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vielmehr dahin wirken wollte, daß er für jene Rathschläge möglichst zugängig werde, welche ich im nächsten, weil — meiner Ueberzeugung nach einzigen unter den damaligen Zeitumständen noch realisirbaren Interesse der Nation ihm theils schon ertheilt, theils noch zu ertheilen beabsichtigte.

Meine Erkenntniß dessen, was eben für die Nation, bei der Unabwendbarkeit des nahen Zusammenbrechens ihrer staatlichen Eristenz, noch erreichbar, und der Nation überdies, zur höhern Festigung ihres moralischen Rückhaltes der trostlosen Zukunft gegenüber unentbehrlich war, demnach vor Allem Noth that jene Erkenntniß sie war

noch immer dieselbe, aus welcher mein Antrag im Ministerrathe vom 26. Juni (zu Pest), wie mein Entschluß, mit der Hauptarmee bei Komorn zu bleiben, entsprungen: Desterreich sollte die Schärfe ungarischer Waffen, selbst unter den Fittigen Rußlands, noch einmal empfinden!

Unter welchen Bedingungen sich mir die Wahrscheinlichkeit darstellte, dies moralische Bedürfniß der Nation noch befriedigt zu sehen; wie ich leider erkennen mußte, daß mir bei der Befriedigung dieses nationalen Bedürfnissses im günstigsten Falle nur eine mittelbare Rolle zu Theil würde, da ich unmittelbar der russischen und nicht der öfterreichischen Armee gegenüberstand, folglich um an der Offensivoperation gegen die leßtere directen Antheil zu nehmen, der erstern die Basis der Operation (den Banat) hätte preisgeben müssen, dann aber der beabsichtigte Offensivrückschlag gegen die Oesterreicher nur ein momentaner, kein nachhaltiger werden konnte: all dieser Umstände habe ich bereits im vorhergehenden Capitel Erwähnung gethan.

Es erübrigt nur noch zu bemerken, daß ich eine mittelbare Unterstüßung der gegen die Armee des F.-Z.-M. Baron Haynau sich eben bei Szegedin vorbereitenden Offensive auch von Seiten der Komorner Besaßung für möglich hielt und hierdurch bewogen wurde nachdem mein Entschluß, die Stellung am Hernád zu behaupten, gefaßt war an General Klapka ein Schreiben abzuschicken, welches ihn von dem vermeintlich schon gelungenen Durchbruche meiner Armee in Kenntniß sezen, und gleichzeitig zur Thätigkeit ermuntern sollte. Da jedoch

dies Schreiben seinen Weg durch den feindlicherseits occupirten Landestheil nehmen mußte: so schien mir die Vorsicht geboten, dasselbe gerade in seinem wichtigsten Theile auf möglichst allgemeine Andeutungen um so gewisser zu beschränken, als die erprobte Findigkeit des Generals Klapka ein richtiges Auffassen noch so allgemein gehaltener Andeutungen vorausseßen ließ.

Das energische Auftreten Klapka's auf der Verbindungslinie der österreichischen Hauptarmee mit ihrer Öperationsbasis; der Fall von Temesvár; die fernere Behauptung des südwestlichen Theiles von Siebenbürgen durch F.-M.-L. Bem; und endlich die dauernde Fesselung der russischen Hauptarmee an der obern Theiß durch die unter meinem. Befehle vereinigten Streitkräfte: waren Umstände, bei deren rechtzeitigem Zusammentreffen von einer Offensive gegen die Armee des F.-Z.-M. Baron Haynau zwar nicht die Rettung der staatlichen Eristenz Ungarns, wohl aber die Befriedigung des oben besprochenen moralischen Bedürfnisses der Nation allerdings auch ohne Schwindelei erwartet werden konnte: so Kossuth, die Unfähigkeit Dembinski's endlich erkennend, die Leitung jener Offensive geschicktern Händen anvertraute und zugleich seiner eigenen krankhaften Neigung, auf den Gang der Kriegsoperationen unmittelbaren Einfluß zu nehmen, Herr würde.

Kossuth zu bewegen, daß er das Eine thue und das Andere nicht unterlasse, war nun eben der Zweck jener Rathschläge, für deren Beherzigung ich ihn gewinnen wollte. Meine Hoffnung, hierin zu réussiren, stand gleichwohl auf sehr schwachen Beinen; denn ich übersah keineswegs, wie die mir feindlichen Gefühle Kossuth's in Folge der bekannten Komorner Ereignisse an Lebhaftigkeit hinreichend zugenommen haben dürften, um ihn zu bestimmen, just das Entgegengesezte von dem zu thun, wozu ich ihm rieth; nicht gerechnet den eigenthümlichen Umstand, daß ich zur Entfernung Dembinski's vom Obercommando unmöglich rathen konnte, ohne in Kossuth den Verdacht zu erregen, als thäte ich dies nicht etwa aus gegründeter Ueberzeugung von der Feldherrnunfähigkeit Dembinski's, sondern blos in der Absicht, mir selbst die Wiedererlangung des Commandostabes, somit einer Gewalt im Staate, zu ermöglichen,

mittels welcher sich bei Gelegenheit sogar die Autorität der Civilregierung in Frage stellen ließe.

