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In meinem Verhalten Kossuth und seinen Anhängern gegenüber blieb ich nach dem Abzuge von Komorn fortan passiv; und wenn das provisorische Landesoberhaupt sich dessenungeachtet bewogen fühlte, sogar in seinen öffentlichen Reden gegen meine Person zu agitiren: so nahm ich das für nicht mehr als die Nachwehen des Schreckens, welcher ihn, in Folge der bewußten Einladung nach Komorn übermannt haben mochte.

Mit den Gegnern Kofsuth's außerhalb der unter meinen Befehlen stehenden Armee unterhielt ich gar keine Verbindung; die bei der Armee anwesenden Gegner desselben waren meine Untergebenen, sie mußten passiv bleiben, und sie blieben es. Jene Erklärung, welche mir von der Armee, als Antwort auf die russische Aufforderung zum Niederlegen der Waffen, dictirt worden, hatte freilich die ernste Bedeutung einer Aggression gegen Kossuth: immerhin war's eine ohne Tragweite, so lange die Verfechter des constitutionell - monarchischen Princips wie die Anhänger der unausgesprochenen Staatsform (vom 14. April) durch die gefährliche Ueberlegenheit des gemeinsamen äußern Feindes zu gegenseitiger Duldung gezwungen blieben. Uebrigens war das Befremden Kossuth's über jene Erklärung der Armee jedenfalls mehr als naiv; da er unmöglich vergessen haben konnte, wie es der Hauptarmee gar nie eingefallen, ihn mit einer Huldigungsadresse zu beglücken.

Mehr, als das hier Vorausgeschickte, war über meine Stellung zur Armee, zu Kossuth, dessen Gegnern und Anhängern, während des Rückzuges von Komorn bis an die Hernád mir selbst nicht klar geworden.

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Und nun zur nachträglichen Beleuchtung jener Umstände, Gerüchte und Ereignisse, welche wie erwähnt den Tagen des Aufenthaltes am Hernád und des fernern Rückzuges bis Arad angehören, auf die Bewegungen der unter meinen Befehlen gestandenen Armee ohne Einfluß geblieben, und im leßten Capitel einstweilen mit Stillschweigen übergangen worden.

Das räthselhafte versöhnliche Privatschreiben Kossuth's, dessen ich bereits Erwähnung gethan, und die officielle Einladung zu dem bean

tragten Rendezvous in Kardszag oder Kis-Ujszállás, blieben nicht lange ohne Commentar: Gerüchte aus Szegedin sprachen von allgemeiner Unzufriedenheit mit den Leistungen des Obercommandos MészárosDembinski, und von lebhaften Sympathien, welche ungeachtet der gegen mich gerichteten Agitationen Kossuth's - nun plößlich für meine Ernennung zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen kundgegeben wurden; zudem erhielt ich fast gleichzeitig ein eigenhändiges Privatschreiben des Premierministers Bartholomäus von Szemere, worin mir dieser zu verstehen gab, der günstige Moment, Kossuth zu stürzen, wäre nun da und es hinge augenblicklich nur von mir ab, die oberste Gewalt mit ihm (Szemere) zu theilen.

Die Entstehungsweise jener räthselhaft versöhnlichen Epistel Kossuth's an mich schien demnach folgende:

Kossuth, von der öffentlichen Meinung indirect angeklagt, daß er mit der Creirung des Obercommandos Mészáros - Dembinski etwas der nationalen Sache Nachtheiliges vollbracht, mochte das Bedürfniß gefühlt haben, dem vielleicht schon drohenden Uebergehen der indirecten zur directen öffentlichen Anklage um jeden Preis vorzubeugen.

