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schaft zu behaupten, in welcher bereits die Eristenz der Pforte, troz ihrer ungleich günstigern Lage, zu einer Gnadeneristenz herabgesunken? Wir schlugen soeben wiederholt den Feind, das ist nicht zu bestreiten. Aber wir vermochten dies nur mit der äußersten Kraftanstrengung. Das Bewußtsein, es gelte einer gerechten Sache, befähigte uns hierzu. Die Losreißung Ungarns von Desterreich wäre keine gerechte Sache mehr; der Kampf für dieselbe kein Kampf für, sondern gegen des Gesez: kein Nothwehrkampf, sondern ein Angriff auf den Bestand der gesammten österreichischen Monarchie. Und indem wir hierdurch Milliarden uralter Interessen und Sympathien tödtlich verlegen; indem wir hierdurch über unser eigenes Vaterland alle unseligen Folgen einer durch keinerlei Umstände gebotenen Staatsumwälzung heraufbeschwören; indem wir hierdurch die alten Truppen, den Kern anserer Streitkräfte, meineidig machen, sie moralisch erschüttern: wird uns jeder kommende Tag schwächer finden, während gleichzeitig unsern Gegnern in jedem Nachbarstaate ein natürlicher Verbündeter gegen uns, die Störer des Gleichgewichtes von Europa, erwächst. « Wir dürfen die Octroyirte nicht schweigend hinnehmen! » Einver standen! Aber heißt das «schweigend hinnehmen», was wir bisher gethan? Konnten wir auf die Detroyirte Verfassung vom 4. März treffender antworten, als wir's bisher gethan? Ich kann nicht entscheiden, was und wieviel den Völkern Europas fromme; daß aber den Völkern Ungarns der kleinste Sieg auf dem Schlachtfelde mehr Vortheil und Ehre bringt als die übermüthigste Erklärung, das steht klar vor mir; und ich wiederhole nochmals: für den legitimen König Ferdinand V. und die von diesem sanctionirte Verfassung gewonnene Schlachten sind die beste Antwort Ungarns auf die Hirngespinnste der Wiener Minister."

Kossuth frug zweifelnd entgegen: ob ich wohl wirklich glaube, daß die alten Truppen je ernstlich an Ferdinand V. und die Constitution vom Jahre 1848 gedacht haben?

,,Woran hätten sie denn denken sollen", rief ich,„, als unmittelbar nach der Räumung der Hauptstädte meine Proclamation von Waizen das einzige Mittel blieb, sie — die zum freiwilligen Abzug ins seind

liche Lager Entschlossenen für Ungarn zu erhalten, das seine bisherigen Erfolge doch zunächst ihnen verdankt? Was war denn der innerfte Kern jener Demonstration, welche mein Armeecorps in Kaschau gegen den Generallieutenant Dembinski ohne mein Hinzuthun und Vore wissen, beabsichtigte, als die Besorgniß, in mir einen Commandanten zu verlieren, der Achtung hatte vor ihrem Fahnencide? Ich habe mit diesen Truppen Leid und Freud getheilt. Ich kenne ihre Gesinnung. Und stände König Ferdinand V. jezt hier vor uns: ich würde ihn ohne das geringste Bedenken einladen, mir wehrlos und unbeschüßt -ins Lager zu folgen und dessen Huldigung entgegenzunehmen; denn ich bin gewiß, es findet sich dort Niemand, der sie versagt.“ Kossuth, von meiner geringen Begeisterung für seine politischen Ideen wie es schien - nicht sonderlich erbaut, brach nun die Unterredung plößlich ab, und erwähnte vor mir mit keiner Silbe mehr der Losreißung Ungarns von Desterreich).

Ob, wann, und mit welchem Erfolge er diese Idee den übrigen Truppenführern mitgetheilt habe, ist mir, selbst jezt noch, ein unenthülltes Geheimniß.

Ein zweiter Gegenstand, der in Gödöllö zwischen Kossuth und mir zur Sprache kam, waren die Maßregeln, welche zu ergreifen wären, um unsern bei der feindlichen Armee kriegsgefangenen Offizieren eine humane Behandlung zu garantiren. Es verlautete nämlich, daß im feindlichen Lager die kriegsgefangenen Ungarn überhaupt, insbesondere aber die Offiziere, mit beispielloser Unmenschlichkeit behandelt würden; daß man diese Leztern mit gänzlicher Ignorirung jener doch nicht von Ungarn officiell eingeleiteten Umtriebe, durch welche die auf die ungarische Verfassung beeideten Truppen in eine feindliche Stellung gegen ihre einstigen Kameraden gedrängt worden, als Hochverräther behandle.

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Früher schon war dieser Gegenstand in Debreczin beim Landesvertheidigungs-Ausschusse zur Verhandlung gekommen, in Folge dessen ein Schreiben des Kriegsministers an den Commandanten der feindlichen Armee in unserm Hauptquartiere eintraf, welches dem Präsidenten Kossuth vorgelegt und, nach dessen erlangter Billigung, an die feindlichen Vorposten befördert werden sollte.

Nun wäre der Ausdruck dieses Schreibens vollkommen geeignet gewesen, dem F.-M. Fürsten Windisch-Gräß die Ueberzeugung aufzudringen, daß er uns am 2., 4. und 6. April in der That so total aufs Haupt geschlagen, als dies seine denkwürdigen Armeebülletins der Welt glauben machen wollten.

Das erwähnte Schreiben wurde somit verworfen, und ich selbst verfaßte eines an den Commandanten der österreichischen Invasionsarmee in Ungarn, worin ich demselben unter Anderm die Versicherung gab, daß wir auf jede einzelne Hinrichtung, an kriegsgefangenen ungarischen Offizieren vollzogen, mit der Hinrichtung dreier kriegsgefangener österreichischer Offiziere zu antworten gedächten.

