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ordnen; und dennoch unterließ ich es, die Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi in ihrer bekannten Wirksamkeit als Friedensunterhändler der provisorischen Regierung zu hindern, obschon dies in meiner Macht gestanden; ja in Arad führte allem Anscheine nach meine Erklärung jenen Ministerrathsbeschluß herbei, welchem zufolge die provisorische Regierung sich Rußland gegenüber vollends zu demaskiren entschlossen war.

Allerdings habe ich die provisorische Regierung aufgefordert, die Leitung der scheinbar schon eröffneten Unterhandlungen selbst zu übernehmen. Das Motiv zu dieser Aufforderung lag jedoch minder in meinem Hoffen auf irgend ein günstiges Resultat jener Unterhandlungen, als vielmehr in meiner Besorgniß, das Mistrauen Kossuth's gegen mich vollends aufs höchste zu steigern, sobald ich diese Aufforderung unterließ. Und die Steigerung jenes Mistrauens fürchtete ich darum so sehr, weil mir leider keine einzige, durch dies Gefühl gegen mich oder die von mir befehligte Armee angeregte, wichtige Handlung Kofssuth's bekannt war, deren Folgen der nationalen Sache Vortheil gebracht hätten.

Allerdings habe ich die Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi in ihren Anstrengungen, den russischen Feldherrn zum Negociiren zu bewegen, nicht gehindert, sondern im Gegentheile sie hierin thatsächlich unterstüßt und schließlich sogar noch einen Regierungsbeschluß herbeigeführt, dessen Ausführung den Russen in Ungarn nichts mehr zu wünschen übrig lassen sollte; doch war's nicht der Wahnglaube an die Möglichkeit einer Pacification mit Rußland, welcher mich hierzu bestimmt.

Als die Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi gleich nach der ersten, zu Vámos - Pércs am 2. August mit mir gepflogenen Conferenz, sich im Ernste auf die Abfassung des oft erwähnten GroßWardeiner Sendschreibens und zwar mit einem Eifer verlegten, welcher durch meine Bemerkung wie die provisorische Regierung, wenn sie mit den Russen unterhandeln wolle, jedenfalls die Initiative hierzu ergreifen müsse schon deshalb allein nicht gerechtfertigt erschien, weil ich dieser Bemerkung den umständlichen Bericht über den bisher zwischen

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den Russen und uns stattgehabten Parlamentärwechsel unmittelbar vorausgeschickt hatte, und aus diesem Berichte die Grundlosigkeit jedweder Annahme, als hegten die Russen Pacificationsabsichten, von selbst erhellte: da zweifelte ich, wie gesagt, keinen Augenblick länger, daß Kossuth und Szemere die Rettung des Vaterlandes nun nicht mehr von den legten Kraftanstrengungen der Nation, noch von der als abgemachte Thatsache öffentlich bekanntgegebenen Kriegserklärung Frankreichs an Desterreich, oder von den, wie es hieß, schon zum Abschlusse vorbereiteten Bündnissen mit Janku und Sztratimirovich, sondern ausschließlich nur von einer Pacification mit Rußland noch erwarteten; und ebenso wenig zweifelte ich, daß, wenn die Bestrebungen Szemere's und Graf Kasimir Batthyányi's, Rußland zum Pacificiren zu bewegen, durch mich verhindert würden, die Nation dem Wahne, Ungarn hätte durch diese Bestrebungen zuverlässig noch gerettet werden können, für immer anheimfiele. Und diese Voraussicht war's, welche mich bestimmte, die friedensunterhändlerische Thätigkeit der genannten Minister nicht zu paralysiren, sondern vielmehr den Häuptern der provisorischen Regierung, nachdem ich ihr zähes Festhalten an ihrer,,leßten“ Rettungsidee vollends erkannt, geradezu die gänzliche Enthüllung ihrer Absichten Rußland gegenüber dringend anzuempfehlen; denn meiner Ueberzeugung nach lag damals bereits gar wenig mehr daran, ob Kossuth und Szemere in der Politik Einen Bocksprung mehr oder weniger machten, daran aber lag noch sehr viel, daß die Nation des Wahnglaubens an die Haltbarkeit Kossuth- Szemere'scher Politik ein für allemal ledig, daß ihr, von Kossuth und Szemere selbst, der Beweis per absurdum geliefert werde, wie der Gedanke an die Unabhängigkeit Ungarns von Desterreich in die Spinnstube gehöre, so lange der durch Kossuth, wie bekannt noch in Debreczin (am 13. April 1849) dem Reichstage angekündigte Staatencongreß zu Verona, auf welchem die politische Physiognomie Europas umgearbeitet werden sollte, nicht zu Stande kommt. Die Idee aber, Ungarn zu republikanisiren, wird auch dann noch ausschließlich in die Spinnstube gehören, wenn jener Veroneser Congreß seine Aufgabe selbst zur vollsten Zufriedenheit Kossuth's schon gelöst haben dürfte.

