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Die Mehrzahl der Anwesenden begehrte vor Allem darüber Aufschluß von mir, in wie ferne die zuerst durch General Klapka nach Debreczin gelangte Nachricht von der in den Reihen der Hauptarmee vorwaltenden Antipathie gegen die Unabhängigkeits-Erklärung ge= gründet sei.

Nun war diese Nachricht wohl zu jener Zeit, in welcher sie ursprünglich durch Klapka nach Debreczin gebracht worden (Anfangs Mai), in so ferne eigentlich unhaltbar, als damals die erwähnte Unzufriedenheit mit der Unabhängigkeits - Erklärung noch nicht in der gesammten Hauptarmee, sondern nur erst in einem Mindertheile derselben — dem 7. Armeecorps vorherrschend bemerkbar gewesen.

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Seither aber hatten — namentlich während der unwillkommenen Muße der Belagerung von Ofen die vormals österreichischen Offiziere (die natürlichen Feinde der Unabhängigkeits-Erklärung) auch in den übrigen Armeecorps so erfolgreiche Propaganda gegen dieselbe gemacht, daß ich die - Anfangs Mai jedenfalls anticipirten Angaben

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Klapka's über ein in den Reihen der Hauptarmee bestehendes Vorwalten der Unabhängigkeits- Erklärung abgeneigter Gesinnungen, nunmehr (Anfangs Juni) bereits auf das entschiedenste bestätigen konnte, ohne von der Wahrheit im Geringsten abzuweichen.

Mit derselben Entschiedenheit erklärte ich die Behauptung Kossuth's, daß der Staatsstreich vom 14. April von der Armee gewünscht worden, für unwahr.

Ich wagte dies nicht etwa blos auf die Thatsache hin, daß Kossuth, als er in Gödöllö sein Gelüsten nach einer politischen Demonstration gegen die Olmüßer Detroyirte zuerst kund gab, durch mich ernstlich gewarnt worden, diesem Gelüsten nachzugeben: ich wagte es in der wohlbegründeten Vorausseßung, Kossuth habe auf seine, die Opportunität einer ähnlichen Demonstration berührenden, Fragen von keinem der damals in Gödöllö anwesenden Armeecorpscommandanten eine Antwort erhalten, welche ihn zu der Annahme berechtigen konnte, die Armee wünsche, ja sie begehre geradezu die Losreißung Ungarns von Desterreich.

Von Damjanics nicht, weil dessen am 20. April (dem Tage nach

dem Treffen von Nagy-Sarló) in meiner Gegenwart gemachte Aeußerung:,,er möchte doch gerne wissen, wie weit wenn Tags vorher nicht wir, sondern die Oesterreicher gestegt hätten von den unabhängigen Debreczinern gelaufen würde?!" eben keine besonders freundlichen Gefühle für den 14. April verrieth.

Von Klapka nicht, weil ja dieser

bestätigt wurde

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wie mir's so eben wieder einigen Repräsentanten wegen des 14. April förmliche Vorwürfe gemacht, und diese sogar durch stark colorirte Schilderungen der in der Armee bestehenden Antipathie gegen die Unabhängigkeits- Erklärung motivirt hatte.

Von Aulich endlich, und dem damaligen Commandanten des 7. Armeecorps nicht, weil Kossuth es wahrscheinlich für überflüssig gehalten, sich beiläufig dieselbe Antwort, welche ihm von mir zu Theil geworden, noch zweimal wiederholen zu lassen. Diese Beiden hatten nämlich, als ich noch Commandant des vormaligen Armeecorps „von der obern Donau" war, unter mir gestanden, und sich in Kaschau an der bekannten Demonstration zu meinen Gunsten, gegen die Oberfeldherrnschaft Dembinski's, betheiligt. Diese Antecedentien nun mochten Kossuth kaum unbekannt geblieben sein, und ihn höchst wahrscheinlich bewogen haben, auf das Urtheil der beiden leßterwähnten ArmeecorpsCommandanten über die Opportunität seines unserer Landes- Verfassung vom Jahre 1848 wie der Olmüßer Detroyirten gleich feindlichen Demonstrations Gelüstes in vorhinein zu verzichten.

