher vor NeuArad nur dann zu unternehmen gesonnen, wenn mir im Laufe der Nacht von der Dembinski’schen Armee entweder eine authentische günftige Nachricht oder überhaupt gar keine authentische zukäme: und dennoch sandte mir Kossuth wenige Stunden nach dem Tête-à-tête und noch vor Tagesanbruch des 11. August, den Bericht des General Graf Guyon entsiegelt also offenbar nachdem er ihn bereits gelesen

zur Einsicht.

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War Kossuth für die Fortseßung des Kampfes und nicht für die Waffenstreckung: so mußte er den Inhalt dieses Berichtes geheim halten. Am allerwenigsten durfte er ihn mir mittheilen.

Da er das Leztere gleichwohl that, und noch dazu ohne dem mir im Original zugeschickten Berichte auch nur ein einziges von der Waffenstreckung abmahnendes Wort eigenhändig beizufügen, oder wenigstens

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