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Diese Erklärung nun ward nachdem Kossuth seine Zufriedenheit darüber ausgedrückt hatte — in mehrern Eremplaren an die feindlichen Vorposten befördert.

Die dritte und derzeit dringlichste Frage, welche ich in Gödöllö mit Kossuth erörterte, betraf das nächste für die Operationen unserer Armee zu wählende Object.

Kossuth war der Meinung, wir sollten von Gödöllö aus frischweg in kürzester Linie auf die Hauptstädte losrücken und diese mit Sturm nehmen. Er ließ sich nur schwer von dieser Idee abbringen. Denn

meinte er alle unsere Siege hätten keine rechte Bedeutung, so lange noch die Hauptstädte vom Feinde besezt blieben. Nur deren Wiedereroberung könne dem Lande einen reellen Beweis vom Gedeihen unsers Befreiungswerkes geben. Sie allein vermöge den Geist der Nation rasch zu heben und für die Dauer zu kräftigen. Dies aber müsse man vor allem im Auge behalten; - denn mit der Hoffnung der Nation auf ein schnelles und günstiges Endresultat dieser Kriegsoperationen versiegen zugleich alle Hilfsquellen, welcher die energische Fortsetzung des Kampfes so dringend bedarf.

Allein wie unbestreitbar diese Behauptung Kossuth's auch gewesen. sein mochte: anstatt der Hauptstädte mußte dennoch Komorn als nächstes Operationsobject selbst auf die Gefahr hin gewählt werden, daß die Nation, ob der hierdurch verzögerten Wiedergewinnung von Budapest, in den Zustand ihrer frühern Muthlosigkeit zurückfielė.

Ich bemühte mich demnach, den Präsidenten zu überzeugen, wie die unverweilte Berücksichtigung der Wünsche Derjenigen, welche die Wiederoberung der Hauptstädte höher anschlügen als den Entsaz Komorns, ein arger strategischer Misgriff wäre; abgesehen davon, daß jene Wünsche, in dem wahrscheinlichen Resultate der am linken Ufer der Donau einzuleitenden Angriffsoperation auf die Hauptstädte, nur eine eben so tragische als mangelhafte Befriedigung finden dürften: eine tragische, weil hierbei das wehrlose Pest allen Drangfalen einer belagerten Stadt preisgegeben würde; eine mangelhafte, weil die Delogirung des in Ofen — wie vorauszusehen sich festseßenden Feindes

von Pest aus nicht denkbar sei.

Gleichzeitig glaubte ich den Präsidenten auch darauf aufmerksam machen zu müssen, wie es von nun an, bei der Eigenthümlichkeit unserer nächsten Bewegungen, nicht mehr so leicht wie bisher möglich sein werde, für ihn stets einen vollkommen sichern Aufenthaltsort im nächsten Bereiche der Armee zu ermitteln, es wäre denn auf Kosten der unbeirrten Verfolgung unserer strategischen Zwecke.

Kossuth schien dies Alles nach längerm Debattiren endlich doch einzusehen, und enthielt sich fortan nicht nur jeder Einsprache gegen die Ausführung unserer fernern, zunächst auf den Entsag der Festung Komorn berechneten Operationen, sondern entschloß sich auch zur Rückkehr von Gödöllö nach Debreczin, welche er wenn ich nicht irre am 10. April antrat.

Wie inbrünstig aber auch Kossuth über dem, was Ungarn zunächst fromme, unterwegs gebrütet haben mag: zwei Dinge scheint er dabei jedenfalls übersehen zu haben:

1) Daß Ungarn schon vollauf zu thun hatte, wenn es sich einstweilen der Segnungen der „Octroyirten“ und ihres Provisoriums des Bandwurmes, an dem sie, kaum geboren, schon kränkelte — erwehren, wenn es im Besize seiner Gerechtsame bleiben wollte; und

2) daß Ungarn, so es nach Unabhängigkeit von Oesterreich strebt, einem Thoren gleiche, der sich Kopf und Arme vom Rumpfe lösen möchte, um desto leichter einherschreiten zu können.

Der neue Operationsplan. gonnen am 10. April 1849.

Viertes Capitel.

Dessen Ausführung mit der Erstürmung von Waizen beDer Ueberfall auf Lossoncz (Ende März) und dessen muthmaßliche Folgen.

Es ist mir nicht erinnerlich, daß im ungarischen Lager außer Dem

binski und Kossuth noch irgend Jemand von Bedeutung den Gedanken, die Hauptstädte durch einen auf dem linken Donauufer einzuleitenden wirklichen Angriff wieder zu gewinnen, je ernstlich erfaßt habe. Wenn aber nichtsdestoweniger F.-M. Fürst Windisch - Gräß, oder dessen zeitlicher Stellvertreter, die Realisirung eines ähnlichen Gedankens unsererseits für wahrscheinlich hielt: so kam uns dies eben wie gerufen; denn, während wir zunächst nur den Entsag von Komorn vor Augen hatten, mußte uns begreiflicherweise sehr viel daran gelegen sein, den Feind geradezu glauben zu machen, daß wir an nichts Anderes dächten als an die flagrante Wiedereroberung der Stadt Pest.

In diesem Sinne entwarf der, gleich mir interimistische, Generalstabs-Chef der Armee folgenden Operationsplan:

,,Das 7. Armeecorps gewinnt die Linie Fót- Dunakeszi, und unterbricht die directe Communication zwischen Waizen und den Hauptstädten auf der Donau sowohl, wie am linken Ufer derselben.

,,Das 2. Armeecorps (Aulich)

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verstärkt durch eine kleine selbständige Colonne, welche während der Vorrückung der Hauptarmee auf

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