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Regierungsmaßregeln wurden von meiner nächsten Umgebung freilich nie günstig beurtheilt.

Auch wurden die Offiziere im Lager wie im Hauptquartiere der von mir befehligten Armee, weder durch die eigenthümliche Vorliebe Kossuth's zu einer Camarilla, welche seiner persönlichen, wie seiner amtlichen Autorität gleich empfindlichen Eintrag zu thun geeignet war, — noch durch den auffallenden Contrast zwischen dem, was Kossuth sprach und dem, wie er handelte, noch durch seine Zugängigkeit für jeden, noch so abenteuerlichen Schwäßer, insbesondere für jede Zwischenträgerei, noch durch sein häufiges Vergessen, daß er immerhin als Familienvater, aber nie als Gouverneur von Ungarn unterm Pantoffel stehen dürfe, noch durch seinen ungewöhnlichen Respect vor jeder persönlichen Gefahr und sein dessenungeachtet beharrliches Streben, den Armeeoberbefehl mit der Gouverneurwürde in sich zu vereinigen, noch durch sein unersättliches Gelüsten nach Ovationen aller Art und um jeden Preis, noch durch seine Methode den Volksgeist unter Anderm auch vermittels märchenhafter Berichte über die Leistungen der Armee zu heben, welchen Berichten gegenüber die wirklichen Leistungen der Armee geradezu der Rede unwerth erschienen, noch (um nun von Szemere zu reden) durch dessen republikanisches, seinen politischen Antecedentien gegenüber lächerliches Regierungsprogramm, noch durch seine (Szemere's) Bestrebungen, die von ihm gehegten und gepflegten Guerrillabanden zu einer Art vollblutrepublikanischer Armee zu organisiren, deren Obercommando er schon in vorhinein sich selbst zugedacht hatte, noch durch die Kunstgriffe, welche der Minister des Innern angewendet, um jene Guerrillabanden auf Kosten der Completirung der schon bestehenden (allerdings nicht republikanischen) Armee zu noch endlich durch seine Anstrengungen, mich für ein

vermehren, Duumvirat gegen Kossuth zu gewinnen: durch keine dieser und ähnlicher Thatsachen wurden (ich muß es bekennen) die Offiziere im Lager wie im Hauptquartiere der von mir befehligten Armee zur Bewunderung Kossuth's oder wohl gar Szemere's hingerissen. Im Gegentheile waren diese beiden Persönlichkeiten, besonders Szemere, sehr oft Gegenstand solcher Bemerkungen, welche sich mit der den Trägern der

höchsten Regierungsgewalt schuldigen Ehrerbietung durchaus nicht vertrugen, und vor welchen freilich der Autoritätsnimbus des gesammten Gremiums der provisorischen Regierung nachgerade erbleichen mußte, obschon die Namen der übrigen Mitglieder des Gremiums theils überhaupt nie, theils nicht ohne Achtung bei der Armee genannt wurden.

Nichtsdestoweniger war der Justizminister — meiner Ansicht nach — keineswegs darauf angewiesen, diese respectswidrigen Bemerkungen über die beiden Häupter des provisorischen Gouvernements, oder jene ungünstigen Urtheile über die erwähnten und ähnliche Regierungsmaßregeln durch die willkürliche Annahme zu erklären, ich strebe nach der Militärdictatur, und ich habe, um mir den Weg zur absoluten Gewalt möglichst zu ebnen, die besprochenen regierungsfeindlichen Erscheinungen ins Leben gerufen. Der Justizminister konnte wie gesagt den Ursprung dieser Erscheinungen, ohne sich an dem moralischen Werthe meiner Bestrebungen zu vergreifen, ganz einfach und höchst logisch aus dem Komorner Zerwürfnisse zwischen der Hauptarmee und der Regierung ableiten, wenn er schon nicht zugeben wollte, daß jene ungünstigen Urtheile gerechte, die respectswidrigen Bemerkungen über Kossuth und Szemere sehr treffende waren. Und es blieb dem Justizminister dabei noch immer unbenommen, mich - wenn es schon sein mußte geradezu auf Grundlage der Komorner Zerwürfnisse des Strebens nach absoluter Gewalt anzuklagen; wobei er überdies den Vortheil gehabt hätte, sich auf eine constatirte Thatsache (nämlich die meines Ungehorsams) stüßen und bei der Motivirung seiner Anklage gegen mich jeder Angeberei entrathen zu können.