Man könnte mir noch einwenden, Kossuth habe sich die Ueberzeugung von den Sympathien der (nach dem Treffen bei Isaszeg) in Gödöllö vereinigten ungarischen Armee für seine persönliche Politik, in den Reihen der einzelnen Corps und nicht bei deren Führern geholt.

Es scheint in der That sehr annehmbar, daß es Kossuth in Gödöllö bei hinreichender Muße eben so gelungen wäre, die Truppen zu lärmenden Manifestationen lebhafter Sympathien für etwas dem 14. April Aehnliches zu bereden, wie es ihm einst im Lager bei Parendorf geglückt, das dem offensiven Ueberschreiten der Lajtha durchweg abgeneigte Heer Móga's binnen wenigen Tagen in die schnurstracks entgegengesezten Empfindungen hinein zu agitiren. Auch verrieth der von Kossuth

namentlich in Gödöllö wiederholt geäußerte Wunsch, den verschiedenen Armeecorps in ihren Lagern vertrauliche Visiten abzustatten, deutlich die Vorbereitung einer zweiten Auflage der so erfolgreich gewesenen Parendorfer Lagerreden.

Allein hatte ihn etwa die Voraussicht, in Gödöllö anstatt der Nationalgarden und Freiwilligen des Parendorfer Lagers ein Auditorium, das bereits Pulver gerochen, zu finden, und der bescheidene Zweifel an dem Erfolge seiner oratorischen Anstrengungen vor einem derartigen Auditorium, oder - was ungleich wahrscheinlicher die Furcht vor meinen Contrecoups davon abgeschreckt: genug, die vertraulichen Lagervisiten unterblieben, und Kossuth beschränkte sich in Gödöllö einzig und allein darauf, das 3. Armeecorps bei dessen Abrücken gegen Waizen (den 8. oder 9. April) vor sich defiliren zu lassen.

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Freilich schallte ihm bei dieser Gelegenheit der begeisterte Ruf: ,,Es lebe Kossuth, der Retter des Vaterlandes!" wiederholt aus den Reihen der vorüberziehenden Truppen entgegen: jedoch beim Lichte besehen hätte ihm ja folgerecht eben dieser Ruf jeden fernern Gedanken an den zweifelsohne damals schon vorbereiteten Staatsstreich vom 14. April verleiden, ihn (Kossuth) bestimmen sollen, seine persön liche Politik der Rettung des Vaterlandes zum Opfer zu bringen.

Von all diesen Details kam gleichwohl bei meiner Zusammenkunft mit den erwähnten Mitgliedern der Friedenspartei kaum eines zur Sprache. Die Versammlung zeigte mir Vertrauen; sie schien meiner bloßen Versicherung, daß der Reichstag von Kossuth mystificirt worden, unbedingt Glauben beizumessen; sie verlangte keine Belege dafür.

Ich rieth nun zur schleunigen Abolition des Gesezes vom 14. April, um Ungarn vor der russischen Invasion und folgerecht vor dem gewissen Untergange zu bewahren: erhielt aber die trostlose Neuigkeit zur Antwort, der Reichstag sei bereits vertagt und werde erst Anfang Juli in Pest wieder zusammentreten.

Einzelne der Anwesenden begleiteten diese Mittheilung mit vielleicht unabsichtlich hingeworfenen Bemerkungen, aus welchen ich die Andeutung entnehmen zu müssen glaubte, als wäre es der Friedens

partei nicht unwillkommen, wenn die Abolition jenes Gesezes mittlerweile von der Armee ausginge.

Ich hatte den Gedanken, an die Vernichtung des Reichstagsbeschlusses vom 14. April durch einen Martial - Staatsstreich), zu einer Zeit selbständig erfaßt, wo alle Conjuncturen der Realisirung dieses Gedankens durchweg günstige Erfolge zu garantiren schienen.

Es war dies wie bekannt in den Tagen unmittelbar nach dem vollständigen Entsaße von Komorn und vor dem Aufbruche des Gros unserer Hauptarmee gegen Ofen, das österreichische Heer eben

in vollem Rückzuge,

die Wahrscheinlichkeit unleugbar nach einer raschen Ueberwältigung der Ofener Garnison den Sieg der Tricolore über das schwarzgelbe Banner bis an die Lajtha zu verfolgen.