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Das entsprechende Mittel hierzu konnte nun wofern es mit dem Umschwunge der allgemeinen Sympathien zu meinen Gunsten seine Richtigkeit hatte freilich kein anderes sein, als eine von Kossuth selbst arrangirte Versöhnungskomödie mit dem neuen Günstlinge des Publicums. Daß aber an dem verlauteten Umschwunge der öffentlichen Meinung Etwas sein mußte, dafür lieferte mir das obenerwähnte Schreiben Szemere's einen kaum zu bezweifelnden Beleg. Die persönlich feindselige Gesinnung Szemere's gegen Kossuth war vor mir kein Geheimniß; wenigstens war ich genöthigt, aus der übelwollenden Art und Weise, in welcher Szemere so oft der Zufall ein tête à tête zwischen mir und ihm herbeigeführt erklärte, den Schluß zu ziehen, Szemere sei minder ein politischer denn ein persönlicher Gegner des provisorischen Landesoberhauptes ; und der Umstand, daß Szemere, welchen mein immer gleich zurückhaltendes Benehmen gegen ihn schlechterdings nicht zu der Annahme berechtigen konnte, als wäre es ihm je gelungen, sich meine Achtung,

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sich consequent über Kossuth

geschweige denn mein Vertrauen zu erwerben,

daß Szemere, dessen Erinnerungen an die während der Honigwochen seiner angehenden Republik von ihm gemachten vergeblichen Anstrengungen, mich für eine Liaison gegen Kossuth zu gewinnen, unmöglich schon erloschen sein konnten, daß Szemere nun abermals einen Versuch, jene Liaison anzubahnen, für zeitgemäß gehalten: dieser Umstand ließ sich allerdings nicht anders erklären, als indem man den Gerüchten von der lebhaften Parteinahme der öffentlichen Meinung für mich eine thatsächliche Begründung nicht absprach.

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Die authentische Bestätigung dieser Gerüchte entnahm ich gleichwohl erst aus den Mittheilungen eines Repräsentanten, welcher von Szegedin kommend, an eben demselben Tage in Nagy-Kálló eintraf, an welchem ich mit dem Gros der Armee diesen Punkt erreichte. Es war am 31. Juli.

Jene Mittheilungen lauteten nämlich, die Majorität des Reichstages habe der provisorischen Regierung den Vorschlag gemacht, den Oberbefehl über sämmtliche Truppen mir zu übertragen, und vom Premierminister Szemere sei hierauf dem Reichstage, im Namen der provisorischen Regierung eine zustimmende Antwort ertheilt worden. Zugleich aber erfuhr ich von demselben Repräsentanten, daß der Reichstag schon am 28. Juli den Beschluß, sich für unbestimmte Zeit aufzulösen, gefaßt, auch die Mehrzahl der Volksvertreter Szegedin bereits verlassen habe, um demnächst bei mir im Hauptquartier einzutreffen.

Ich glaubte in dem erwähnten Vorschlage der Reichstagsmajorität das Walten der Friedenspartei zu erkennen. Da nun aber ungeachtet der Dringlichkeit der Umstände meine Ernennung zum Oberbefehlshaber noch immer nicht erfolgt war: so mußte ich die Aufrichtigkeit jener zustimmenden Antwort bezweifeln, welche Szemere dem Reichstage im Namen der provisorischen Regierung gegeben hatte. Diesen Zweifel glaubte ich vor dem Repräsentanten, aus dessen Munde mir die in Rede stehenden Mittheilungen zugekommen, um so weniger verbergen zu sollen, je bestimmter mich anderweitige Aeußerungen jenes Repräsentanten errathen ließen, wie er und die Mehrzahl seiner Collegen an meine Ernennung zum Oberbefehlshaber nicht geringe Erwartungen knüpften.

Es wurde jedoch dieser Zweifel von dem erwähnten Repräsentanten nicht getheilt. Nicht minder gläubig mochten auch die Collegen des legtern die besprochene officielle Antwort Szemere's hingenommen haben: und so fand das Gerücht, die provisorische Regierung habe mir den Oberbefehl über sämmtliche Truppen bereits übertragen, sammt allen Erwartungen, welche mit diesem Gerüchte zusammenhängen mochten, sehr bald die allgemeinste Verbreitung, und schien überdies durch die gleichzeitige Missionsfahrt zweier Mitglieder der provisorischen Regierung nach dem Lager der von mir befehligten Armee gerechtfertigt.