Indem nun aber der Justizminister die ganz und gar aus der Luft gegriffene Motivirung, der (zum mindesten scheinbar) reellen vorzog: brachte er mich auf die Vermuthung, es liege ihm mehr daran, daß die Komorner Zerwürfnisse (bei welchen die provisorische Regierung freilich keine vortheilhafte Rolle gespielt) ja nicht zur Sprache kommen, als daß seine Anklage gegen mich Stich halte. Die leßtere war vielleicht auch nur eine Folge der Entrüstung des Justizministers ob des wahrscheinlich bereits in Erfahrung gebrachten schnöden Empfanges, welcher wie bekannt seinem Collegen Szemere zu Nyir - Adony

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im Hauptquartiere der von mir befehligten Armee verdientermaßen zu Theil geworden; und in diesem Falle würde ich vom Justizminister möglicherweise vielleicht gar nie zur Rede gestellt worden sein, hätte derselbe gewußt, wodurch sein College fich jenen Empfang zugezogen. Dem sei übrigens wie ihm wolle, ich fonnte nun einmal nicht ergründen, welchen erreichbaren Zweck der Justizminister ins Auge gefaßt, als er mich so entschieden aufforderte, den Verdacht, ich strebe nach absoluter Gewalt, mit einer „einfachen Erklärung“ zu entkräften.

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Ueberzeugt, etwas Vergebliches zu thun, sobald ich der Aufforderung des Justizministers Folge leistete; überzeugt, daß - nachdem, wie erwähnt, alle jene frühern Erklärungen, welche ich dem Gouverneur Kossuth zu eben demselben Ende gegeben, ohne Erfolg waren - einer wiederholten ähnlichen kein günstigeres Schicksal bevorstehen könne: erwiderte ich demnach auf die Aufforderung des Justizministers, die Regierung möge sich immerhin beeilen mich vor ein Kriegsgericht zu stellen, falls triftige Gründe zu dem soeben gegen mich ausgesprochenen Verdachte vorliegen, aber die Regierung erwarte nicht, daß ich auf bloße Angebereien, wie die eben von Justizminister citirten, und aus derartigen Angebereien entwickelte Verdächtigungen je antworten werde. Nebrigens - bemerkte ich hinzu scheine mir meine persönliche Anwesenheit bei der bevorstehenden Berathung über die Wahl des Oberbefehlshabers ganz unpassend, da ich möglicherweise selbst mit unter die Candidaten für diesen Posten zählen dürfte.

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Nachdem ich diese Erklärung abgegeben, verließ ich den Ministerrath (den lezten, welchem ich in Arad, wie überhaupt, beigewohnt) und kehrte da General Nagy-Sándor in seiner Stellung vor NeuArad nicht mehr von den Desterreichern beunruhigt wurde unmittelbar nach Alt-Arad ins Hauptquartier zurück, um die Dispositionen für die nächtliche Vorbereitung des Angriffes zu erlassen, welcher wie ich im Ministerrathe ausgesprochen hatte in Folge der Mittheilungen Kossuth's (daß die Unserigen bei Temesvár am 9. August Sieger geblieben) auf die dem 1. Corps vor Neu-Arad gegenüberstehende öfterreichische Heeresabtheilung unternommen werden sollte.

Achtunddreissigstes Capitel.

Die provisorische Regierung und die Unterhandlungen mit Rußland.

Betheiligung an den lehtern.