Neununddreissigstes Capitel.

Meine lehte Zusammenkunft mit Kossuth.

General Graf Guyon berichtet, daß die Dem

binski'sche Armee bei Temesvár gesprengt worden. auf. — Er ernennt mich zum Oberfeldherrn.

Ich fordere Kossuth zum Abdanken Csányi bewegt den Gouverneur zum Rücktritt. Die lehte Proclamation Kossuth's an die Nation. Antwort der Russen auf unsere Einladungen zum Negociiren. Ich beantrage die unbedingte Ergebung vor Der Kriegsrath erhebt meinen Antrag zum Beschluß.

den Russen.

Am Abende des 10. August (die Dispositionen zur nächtlichen

Vorbereitung des mit Tagesanbruch des 11. auf die Oesterreicher vor Neu-Arad beabsichtigten Angriffes waren bereits aus dem Hauptquartiere an die einzelnen Corps abgeschickt) erhielt ich vom Gouverneur Kossuth die Weisung, mich ungesäumt zu einer persönlichen Besprechung mit ihm in der Festung einzufinden.

Ich kam der Weisung nach und fand den Gouverneur in demselben Zimmer, welches ich mehrere Stunden zuvor verlassen hatte, um ihn und die Minister in der vorzunehmenden Wahl des Oberbefehlshabers nicht durch meine Gegenwart zu beirren. Nun waren die Minister fort und Kossuth allein. Er hatte Verlangen nach einem Tête-àtète mit mir. Ich sah ihn bei dieser Gelegenheit höchst wahrscheinlich zum leßten Male im Leben.

Meine Vorausseßung daß Kossuth mich rufen ließ, um mir den jüngsten Regierungsbeschluß, die Wahl des Oberbefehlshabers betreffend, mitzutheilen, und dann etwa die kriegsoperativen Maßregeln

für die nächste Zukunft mit mir zu berathen zeigte sich bald als eine irrige. Daß ich in dem kurz zuvor abgehaltenen Ministerrathe zum Oberbefehlshaber gewählt worden, erfuhr ich erst in Kärnthen; und nicht mehr die Zukunft war's, über welche Kossuth bei diesem Tête-à-tête zu conjecturiren begann, es war bereits die Vergangenheit.

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Nachdem er die in der That großartigen, durch sein Talent und seinen rastlosen Eifer erzielten Resultate ohne welchen die Landesvertheidigung jedenfalls schon Desterreich allein gegenüber erlahmt wäre übersichtlich zusammengefaßt, behauptete Kossuth, ihm habe, um Russen und Oesterreicher zugleich aus dem Lande zu werfen, nur Eins gefehlt: mein Vertrauen! Er gedachte hierbei jener Zeit (Anfang März zu Tisza-Füred) da er mich aufgefordert, es ihm unverhohlen zu sagen, wenn ich die höchste Gewalt im Staate zu besißen wünsche, er selbst würde mir dann eine Partei schaffen, diese Partei werde ganz Ungarn sein. Er gedachte zugleich auch der Antwort, welche ich ihm auf jene Aufforderung ertheilt (daß er nämlich in mir keinen Rivalen zu fürchten habe), meinte jedoch, ich sei damals unaufrichtig gegen ihn gewesen, dadurch aber sei es ihm unmöglich geworden, sich mit mir zu verständigen, zu einigen, und ausschließlich in Folge dessen sei Ungarn, anstatt seine Feinde zu verderben, selbst an den Rand des Verderbens gerathen.