Nichtsdestoweniger rieth ich Kossuth unverhohlen zur Entfernung Dembinski's vom Obercommando; denn ich fühlte den innern Drang, zur Förderung des von mir erkannten moralischen Interesses der Nation kein Mittel unversucht zu lassen. Die Schädlichkeit der unmittelbaren Eingriffe Kossuth's in die Leitung der Kriegsoperationen überging ich jedoch einstweilen mit schonendem Stillschweigen, theils um nicht seine persönliche Eitelkeit zu verlegen, und hierdurch Alles zu verderben, theils weil es mir so vorkam, als wären jene Eingriffe so lange noch Dembinski der Leitung der Kriegsoperationen an der NiederTheiß vorstand in der That unschädlich, wenigstens für die günstigen Erfolge unserer Waffen daselbst kaum nachtheiliger, als Dembinski's eigene strategische Anordnungen.

Hierauf erhielt ich von Kossuth ein versönliches Privatschreiben, worin er unter Anderm beiläufig erklärt, er könne die Feldherrnunfähigkeit Dembinski's leider nicht in Abrede stellen und glaube, die beste Art seiner (Dembinski's) loszuwerden, dürfte sein, wenn er (Kossuth) selbst sich zur Armee begäbe und die Operationen im Einverständnisse mit mir, meinen Rathschlägen gemäß, persönlich leitete.

Außerdem ward mir die officielle Aufforderung zugeschickt, mich am 27. oder 28. Juli zu einer persönlichen Besprechung mit Kossuth und dem damaligen Kriegsminister General Aulich (ich entsinne mich dessen nicht mehr genau, ob in Kardszag oder in Kis-Ujszállás) einzufinden.

Nun konnte ich mir's begreiflicherweise nicht erklären, wo Kossuth mit einem Male das überschwängliche Vertrauen zu mir hergenommen, welches sich in seiner Betheuerung, die Operationen meinen Rathschlägen gemäß leiten zu wollen, kundgab; auch war angesichts der Komorner Ereignisse - die Aufrichtigkeit jener Betheuerung, wie überhaupt die Echtheit der Gefühle, mit deren Ergießungen mich Kossuth in dem erwähnten Privatschreiben regalirte, höchst zweifelhaft: und ich beschloß das letztere gar keiner Antwort zu würdigen.

Dagegen fam mir jene officielle Einladung zu einer persönlichen Zusammenkunft mit Kossuth und dem Kriegsminister um so erwünschter, als ich der Meinung war, daß Kossuth vor einem Zeugen, wie General Aulich, etwa doch Anstand nehmen dürfte, mehr zu geloben, als er zu erfüllen gesonnen.

Am Morgen des 27. Juli verließ ich demnach das Hauptquartier zu Szerencs, um über Lokaj, Nyiregyháza und Debreczin nach dem Drte des Rendezvous zu eilen.

Allein in Nyiregyháza traf ich die schriftliche Meldung des Commandanten der Tisza-Füreder Colonne unterwegs, daß schon Tags zuvor eine russische Heeresabtheilung die Theiß zwischen Poroszló und Tisza-Füred überschritten habe: und diese Nachricht nöthigte mich, auf die persönliche Zusammenkunft mit Kossuth zu verzichten und sofort wieder in mein Hauptquartier nach Szerencs zurückzukehren.

Fünfunddreissigstes Capitel.

Der Uebergang der Russen über die Theiß bei Tisza- Füred, und unsere strategische Situa

tion am Hernád. Ein neues russisches Corps betritt den Kriegsschauplah.

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Gefecht bei Gesztely am 28. Juli. — Antritt des Rückzuges vom Hernád in der Nacht vom 28. auf den 29. Nachrichten über die Bewegungen der Russen von Tisza-Füred. Theilung der Armee in zwei Colonnen (bei Nyíregyháza). Marschdispositionen für den combinirten Rückzug. Erklärung dieser; und Instructionen für den Führer der Nebencolonne. Conflict der leztern mit den Russen bei Debreczin am 2. August. Die Situation der Hauptcolonne (des Groß der Armee) während und unmittelbar nach diesem Conflicte. Der Rückzug bis Groß- Wardein. General Nagy Sándor's Straswürdigkeit und meine scheinbare Nachsicht gegen ihn. Die Folgen des 2. August bei Debreczin, und ihr Einfluß auf die fernern Dispositionen. Ununterbrochene Fortschung des Rückzuges von Groß-Bardein bis Arad.

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Als ich am Morgen des 27. Juli das Hauptquartier zu Szerencs verließ, um mich an den Ort der zwischen Kossuth und mir beantragten. persönlichen Zusammenkunft zu begeben, war von unsern Patrouillen und Kundschaftern in der Stellung der Tags zuvor bei Miskolcz unthätig gebliebenen feindlichen Heeresabtheilung (des vermeintlichen Gros der russischen Heeresabtheilung) noch keinerlei Veränderung wahrgenommen worden. Desgleichen fehlte im Hauptquartier wie ich dies bereits im vorlegten Capitel ausdrücklich bemerkt habe um die genannte Zeit auch noch jede Anzeige über die feindliche Forcirung des linken Theißufers bei Tisza-Füred.

Ich hatte demnach der Hoffnung Raum gegeben, die Armee auf 48 Stunden (diesen Zeitraum resolvirte ich für die Zusammenkunft mit

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