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Als die Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi über

die Art und Weise, in welcher sie mit den Russen Friedensunterhandlungen anzuknüpfen bemüht gewesen, der Regierung in Arad mündlichen Bericht erstatteten, ließen sie demselben die Bemerkung einfließen, daß ihre Wirksamkeit von mir, als eine unzulängliche, getadelt worden.

Ich war bei dieser Berichterstattung persönlich zugegen, und da Kossuth die Begründung meines Ladels zu vernehmen wünschte, fo sprach ich mich vor ihm und den anwesenden Ministern — in eben demselben Sinne, wie bei Gelegenheit der leßten Conferenz mit Szemere und Graf Kasimir Batthyányi (zu Gyapju am Abende des 6. August) dahin aus, daß die Regierung, bei ihrem Vorhaben, mit Rußland in Unterhandlungen zu treten, nicht übersehen dürfe, wie sie, nicht Rußland, eines friedlichen Vergleiches benöthige, wie demnach sie den Russen bestimmte Anträge zu machen, nicht aber derlei von den Russen zu erwarten habe, wie übrigens sie (die Regierung), nicht Rußland, der Gewißheit ermangle, ob der Gegner von einer Pacification überhaupt etwas wissen wolle, wie endlich sie nicht Rußland mit der Zeit pressirt sei, wie sie demnach Rußland so lockende Anträge machen müsse, daß sie (die Regierung), selbst wenn die Russen fortan schwiegen, zum

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mindesten der definitiven Antwort auf die Vorfrage der NegociationsVersuche nicht länger entbehre. Die Vorfrage aber sei eben, ob bei Rußland jene Absichten überhaupt vorhanden, welche die Idee, mit diesem Staate zu pacificiren, vorausseßt. Zur Lösung dieser Vorfrage erschienen mir sowol das Groß-Wardeiner Sendschreiben der Minister Szemere und Graf Kasimir Batthyányi, wie nicht minder jenes Concept unzureichend, über dessen praktischen Werth die genannten Minister in der Station Gyapju mein Urtheil zu vernehmen gewünscht. Zur definitiven und unter den augenblicklichen Umständen gebotenen raschen Lösung dieser Vorfrage erachtete ich es für nothwendig, daß die provisorische Regierung dem Zaar die Krone Ungarns nicht verblümt, wie es jene Minister in dem erwähnten Actenstücke gethan, sondern unverhohlen antrage.

Es ist mir lebhaft erinnerlich, daß Kossuth dieser Ansicht beipflichtete, daß keiner der anwesenden Minister diese Ansicht bekämpfte, und daß noch in meiner Anwesenheit ein dieser Ansicht entsprechender Regierungsbeschluß zu Stande gekommen. Nicht minder lebhaft entsinne ich mich einer spätern mündlichen Mittheilung Kossuth's, daß er bereits einen Mann (jedoch kein Mitglied der Armee noch der Regierung) ausfindig gemacht habe, welcher erbötig sei, das im Sinne jenes Regierungsbeschlusses abgefaßte Sendschreiben an den russischen Feldherrn zu befördern.

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Wie ich über die Idee, mit Rußland zu pacificiren wofern sie realisirbar -zu jener Zeit dachte und noch jezt denke, habe ich im 36. Capitel zur Genüge dargelegt. Ebendaselbst aber tadelte ich die Häupter der provisorischen Regierung, daß sie die Unrealisirbarkeit jener Idee verkannt, ja bis zum leßten Augenblicke ihres gouvernementalen Wirkens in Ungarn der Hoffnung Raum gegeben, Rußland werde der Versuchung, die Krone des heiligen Stephan zu acquiriren, nicht widerstehen können.

Ich tadle die Häupter der provisorischen Regierung: und dennoch war ich es, der sie geradezu aufgefordert, Bevollmächtigte zur Fortsegung der scheinbar schon mit dem Schreiben des G.-d.-C. Graf Rüdiger eingeleiteten Unterhandlungen zu mir ins Hauptquartier abzu

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