Viel und Vielerlei sprach Kossuth in diesem Sinne, und ließ mich erkennen, wie es ihm ungleich weniger schwer falle, die Schuld am Untergange des Vaterlandes mir aufzubürden, als reumüthig einzugestehen, er habe die Nation verleitet, ein gutes Recht um einer Idee willen aufzugeben, zu deren Verwirklichung die Kräfte der Nation nicht ausreichen.

Durch diese Erkenntniß ward mir nun freilich die fatale Aussicht eröffnet, wahrscheinlich fortan als Sündenbock des Gouverneurs dienen zu müssen; doch schöpfte ich zugleich aus dem Widersinne der eben vernommenen Behauptung Kossuth's — ihn (dem, wie er selbst betheuerte, der Kranz der Macht eine Dornenkrone) hätte schon der bloße Zweifel an der Aufrichtigkeit meiner Versicherung, ich strebe nicht nach der

höchsten Gewalt, verhindert, sich mit mir zu verständigen, zu einigen, d. h. die Losreißung Ungarns von Oesterreich nicht zu proclamiren aus diesem Widersinne schöpfte ich die Hoffnung, Kossuth dürfte (Danf der ihm eigenthümlichen Logik) kaum verfehlen, mir seine eigenen Sünden nachgerade selbst wieder abzunehmen.

Auch beschränkte ich meine Entgegnung einzig und allein darauf, Kossuth zu versichern, daß jene verneinende Antwort, welche ich ihm Anfang März zu Tisza-Füred auf seine Frage, ob ich etwa an seiner Statt regieren möchte, ertheilt, allerdings eine aufrichtige ge= wesen ob er gleich Zweifel dagegen hege - und daß ich der Ansicht sei, die Sache Ungarns wäre kaum so herabgekommen, wenn er durch seine ungegründeten Zweifel an meiner Aufrichtigkeit sich in der Beherzigung meiner Rathschläge im Festhalten am guten Rechte der Nation nicht hätte beirren lassen.

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Als Kossuth von den Riesenerfolgen seiner öffentlichen Wirksamkeit, von den Hindernissen, an welchen die Besiegung der Alliirten gescheitert I mit Einem Worte - von der Vergangenheit zu reden begann da gab ich der Vermuthung Raum, er sei zu dem Entschlusse gelangt, auch die Komorner Zerwürfnisse zwischen uns zur Sprache zu bringen. Diesen Entschluß schien er indessen nie, wie überhaupt vor dem Tête-àtète gar keinen von Bedeutung gefaßt zu haben, als höchstens den, mich auszuforschen, ob und welche Entschlüsse etwa ich für die nächste Zukunft bereits gefaßt hätte. Er stellte nämlich nachdem seine Rückblicke in die Vergangenheit, von mir, wie erwähnt, furz beantwortet worden in unmittelbarer Folge nachstehende Fragen an mich:

Vor Allem wünschte er zu erfahren, wie ich es aufnehmen würde, wenn die Regierung dem F.-M.-L. Bem den Oberbefehl übertrüge?

Ich versicherte ihm, daß ich die Ernennung eines Nichtungarn zum Oberbefehlshaber, in diesem Augenblicke meiner Entseßung vom Commando der unter meinen Befehlen stehenden Armee gleich achten und unverweilt von meinem Poften abtreten würde; weil ich, um am Kriege noch weiterhin Theil zu nehmen, der Garantie bedürfe, daß der Krieg nicht etwa auch dann noch, wenn selbst kein moralischer

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