Dem glücklichen Ausgange der Aprilcampagne verdankte ich als Obercommandant der Hauptarmee bereits damals eine Autorität, deren Gewicht hingereicht haben dürfte, die Wagschale jeder im Lande herrschenden, der meinen entgegengeseßten, politischen Ansicht in der Schwebe zu erhalten. Nach einem eben so glücklichen Maifeldzuge bis an die Westgrenzen Ungarns konnte ich vollends zuverlässig darauf rechnen, die gesammte 14. April - Partei durch die einfache Proclamation: „, die Unabhängigkeits-Erklärung ist ungültig! Es lebe die Constitution vom Jahre 1848!" obdachlos zu machen: so die Hauptarmee zu mir stände. Ich überlasse es dem eigenen Urtheile jedes Einzelnen, zu entscheiden, ob die Hauptarmee zu mir gestanden wäre oder nicht.

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Meinerseits genüge die Versicherung, daß ich unter den eben angedeuteten günstigen Conjuncturen fest entschlossen war, den Vernichtungsstreich gegen den Reichstagsbeschluß vom 14. April auf meine eigene Gefahr hin zu wagen.

Aber das siegreiche Vordringen unserer Hauptarmee bis an die Lajtha schien mir die unerläßliche Bedingniß hierzu.

Die Hauptarmee bedurfte nämlich, meiner Ansicht nach, dieser neuen Bewährung ihres Waffenruhmes, damit der Nimbus desselben dem erwähnten Proclame jene Aufnahme im Lande sichere, welcher es, zu Vereitelung jeder geharnischten Parteinahme zu Gunsten der Unabhängigkeits-Erklärung, nicht entbehren konnte.

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Der Zeitverlust in Folge der unerwarteter Weise nothwendig gewordenen förmlichen Belagerung von Ofen, · die glaubwürdigen Gerüchte von der mittlerweile erfolgten namhaften Verstärkung der österreichischen Hauptarmee und der drohenden Nähe des russischen Heeres, das nothgedrungene Abtreten Aulich's vom Kriegsschauplage, - das ausgesprochene Hinneigen Klapka's zur Defensive machten die Erfüllbarkeit jener,, unerläßlichen Bedingniß“ äußerst zweifelhaft, während gleichzeitig die Entdeckung der „,Friedenspartei" wie die Aufschlüsse über die Entstehungsweise des Reichstagsbeschlusses vom 14. April mich hoffen ließen, daß dieser, selbst mit Beobachtung der parlamentarischen Formen, zu beseitigen sein dürfte.

Demzufolge ließ ich den Gedanken an den Martial-Staatsstreich, als ungereimt, fallen.

Im Einverständnisse mit der Friedenspartei jedoch schien mir die Wiederaufnahme dieses Gedankens nichts weniger als ungereimt; nachdem durch die unerwartete Vertagung des Reichstages die Möglichkeit, der Unabhängigkeits - Erklärung auf parlamentarischem Wege beizukommen, in eine Zeit hinausgeschoben erschien, bis zu welcher die Russen längst im Lande sein konnten.

Nur wünsche ich, die Friedenspartei möchte erst alle unter den inzwischen weit ungünstiger gewordenen Conjuncturen vorauszusehengefährlichen Consequenzen der Realisirung eines ähnlichen Gedankens nüchtern ins Auge fassen, che sie sich mit derselben einverstan

den

den erklärt.

Die oben erwähnten, von einzelnen der anwesenden Friedensparteimänner, während der Unterredung mit mir, flüchtig hingeworfenen Bemerkungen, nach welchen ich wie gesagt die Sympathien der Friedenspartei für die Abolirung des neuen Reichsgesezes durch eine Militär- Contre - Revolution zu errathen glaubte, veranlaßten mich also, diesen Schritt sammt seinen augenblicklich wahrscheinlichen Folgen unverhohlen zu erörtern.

Kaum aber hatte ich dies zu thun begonnen, als ich von der Versammlung mit dem lebhaften Rufe unterbrochen wurde:,,Keine Militär- Revolution! Keine Säbelherrschaft!"

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