Diese Mitglieder der Regierung waren Szemere und der Minister des Aeußern, Graf Kasimir Batthyányi. Sie trafen zu Nyír-Adony (am 1. August) im Hauptquartiere ein. Die erste Unterredung mit mir ermöglichte ich denselben gleichwohl erst zu Vámos- Pércs (der nächsten Marschstation) in den Nachmittagsstunden des folgenden Tages. Ich hielt es nämlich für eine dem obenerwähnten Schreiben Szemere's vollkommen angemessene Züchtigung, diesen eine Zeit lang auffallend zu übersehen, und ihn so den Sarkasmen der im Hauptquartiere anwesenden Offiziere preiszugeben.

Graf Kasimir Batthyányi mußte hierbei als Compagnon Szemere's allerdings mitleiden: zugedacht aber hatte ich die Züchtigung eigentlich nur dem Leztern allein. Denn um den Minister des Aeußern jener Behandlung, welche ich seinem Collegen Szemere im Hauptquartiere zu Theil werden ließ, absichtlich mitauszuseßen, hätten mir vorerst positive Gründe (deren ich in der That entbehrte) für die Annahme vorliegen müssen, daß er (Batthyányi) von dem oberwähnten Schreiben (Szemere's an mich) Kenntniß habe, oder wohl gar damit einverstanden sei.

Ueber die officielle Bedeutung des plößlichen Eintreffens der beiden Minister im Hauptquartiere war ich in vorhinein nicht unterrichtet. Daß meine Ernennung zum Oberbefehlshaber wie allgemein vermuthet worden - der Zweck dieser Mission sei, schien mir bei der Entente peu cordiale zwischen mir und der, des Reichstages nunmehr entlasteten, provisorischen Regierung, höchst unwahrscheinlich. Daß jedoch Szemere für sich allein, nicht ohne die bestimmte Absicht ge

kommen, die Wirkung seines Privatschreibens zu sondiren und die in demselben verblümt projectirte Liga Szemere-Görgei contra Kossuth womöglich auf dem kürzesten Wege zu Stande zu bringen, daran

zweifelte ich keinen Augenblick; und Szemere ließ sich von der Bestätigung dieser Ansicht über den persönlichen Zweck seiner Ankunft im Hauptquartiere, durch die Sarkasmen meiner Umgebung keineswegs abschrecken: die erste Frage, welche er in Vámos - Pércs bei Gelegenheit eines zufälligen Tête-à-tête an mich richtete, war in der That, ob ich wohl sein Schreiben erhalten?

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Dies Tête-à-tête zwischen mir und Szemere ward gegen meine Absicht dadurch herbeigeführt, daß ich beide Minister ihrem Verlangen nach einer Unterredung mit mir, am Nachmittage des 2. August endlich nachgebend auf mein Zimmer geleitete, und Graf Kasimir Batthyányi bei dieser Gelegenheit, scheinbar zufälligerweise, auf einige Augenblicke abblieb, mich mit Szemere allein lassend.

Kurz zuvor war die uns in Vámos - Pércs den Angriff der Russen auf unsere Seitenhut bei Debreczin andeutende Kanonade ominösplöglich wieder verhallt und ich in Folge dessen fortwährend lebhaft beunruhigt.

In einer günstigern Gemüthsstimmung würde ich dem Reize kaum widerstanden haben, die wahrhaft seltene Zuversichtlichkeit zu perfiffliren, mit welcher Szemere jene Frage, troß der ihm von mir und meiner Umgebung soeben widerfahrenen, nichts weniger als hierzu einladenden Behandlung, an mich gestellt. Die peinliche Ungewißheit jedoch, in welcher ich über den Ausgang des Conflictes bei Debreczin geblieben, rettete Szemere von einer neuen wohlverdienten Züchtigung.

Die erwähnte Frage (ob ich sein Schreiben erhalten?) somit blos einfach bejahend, durchkreuzte ich überdies die wahrscheinliche Absicht Szemere's, noch mancherlei auf Inhalt und Lendenz seines Schreibens Bezügliches zu quästioniren, durch die rasche Gegenfrage, was es mit dem Gerede von meiner Ernennung zum Oberbefehlshaber sämmtlicher Truppen für eine Bewandtniß hätte? - Hierauf mochte Szemere nicht ganz vorbereitet gewesen sein; denn zuerst betheuerte er, es sei ihm die Veranlassung jenes Geredes gänzlich unbekannt, und nachdem ich ihm

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